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Na­vi­ga­ti­on

„Hör-Ver­füh­rer“ in Ros­tock

Mel­dung vom 10.06.2020 - Kul­tur, Frei­zeit, Sport

Con­duc­tor in Re­si­dence Mar­cus Bosch wird Chef­di­ri­gent der Nord­deut­schen Phil­har­mo­nie

Mit der Spiel­zeit 2020/2021 über­nimmt Mar­cus Bosch ne­ben der künst­le­ri­schen nun auch ver­stärkt  per­so­nel­le Ver­ant­wor­tung für die Nord­deut­sche Phil­har­mo­nie Ros­tock und wird ihr Chef­di­ri­gent bis 2024. Zu­vor hat er be­reits zwei Jah­re lang als Con­duc­tor in Re­si­dence Pro­gramm wie mu­si­ka­li­schen Aus­druck des Or­ches­ters ge­prägt und mit Rei­hen wie „Klas­si­ker im Club“ oder „Phil­har­mo­ni­sche Lounge“ neue We­ge zum Pu­bli­kum ge­sucht. „Ich bin sehr froh, dass wir, auf die bis­he­ri­ge her­vor­ra­gen­de Zu­sam­men­ar­beit mit Mar­cus Bosch auf­bau­end, mit die­ser Er­nen­nung ein kla­res Zei­chen für die nächs­ten Jah­re set­zen kön­nen – für die Wei­ter­ent­wick­lung der mu­si­ka­li­schen Qua­li­tät un­se­res Or­ches­ters und die Wei­ter­ar­beit an in­no­va­ti­ven For­ma­ten“, so Ralph Rei­chel, In­ten­dant des Volks­thea­ters Ros­tock, zu dem der Klang­kör­per ge­hört.

Die ge­mein­sa­me Ge­schich­te von Nord­deut­scher Phil­har­mo­nie und Mar­cus Bosch be­gann be­reits im Ok­to­ber 2013, als der Di­ri­gent erst­mals im Gro­ßen Haus am Pult stand und das da­ma­li­ge 2. Phil­har­mo­ni­sche Kon­zert u.a. mit der 4. Sym­pho­nie von Men­dels­sohn Bar­thol­dy lei­te­te. Seit­dem ist Mar­cus Bosch der Han­se­stadt Ros­tock ver­bun­den – zu­nächst mit re­gel­mä­ßi­gen Gast­di­ri­ga­ten, be­vor er 2018 als Con­duc­tor in Re­si­dence die künst­le­ri­sche Ver­ant­wor­tung für das Or­ches­ter über­nahm und nun fünf der tra­di­tio­nell zehn Phil­har­mo­ni­schen Kon­zer­te pro Sai­son lei­tet. Im Ok­to­ber letz­ten Jah­res ar­bei­te­te Mar­cus Bosch erst­mals auch mit dem Opern­en­sem­ble des Volks­thea­ters zu­sam­men – un­ter sei­ner Lei­tung und in der Re­gie von Mag­da­le­na Fuchs­ber­ger wur­de Ver­dis „La Tra­via­ta“ zum gro­ßen Er­folg der nun zu En­de ge­hen­den Sai­son 2019/2020. Im Früh­jahr 2021 hat er die mu­si­ka­li­sche Lei­tung der Ros­to­cker Neu­in­sze­nie­rung von Janáčeks Oper „Das schlaue Füchs­lein“ in­ne und wird hier mit der Star-Re­gis­seu­rin Ve­ra Nemi­ro­va zu­sam­men­ar­bei­ten.

„Ich freue mich sehr auf die nächs­ten Jah­re mit der Nord­deut­schen Phil­har­mo­nie Ros­tock. Die Zu­sam­men­ar­beit war von der ers­ten Mi­nu­te an ge­prägt von gro­ßer Of­fen­heit, Neu­gier und gro­ßer Mu­si­zier­lust. Zu­sätz­lich ist durch die Ko­ope­ra­ti­on mit mei­ner Di­ri­gier­klas­se an der HMT Mün­chen ei­ne wert­vol­le Si­tua­ti­on für al­le Sei­ten ent­stan­den. Ich hof­fe, dass ich mit mei­ner Ar­beit hel­fen kann, die Nord­deut­sche Phil­har­mo­nie Ros­tock wei­ter als ers­tes und gro­ßes A-Or­ches­ter in Meck­len­burg-Vor­pom­mern zu pro­fi­lie­ren und im Team mit Ralph Rei­chel den Thea­ter­neu­bau da­mit wei­ter zu be­för­dern und zu un­ter­stüt­zen“, sagt Prof. Mar­cus Bosch.

