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Laudatio von Oberbürgermeister Arno Pöker anlässlich der Ehrenbucheintragung von Prof. Wilfrid Jochims am 28. September 2001

Pressemitteilung vom 28.09.2001

28. September 2001

Laudatio von Oberbürgermeister Arno Pöker anlässlich der Ehrenbucheintragung von Prof. Wilfrid Jochims am 28. September 2001

Sehr geehrter Herr Prof. Jochims,
verehrte Frau Jochims,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

vor einiger Zeit gefragt, ob es ihm leid täte, dass seine Amtszeit zu Ende geht, antwortete Prof. Jochims ohne zu zögern mit einem klaren Nein. Er fügte hinzu: „Wenn ich ein gutes Konzert gesungen habe, bleibe ich ja auch nicht noch stundenlang auf der Bühne stehen". Mag diese Begründung auch viele überzeugen, ich hätte dazu drei Anmerkungen:

1. Es ist für uns keine Frage, dass Sie Herr Prof. Jochims ein "gutes Konzert" in der Hansestadt Rostock gegeben haben. Deshalb sind wir heute zur Eintragung in das Ehrenbuch der Hansestadt Rostock zusammen gekommen.

2. Ich frage mich, ob der Umkehrschluss zulässig ist, was ja bedeuten würde, dass Sie nach einem nicht so guten Konzert stundenlang auf der Bühne stehen bleiben würden.

3. Bestätigt mir das von Ihnen gezeichnete Bild des Verlassens der Bühne nur, dass Oscar Wilde Recht hat, der über Musik gesagt hat, „es sei der vollkommene Typus der Kunst, sie würde jedoch nie ihr letztes Geheimnis verraten".

Für mich als Oberbürgermeister bleibt es ein Geheimnis, warum sich jemand auf den Weg macht, unsere Stadt zu verlassen.

Wir lassen Sie, sehr geehrter Herr Prof. Jochims, nur ungern ziehen, sind aber nicht böse, sondern dankbar für ihre unendlichen Verdienste für die neu gegründete Hochschule für Musik und Theater, für ihre Verdienste um Rostocks Kulturleben und für Ihre Verdienste für Rostock insgesamt.

Sie haben als Rektor unsere - und ich sage bewusst unsere - Hochschule zum Leben erweckt. Als Sie 1994 zum Gründungsrektor berufen wurden, hatte die Stadt darauf keinen Einfluss. Trotzdem erwies sich diese Schweriner Entscheidung als eine äußerst glückliche auch für die Hansestadt Rostock. Sie haben damals hier im Barocksaal bei ihrer Antrittsansprache gesagt: „Wenn ich von Rostock wieder weggehen würde und nicht das Katharinenstift zum Zentrum der Hochschule geworden ist, habe ich nur die Hälfte meines Auftrages erreicht." Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es viel Mut bedeutet, wenn man einer Vision so deutlich ausspricht, wenn man förmlich sein eigenes Schicksal mit diesem Mut verknüpft, noch zu einem Zeitpunkt wo man überhaupt nicht weiß, ob diese Vision überhaupt erreichbar ist.

Wir als Hansestadt Rostock sind froh darüber, dass wir Ihnen helfen konnten, das, was Sie sich vorgenommen haben, zu erfüllen, und ich glaube, es ist ein schönes Zeichen, dass sich dieser Kreis hier und heute im Barocksaal wieder schließt. Die Hansestadt Rostock hat sich aus ganz bestimmten Gründen für die Hochschule für Musik und Theater in Rostock engagiert und auch für den Sitz der Hochschule im St. Katharinenstift stark eingesetzt. Und nicht alle, die außerhalb der Stadt heute diese Erfolgsgeschichte begrüßen, haben sie tatsächlich von Anfang an mit unterstützt. Ich freue mich, dass mein Vorgänger im Amt des Oberbürgermeisters diese „Pflöcke" einschlagen konnte, und ich freue mich auch darüber, dass es uns gelungen ist, zu verhindern, dass diese „Pflöcke" wieder rausgerissen wurden. Versuche dazu hat es gegeben.

Unser Ziel war es eben nicht, dass wir nur Sitz einer weiteren Hochschule sein wollten, um damit anzuknüpfen an eine 30-jährige Tradition und hervorragende Arbeit des Institutes für Schauspiel.
Wir wollten auch der östlichen Altstadt - diesem so wichtigen Gebiet unseres Stadtzentrums - neues Leben einhauchen. Wir wollten auch die für die Entwicklung der Stadt so wichtige Internationalität in unsere Stadt hineinholen und wir wollten in die neue europäische Region des Ostseeraumes, die Stück für Stück seit dem Fall des eisernen Vorhanges steht, durch die HMT hineinwachsen.

Dass all diese Ziele, die wir im Auge hatten und die unser Motor waren, die HMT zu unterstützen, aufgegangen sind, ist Ihr großer Verdienst, sehr geehrter Herr Prof. Jochims. Für diese Verdienste ehrt die Hansestadt Rostock Sie heute.

