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Laudatio von Senatorin Ida Schillen auf Anette Handke, Kulturpreisträgerin 2003 der Hansestadt Rostock

Pressemitteilung vom 27.06.2003







Die Kulturpreisträgerin des Jahres 2003 gehört zu jenen Menschen, die
sich frei nach Hermann Hesse und Jean Paul durch ferne, vom
menschlichen Geist erschaffene Welten, aus den Stuben, über die Sterne
bewegen und sicherlich kann sie wie Christa Wolf von sich behaupten

“Ich, ohne Bücher, bin nicht ich".

Frau Anette Handke,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

zählt zu jenen beneidenswerten Personen, denen der Beruf zur Berufung
wurde, ein Beruf, den sie mit großer Leidenschaft und Begeisterung
ausübt, der sie ausfüllt. Seit gut zehn Jahren im Kulturbetrieb unserer
Stadt aktiv, leitet Anette Handke erfolgreich das "Kuhtor" als literarisches
Begegnungszentrum. Sie hat durch ihr vielfältiges Engagement auf dem
Gebiet der Literatur das Geistes- und Kulturleben der Hansestadt Rostock
und des Landes Mecklenburg-Vorpommern wesentlich bereichert.

Mehr durch Zufall sattelte die studierte Historikerin zu ihrem jetzigen Beruf
um. Über eine ABM-Stelle des Kulturamtes begann 1993 ihre Tätigkeit im
Literaturhaus.

Kompetent, konsequent und ideenreich setzt sich Anette Handke seither
für das literarische Leben in Rostock und Mecklenburg-Vorpommern ein.
Ihre Arbeit wird anerkannt und geschätzt, auch überregional genießt das
Literaturhaus einen herausragenden Ruf. Die vertrauensvolle und
intensive Zusammenarbeit mit AutorInnen, ÜbersetzerInnen, Vereinen,
Buchhandlungen und Bibliotheken, Einrichtungen und Institutionen bildet
die Grundlage für den Erfolg ihrer Arbeit.

Das Kuhtor ist ein bauhistorisches Kleinod in der östlichen Altstadt. Lange
Zeit war die Zukunft des Hauses ungewiss, fehlte das Geld für dringend
notwendige Sanierungsmaßnahmen, war die zwischenzeitliche
Schließung des Literaturhauses in mehreren Wintern unvermeidbar. Eine
Zeit, die sehr mühevoll war, die auch Anette Handke viel Kraft gekostet
hat. Ihrem persönlichem Einsatz ist es zu verdanken, dass am 31. März
2000 das Kuhtor nach anderthalbjährigen Umbau- und
Sanierungsarbeiten wieder seine Pforten öffnen konnte. Zu diesem
Termin übergab die Hansestadt Rostock das Literaturhaus, das bis zu
diesem Zeitpunkt noch in kommunaler Trägerschaft war, an den neuen
Betreiber, den Literaturförderkreis Kuhtor e.V. Durch die Solidarität der
städtischen Kultureinrichtungen war es möglich, die kommunale
Zuwendung für den Literaturförderkreis deutlich zu erhöhen, dem Verein
somit die Schaffung einer festen Stelle zu ermöglichen. Damit war die
Basis für eine kontinuierliche Arbeit im Literaturhaus geschaffen.

Für die kontaktfreudige und aufgeschlossene "Hausherrin" des Kuhtores
ist ein
normaler Acht-Stunden-Tag eher die Ausnahme. Nicht nur an
Veranstaltungstagen brennt noch spät in der Nacht im Kuhtor das Licht.
Hunderte Autorenlesungen hat Anette Handke organisiert,
literaturwissenschaftliche Vorträge, Ausstellungsprojekte,
Schreibwerkstätten, Poetenseminare und den Lyrikwettbewerb für
Mecklenburg-Vorpommern vorbereitet. Die Fäden für den “Bücherfrühling
an der Warnow" und den Bücherfrühling in der Region Rostock sowie für
die “Rostocker Literaturtage" im Herbst laufen im Kuhtor zusammen.

