Home
Na­vi­ga­ti­on

Tra­di­ti­ons­schif­fe zur 33. Han­se Sail: War­um sind Sie so wich­tig?

Mel­dung vom 06.08.2024 - Kul­tur, Frei­zeit, Sport

Ma­ri­ti­me Ge­schich­te

Mehr als 110 Tra­di­ti­ons­seg­ler und Mu­se­ums­schif­fe wer­den zur 33. Han­se Sail vom 8. bis 11. Au­gust er­war­tet, hun­dert­tau­sen­de Be­su­cher wer­den sich von ih­nen fas­zi­nie­ren las­sen. Doch was be­geis­tert Men­schen so sehr dar­an? War­um wer­den Schif­fe über hun­dert Jah­re er­hal­ten, ob­wohl sie da­für ei­gent­lich nicht ge­baut wur­den? Und was ha­ben Geo­gra­phie und die Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock da­mit zu tun?

Für den frü­he­ren Ros­to­cker Ober­bür­ger­meis­ter und Mit­be­grün­der der Han­se Sail, Ro­land Me­th­ling, ist die­se Fas­zi­na­ti­on leicht zu er­klä­ren. Er ver­weist da­bei auf die Be­schluss­vor­la­ge zur ers­ten Han­se Sail, die im Jahr 1991 statt­fand. Dort hei­ßt es: „Schif­fe un­ter Se­geln ver­kör­pern seit Ge­ne­ra­tio­nen den Mensch­heits­traum von neu­en Ho­ri­zon­ten.“

Ein Mo­dell für die Ge­sell­schaft

Ge­ra­de für die Ros­to­cker sei­en Se­gel­schif­fe zu­sam­men mit der Han­se Sail zu ei­nem be­son­de­ren Sym­bol für wie­der­ge­won­ne­ne Frei­heit und ge­leb­te Welt­of­fen­heit ge­wor­den. Die da­ma­li­ge Er­kennt­nis „Wer ver­eint Se­gel set­zen kann, kann auch an­de­re wich­ti­ge Pro­jek­te auf Kurs brin­gen“, gel­te auch heu­te noch, sagt Me­th­ling. So ha­be auch Meck­len­burg-Vor­pom­merns Mi­nis­ter­prä­si­den­tin Ma­nue­la Schwe­sig (SPD) ih­re ak­tu­el­le Prä­si­dent­schaft im Bun­des­rat un­ter das Mot­to „Ver­eint Se­gel set­zen“ ge­stellt. Die Han­se Sail ha­be sich laut Me­th­ling seit 1991 zu ei­nem Tür­öff­ner für dau­er­haf­te in­ter­na­tio­na­le Ver­bin­dun­gen, aber auch für re­gio­na­le Zu­sam­men­ar­beit in Po­li­tik, Wirt­schaft und Kul­tur ent­wi­ckelt.

Der Be­richt­erstat­ter im Ver­kehrs­aus­schuss für See­schiff­fahrt und See­hä­fen des Bun­des­tags, der SPD-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Uwe Schmidt, blickt auf die so­zia­len Funk­tio­nen, die die Men­schen auf den Schif­fen ler­nen kön­nen. „Da musst du mit den an­de­ren zu­sam­men­ar­bei­ten und dich auf sie ver­las­sen kön­nen.“ Dies sei ein Mo­dell, an dem sich ei­ne Ge­sell­schaft ori­en­tie­ren kön­ne.

Die Schlös­ser des Nor­dens

Für Schmidt ist klar, dass Tra­di­ti­ons­schif­fe in ih­rer Viel­falt ei­nen Teil der Ge­schich­te der Schiff­fahrt wi­der­spie­geln und stets in­stand­ge­hal­ten wer­den müs­sen. Ent­spre­chend müs­se der Nach­wuchs her­an­ge­führt wer­den. In Süd­deutsch­land küm­me­re es we­nig, wenn sehr viel Geld in den Er­halt von his­to­ri­schen Ge­bäu­den ge­steckt wird. „Hat der Sü­den Deutsch­lands sei­ne Bur­gen und Schlös­ser, so hat der Nor­den sei­ne Tra­di­ti­ons­schif­fe. Bei­des ist auf ei­nem ge­mein­sa­men Le­vel zu se­hen.“

Für den Vor­sit­zen­den des Dach­ver­bands deut­scher Tra­di­ti­ons­schif­fe, Jan-Mat­thi­as Wes­ter­mann, be­grün­det sich das In­ter­es­se vor al­lem dar­in, dass die Schif­fe zum deut­schen Kul­tur­er­be ge­hö­ren und Zeug­nis­se ver­gan­ge­ner Zei­ten und Tech­no­lo­gi­en sind. „Sie ver­mit­teln, wie die See­fahrt in frü­he­ren Jahr­hun­der­ten aus­sah und wel­che Her­aus­for­de­run­gen die See­fah­rer be­wäl­ti­gen muss­ten.“ Die­sen Wert ha­be auch die Deut­sche UNESCO-Kom­mis­si­on und die Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz an­er­kannt und im ver­gan­ge­nen Jahr die Aus­bil­dung auf Tra­di­ti­ons­se­gel­schif­fen in das bun­des­wei­te Ver­zeich­nis des im­ma­te­ri­el­len Kul­tur­er­bes auf­ge­nom­men.