Von der legendären Schauspielerin Marlene Dietrich ist bekannt, dass sie zwar immer einen Koffer in Berlin hatte - aber lange Zeit in Paris lebte. Vermutlich haben Sie, sehr geehrter Herr Prof. Jochims, die ganze Zeit über einen Koffer in Paris. Oder? Sei‘s drum. Wir haben es nicht gemerkt. Trotz oder vielleicht wegen dieses Koffers haben Sie sich in hohem Umfang in unserer Stadt und für unsere Stadt engagiert. Sie verstanden es, Professoren mit internationalen Ruf nach Rostock zu locken. Sie haben somit eine international anerkannte Ausbildung in Rostock ermöglicht.

Bei Ihrer Arbeit stand allerdings auch immer der Ensemble-Gedanke im Mittelpunkt, und dies eben nicht nur in der Hochschule, sondern im gesamten gesellschaftlichen Leben unserer Stadt. Sie haben sich stets Partner gesucht, mit vielen Rostocker Persönlichkeiten haben Sie sich der gemeinsamen Sache verschrieben.

Beispielhaft nennen möchte ich hier nur Prof. Ingo Richter als Vorsitzender des Fördervereines und Konsul Horst Rahe, der mit seiner Stiftung internationale Talente nach Rostock holt und eine exzellente Ausbildung so überhaupt mit ermöglicht. Auch hierfür möchte ich an dieser Stelle danken.

Prof. Jochims begann seine Laufbahn mit dem Studium der Germanistik, Philosophie und Schulmusik. Danach absolvierte er noch ein Gesangsstudium, es folgt eine steile Kariere als lyrischer Tenor im Opern- als auch im Konzertbereich. Seine Tätigkeit und seine Karriere führten ihn dann zu vielen Stationen auf der ganzen Welt. Diese internationale Erfahrung und die Erfahrungen aus der langjährigen künstlerischen, leitenden und lenkenden Tätigkeit an der Hochschule für Musik in Köln wurden von Prof. Jochims mit ganzer Kraft und ganzem Engagement in die Waagschale geworfen, als er nach Rostock kam.

Die für uns so wichtige Internationalität und das Zusammenwachsen im Ostseeraum lag auch Ihnen am Herzen. Hier trafen sich zwei Ziele, als wenn sie aufeinander abgestimmt für einander gemacht worden wären.

Die internationale Bekanntheit unserer Hochschule durch die Berufung entsprechender Professoren und die Gründung der Association of Baltic Academy of Music (ABAM) - schon ein Jahr nach der Aufnahme Ihrer Tätigkeit im Jahr 1995 - war nichtnur für die Hochschule von großer Bedeutung, sondern für die ganze Stadt.

Über Ihr Engagement für die Hochschule hinaus durfte die Hansestadt Rostock von ihrem überaus großen Engagement für das kulturelle Leben in unserer Stadt profitieren. Sie nahmen regen Anteil am kulturellen und politischen Leben unserer Stadt. Und Sie scheuten sich auch nicht, der von mir gewünschten Expertenkommission zur Struktur des Volkstheaters vorzustehen, eine diesbezügliche Anfrage umgehend mit einem klaren „Ja" zu beantworten und auch unangenehme Vorschläge zu vertreten. Mag sein, dass Sie mit Ihrem Engagement bei dem Einen oder Anderen als unbequem gewirkt haben oder angeeckt sind. Dies, meine Damen und Herren, ist aber nun einmal so, wer sich engagiert und noch dazu in einem solchen Umfang wie Herr Prof. Jochims das getan hat, der stößt natürlich auch auf Widerstand.

Bei Ihnen, Prof. Jochims, habe ich immer gespürt, dass es Ihnen um Rostock geht, die Stadt als Oberzentrum, die eine Ausstrahlung hat, aber auch behalten und ausbauen muss - für diese Ausstrahlung haben Sie stets gekämpft.

Vielleicht hatte Ihnen der berühmte Koffer - ob er nun die ganze Zeit in Paris gestanden hat oder erst jetzt dort nun steht - dabei geholfen. Der überregionale Blick über die Stadtgrenzen hinaus ermöglicht nicht nur immer wieder objektiver zu urteilen, sondern bewahrt auch eine große Unabhängigkeit.

Ich bin davon überzeugt, dass es diese Unabhängigkeit, die ich bei Ihnen kennen und schätzten gelernt habe, war und ist, die Ihnen die Möglichkeit zu Ihrem Engagement gibt - so wie die neue Orgel im Refektorium - die sie hier erklingen lassen, Ihnen Kraftquell für den unermüdlichen Einsatz ist. Ich bin mir sicher, dass die Musik Ihnen auch weiterhin Kraftquell sein wird. Für ihre Unabhängigkeit habe ich eine Empfehlung - behalten Sie einfach einen Koffer in Rostock.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Hansestadt Rostock ehrt und dankt Herrn Prof. Wilfrid Jochims für seine außerordentlichen Verdienste um das Kulturleben unserer Hansestadt mit der Eintragung in das Ehrenbuch.