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Rede von Dr. Chris Müller, Senator für Finanzen, Verwaltung und Ordnung, zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2017 während der Sitzung der Rostocker Bürgerschaft am 7. Dezember 2016

Pressemitteilung vom 08.12.2016

Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,
meine Damen und Herren,

218 Millionen Euro – das war die Höhe der Liquiditätskredite unserer Stadt am Ende des Jahres 2008. Aufgetürmt in nur sieben Jahren, verursacht durch eine wirtschaftliche Schwächephase, durch bundespolitische Entscheidungen und allzu zögerliche Sparbemühungen seitens der damaligen Stadtverwaltung und Kommunalpolitik.
Seitdem müssen wir einen erheblichen Teil unserer aktuellen Einnahmen dafür verwenden, längst vergangene konsumtive Ausgaben zu bezahlen.

Heute, acht Jahre später, ist es uns gelungen, diesen Schuldenberg auf unter 100 Millionen Euro zu drücken. Denn schon seit August bewegt sich der Mittelwert unserer täglichen Kreditaufnahme unterhalb dieser Marke. Und zum 31. Dezember 2016 werden unsere Kassenkredite – so die Prognose – „nur“ noch 92,5 Millionen Euro betragen – das wären 40 Millionen weniger als vor zwölf Monaten. Damit wird 2016 für die Hansestadt Rostock zum finanziell wohl erfolgreichsten Jahr seit der Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung 1990.

Für diesen tollen Erfolg gibt es – so wie beim Entstehen des Schuldenbergs – mehrere Gründe:

Erstens ist die wirtschaftliche Situation anhaltend gut. Das gilt für die konjunkturelle Lage in ganz Deutschland, aber auch für die Entwicklung unserer Region. In der Konsequenz liegt die Gewerbesteuer um höchst erfreuliche 23 Millionen Euro über dem Plan – mit der Einschränkung, dass fast 20 Millionen hiervon auf Einmaleffekte entfallen, also nicht langfristig eingeplant werden können. Gleichzeitig sehen wir, dass mit der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt auch der ständige Kostenanstieg in der Sozialen Sicherung gebremst werden konnte.

Zweitens – das soll nicht unerwähnt bleiben – hat auch die Landesebene hier ihren Anteil, indem sie den Großteil der Kosten für Unterbringung und Eingliederung der Flüchtlinge übernimmt. Die negativen Effekte auf den Haushalt blieben somit überschaubar, und ihnen stehen immerhin auch die Chancen einer gelungenen Integration für unsere Stadt gegenüber.

Der dritte Faktor für den Erfolg des laufenden Haushalts sollte uns der wichtigste sein, denn er ist von uns am leichtesten zu beeinflussen: unser eigenes Handeln. So ist es zum einen der Verwaltung – und zwar senatsbereichsübergreifend – gelungen, den Kostenanstieg in wichtigen Bereichen wie z.B. der Personalwirtschaft gering zu halten.
Und parallel haben Sie, die Kommunalpolitik, diesen Kurs mitgetragen und im letzten Jahr auf übermäßig kostspielige Haushaltsänderungen verzichtet – dafür meinen herzlichen Dank!

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

wir betreiben diese Haushaltskonsolidierung nicht als Selbstzweck. Sondern mit dem klaren Ziel, Handlungsspielräume zu gewinnen für Investitionen in unsere Stadtgesellschaft, in Kita und Schule, in Straßen und Wohnen, in Kultur und Sport und vieles mehr.

Umso bedauerlicher ist für mich, dass wir letztlich nur einen investiven Mittelabfluss von ca. 52% der eigentlich geplanten Summen erreichen werden – und das, obwohl wir 2016 zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit keine vorläufige Haushaltsführung einzuhalten hatten. Sicherlich gibt es für viele Verzögerungen gute Gründe, und natürlich werden die Investitionsmittel zur Fortführung von Maßnahmen nach 2017 übertragen. Dennoch bleibt festzustellen, dass es nicht reicht, die Finanzierung von Investitionen im Haushalt sicherzustellen – sie müssen von den zuständigen Fachämtern auch umgesetzt werden können. Hier müssen wir, die Stadtverwaltung, besser werden.

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Mitglieder der Bürgerschaft,

kommen wir zum Haushaltsplanentwurf für 2017 mit seinen Änderungen. Er weist derzeit im Ergebnishaushalt einen negativen Saldo der Erträge und Aufwendungen in Höhe von -0,5 Millionen Euro aus. Dieser kann durch eine Entnahme aus der zweckgebundenen Kapitalrücklage ausgeglichen werden. Im Finanzhaushalt beläuft sich der Saldo aus der Verwaltungstätigkeit auf plus 22,9 Millionen Euro. 9,5 Millionen Euro davon sollen für die nötige Tilgung von Investitionskrediten verwendet werden. Mit dem Rest können wir die Altschulden weiter reduzieren, in der Planung auf minus 79 Millionen Euro zum Jahresende 2017. Aufgrund der guten Entwicklung der Gewerbesteuer im Jahr 2016 und der guten Wirtschaftsprognose für Mecklenburg-Vorpommern wurden für die Gewerbesteuern 97,2 Millionen Euro Erträge in 2017 veranschlagt.