25 000 Ak­ti­ve für Tra­di­ti­ons­schif­fe

„Tra­di­ti­ons­schif­fe sind im We­sent­li­chen in ge­mein­nüt­zi­gen Ver­ei­nen or­ga­ni­siert“, be­rich­te­te Wes­ter­mann. Er geht da­von aus, dass ak­tu­ell et­wa 25.000 Mit­glie­der und eh­ren­amt­li­che Mit­ar­bei­ter auf Tra­di­ti­ons­schif­fen tä­tig sind und so die­se Kul­tur­gü­ter er­hal­ten. „Al­lein die­ser Zu­sam­men­halt in der ge­mein­sa­men Ar­beit bringt ganz ver­schie­de­ne Ge­sell­schafts­schich­ten auf den Schif­fen zu­sam­men“, sag­te er.

Hand­wer­ker, Leh­rer und Wis­sen­schaft­ler trä­fen sich dort mit füh­ren­den An­ge­stell­ten, Selbst­stän­di­gen, Be­am­ten und Ar­beits­su­chen­den. Für Wes­ter­mann ist die­se be­son­de­re Mi­schung ein klei­ner Bei­trag zu ei­ner fried­li­chen Ge­sell­schaft. Da­zu ge­hör­ten auch die vie­len so­zia­len Pro­jek­te auf Tra­di­ti­ons­schif­fen wie bei­spiels­wei­se Fahr­ten mit so­zi­al be­nach­tei­lig­ten Men­schen, die auf die­sem Weg in die Ge­sell­schaft in­te­griert wer­den könn­ten. Bei der Ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on STAG (Sail Trai­ning As­so­cia­ti­on Ger­many), bei der Han­se Sail und in vie­len Ver­ei­nen ge­be es be­reits vor­bild­li­che Pro­jek­te und In­itia­ti­ven.

Ge­gen den Fach­kräf­te­man­gel

Doch oh­ne die Aus­bil­dung der Be­sat­zun­gen im see­män­ni­schen Hand­werk so­wie tra­di­tio­nel­len Ver­fah­ren zur In­stand­hal­tung der Schif­fe be­stehe die Ge­fahr, dass die fah­ren­den Kul­tur­denk­mä­ler bald nur noch fest­lie­gend in Mu­se­ums­hä­fen zu be­wun­dern sind. Auf den Schif­fen wür­den die un­ter­schied­lichs­te Ge­wer­ke be­nö­tigt, die­se müs­sen je­doch nicht nur ma­ri­ti­mer Prä­gung sein. „Die Ar­beit auf den Schif­fen kann so­mit auch ei­ne Vor­stu­fe für ei­ne hand­werk­li­che Aus­bil­dung sein und am En­de auch dem Fach­kräf­te­man­gel in vie­ler­lei Hin­sicht ent­ge­gen­wir­ken“, ist Wes­ter­mann über­zeugt.

Die Han­se Sail 2024 fin­det von 8. bis 11. Au­gust in Ros­tock statt. Sie wol­len bei der Han­se Sail mit­se­geln? Das ge­sam­te Pro­gramm mit al­len Teil­neh­mer­schif­fen der Han­se Sail kann man auf han­se­sail.com fin­den. Dort kann man auch die Törns bu­chen. Das Han­se Sail Bü­ro ist dar­über hin­aus te­le­fo­nisch (0381 38129 74 / -75) er­reich­bar oder bie­tet vor Ort Be­ra­tungs­ge­sprä­che (War­now­ufer 65).

Hin­ter­grund Han­se Sail

Die Han­se Sail ist das grö­ß­te jähr­lich statt­fin­den­de Tref­fen von Tra­di­ti­ons­se­gel­schif­fen der Welt. Am zwei­ten Au­gust­wo­chen­en­de bie­tet ganz Ros­tock – von War­ne­mün­de bis in die In­nen­stadt – an vier Ta­gen ein ma­ri­ti­mes Spek­ta­kel mit zahl­rei­chen Ak­ti­ons­flä­chen für Groß und Klein. An den Kai­kan­ten sam­meln sich über 100 Tra­di­ti­ons­schif­fe, die den ca. 500 000 Be­su­cher*in­nen ei­nen Ein­druck von tra­di­tio­nel­ler Schiff­fahrt ver­mit­teln.

Ein Ziel des Fes­tes ist die Be­wah­rung des ma­ri­ti­men Er­bes der Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock. Die Ver­ei­ne, die die Gast­schif­fe zu­meist eh­ren­amt­lich be­trei­ben, ver­wen­den die Ein­nah­men aus den Aus­fahr­ten un­ter an­de­rem da­für die Schif­fe in­stand und für die Nach­welt zu er­hal­ten. Ros­tock hat ein Be­treu­ungs­sys­tem eta­bliert, in dem sich Eh­ren­amt­li­che um das Wohl der in­ter­na­tio­na­len Gäs­te küm­mern. Die Stadt for­dert kei­ne Lie­ge­ge­büh­ren von den Eig­nern und Ver­ei­nen.