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Laudatio von Oberbürgermeister Arno Pöker zur Ehrenbucheintragung von Peggy Büchse

Pressemitteilung vom 02.10.2002

2. Oktober 2002

Laudatio von Oberbürgermeister Arno Pöker zur Ehrenbucheintragung von Peggy Büchse

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir ehren heute mit der Rostockerin Peggy Büchse eine herausragende Sportlerin, die Dank ihres Talents, ihrer Zähigkeit und ihres heiteren Naturells eine der erfolgreichsten und populärsten deutschen Schwimmerinnen unserer Tage ist.

Ihre ersten Wettkämpfe bestritt Peggy Büchse im zarten Alter von sechs Jahren in der “Betriebssportgruppe Fischkombinat Rostock". Dabei hatte die kleine Peggy zunächst nur wenig Interesse am kühlen Nass. Der Großvater hatte zunächst seine liebe Müh‘, die Enkelin für das Schwimmenlernen zu begeistern.

Im Alter von elf Jahren wurden auf Peggy Büchse die Talentsucher aufmerksam und empfahlen die Kinder- und Jugendsportschule in Rostock. Dort ließen die Erfolge nicht lange auf sich warten: Bei Kinder- und Jugendmeisterschaften errang die Beckenschwimmerin vordere Plazierungen. Die ersten internationalen Erfolge datieren aus den Jahren 1986/87 anlässlich der Jugendeuropameisterschaften in Berlin und Rom. 1988 bzw. 1989 errang sie nationale Titel über 200 m Schmetterling und 400 m Freistil im Rahmen der DDR-Kurzbahnmeisterschaften.

Mit zunehmendem Alter wurde es jedoch für Peggy Büchse im schwerer, sich auf diesen Distanzen und im Becken durchzusetzen. Chlorwasser und Kachelzählen - das hatte für die mittlerweile Anfang-20-Jährige schließlich kaum noch Perspektive.

Ihr Wechsel vom Becken in grenzenlosere Gewässer war Folge einer Entscheidung “just for fun". Als sie 1993 die Europameisterschaften im Langstreckenschwimmen beobachtete, war Peggy Büchse von der körperlichen und mentalen Herausforderung fasziniert. Spontan ließ sie sich zu den Deutschen Meisterschaften 1993 in Fürth für den 5-km- Wettbewerb melden. Zur großen Überraschung ihrer Betreuer und des Publikums - und ich nehme an, auch zu ihrer eigenen - konnte sie den Wettkampf für sich entscheiden.

Mit diesem unerwarteten Erfolg sollte ein zweites Kapitel der glänzenden sportlichen Laufbahn der Ausnahme-Schwimmerin aufgeschlagen werden, das noch weit erfolgreicher verlaufen würde als das Erste. Denn Peggy Büchse hatte ihre Passion gefunden. Mal im Indischen Ozean vor der Westküste Australiens, mal im Atlantik vor Rio de Janeiro, im Maramameer vor Istanbul oder im Templiner See: Kein Gewässer war mehr vor ihr sicher.

Die immensen Anstrengungen im Wettkampf, die durchdringende Kälte in den manchmal eiskalten Gewässern, das harte und oft auch eintönige Training: Das alles schien für Peggy Büchse genau die Herausforderung zu sein, die sie suchte. Der deutsche Arzt und Schriftsteller Peter Bamm (1897 bis 1975) hat einmal treffend bemerkt:

“Der Sport ist ein sehr vernünftiger Versuch des modernen Zivilisationsmenschen, sich Strapazen künstlich zu verschaffen."

Die Strapazen des Freizeitsportlers kennen wir wahrscheinlich alle. Sie sind aber kaum zu vergleichen mit den Strapazen, die eine Langstreckenschwimmerin in einem 25-km-Wettkampf auf sich nimmt.

Langstreckenschwimmen ist ohne Zweifel eine Extremsportart. Sie verlangt nicht nur Talent und diszipliniertes, hartes Training. Sie verlangt außerdem eine große Härte gegen sich selbst. Denn Ausdauersportler kämpft nicht nur mit der direkten Konkurrenz, sondern immer auch mit dem “inneren Schweinehund", z.B. wenn die Schmerzen von den Schultern in die Arme wandern und in den Beinen die Krämpfe einziehen. Aufgeben und ins Boot geholt werden müssen - das gehört wohl zu den schlimmsten Erfahrungen, die leidenschaftliche Langstreckenschwimmer machen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich kann an dieser Stelle nicht alle Erfolge und Titel aufzählen, die die Ausdauerspezialistin Peggy Büchse errungen hat. Aber einige Highlights ihrer Laufbahn möchte ich dann doch schildern.

In ihrer eindrucksvollen Karriere gewann Peggy Büchse zehn Weltmeisterschaftsmedaillen, davon drei Titel, siegte dreimal in der FINA- Weltcupwertung und schaffte fünf Titelgewinne bei Europameisterschaften. Herausragend ist dabei ihre Bilanz zu den Weltmeisterschaften im Jahr 2000 auf Hawaii mit den Siegen über 5 km in Einzelrennen und 10 km mit dem Team sowie den Bronzemedaillen über 10 km im Einzelrennen und 5 km mit dem Team.

