Home
Navigation

Bericht des Oberbürgermeisters Arno Pöker über wichtige Angelegenheiten in der Stadt

Pressemitteilung vom 07.09.2000

7. September 2000

Bericht des Oberbürgermeisters Arno Pöker über wichtige Angelegenheiten in der Stadt

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Abgeordneten,
sehr geehrte Gäste,

es ist ein besonderer Tag für den Innovationsstandort Rostock. Im Technologiezentrum Warnemünde wird heute der Verbund BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern gegründet. Mit diesem Verbund wird ein Handlungsrahmen geschaffen, um die bisherigen Aktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern auf den Gebieten Biotechnologie, Biomedizin und Medizintechnik noch intensiver und erfolgreicher als bisher weiterführen zu können. Die Ansiedlung neuer Unternehmen und Forschungseinrichtungn in der letzten Zeit in allen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns macht es sinnvoll, die „BioRegio Greifwald - Rostock“ auf das ganze Land auszuweiten. Damit wird eine größere Handlungsbreite erreicht sowie die bisherige gute Entwicklung und Position im Wettbewerb mit anderen nationalen und internationalen Standorten verteidigt und ausgebaut.

Ich kann gleich drei gute Nachrichten fast druckfrisch an Sie weitergeben. Die Umgestaltung des Hauptbahnhofes geht in eine weitere entscheidende Phase: Das Planfeststellungsverfahren für die Unterführung für die Straßenbahn ist abgeschlossen. Das Eisenbahnbundesamt stellte den Planfeststellungsbeschluss zu und erteilte die Genehmigung zum sofortigen Vollzug. Der Bauherr hat nun Baurecht. Damit ist gesichert, dass noch im September erste Maßnahmen zur Umverlegung von Versorgungsleitungen beginnen. Im Oktober erfolgt der offizielle Baustart. Pünktlich zur IGA im März 2003 fahren dann Straßenbahnen unter dem Hauptbahnhof. Nicht nur Fern- und Nahverkehr sind dann besser verknüpft. Für die fast 16.000 Südstädter heißt das, ohne umzusteigen in die Innenstadt zu fahren, nach Dierkow oder nach Evershagen.

Im Zusammenhang mit der Kooperation zwischen Deutscher Bahn AG und Rostocker Straßenbahn AG zur Umgestaltung des Hauptbahnhofes fällten die Vorstände der RSAG und DB AG Station und Service eine wichtige Entscheidung: Die Betreuung des Projektes Straßenbahnunterführung Hauptbahnhof liegt komplett in den Händen der RSAG. Damit hat der spätere Betreiber der Anlagen bereits jetzt die Gesamtverantwortung für das Bauprojekt. Weiterhin besprachen die Vorstände der Unternehmen das weitere Vorgehen bei der Umsetzung des gemeinsamen Projektes „Umgestaltung Hauptbahnhof“.

Der Aufsichtsrat der RSAG befand heute über die Vergabe der Bauleistungen. Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Bauleistungen im Wert von ca. 60 Millionen DM von der Bietergemeinschaft Straßenbahnnetzerweiterung Süd ausgeführt werden. Diese Bietergemeinschaft besteht aus den Firmen E. Heitkamp GmbH (Niederlassung Rostock, Groth & Co. GmbH Rostock, Bauer Spezialtiefbau GmbH, ABB Gebäudetechnik, ELBO Bau AG Rostock und Bilfinger + Berger Bau AG. Es freut mich besonders, dass daraus auch eine Stärkung der regionalen Wirtschaft resultieren wird. 60 Millionen DM bedeuten auch Arbeitsplätze in der krisengeschüttelten Bauwirtschaft hier vor Ort. Im März 2003 wird der Bau abgeschlossen sein. Bis dahin sind dann auch weitere Etappen der Straßenbahnnetzerweiterung geschafft. Wie in diesem Jahrin Evershagen ist im Sommer 2001 die Strecke nach Lütten Klein fertig und wird im Juli übergeben. Parallel beginnt die RSAG mit dem Bau der Straßenbahnlinie von der Südseite des Hauptbahnhofes bis in die Südstadt.