Mar­cus Bosch, ge­bo­ren 1969 in Hei­den­heim an der Brenz, ent­schied sich früh für die klas­si­sche Ka­pell­meis­ter­lauf­bahn: Nach Sta­tio­nen an den Staats­thea­tern Wies­ba­den und Saar­brü­cken so­wie am Staats­or­ches­ter Hal­le war er von 2002 bis 2012 Ge­ne­ral­mu­sik­di­rek­tor der Stadt Aa­chen, von 2011 bis 2018 GMD des Staats­thea­ters und der Staats­phil­har­mo­nie Nürn­berg. Der „Hör-Ver­füh­rer“, wie ihn Deutsch­land­funk Kul­tur nann­te, geht im­mer wie­der neue, in­no­va­ti­ve We­ge: Er ent­wi­ckelt gern neue Kon­zert- und Ver­an­stal­tungs­for­ma­te, di­ri­gier­te 2008 die welt­weit ers­te frei zu­gäng­li­che Live-In­ter­net­über­tra­gung („Sa­lo­me“ in Aa­chen) und 2012 die ers­te live in Ki­nos über­tra­ge­ne Opern­pre­mie­re („Tris­tan und Isol­de“ in Nürn­berg). Mit dem Nürn­ber­ger Klas­sik Open Air lei­te­te er mehr­mals die grö­ß­te Klas­sik­ver­an­stal­tung Eu­ro­pas. 2010 über­nahm Mar­cus Bosch die Künst­le­ri­sche Lei­tung der alt­ehr­wür­di­gen Opern­fest­spie­le Hei­den­heim. 2016 be­gann für ihn ein neu­er Le­bens­ab­schnitt: Als or­dent­li­cher Pro­fes­sor an der Hoch­schu­le für Mu­sik und Thea­ter Mün­chen ver­mit­telt er sein Wis­sen und sei­ne Er­fah­rung dem Di­ri­gier-Nach­wuchs.

Er hat in­zwi­schen über 100 Or­ches­ter in al­ler Welt di­ri­giert, dar­un­ter das Ge­wand­haus­or­ches­ter Leip­zig, die Staats­ka­pel­le Dres­den, die Münch­ner Phil­har­mo­ni­ker, zahl­rei­che Rund­funk­or­ches­ter und im Aus­land u. a. RAI Tu­rin, Or­ches­tra Tos­ca­ni­ni so­wie die Na­tio­nal­or­ches­ter in Athen, Qa­tar, Seo­ul, Brüs­sel, Di­j­on, Lu­xem­burg, und pflegt ein sehr brei­tes Kon­zert- und Opern­re­per­toire. Zahl­rei­che Ur­auf­füh­run­gen hat er ver­ant­wor­tet und mit prä­gen­den Re­gis­seu­ren wie Pe­ter Kon­wit­schny, Ca­lix­to Bi­ei­to und Sté­pha­ne Braun­schweig zu­sam­men­ge­ar­bei­tet.
2018 über­nahm er die künst­le­ri­sche Ver­ant­wor­tung bei der Nord­deut­schen Phil­har­mo­nie Ros­tock – als Con­duc­tor in Re­si­dence. Bei der Süd­west­deut­schen Phil­har­mo­nie Kon­stanz hat er die Po­si­ti­on des Ers­ten Gast­di­ri­gen­ten in­ne. Ab Au­gust 2020 ist er Chef­di­ri­gent der Nord­deut­schen Phil­har­mo­nie Ros­tock.

