Traditionsschiffe zur 33. Hanse Sail: Warum sind Sie so wichtig?
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Maritime Geschichte
Mehr als 110 Traditionssegler und Museumsschiffe werden zur 33. Hanse Sail vom 8. bis 11. August erwartet, hunderttausende Besucher werden sich von ihnen faszinieren lassen. Doch was begeistert Menschen so sehr daran? Warum werden Schiffe über hundert Jahre erhalten, obwohl sie dafür eigentlich nicht gebaut wurden? Und was haben Geographie und die Hanse- und Universitätsstadt Rostock damit zu tun?
Für den früheren Rostocker Oberbürgermeister und Mitbegründer der Hanse Sail, Roland Methling, ist diese Faszination leicht zu erklären. Er verweist dabei auf die Beschlussvorlage zur ersten Hanse Sail, die im Jahr 1991 stattfand. Dort heißt es: „Schiffe unter Segeln verkörpern seit Generationen den Menschheitstraum von neuen Horizonten.“
Ein Modell für die Gesellschaft
Gerade für die Rostocker seien Segelschiffe zusammen mit der Hanse Sail zu einem besonderen Symbol für wiedergewonnene Freiheit und gelebte Weltoffenheit geworden. Die damalige Erkenntnis „Wer vereint Segel setzen kann, kann auch andere wichtige Projekte auf Kurs bringen“, gelte auch heute noch, sagt Methling. So habe auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ihre aktuelle Präsidentschaft im Bundesrat unter das Motto „Vereint Segel setzen“ gestellt. Die Hanse Sail habe sich laut Methling seit 1991 zu einem Türöffner für dauerhafte internationale Verbindungen, aber auch für regionale Zusammenarbeit in Politik, Wirtschaft und Kultur entwickelt.
Der Berichterstatter im Verkehrsausschuss für Seeschifffahrt und Seehäfen des Bundestags, der SPD-Bundestagsabgeordnete Uwe Schmidt, blickt auf die sozialen Funktionen, die die Menschen auf den Schiffen lernen können. „Da musst du mit den anderen zusammenarbeiten und dich auf sie verlassen können.“ Dies sei ein Modell, an dem sich eine Gesellschaft orientieren könne.
Die Schlösser des Nordens
Für Schmidt ist klar, dass Traditionsschiffe in ihrer Vielfalt einen Teil der Geschichte der Schifffahrt widerspiegeln und stets instandgehalten werden müssen. Entsprechend müsse der Nachwuchs herangeführt werden. In Süddeutschland kümmere es wenig, wenn sehr viel Geld in den Erhalt von historischen Gebäuden gesteckt wird. „Hat der Süden Deutschlands seine Burgen und Schlösser, so hat der Norden seine Traditionsschiffe. Beides ist auf einem gemeinsamen Level zu sehen.“
Für den Vorsitzenden des Dachverbands deutscher Traditionsschiffe, Jan-Matthias Westermann, begründet sich das Interesse vor allem darin, dass die Schiffe zum deutschen Kulturerbe gehören und Zeugnisse vergangener Zeiten und Technologien sind. „Sie vermitteln, wie die Seefahrt in früheren Jahrhunderten aussah und welche Herausforderungen die Seefahrer bewältigen mussten.“ Diesen Wert habe auch die Deutsche UNESCO-Kommission und die Kultusministerkonferenz anerkannt und im vergangenen Jahr die Ausbildung auf Traditionssegelschiffen in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
25 000 Aktive für Traditionsschiffe
„Traditionsschiffe sind im Wesentlichen in gemeinnützigen Vereinen organisiert“, berichtete Westermann. Er geht davon aus, dass aktuell etwa 25.000 Mitglieder und ehrenamtliche Mitarbeiter auf Traditionsschiffen tätig sind und so diese Kulturgüter erhalten. „Allein dieser Zusammenhalt in der gemeinsamen Arbeit bringt ganz verschiedene Gesellschaftsschichten auf den Schiffen zusammen“, sagte er.
Handwerker, Lehrer und Wissenschaftler träfen sich dort mit führenden Angestellten, Selbstständigen, Beamten und Arbeitssuchenden. Für Westermann ist diese besondere Mischung ein kleiner Beitrag zu einer friedlichen Gesellschaft. Dazu gehörten auch die vielen sozialen Projekte auf Traditionsschiffen wie beispielsweise Fahrten mit sozial benachteiligten Menschen, die auf diesem Weg in die Gesellschaft integriert werden könnten. Bei der Jugendorganisation STAG (Sail Training Association Germany), bei der Hanse Sail und in vielen Vereinen gebe es bereits vorbildliche Projekte und Initiativen.
Gegen den Fachkräftemangel
Doch ohne die Ausbildung der Besatzungen im seemännischen Handwerk sowie traditionellen Verfahren zur Instandhaltung der Schiffe bestehe die Gefahr, dass die fahrenden Kulturdenkmäler bald nur noch festliegend in Museumshäfen zu bewundern sind. Auf den Schiffen würden die unterschiedlichste Gewerke benötigt, diese müssen jedoch nicht nur maritimer Prägung sein. „Die Arbeit auf den Schiffen kann somit auch eine Vorstufe für eine handwerkliche Ausbildung sein und am Ende auch dem Fachkräftemangel in vielerlei Hinsicht entgegenwirken“, ist Westermann überzeugt.
Die Hanse Sail 2024 findet von 8. bis 11. August in Rostock statt. Sie wollen bei der Hanse Sail mitsegeln? Das gesamte Programm mit allen Teilnehmerschiffen der Hanse Sail kann man auf hansesail.com finden. Dort kann man auch die Törns buchen. Das Hanse Sail Büro ist darüber hinaus telefonisch (0381 38129 74 / -75) erreichbar oder bietet vor Ort Beratungsgespräche (Warnowufer 65).
Hintergrund Hanse Sail
Die Hanse Sail ist das größte jährlich stattfindende Treffen von Traditionssegelschiffen der Welt. Am zweiten Augustwochenende bietet ganz Rostock – von Warnemünde bis in die Innenstadt – an vier Tagen ein maritimes Spektakel mit zahlreichen Aktionsflächen für Groß und Klein. An den Kaikanten sammeln sich über 100 Traditionsschiffe, die den ca. 500 000 Besucher*innen einen Eindruck von traditioneller Schifffahrt vermitteln.
Ein Ziel des Festes ist die Bewahrung des maritimen Erbes der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Die Vereine, die die Gastschiffe zumeist ehrenamtlich betreiben, verwenden die Einnahmen aus den Ausfahrten unter anderem dafür die Schiffe instand und für die Nachwelt zu erhalten. Rostock hat ein Betreuungssystem etabliert, in dem sich Ehrenamtliche um das Wohl der internationalen Gäste kümmern. Die Stadt fordert keine Liegegebühren von den Eignern und Vereinen.