Aber auch im Nordwesten wird weitergebaut. Das Land gab grünes Licht für die Beplanung der Straßenbahnnetzerweiterung nach Lichtenhagen. Baubeginn für diese Strecke ist Ende 2002, ab Ende 2003 fahren dann auch die Lichtenhäger z. B. direkt zum Neuen Markt.

Der Sommer liegt sozusagen hinter uns. Ein Rekordsommer war es wohl nicht. Aber ein Sommer, der mit einigen Höhepunkten bespickt war. Das Südseeparadies „Samoa“ liegt hier im hohen Norden, nämlich im Seebad Warnemünde, und hatte Richtfest. Im Februar 2001 steht die Eröffnung an. Das Badeparadies mit seinen Wasserfällen, Rutschen, Außenbecken, Wildwasserkanälen und einer großzügigen Saunalandschaft umfasst 14.000 Quadratmeter. Der Investor beziffert die Gesamtkosten auf 75 Millionen Mark. Pro Tag werden sich 3.000 Besucher hier erholen können.

Mit einem Gesamtvolumen von 13,3 Millionen Mark wird das Wohnumfeld des Quartier 2 in Groß Klein verbessert. Dafür wurde kürzlich der „Spaten gestochen“. Insgesamt werden etwa 50.000 Quadratmeter Freiflächen zwischen Blockmacherring, Segelmacher- und Bootsbauerweg in den nächsten zwei Jahren umgestaltet. Es entstehen 880 Parkplätze, Trampelpfade werden zu festen Wegen und Spiel- und Ruhezonen werden ausgebaut. Diese Investition ist ein Teil zur Aufwertung des gesamten Areals im Nordwesten, der mit der IGA 2003 seinen Höhepunkt finden wird.

Vom 24. bis 27. August fand zum 6. Mal das Internationale Kleinkunstfestival „Kultur aus dem Hut“ am Rostocker Universitätsplatz statt. 12.000 Zuschauer sahen die clownesken, artistischen und musikalischen Darbietungen von dreizehn Künstlern und Gruppen aus sieben Ländern und der Bundesrepublik. Das Festival ist ein besonderes Beispiel für die Zusammenarbeit der Kommune, des Kulturamtes mit Vereinen, Firmen und Selbständigen. So wurde am 26. und 27. August der Kunsthandwerkermarkt des Kunsthandwerkerverbandes Mecklenburg-Vorpommern am Universitätsplatz veranstaltet. Kulturamtsleiter Lutz Nöh hatte diese Idee vor einigen Jahren vorangebracht und dieses Ereignis zu einer festen Säule in Rostocks Kulturleben werden lassen. Einige Künstler des Festivals waren im Vorprogramm des Prebberede open air zu Gast. Der Veranstalter dieses Klassik-open airs, Michael Münkwitz, gehörte wie die Galerie „Rostocker Hof“, die Galeria Kaufhof, der Cinestar Capitol Filmpalast und der City-Kreis Rostock zu den Sponsoren und Förderern von „Kultur aus dem Hut“. Dieses facettenreiche Kulturwochenende war auch Anlass genug für die Genehmigung eines verkaufsoffenen Sonntags in der City. Einige Künstler waren mit gemischten Gefühlen nach Rostock angereist. Abgereist sind alle Künstler mit überaus positiven Eindrücken.