 

Spiel­zeit­vor­schau Volks­thea­ter Ros­tock

Eve­r­y­bo­dy needs Some­bo­dy

Vier Mal Live- und Ge­mein­schafts­er­leb­nis beim Volks­thea­ter­som­mer Spe­zi­al in der Hal­le 207 / Auch an­de­re Spiel­stät­ten des Volks­thea­ters sol­len im Au­gust öff­nen

Die „Blues Bro­thers“ keh­ren für vier Vor­stel­lun­gen im Au­gust 2020 in die Hal­le 207 zu­rück. Ihr Auf­tritt sorgt da­für, dass trotz des ab­ge­sag­ten Volks­thea­ter­som­mers die al­te Werft­hal­le auch in die­sem Jahr zum Thea­ter-Hot­spot Ros­tocks wird. Die an­ge­kün­dig­ten In­sze­nie­run­gen „Pip­pi Lang­strumpf“, „Mes­se­schla­ger Gi­se­la“ und „Dis­co-Fie­ber“ sind in die nächs­te Sai­son ver­scho­ben wor­den.

Das Volks­thea­ter wird die Ros­to­cke­rInn­nen und ih­re Gäs­te mit ei­ner be­son­de­ren Ver­si­on, dem Volks­thea­ter­som­mer Spe­zi­al, un­ter­hal­ten. „Blues Bro­thers – Die High­lights“ bringt mit der Er­folgs­be­set­zung aus dem ver­gan­ge­nen Som­mer un­ver­gess­li­che Songs und Mo­men­te zu­rück in die Hal­le 207 und er­mög­licht wie­der ein Thea­ter- und Mu­sik­erleb­nis live. Öz­gür Plat­te und Alex­an­der von Sä­bel als Ja­ke und El­wood Blues so­wie die be­währ­te „Blues“-Band un­ter der Lei­tung von John Carl­son wer­den in ge­wohn­ter Wei­se auf­spie­len. Für Si­cher­heit sorgt ein Ab­stands- und Hy­gie­ne­kon­zept – die Hal­le 207 wird al­so nicht so viel Pu­bli­kum auf­neh­men kön­nen wie im ver­gan­ge­nen Jahr. Die An­zahl der Vor­stel­lun­gen ist auf vier re­du­ziert: am 8. und 9. so­wie am 15. und 16. Au­gust soll die Show auf die Büh­ne kom­men und mit Hits wie „Ever­bo­dy needs Some­bo­dy“ dar­an er­in­nern, dass Zu­sam­men­halt kein lee­res Wort ist.

Auch in der Klei­nen Ko­mö­die War­ne­mün­de ist ge­plant, im Au­gust das Thea­ter­spie­len wie­der auf­zu­neh­men, eben­so im Ate­lier­thea­ter in der Do­be­ra­ner Stra­ße – hier mit ers­ten Vor­stel­lun­gen des Kin­der­stücks „He­xe Hil­la­ry geht in die Oper“ und ei­ner sze­nisch ein­ge­rich­te­ten Le­sung des Er­folgs­ro­mans „Qua­li­ty­Land“.

Die ge­nau­en Spiel­plä­ne wer­den En­de Ju­li ver­öf­fent­licht. Zum Be­such von „Blues Bro­thers – Die High­lights“ kann man sich be­reits jetzt für Ein­tritts­kar­ten vor­mer­ken las­sen.

Das Volks­thea­ter Ros­tock setzt auf Kam­mer­oper

Ein­drucks­vol­le Sai­son­er­öff­nung mit dem Mu­sik­thea­ter­en­sem­ble ge­plant

Das Mu­sik­thea­ter er­öff­net die neue Sai­son 2020/2021 am Volks­thea­ter Ros­tock mit ei­ner In­sze­nie­rung der Kam­mer­oper „Die Schän­dung der Lu­kre­zia“ („The Ra­pe of Lu­cretia“) von Ben­ja­min Brit­ten. Die ur­sprüng­lich ge­plan­te „Tos­ca“ von Gia­co­mo Puc­ci­ni wird ver­scho­ben. Da­mit kann das En­sem­ble un­ter Ein­hal­tung der Si­cher­heits­vor­ga­ben ei­ne ein­drucks­vol­le Auf­füh­rung jen­seits von „Not­lö­sun­gen“ an­bie­ten und das Pu­bli­kum sich auf ei­ne ex­tra­or­di­nä­re Sai­son­er­öff­nung am 26. Sep­tem­ber freu­en.

