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Na­vi­ga­ti­on

Auf­wärts­trend der Tou­ris­mus­bran­che jäh ge­stoppt – ein Drit­tel we­ni­ger Über­nach­tun­gen

Mel­dung vom 18.03.2021 - Wirt­schaft und Ver­kehr / Kul­tur, Frei­zeit, Sport

Ros­to­cker Tou­ris­ti­ker for­dern ei­ne kla­re Per­spek­ti­ve

Die welt­wei­te Co­ro­na-Pan­de­mie hat auch den jah­re­lan­gen er­folg­rei­chen Kurs der Ros­to­cker Tou­ris­mus­wirt­schaft stark aus­ge­bremst. In­ner­halb ei­nes Jah­res sind die Über­nach­tungs­zah­len um ein Drit­tel zu­rück­ge­gan­gen. Der zwei­te Lock­down und die da­mit ein­her­ge­hen­de Schlie­ßung der Be­her­ber­gungs­ein­rich­tun­gen und der Gas­tro­no­mie sind ein her­ber Rück­schlag für die tou­ris­ti­schen Leis­tungs­trä­ger der Re­gi­on. Vie­le Exis­ten­zen und Ar­beits­plät­ze sind akut be­droht.

„Wir for­dern ei­ne kla­re Per­spek­ti­ve, da­mit ei­ne der wich­tigs­ten Bran­chen des Lan­des, die Un­ter­neh­men so­wie die Be­schäf­ti­gen ei­ne Zu­kunft ha­ben. Ros­tock braucht ei­nen star­ken Tou­ris­mus. Wir set­zen ge­ra­de al­les aufs Spiel, was in den ver­gan­ge­nen Jah­ren auf­ge­baut wor­den ist“, sag­te Tou­ris­mus­di­rek­tor Mat­thi­as Fromm an­ge­sichts der ak­tu­el­len La­ge.
Die Co­ro­na-Kri­se führ­te nach den ers­ten bei­den Jah­ren mit über 2 Mil­lio­nen Über­nach­tun­gen 2018 und 2019 zu ei­nem dras­ti­schen Ab­sturz in der Bi­lanz. Ver­zeich­ne­te die Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt 2019 noch ei­nen Re­kord­wert von 2.288.907 Über­nach­tun­gen, so konn­ten im ver­gan­ge­nen Jahr nur noch 1.522.359 Be­her­ber­gun­gen ge­zählt wer­den. Die­ser Rück­gang von 33,5 Pro­zent bei den Über­nach­tun­gen wirkt sich auch mas­siv auf al­le wei­te­ren Be­rei­che des wirt­schaft­li­chen Le­bens in Ros­tock ne­ga­tiv aus. Von den 1.522.359 Über­nach­tun­gen ent­fie­len 868.454 (-34%) auf das See­bad War­ne­mün­de. Die Zahl der Gäs­te­an­künf­te re­du­zier­te sich ins­ge­samt so­gar fast um die Hälf­te von 829.222 im Jahr 2019 auf 485.139 im Vor­jahr. Die durch­schnitt­li­che Auf­ent­halts­dau­er er­höh­te sich da­ge­gen leicht und be­trug im ver­gan­ge­nen Jahr 3,1 Ta­ge in Ros­tock bzw. 3,7 Ta­ge in den See­bä­dern. Be­son­ders her­be Ein­brü­che gab es zu­dem bei der Zahl der Aus­lands­gäs­te: konn­te Ros­tock 2019 noch 168.252 in­ter­na­tio­na­le Gäs­te be­grü­ßen, so sank die Zahl 2020 um mehr als 60 Pro­zent auf 65.238. Auch hier wur­de ein er­freu­li­cher Auf­wärts­trend der letz­ten Jah­re ge­stoppt. Die Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock ver­fügt ins­ge­samt über 130 Ho­tels, Ju­gend­her­ber­gen, Pen­sio­nen und Cam­ping­plät­ze mit 15.757 Schlaf­plät­zen, von de­nen im ver­gan­ge­nen Jahr al­ler­dings ein Gro­ß­teil zeit­wei­se kom­plett ge­schlos­sen war.

Dau­er­lock­down ist kei­ne Lö­sung

„Auch wenn es ins­be­son­de­re im Som­mer durch­aus star­ke Mo­na­te gab, die aus tou­ris­ti­scher Sicht sehr er­folg­reich wa­ren, konn­ten die Ver­lus­te da­durch nicht auf­ge­fan­gen wer­den“, so Fromm wei­ter. „Die Ent­wick­lung war zu­nächst mehr als viel­ver­spre­chend. Zu Be­ginn des Jah­res 2020, im Ja­nu­ar und Fe­bru­ar, so­wie im Sep­tem­ber ka­men so­gar mehr Gäs­te als im Re­kord­jahr 2019 nach Ros­tock. Nun steu­ern wir auf das ers­te hal­be Jahr zu, in dem der Tou­ris­mus­bran­che kom­plett die Grund­la­ge ent­zo­gen wor­den ist. Wenn es jetzt nicht zu ei­nem Kurs­wech­sel kommt, wer­den die Schä­den ir­repa­ra­bel sein und uns um vie­le Jah­re zu­rück­wer­fen“, be­fürch­tet der Tou­ris­mus­ex­per­te. „Der Dau­er­lock­down ist je­den­falls kei­ne Lö­sung.“

