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Na­vi­ga­ti­on

Ein Aben­teu­er zwi­schen Sz­c­ze­cin und Ros­tock

Mel­dung vom 09.08.2024 - Kul­tur, Frei­zeit, Sport

Bal­tic Fri­end­ship bei der Han­se Sail: Ers­ter Törn be­geis­tert die Ju­gend

Schon seit je­her ist es ein Traum vie­ler Men­schen, mit ei­nem Se­gel­schiff auf den Welt­mee­ren un­ter­wegs zu sein. Doch im 21. Jahr­hun­dert sind die Mög­lich­kei­ten rar ge­säht. Im Rah­men der In­itia­ti­ve „Bal­tic Fri­end­Ship 2024“ vom Han­se Sail Bü­ro und di­ver­sen Part­nern und Spon­so­ren hat­ten nun 17 Ju­gend­li­che aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Po­len die Chan­ce, vier Ta­ge lang das Le­ben auf dem Tra­di­ti­ons­schiff „Gro­ßher­zo­gin Eli­sa­beth“ ken­nen­zu­ler­nen.

„Ei­ne wun­der­vol­le Er­fah­rung, ich bin sehr glück­lich“: Mit die­sen Wor­ten ver­lässt der 23-jäh­ri­ge Paul aus Wa­ren/Mü­ritz am Don­ners­tag­mit­tag im Stadt­ha­fen Ros­tock die „Gro­ßher­zo­gin Eli­sa­beth“. Vier Ta­ge lang hat­ten er und 16 an­de­re jun­ge Leu­te die Ge­le­gen­heit, an Bord des 1909 ge­bau­ten Drei­mast-Gaf­fel­scho­ners das See­manns­le­ben aus­zu­pro­bie­ren.
Die elf Deut­schen sind al­le Aus­zu­bil­den­de aus ma­ri­ti­men Aus­bil­dungs­be­ru­fen wie Boots­bau­er/in, Se­gel­ma­cher/in oder Kon­struk­ti­ons­me­cha­ni­ker/in. Zu ih­nen stie­ßen sechs Stu­die­ren­de des Stu­di­en­gangs „Oze­an­tech­nik – Bau von Yach­ten und Schif­fen“ der ma­ri­ti­men Uni­ver­si­tät von Sz­c­ze­cin.

Ge­packt von der Ge­mein­schaft

Vor al­lem das un­ge­wohn­te Ge­mein­schafts­er­leb­nis ha­be die jun­ge Crew ge­packt. Al­le hät­ten vie­le Er­fah­run­gen in Team­bil­dung ge­won­nen, ist Paul über­zeugt. „Ge­ra­de beim Se­gel­his­sen müs­sen al­le mit an­pa­cken und auf ein Kom­man­do hö­ren.“ Da kön­ne sich kei­ner quer stel­len oder ir­gend­was an­ders ma­chen wol­len. Nicht nur ein net­ter Ran­d­as­pekt sei zu­dem das un­ver­gess­li­che Na­turer­le­ben ge­we­sen – samt atem­be­rau­ben­der Son­nen­un­ter­gän­ge oder dem nächt­li­chen Ster­ne­gu­cken auf ho­her See.

Das Schiff war am Mon­tag in Sz­c­ze­cin ge­star­tet. Die Ver­ant­wor­tung über die bun­te Grup­pe hat der Ka­pi­tän der rund 64 Me­ter lan­gen „Gro­ßher­zo­gin Eli­sa­beth“, Nils Kars­ten. „Al­le see­män­ni­schen Ma­nö­ver ge­hen nur un­ter Auf­sicht“, stellt er von vorn­her­ein klar. Am An­fang ha­be man schon ge­merkt, dass vie­le Leu­te nicht so rich­tig wuss­ten, was sie von der gan­zen Ge­schich­te hal­ten sol­len. Aber zum Schluss hät­ten die meis­ten ge­sagt, dass sie ei­gent­lich gar nicht ge­hen wol­len.

Mit sechs Kno­ten durch die Nacht

In Er­in­ne­rung blei­be al­len Be­tei­lig­ten der Mo­ment, als nach dem Aus­lau­fen in Stral­sund am Abend auf der Ost­see al­le Se­gel ge­setzt wur­den. „Mit ei­ner Durch­schnitts­ge­schwin­dig­keit von sechs Kno­ten sind wir durch die Nacht Rich­tung Wis­mar/Küh­lungs­born ge­se­gelt“, be­rich­tet Kars­ten. Auch die In­te­gra­ti­on der pol­ni­schen jun­gen Men­schen in die Mann­schaft sei kein Pro­blem ge­we­sen, al­le wich­ti­gen Ab­spra­chen sei­en in Eng­lisch er­folgt. Von da­her ha­be es kei­ne Sprach­bar­rie­ren ge­ge­ben.