Für Investitionen eingeplant sind Gelder in Höhe von 48,3 Millionen Euro, die überwiegend aus Eigenmitteln und Investitionszuwendungen finanziert werden. Lediglich 9,5 Millionen Euro müssen wir über neue Investitionskredite abdecken. Dieser Betrag entspricht der geplanten Tilgung – wir folgen hier also der Forderung des Landes, unsere investiven Schulden nicht weiter zu erhöhen.

Kostenintensive Projekte sind dabei v.a. die Neugestaltung des Werftbeckens in Warnemünde und der Neubau der Kaianlagen des Ludewigbeckens im Stadthafen.
Wichtige neue Maßnahmen sind u.a. das Kreuzungsbauwerk Evershagen und die Anschaffung von neuen Löschfahrzeugen für die Rostocker Feuerwehren. Damit enthält der Haushaltsplan 2017 zwar nicht alle wünschenswerten Investitionen, aber ich kann Ihnen versichern, dass zumindest alle dringenden und wichtigen Vorhaben eingearbeitet sind.

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,

Auch die mittelfristige Haushaltsplanung bis 2020 gibt uns Grund zum Optimismus.
So führt u.a. die vom Bund beschlossene Entlastung der Kommunen bei den Kosten der Unterkunft zu einer Haushaltsverbesserung von 5 bis 6 Millionen Euro pro Jahr.
Auch die Steuerschätzungen sehen weiterhin gut aus. Im Ergebnis sind bis 2020 insgesamt Überschüsse in Höhe von 81,0 Millionen Euro geplant, so dass abzüglich der Tilgung von Investitionskrediten die Kassenkredite bis auf einen Restbetrag von knapp 28 Millionen Euro abgebaut werden könnten. Weitere mögliche Konsolidierungsbeiträge enthält das Haushaltssicherungskonzept, das Ihnen in der nächsten Sitzung zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll.

Erste Voraussetzung für den Abbau der Altschulden bleibt aber eine stabile konjunkturelle Lage. Hier liegt sicherlich aktuell das größte Haushaltsrisiko, denn jeder wirtschaftliche Aufschwung – das wissen wir alle – hat leider irgendwann ein Ende. Es sollte unser gemeinsames Ziel sein, bis dahin die volle finanzielle Handlungsfähigkeit der Hansestadt Rostock wieder hergestellt zu haben.

Zweite Voraussetzung ist, dass wir unsere Begehrlichkeiten – in den Ämtern der Stadtverwaltung wie im politischen Raum – im Zaum halten. Denn ich muss dringend davor warnen, das herausragende Ergebnis 2016 gedanklich einfach fortzuschreiben – das geben die Prognosezahlen auf keinen Fall her. Es hat acht Jahre und so manchen Verzicht gebraucht, um 125 Millionen Euro Altschulden abzubauen. Da werden auch die verbleibenden 93 Millionen ganz sicher kein Selbstläufer.

Stattdessen muss ich Sie auch weiterhin um strikte Disziplin bei den laufenden Ausgaben bitten, auch wenn es angesichts so mancher Wünsche schwerfällt. Denn bis zum vollständigen Abbau der negativen Vorträge ist noch ein Stück Weg zu gehen. Aber am Ende dieses Weges steht – daran sollten wir uns immer wieder erinnern – die freie Handlungsfähigkeit unserer Stadt, losgelöst von direkter Einflussnahme der Kommunalaufsicht. Ein lohnendes Ziel, wie ich finde!

In diesem Zusammenhang noch einige Worte zur Konsolidierungsvereinbarung mit dem Land: Wir sind hier nunmehr in guten Gesprächen. Uns wurde zugesagt, nach Prüfung der kommenden Haushaltsplanung und des fortgeschriebenen Haushaltssicherungskonzeptes zügig zu einem Vertragsabschluss zu kommen. Für die Hansestadt Rostock sind aus dem Konsolidierungsfonds nun rund 17 Millionen Euro vorgesehen – eine ordentliche Summe.
Aufgrund unserer guten Haushaltsergebnisse 2015 und 2016 könnte ein großer Teil davon bereits in den nächsten zwei Jahren fließen. Auch dies sollte uns Ansporn sein, den eingeschlagenen Weg der Entschuldung weiter zu gehen!

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

die Aufstellung unseres Haushaltsplans ist in jedem Jahr eine gewaltige Aufgabe, erst recht, wenn er einen Überschuss ausweisen muss. Für die dabei geleistete tolle Arbeit möchte ich mich herzlich bei allen Beteiligten in den Fachämtern bedanken, ganz besonders bei Frau Kamke und ihrem engagierten Team aus dem Finanzverwaltungsamt – vielen Dank!

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,

der vorliegende Haushaltsplan 2017 ist ein Beleg für die Leistungsfähigkeit unserer Stadt. Er beinhaltet einen weiteren Abbau der Altschulden, ohne an wichtigen Investitionen in die Zukunft unserer Stadt zu sparen.

Meine Damen und Herren,

zum Abschluss noch ein Bonmot:
„Das Aufstellen eines Budgets ist die Kunst, Enttäuschungen gleichmäßig zu verteilen“

In diesem Sinne bitte ich Sie, dem Haushaltsplan 2017 zuzustimmen und hoffe auf Ihr Augenmaß in der Entscheidung der vorliegenden Änderungsanträge.

Vielen Dank!!