Wenn Opern­freun­dIn­nen und Öf­fent­lich­keit sich fra­gen, ob Mu­sik­thea­ter­auf­füh­run­gen künf­tig über­haupt mög­lich sein wer­den, so ist die­se Sor­ge mehr als be­rech­tigt, ge­hört das Gen­re doch zu den­je­ni­gen Küns­ten, die von den neu­en Si­cher­heits­re­geln am stärks­ten be­trof­fen schei­nen: Be­reits die schie­re An­zahl an Mit­wir­ken­den auf der Büh­ne und im Or­ches­ter­gra­ben bei gro­ßen Opern wie et­wa Puc­ci­nis „Tos­ca“ stel­len die Ma­cher vor die na­he­zu un­lös­ba­re Auf­ga­be, Ab­stands­re­geln ein­zu­hal­ten und zu­gleich eng mit­ein­an­der zu spie­len und zu mu­si­zie­ren. Da Mu­sik­thea­ter aber auch jen­seits der gro­ßen, all­seits ge­lieb­ten Opern­tra­di­ti­on exis­tiert und reiz­vol­le Wer­ke her­vor­ge­bracht hat, setzt die künst­le­ri­sche Lei­tung des Volks­thea­ters mit Brit­tens Werk auf ei­ne ein­drucks­vol­le Al­ter­na­ti­ve, die des ganz gro­ßen Ap­pa­ra­tes nicht be­darf.

Die 1946 in Glyn­de­bourne ur­auf­ge­führ­te Oper „Die Schän­dung der Lu­kre­zia“ ist für ein En­sem­ble aus acht Ge­sangs­so­lis­tIn­nen und ein 12-köp­fi­ges Kam­mer­or­ches­ter ge­schrie­ben und das Grün­dungs­werk der von Brit­ten ins Le­ben ge­ru­fe­nen le­gen­dä­ren „English Ope­ra Group“, die in den Jah­ren nach dem Zwei­ten Welt­krieg, als die we­ni­gen gro­ßen Opern­häu­ser Eng­lands weit­ge­hend ge­schlos­sen blie­ben, durch Eng­land tour­te und Auf­füh­run­gen von neu ge­schaf­fe­nen Kam­mer­opern ei­ner nach Kul­tur hung­ri­gen Be­völ­ke­rung prä­sen­tier­te. Nach dem Welt­erfolg sei­ner Oper „Pe­ter Gri­mes“ schloss sich für Brit­ten mit „The Ra­pe of Lu­cretia“ ein Werk an, das der Form der Kam­mer­oper ei­nen neu­en Rang in der Opern­ge­schich­te zu­wies und mit der ge­ziel­ten Re­duk­ti­on der Mit­tel äs­the­tisch rich­tung­wei­send bis ins 21. Jahr­hun­dert wur­de.

In der Oper be­rich­ten ein männ­li­cher und ein weib­li­cher Er­zäh­ler aus der Per­spek­ti­ve der Ge­gen­wart von der my­thi­schen Ge­schich­te aus dem fünf­ten vor­christ­li­chen Jahr­hun­dert über die Schän­dung der Rö­me­rin Lu­kre­zia durch den etrus­ki­schen Prin­zen Tar­qui­ni­us. Brit­ten und sein Li­bret­tist Ro­nald Dun­can nutz­ten die his­to­ri­sche Vor­la­ge, die eng mit dem My­thos um die Grün­dung der rö­mi­schen Re­pu­blik ver­bun­den ist und u. a. auch von Shake­speare dich­te­risch ge­stal­tet wur­de, für ei­ne viel­schich­ti­ge, eben­so po­li­ti­sche wie psy­cho­lo­gi­sche Aus­deu­tung des Stof­fes. Da­bei sind be­reits al­le gro­ßen Le­bens­the­men aus Brit­tens spä­te­ren Wer­ken prä­sent: der Ver­lust (hier: die Zer­stö­rung) der Un­schuld, das Span­nungs­ver­hält­nis von po­li­ti­scher und künst­le­ri­scher Le­bens­form, die Am­bi­va­lenz der Se­xua­li­tät.

Die Neu­in­sze­nie­rung des Wer­kes ist ei­ne Ros­to­cker Erst­auf­füh­rung in der Re­gie von Chris­ti­an Poe­we und wird in deut­scher Über­set­zung ge­sun­gen. Die mu­si­ka­li­sche Lei­tung liegt bei Mar­tin Han­nus. Al­le So­lis­tIn­nen des Volks­thea­ters sind an die­ser En­sem­ble-Oper be­tei­ligt.