Sie, liebe Peggy Büchse, haben Langstreckenschwimmen in Deutschland so populär gemacht wie nie zuvor. Das liegt zum Einen selbstverständlich an ihren großartigen Erfolgen und der sportlichen Überlegenheit in ihrer Disziplin. Zum anderen - und das ist nicht weniger wichtig - haben Sie mit Ihrer unkomplizierten Persönlichkeit und Ihrer sympathischen und fröhlichen Ausstrahlung nicht nur die Anerkennung und Bewunderung der sportlich interessierten Öffentlichkeit gefunden, sondern auch viele Herzen gewonnen.

Nun ist Langstreckenschwimmen bislang noch kein ausgesprochener Publikumsmagnet. Aber dass die Popularität der Sportart zunehmend wächst, ist nicht zuletzt Ihnen, sehr geehrte Frau Büchse, zu verdanken. In Ihrer aktiven Laufbahn haben Sie nicht nur im Wasser, sondern auch an Land auf sportpolitischem Gebiet für die Anerkennung Ihrer Disziplin geworben und sich für die Aufnahme des Langstreckenschwimmens als olympische Disziplin stark gemacht.

Leider ist das Internationale Olympische Komitee Ihrer Auffassung nicht gefolgt, dass es das Langstreckenschwimmen endlich verdient habe, auch olympisch zu werden. Das große Ziel vieler Sportler und Athleten, nämlich die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2004 in Athen, noch einmal energisch anzugehen, ist Ihnen damit verwehrt.

Nachdem Sie nun alles gewonnen hatten, was es in diesem Sport zu gewinnen gibt, fehlte damit einer der letzten großen sportlichen Herausforderungen, denen Sie sich immer mit so viel Fleiß und Energie gestellt haben. Im März diesen Jahres haben Sie, wieder zur Überraschung und zum Bedauern ihrer Fans, den Badeanzug an den Nagel gehängt und ihre aktive Laufbahn beendet.

Rostock wurde mit Ihnen zu der unangefochtenen Hochburg im deutschen Langstreckenschwimmen. Zur aktiven Zeit von Peggy Büchse waren zeitweise gleich vier Ostseestädter bei einer Weltcup-Tour dabei. Eine ihrer damals stärksten Konkurrentinnen, Britta Kramrau, kommt aus dem selben Verein, trainierte mit dem selben Coach und feiert jetzt große Erfolge, z.B. mit dem Titel über die 10 km im ägyptischen Sharm el Scheik am vergangenen Wochenende.

Diese Erfolge haben viel mit einer ausgeprägt leistungsstarken Vereinsstruktur in Rostock zu tun, die den Übergang in der Wendezeit für die Aktiven ohne allzu große Reibungsverluste gut bewältigt hat. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der PSV zu nennen, der nicht nur im Langstreckenschwimmen Pionierarbeit geleistet hat.

Vor allem aber hat er mit Menschen und deren Engagement und Begeisterungsfähigkeit für den Sport zu tun. Erlauben Sie mir, an dieser Stelle auch dem langjährigen Trainer von Peggy Büchse, Herrn Christian Bartsch, meinen Respekt auszudrücken. Sie haben Ihren Schützling über viele Jahre hervorragend trainiert und betreut. Wir sind froh, in Rostock nicht nur so ausgezeichnete Sportler, sondern auch kompetente Trainer und eine dem Breiten- und Leistungssport verpflichtete Vereinslandschaft zu beherbergen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

mit ihren herausragenden sportlichen Erfolgen ist Peggy Büchse Teil der Weltspitze geworden und hat den Namen ihrer Heimatstadt in aller Welt bekannt gemacht. Sie hat damit das Bild der Sportstadt Rostock präsentiert, die mit diesem Beispiel von der Nachwuchsarbeit bis hin zum Hochleistungssport große sportliche Traditionen immer wieder bestätigt. Sie, liebe Peggy Büchse, sind nicht nur eine überaus erfolgreiche Repräsentantin ihres Sports, sondern auch eine sympathische Botschafterin der Sportstadt Rostock.

Vor einiger Zeit haben Sie die Stadt an der Warnow verlassen und sind vom hohen Norden in den tiefen Süden gezogen. Wer Rostock verlässt, wird sicher triftige Gründe haben - bei Ihnen war es wohl der beste aller Gründe: die Liebe.

In etwa eineinhalb Jahren werden Sie Ihr Studium der Pädagogik und der Sportwissenschaften abgeschlossen haben. Was dann folgt, ist noch nicht ganz klar: Entweder widmen Sie sich der Arbeit mit Kindern oder dem Journalismus. In diesem Bereich haben Sie als Gastkommentatorin ja schon einige Erfahrungen sammeln können. Ich bin sicher, dass Sie Ihren weiteren Lebensweg an Land mit genauso viel Energie und Ausdauer meistern werden, wie Sie es im Wasser getan haben. Sie werden sicher unseren Wunsch verstehen, dass Sie Ihre berufliche Laufbahn in Rostock fortsetzen mögen. Aber ob nun hier oder woanders: Ich wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles erdenklich Gute und weiterhin viel Erfolg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Hansestadt Rostock ehrt Frau Peggy Büchse für Ihre herausragenden sportlichen Leistungen als deutsche Ausnahme-Langstreckenschwimmerin mit der Eintragung in das Ehrenbuch der Hansestadt. x x

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