Dialog und Verantwortung - Zur Diskussion „Straßenbahnausbau und Kleingärten“
Meldung vom
Liebe Einwohnerin,
lieber Einwohner,
momentan diskutieren wir, ob in Reutershagen eine neue Straßenbahnstrecke geplant werden soll. Ein Gutachten liegt vor, es empfiehlt uns diesen Streckenausbau, weil Reutershagen ein großer Stadtteil ist der kaum an die Straßenbahn angebunden ist. Grundlage dieser Untersuchung sind Beschlüsse der Bürgerschaft, die den Nahverkehr ausbauen möchte. Der letzte größere Streckenausbau erfolgte in der Südstadt, vielleicht erinnern Sie sich noch daran.
Wir reden ganz konkret darüber, ob wir Geld in die Hand nehmen, um einen neuen Streckenausbau der Straßenbahn planen zu lassen. In diesem Zusammenhang - sofern es eine Mehrheit dafür gibt, sich diese Strecke genauer anzuschauen und weiter den Weg des Ausbaus zu gehen - würden bei einem Bau der Straßenbahn Kleingärten wegfallen. Die RSAG schätzt, es wären zwischen 50 bis 150 Gärten. Genaueres wissen wir erst nach konkreten Planungen.
Wichtige Ziele stehen sich gegenüber
Wir kämen in die Situation, dass sich das erste Mal seit vielen Jahren zwei hohe gesellschaftliche Interessen gegenüberstehen: Der Ausbau des Nahverkehrs zur Stärkung der Mobilität und des Klimaschutzes auf der einen Seite und der Schutz der ökologisch und sozial wichtigen Kleingärten auf der anderen Seite. Unsere Aufgabe muss sein, offen miteinander zu diskutieren. Auch mein Herz schlägt für die Kleingärten, ich komme aus einer Familie die seit Jahrzehnten gärtnert. Trotzdem muss ich meiner Verantwortung gerecht werden, alle Bedarfe einer Stadt im Blick zu haben. Wichtig dabei ist der Dialog.
Denn wir erleben eine Situation, die wir an anderen Orten schon mehrfach erlebt haben: Neue Entwicklungsziele stehen bisherigen Standpunkten gegenüber. Der Ausbau der Radwege kollidiert häufig mit dem neu gewachsenen Bewusstsein, um jeden Baum am Straßenrand kämpfen zu wollen. Ein kleines Beispiel, das aber immer wieder zeigt: Der Platz in unserer Stadt wird eng. Sie wächst von innen heraus und viele Bedürfnisse drängeln sich auf gleich bleibenden Flächen.
Angst ist keine gute Gesprächspartnerin
Sorgen macht mir, wie die Debatte geführt wird. Ich erlebe, das Ängste geschürt werden und mit Angst im Nacken kann man nur schlecht aufeinander eingehen. Es wird behauptet, der Straßenbahnausbau sei nur der erste Schritt, um in dem Gebiet weitere hundert, gar mehr als tausend Gärten zugunsten des Wohnungsbaus abzureißen. Ich möchte klarstellen, dass solche Pläne von mir nicht unterstützt werden und es in der Bürgerschaft keine Mehrheit dafür gibt. Doch wo kommen diese Behauptungen her?
Neben der konkreten Debatte zum Ausbau der Straßenbahn gesellt sich zeitgleich eine Diskussion, wie die Stadt zukünftig mit ihren Flächen umgeht. Der so genannte Flächennutzungsplan wird aktualisiert. Er soll die Frage beantworten - für viele Jahre - wo und wie neue Bau- und Freiflächen für unterschiedliche Bedarfe erforderlich werden. Die ersten Untersuchungen haben uns vor Augen geführt, dass ungefähr ein Drittel der Flächen, die die Stadt noch besitzt, aktuell Kleingartenanlagen sind. Und diese Erkenntnis schreckt natürlich auf und es entstehen Sorgen, ob in der Zukunft all diese Flächen bebaut werden, wenn man sie als „Potenzialflächen“ für andere Nutzungen ausweist.
Liebe Rostockerin, lieber Rostocker,
unsere Planerinnen und Planer in der Stadtverwaltung haben die Aufgabe, neutral und unpolitisch auf Flächen zu schauen. Sie beschreiben Optionen, sie zeigen Möglichkeiten auf, das ist ihr Job. Doch am Ende entscheidet immer die Bürgerschaft! Der Grote Pohl hat uns alle gelehrt, dass wir besonnen mit unseren Flächen und Kleingärten umgehen sollten.
Ängste, weitere tausend Gärten müssten weichen, kann ich Ihnen nehmen. Mit mir als Oberbürgermeisterin wird es solche Kahlschläge nicht geben.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und freue mich über eine ehrliche Diskussion über den Ausbau unseres Nahverkehrsnetzes.
Ihre Oberbürgermeisterin
Eva-Maria Kröger