Am 5. und 6. August war ich in Riga, um gemeinsam mit dem Rigaer Oberbürgermeister, Herrn Argalis, die Teilnehmer der Hansetour Sonnenschein zu begrüßen und die Etappe nach Riga mit dem Fahrrad zu meistern. Es erfolgte eine Spendenübergabe an das Klinische Kinderkrankenhaus der Universität Riga. Am Rande wurden auch Gespräche über den Rostocker Beitrag an den Hansetagen der Neuzeit im Jahre 2001 sowie die 800-Jahr-Feier geführt. Dabei haben wir den festen Willen geäußert, zu diesen Ereignissen in Riga präsent zu sein und ggf. auch notwendige Hilfe zu leisten. Gegenwärtig wird durch die Herdergesellschaft, das Europazentrum und Octupus-Reisen gemeinsam eine Bürgerreise zu diesem Anlass nach Riga vorbereitet und die Teilnahme des Montagschores Rostock an Festlichkeiten geprüft.

Die 10. Hanse Sail liegt hinter uns. Wir alle können stolz auf dieses Fest der Superlative sein. Mein Dank gilt nochmal allen fleißigen Helfern und den Mitarbeitern des Hanse Sails Büros. In einer ersten Auswertung der Hanse Sail Rostock haben wir festgestellt, dass es darum gehen muss, weitere nationale und internationale Aufmerksamkeit auf die Sail zu lenken. Die Hanse Sail bot in diesem Jahr mit dem Ostseeforum, welches die Herdergesellschaft vorbereitet hat, ein besonderes Highlight. Die Hanse Sail wird damit immer stärker zu einem Forum für Politik der Ostseeanrainer. Ich möchte den Mitgliedern der Bürgerschaft danken, die sehr engagiert die Begleitung der ausländischen Delegationen übernommen haben: Frau Dr. Ingrid Bacher (SPD-Fraktion), Herr Andreas Korinth (Fraktion der UCD), Frau Liesel Eschenburg (CDU-Fraktion). Mit ihrer Hilfe und der Hilfe einer Reihe von Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die zum Teil auch sehr kurzfristig eingesprungen waren, konnte unseren ausländischen und VIP-Gästen ein rundes, gut organisiertes Programm zur Sail geboten werden und in vielen Gesprächen Interessantes und Wissenwertes über Rostock, die Stadtverwaltung und Bürgerschaft und allgemeine Themen vermittelt werden. In Vorbereitung der nächsten Hanse Sail werde ich zum Meinungsaustausch Gesprächspartner aus Politik, Wirtschaft und weiteren Institutionen einladen.

Mit dieser großen maritimen Veranstaltung haben wir auch gezeigt, dass wir tatsächlich weltoffen und gastfreundlich sind. Leider sahen wir uns in diesem Jahr wieder mit den Versuchen der NPD konfrontiert, Rostock mit einem Aufmarsch der Braunen in Verruf zu bringen. Ich habe diesen Aufmarsch verboten. Rechtsmittel wurden dagegen nicht eingelegt. Ich bin sehr froh darüber, dass rund 1.000 Rostockerinnen und Rostocker gemeinsam auf die Straße gegangen sind, um unter dem Motto „Bunt statt braun.“ für Demokratie und Toleranz zu werben. Heute hat das Bündnis mitgeteilt, dass sie sich als Verein gegründet haben. Ich möchte dem Vorsitzenden, Jan Baginski, meinen Glückwunsch aussprechen und hoffe, dass viele Menschen durch ihre Mitgliedschaft ihre Bereitschaft zur Mitarbeit dokumentieren. Wir alle sollten uns gemeinsam gegen Provokationen der Rechtsradikalen wehren und für Zivilcourage einstehen. Der Verein bietet die Chance, aktiv und kontinuierlich dafür zu wirken. Auch ich persönlich werde die Arbeit des Vereins unterstützen. Am kommenden Sonnabend wird es in Markgrafenheide ein Friedensfest geben. Diesmal steht es unter dem Motto „Keine Gewalt an den Stränden“. Ich persönlich werde dabei sein und hoffe auf viele Besucher.

