Home
Navigation

"Ein Licht für jede Frau - Hinsehen. Aufstehen. Handeln."

Meldung vom 25.11.2025 - Umwelt und Gesellschaft

Auf dem Doberaner Platz in Rostock werden an diesem Tag um 17 Uhr Lichter für 1567 Frauen* und Mädchen* entzündet. 1567 Frauen* und Mädchen* aus Rostock und dem Landkreis Rostock, die im Jahr 2024 Beratung gegen häusliche oder sexualisierte Gewalt in Anspruch genommen haben. Diese Mädchen* und Frauen* haben sich ans Rostocker Frauenhaus gewandt oder an die Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt. Sie wurden beraten in der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking ober bei BeLa - Langfristige Beratung für Betroffene von häuslicher Gewalt.

"Hinsehen. Aufstehen. Handeln." - das ist das Motto der diesjährigen Aktion und darum geht es auch in den Redebeiträgen. Susann Christoph spricht über ihre Erfahrungen als Beraterin und Leiterin der Beratungsstelle BeLa. Sie erlebt immer wieder, dass Frauen in die Beratungsstelle kommen und daran zweifeln, ob sie dort richtig seien. Denn sie würden ja nicht geschlagen. Aber: "Viele Opfer von häuslicher Gewalt beschreiben die psychische Gewalt als viel destruktiver, weil sie ihr Innenleben systematisch zerstört und Narben hinterlässt, die eben nicht einfach wieder heilen. Ein blauer Fleck verschwindet nach einiger Zeit, ein zerstörtes Selbstwertgefühl nicht!"

Dass sich in unserer Gesellschaft schon vieles verändert hat, beschreibt Anke Symanzik vom Rostocker Kriminalkommissariat, die in ihrer Ausbildung zur Polizistin erstmalig mit dem Thema Häusliche Gewalt in Berührung kam, als im Jahr 2001 das Gewalthilfegesetz verabschiedet wurde. "Die Lehrer, ich muss sagen, die Ausbildung fand in einem anderen Bundesland statt, machten sich über dieses Gesetz lustig: Wie das gehen solle, wohin die Männer denn gehen sollen, wenn sie einen Platzverweis für die Wohnung erhalten... Lockere Sprüche, wie man sie damals machte und und teils bis heute macht. Häusliche Gewalt - ein belächeltes Thema. Auch später in der Streifentätigkeit - wie oft hieß es "Ach, die schon wieder... Die soll sich einfach trennen... Wird es schon verdient haben..." In meinem ersten Praktikum folgten dann Einsätze wegen Häuslicher Gewalt - und ich war entsetzt: tagsüber im schicken Anzug, adrette Kinder, teures Auto in der Einfahrt... und nachts fuhr man wegen Gewalt dorthin. Nie hätte ich das gedacht - Aber nicht nur dieses Praktikum, sondern unzählige weitere Einsätze zeigten mir, wie vielschichtig Häusliche Gewalt ist." Das erlebt auch Dr. Carolin Hannert, die als Stadtteilmanagerin in Rostock Schmarl arbeitet. Sie betont, dass es in Schmarl nicht mehr und nicht weniger Häusliche Gewalt gebe als in anderen Stadtteilen. Sie sieht aber genau hier, im Stadtteil, die Chance, etwas zu verändern: "... wer kann helfen diesen Kreislauf des Schreckens zu durchbrechen? Wir alle zusammen können das: Als eine starke Zivilgesellschaft, eine starke Nachbarschaft, eine solidarische Gemeinschaft. In den Stadtteilen müssen Strukturen für das Abfangen häuslicher Gewalt etabliert werden, die niedrigschwellig, informell und vertrauenserschaffend sind. Das Kernelement sind dabei die Anwohnenden selber: Sie müssen fähig sein die Symptome häuslicher Gewalt zu erkennen und den Mut haben die Hand zu reichen. Das ist eine absolut herausfordernde Aufgabe! Darum dürfen wir Nachbarschaften und Quartiere auf keinem Fall damit allein lassen. Es gibt professionelle Konzepte, die sich mit einer Umsetzung dieser Kompetenzen beschäftigen - eines davon ist StoP (Stadtteile ohne Partnerschaftgewalt). Das was fehlt ist eine ausreichende politische und administrative Unterstützung diese umzusetzen."

Wir wollen ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben für alle Menschen - ein Leben frei von häuslicher und sexualisierter Gewalt. Wir fordern die Gesellschaft, deren Teil wir sind, auf, etwas dafür zu tun!

Unsere Forderungen 2025

  1. Wir fordern Kommunen, Landkreise und das Land Mecklenburg-Vorpommern auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und das im Februar verabschiedete Gewalthilfegesetz hier vor Ort umzusetzen.
  2. Wir fordern die personelle und finanzielle Aufstockung des Hilfenetzes gegen häusliche und/ oder sexualisierte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern! Kurze Wege und schnelle Beratungstermine für alle Betroffenen!
  3. Wir fordern Präventionsangebote in jedem Dorf, in jedem Stadtteil. Wir fordern die Finanzierung und wissenschaftliche Begleitung von StoP-Projekten, die die Nachbarschaft einbeziehen und damit ein neues gesellschaftliches Bewusstsein schaffen können - gegen häusliche und sexualisierte Gewalt, für ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben!
  4. Wir fordern die Wiedereinsetzung des Fonds Sexueller Missbrauch, mit dem unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren endlich Verantwortung übernommen hatte. Dadurch konnten Betroffene z.B. Therapien und Heilungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, die sie aus eigener Tasche nie hätten bezahlen können. Das muss wieder möglich sein!