Besonders wichtig ist ihr die Förderung der regionalen AutorInnen und
ÜbersetzerInnen. Zahlreiche Publikationen, die das literarische Leben in
Mecklenburg-Vorpommern dokumentieren und kommentieren, sind
inzwischen im Kuhtor entstanden, u.a. die seit sechs Jahren halbjährlich
erscheinende "Zeitschrift für Literatur in Mecklenburg und Vorpommern
RISSE", an der Anette Handke redaktionell mitarbeitet.

Die Vorstellung neuer deutscher und internationaler Literatur liegt Anette
Handke besonders am Herzen. Auch, wenn manchmal schwere oder
zumindest schwierigere literarische Kost auf dem Plan steht, hält sie es
für wichtig, mit diesen Angeboten die Möglichkeit zur öffentlichen
geistigen, ästhetischen und kulturellen Auseinandersetzung und Reflexion
zu bieten.

Anette Handke weiß auch um die unterschiedlichen Lesegewohnheiten in
Ost und West und versucht deshalb, mit ihren Veranstaltungen
Berührungsängste und Skepsis abzubauen.

Das Kuhtor ist somit nicht nur eine “bauhistorisches Kleinod" in seiner
äußeren Ansicht sondern auch ein “geistiges Kleinod in seinem Innern, im
literarischen Diskurs" abseits des mainstreams der “Buchindustrie". Dies
ist bei weitem nicht der “Weg der geringsten Widerstandes", und dafür,
dass Anette Handke diesen steinigen Weg, trotz mancher Anwürfe,
Auseinandersetzungen und auch innerer Zweifel stets weiter gegangen
ist, gebührt ihr besonderer Dank.

Unterstützung und Hilfe findet Anette Handke beim Vorstand und den
Mitgliedern des Literaturförderkreises Kuhtor e.V., zeitweise auch bei
Mitarbeitern, die aus Maßnahmen geförderter Arbeit in das Literaturhaus
kommen. Viele kreative Projektideen wären ohne die aktive Mithilfe
engagierter Vereinsmitglieder nicht geboren und umgesetzt worden.

Als Mitbegründerin und jetzige Vorsitzende des Literaturrates
Mecklenburg-Vorpommern wirkt Anette Handke als Interessenvertreterin
der Autorinnen und Autoren, Vereine und Institutionen und tritt für die
Förderung der Literatur und des literarischen Lebens in unserem
Bundesland ein. Einen Rahmen für Kooperation, Vernetzung und
Zusammenarbeit will sie schaffen, kulturpolitische Maßnahmen im Bereich
der Literatur auf Landesebene anregen - eine anspruchsvolle Aufgabe,
die der Unterstützung vieler Partner bedarf.

Neben ihrer Arbeit im literarischen Bereich engagiert sich Anette Handke
für die übergreifenden kulturellen Belange der Stadt und begleitet kritisch
die Entwicklungen in der Hansestadt Rostock. Im Rahmen der
Arbeitsgemeinschaft Freier Träger diskutiert sie mit anderen Rostocker
Kulturvereinen die aktuellen Probleme der Kulturförderung durch Stadt
und Land, Möglichkeiten von Kooperation und Zusammenarbeit und setzt
auch dort durch ihre Arbeitsweise Akzente.

Die Verleihung des Kulturpreises ist für die Hansestadt Rostock eine
wichtige Möglichkeit, herausragende Leistungen im Bereich des
kulturellen Schaffens zu würdigen. Menschen, die in diesem Bereich tätig
sind und Außergewöhnliches leisten, sind das bleibende Kapital einer
Stadt - ein Kapital, das weder beziffert noch bemessen werden kann, das
aber zum Selbstbewußtsein der Menschen unserer Stadt beiträgt.

Sehr geehrte Frau Handke,

ich möchte Sie beglückwünschen zur verdienten Auszeichnung mit dem
Kulturpreis der Hansestadt Rostock. Gleichzeitig bedanke ich mich bei
Ihrer Familie, insbesondere bei Ihrer Tochter Hella, für die Unterstützung
und das entgegengebrachte Verständnis.

Ich bitte Sie nun, den Kulturpreis für die Hansestadt Rostock
entgegenzunehmen.