Dem schloss sich Frank Mar­tens, Vor­stands­vor­sit­zen­der des Tou­ris­mus­ver­eins Ros­tock & War­ne­mün­de e. V., an. „Wäh­rend wir im ver­gan­ge­nen Jahr ge­mein­sam mit der Stadt und Ros­tock Mar­ke­ting im en­gen Aus­tausch mit der Po­li­tik stan­den und zu­sam­men wirk­sa­me Kon­zep­te für ei­nen si­che­ren Tou­ris­mus un­ter Co­ro­na-Be­din­gun­gen ent­wi­ckelt und um­ge­setzt ha­ben, fin­det jetzt prak­tisch kein Dia­log mehr statt. Die Po­li­tik hat ei­ne der wich­tigs­ten Bran­chen im Land kom­plett ab­ge­mel­det und sich selbst über­las­sen“, kri­ti­sier­te der Ver­eins­vor­sit­zen­de. Da­bei sei längst wis­sen­schaft­lich er­wie­sen, dass die Ho­tel­le­rie oder Gas­tro­no­mie kei­ne In­fek­ti­ons­trei­ber sind. „Die Schutz­maß­nah­men, die sich im letz­ten Jahr gut be­währt ha­ben, ha­ben wei­ter Be­stand und sind so­gar noch er­wei­tert wor­den. Die Tou­ris­ti­ker tun al­les, um die Si­cher­heit für Gäs­te und Ein­hei­mi­sche zu ge­währ­leis­ten“. Um­so un­ver­ständ­li­cher ist für ihn die feh­len­de Re­ak­ti­on sei­tens der Ent­schei­dungs­trä­ger. „Die Stim­mung in der Bran­che und bei den Mit­ar­bei­tern ist an­ge­sichts der to­ta­len Sprach­lo­sig­keit der Po­li­tik ka­ta­stro­phal. Wenn jetzt nichts pas­siert, wird sich die Tou­ris­mus­land­schaft in Ros­tock deut­lich aus­dün­nen“, er­klär­te Mar­tens. „Der ein­zi­ge Hoff­nungs­schim­mer sind die treu­en Stamm­gäs­te, die uns un­er­müd­lich si­gna­li­sie­ren, dass sie so­fort nach Auf­he­bung der Co­ro­na-Maß­nah­men wie­der­kom­men wer­den.“

Tou­ris­ti­ker sind start­be­reit

Trotz Dau­er­lock­downs ist die Bran­che nicht un­tä­tig, be­ton­te der Tou­ris­mus­di­rek­tor. „Vie­le Un­ter­neh­men ha­ben die Zwangs­pau­se für Mo­der­ni­sie­rungs­ar­bei­ten ge­nutzt und mit teils ho­hem Auf­wand Hy­gie­ne­kon­zep­te für ei­nen si­che­ren Tou­ris­mus wei­ter­ent­wi­ckelt. Wir sind op­ti­mis­tisch, dass es bald wie­der los­geht und be­rei­ten un­ter Hoch­druck die Wie­der­öff­nung vor. Es gibt vie­le be­währ­te und neue Mög­lich­kei­ten, trotz wei­te­rer In­fek­tio­nen si­che­res Rei­sen zu er­mög­li­chen.“ Da­zu zäh­len vor al­lem die tou­ris­ti­schen Hy­gie­ne­kon­zep­te, die Ein­hal­tung der AHA-Re­geln, die di­gi­ta­le Kon­takt­nach­ver­fol­gung durch die lu­ca-App, ei­ne in­ten­si­ve Test­stra­te­gie und das Imp­fen.

„Mit der vom Lan­des­tou­ris­mus­ver­band MV (TMV) und dem DE­HO­GA MV er­ar­bei­te­ten Kon­zep­ti­on liegt seit län­ge­rem schon ein kon­kre­ter Stu­fen­plan für ei­nen vor­sich­ti­gen Re-Start des Tou­ris­mus vor, der auch ei­ne Wie­der­eröff­nung zu Os­tern rea­lis­tisch macht. Bei der Um­set­zung der Maß­nah­men und dem Neu-Start ste­hen wir Sei­te an Sei­te mit un­se­ren tou­ris­ti­schen Leis­tungs­trä­gern. Jetzt ist es an der Po­li­tik, wie­der Pla­nungs­si­cher­heit für das Jahr 2021 zu schaf­fen.“

Die gro­ße Be­deu­tung des Tou­ris­mus für die Han­se­stadt Ros­tock ver­deut­licht sich in den in der Tou­ris­mus­kon­zep­ti­on 2011 er­ho­be­nen Zah­len, die mit wach­sen­den Über­nach­tun­gen bis ein­schlie­ß­lich 2019 noch ge­stei­gert wer­den konn­ten. Die Bran­che er­wirt­schaf­tet ei­nen Brut­to­um­satz von knapp 0,5 Mil­li­ar­den Eu­ro. Bran­chen­über­grei­fend pro­fi­tie­ren Gast­ge­wer­be, Ein­zel­han­del und Dienst­leis­tun­gen wie Kul­tur, Frei­zeit und Ver­kehr von den Aus­ga­ben der Gäs­te. Aus dem tou­ris­ti­schen Ein­kom­mens­bei­trag lässt sich ein Be­schäf­ti­gungs­ef­fekt von 15.000 Per­so­nen ab­lei­ten. Gleich­zei­tig er­bringt die Bran­che 7,3 Pro­zent des ge­sam­ten Pri­mä­r­ein­kom­mens der Han­se­stadt Ros­tock und trägt da­mit er­heb­lich zur Si­che­rung von Be­schäf­ti­gung und Ein­kom­men bei. Nicht nur mo­ne­tär wirkt sich der Tou­ris­mus po­si­tiv auf die Stadt aus: so lei­ten sich Be­kannt­heits­grad und Image eben­falls ma­ß­geb­lich aus der tou­ris­ti­schen At­trak­ti­vi­tät ab.