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Begrüssung von Oberbürgermeister Arno Pöker zur Veranstaltung “Erinnerungen an 1992 - 10 Jahre danach” am 23. August 2002 im St.-Katharinenstift Rostock

Pressemitteilung vom 23.08.2002

23. August 2002

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Begrüssung von Oberbürgermeister Arno Pöker zur Veranstaltung “Erinnerungen an 1992 - 10 Jahre danach” am 23. August 2002 im St.-Katharinenstift Rostock

Sehr geehrter Minister Dr. Timm,
sehr geehrter Minister Dr. Sellering,
sehr geehrter Herr Präsident der Bürgerschaft,
verehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich im Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater der Hansestadt Rostock und freue mich sehr, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, um am Vorabend des 10. Jahrestages der ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen an dieser Erinnerungsveranstaltung teil zu nehmen.

Im August 1992 ist Rostock-Lichtenhagen zum Schauplatz rechtsextremer Gewalt und menschenverachtenden Hasses geworden. Molotowcocktails wurden in ein Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter geworfen, die Bewohner gejagt und ihre Unterkünfte in Brand gesetzt. Die Täter wurden von ihrem verbrecherischen Taten nicht nur nicht abgehalten, im Gegenteil. In sicherer Entfernung, deshalb aber nicht weniger beteiligt, haben Tausende Bürgerinnen und Bürgern die rechtsextremistischen Täter dem verbrecherischen Treiben zugesehen. Viele davon haben verbal unterstützt, ja sogar angefeuert und aufgeheizt.

Damals sind Fehler gemacht worden, nicht nur, aber auch auf Seiten der Stadt. Für die Fehler unserer Stadt entschuldige ich mich bei den Betroffenen. Ich kann Ihnen versichern: wir haben aus den Fehlern gelernt. Sie werden sich nicht wiederholen.

Meine Damen und Herren,

Die Erinnerung an diese Ereignisse tut weh. Die Erinnerung an die gemachten Fehler tut weh. Die Betroffenen werden sich an die Angst um ihr Leben, die unglaublichen Demütigungen und die Hilflosigkeit angesichts der johlenden Massen erinnern. Anständige Menschen guten Willens erinnern sich mit Abscheu und Scham über das Verhalten ihrer Nachbarn, Kollegen und Mitmenschen. Und vielleicht - jedenfalls ist dies meine Hoffnung - erinnern sich auch einige mit Schuldbewusstsein und tiefer Reue, nämlich die, die aus eigenem Antrieb oder im Zuge der aufgeheizten Massenhysterie zu Tätern und Mitläufern geworden sind.

Dann gibt es noch die, die sich weder selbst noch durch andere erinnern lassen wollen, die meinen, das endlich Schluss sein muss mit der Erinnerung an Rostock-Lichtenhagen vor zehn Jahren, die nichts mehr hören und sehen wollen von dem, was damals geschah. Wie gesagt: Die Erinnerung an den August 1992 tut weh. Und trotzdem, ja gerade deshalb ist es so wichtig, die Erinnerung wachzuhalten, nichts zu verdrängen und nichts zu beschönigen. Nicht zur Vergangenheit, sondern zur Zukunft sind Erinnerungen der Schlüssel. Die Zukunft kann nur der gewinnen, der sich der Verantwortung für sein Tun und Unterlassen stellt, der sich der Vergangenheit bewusst ist und schließlich - und dies ist das Wichtigste, so meine ich - aus ihr lernt.

Die Hansestadt Rostock hat deshalb zu dieser Veranstaltung eingeladen, weil die Erinnerung uns eine beständige Mahnung und Verpflichtung zugleich sein muss, um mit unseren Anstrengungen für ein friedliches, tolerantes und respektvolles Zusammenleben der Menschen in unserer Stadt unermüdlich fortzufahren und vor dem Hintergrund des Gestern das Heute und Morgen zu gestalten.

Meine Damen und Herren,

an diesem Abend sollenunterschiedliche Blickwinkel auf das Gestern und Heute zu Wort kommen.

Prof. Bizeul vom Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock wird aus wissenschaftlicher Perspektive über unseren Umgang mit "dem Fremden in der offenen Gesellschaft" sprechen.

Anschließend wird Nguyen do Thinh, Vorsitzender des Vereins “Dien Hong - Gemeinsam unter einem Dach e.V. " und unmittelbarer Zeuge und Betroffener der damaligen Ereignisse, in einem persönlichen Erlebnisbericht seine Erfahrungen von den Augusttagen 1992 schildern.

Prof. Dr. Dieter Schröder, Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock in den Jahren von 1993 bis 1995 und geschätzter Amtsvorgänger, setzt sich in seinem Beitrag mit dem “schwierigen Umgang mit Lichtenhagen" insbesondere mit Blick auf die unmittelbare Folgezeit auseinander.

Und schließlich wird der Präsident der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock, Prof. Dr. Ralf Friedrich, eine Bilanz über “die Hansestadt Rostock heute - 10 Jahre danach" ziehen und aufzeigen, dass Lehren aus der Katastrophe gezogen wurden und in der Stadt vielfältige positive Ansätze zu einem partnerschaftlichen Miteinander von Deutschen und Migranten geführt haben.

Ich danke allen Rednern für Ihre Bereitschaft, heute abend ihre spezifische Perspektive mit uns zu teilen. Ich danke ebenso den Verantwortlichen der Hochschule für Musik und Theater, dass Sie den Katharinensaal zur Verfügung gestellt haben, um die Durchführung der heutigen Erinnerungsveranstaltung zu unterstützen. Ich danke allen, die dazu angeregt und beigetragen haben, dass diese Veranstaltung möglich wurde. Und ich danke Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

weil die Erinnerung an den August 1992 weh tut, ist und bleibt sie eine beständige Aufgabe für uns alle. Deshalb bleibt die Erinnerung, egal in welcher Form, eine ständige Aufgabe für uns alle.

Mit diesem Gedanken möchte ich enden und bitte Sie nun um ihre Aufmerksamkeit für Herrn Prof. Bizeul vom Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock.

Vielen Dank! x x

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