Druckfrisch sind die Faltblätter „Kleiner Rundgang zu Rostocker Erinnerungsstätten des Unrechts in der Zeit des Nationalsozialismus (1933 - 1945)“ und „Kleiner Rundgang zu Rostocker Erinnerungsstätten des Unrechts in der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik (1945 - 1989)“. Die Stadtverwaltung erhielt den Auftrag auf der Grundlage zweier Bürgerschaftsbeschlüsse, die 1998 nach lebhafter Diskussion gefaßt wurden. Mein Dank gilt dem Kulturausschuss der Bürgerschaft und der Bürgerschaft selbst, die den Prozess des Entstehens aktiv begleitet haben. Dies ist ein Beitrag zur Erforschung und Verbreitung eines Aspektes der Rostocker Stadtgeschichte, insbesondere Rostocker Demokratiegeschichte. In Mecklenburg-Vorpommern ist es noch nichtalltäglich, dass sich Gebietskörperschaften diesem Thema widmen. Eher tun dies akademische Einrichtungen, die Grundlagenforschung betreiben, deren Ergebnisse naturgemäß in der Bevölkerung nicht die Verbreitung und die Wirkung erreichen können. Die Arbeit an den Faltblättern ist ein Anfang, diese Themen für Rostock aufzuarbeiten. Es wäre gut, wenn die Universität, historische Vereine und nach ihren Möglichkeiten auch die Stadtverwaltung weiter daran arbeiten. An je zehn Beispielen aus der Zeit der deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts wird deutlich gemacht, wie totalitäre Regime Demokratie und Menschenrechte mit Füßen getreten haben. Es hat immer Bezug zu einem konkreten Platz in Rostock. Geschichte ist dadurch besser nachvollziehbar. Geschichte wird erlebbar und damit von der Wirkung her emotionaler. In den Faltblättern ist ein Stadtrundgang skizziert, um den Zugang zum Thema zu erleichtern für professionelle Stadtführer, die das eine oder andere Objekt in ihre Arbeit mit Touristen einfließen lassen sollten. Es hilft auch den Bürgern, die für gewöhnlich im Alltag kein Auge für das Besondere / das Historische eines Ortes / Platzes haben. Es richtet sich an Schüler (und Lehrer), um einen regional bezogenen, wirkungsvolleren Unterricht in den Fächern Geschichte und Sozialkunde zu ermöglichen.

Die Faltblätter werden kostenlos verbreitet über das Stadtarchiv, die Tourist-Informationen und die Zweigstellen der Stadtbibliothek. Es wird versucht, auch Vereine wie die Geschichtswerkstatt oder den Verein für Rostocker Geschichte sowie die Universität (Dokumentationszentrum für die Opfer deutscher Diktaturen) und die Rostocker Außenstelle der Gauck-Behörde in die Verbreitung einzubeziehen. Lehrer für Geschichte und Sozialkunde werden aufgefordert, Klassensätze kostenlos beim Stadtarchiv anzufordern. Das Stadtarchiv wird auf Wunsch Lehrern eine Einführung in die Thematik geben und mit interessierten Gruppen (Senioren, Vereine, Schulklassen u.a.) diese Stadtrundgänge durchführen. Es wäre schön, wenn die Fraktionen zur Verbreitung der Faltblätter und zur Thematisierung der historischen Erfahrungen auf ihre Weise beitragen würden.

Einer, der sein Leben lang Zivilcourage gezeigt hat, ist der Projektleiter von Dien Hong, Michael Hugo. Morgen wird er für seine sozialen Verdienste in Dortmund mit der Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet. Der 38-Jährige hat immer dem SED-Staat widerstanden und seinen Raum in der Kirche gefunden. Schon lange vor der Wende hat er sich für ausländische Mitbürger engagiert. In einem Interview sagte er: „Man braucht nur eine Überzeugung, für die man lebt.“ Ich finde, dass solche Lebenswege alle ermutigen können, für demokratisches Handeln einzustehen. Herr Hugo, herzlichen Glückwunsch!