Die­ser Er­kennt­nis des Ka­pi­täns kann sich die 20-jäh­ri­ge An­to­nia aus Greifs­wald nur an­schlie­ßen. „Es hat Spaß ge­macht Ma­nö­ver durch­zu­füh­ren und ge­mein­sam vor­an­zu­kom­men“, sagt die Boots­bau-Aus­zu­bil­den­de. Wie schon Ge­ne­ra­tio­nen von See­fah­rern vor ihr schwärmt sie vom Ge­mein­schafts­er­leb­nis; da­von wie es sei, Ver­ant­wor­tung zu tra­gen und die­se auch wie­der ab­ge­ben zu kön­nen, Ver­trau­en in die Stär­ke ei­ner Grup­pe auf­zu­bau­en.

Ers­te Auf­la­ge: Ein Er­folg

Bis­her ha­be sie le­dig­lich Er­fah­rung mit dem Se­geln auf Jach­ten ge­habt. Gleich zu Be­ginn muss­te sie fest­stel­len: „Tra­di­ti­ons­schiff­fahrt ist was ganz an­de­res.“ Da­zu ge­hö­re in klei­nen Ka­jü­ten zu über­nach­ten oder in drei Schich­ten zu ar­bei­ten und zu schla­fen. „Ich war be­geis­tert, ich wür­de ger­ne noch­mal mit­fah­ren.“
Das Pro­jekt „Bal­tic Fri­end­Ship 2024“ ist ein Aben­teu­er, das vom Han­se Sail Bü­ro ge­mein­sam mit den Part­nern Scand­li­nes, dem Land Meck­len­burg-Vor­pom­mern, der Hand­werks­kam­mer Ost­meck­len­burg-Vor­pom­mern, dem Ver­bund Bal­tic Sail, der In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer zu Ros­tock, der Deutsch-Pol­ni­schen Ge­sell­schaft und der Ma­ri­ti­me Uni­ver­si­ty of Sz­c­ze­cin or­ga­ni­siert wird. „Das Pro­jekt soll jun­ge Men­schen für das Se­geln auf Tra­di­ti­ons­schif­fen be­geis­tern und ih­nen die Ge­le­gen­heit für ei­nen in­ter­kul­tu­rel­len Aus­tausch bie­ten. Ich freue mich sehr, dass die ers­te Auf­la­ge solch ein Er­folg ist“, sagt die Lei­te­rin des Han­se Sail Bü­ros, Bet­ti­na Fust.

Hin­ter­grund Han­se Sail

Die Han­se Sail ist das grö­ß­te jähr­lich statt­fin­den­de Tref­fen von Tra­di­ti­ons­se­gel­schif­fen der Welt. Am zwei­ten Au­gust­wo­chen­en­de bie­tet ganz Ros­tock – von War­ne­mün­de bis in die In­nen­stadt – an vier Ta­gen ein ma­ri­ti­mes Spek­ta­kel mit zahl­rei­chen Ak­ti­ons­flä­chen für Groß und Klein. An den Kai­kan­ten sam­meln sich über 100 Tra­di­ti­ons­schif­fe, die den ca. 500 000 Be­su­cher*in­nen ei­nen Ein­druck von tra­di­tio­nel­ler Schiff­fahrt ver­mit­teln.

Ein Ziel des Fes­tes ist die Be­wah­rung des ma­ri­ti­men Er­bes der Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock. Die Ver­ei­ne, die die Gast­schif­fe zu­meist eh­ren­amt­lich be­trei­ben, ver­wen­den die Ein­nah­men aus den Aus­fahr­ten un­ter an­de­rem da­für die Schif­fe in­stand und für die Nach­welt zu er­hal­ten. Ros­tock hat ein Be­treu­ungs­sys­tem eta­bliert, in dem sich Eh­ren­amt­li­che um das Wohl der in­ter­na­tio­na­len Gäs­te küm­mern. Die Stadt for­dert kei­ne Lie­ge­ge­büh­ren von den Eig­nern und Ver­ei­nen.