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Rede von Dr. Chris Müller-von Wrycz Rekowski, Senator für Finanzen, Verwaltung und Ordnung, zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2018/2019 während der Sitzung der Bürgerschaft

Pressemitteilung vom 11.04.2018

Sehr geehrter Herr Präsident, 

sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft, 

meine Damen und Herren,

mit Superlativen soll man ja bekanntlich vorsichtig sein; ich möchte deshalb nicht von einem historischen Tag sprechen, aber doch von einem äußerst bemerkenswerten, jedenfalls in finanzpolitischer Hinsicht:  Die Verwaltung kann Ihnen heute einen Haushaltsentwurf vorlegen, der den vollständigen Haushaltsausgleich und damit die Rückführung sämtlicher konsumtiver Schulden vorsieht. 

Damit geht eine lange Phase zu Ende, die uns allen – Stadtpolitik wie Stadtverwaltung – viel abverlangt hat: Zunächst sieben Jahre mit immer weiter auflaufenden Defiziten, in denen Entscheidungen getroffen und auch durchgehalten werden mussten, um erst einmal das jährliche Defizit des Haushaltes auf null zu reduzieren. Und dann, seit 2008, neun mühselige Jahre, in denen Überschüsse zu erwirtschaften waren, um die aufgelaufenen Schulden von 218 Millionen abzutragen – mit dem Ziel, den Vorgaben der Kommunalaufsicht zu entfliehen, vor allem aber, um endlich wieder Handlungsspielräume für Zukunftsentscheidungen zu gewinnen. Zusammengenommen 16 Jahre – mehr als drei Wahlperioden, in denen die finanzielle Situation unserer Stadt zu oft das handlungsleitende Motiv war, sein musste.

Meine Damen und Herren,

dass diese zehn Jahre der Schuldentilgung nun zu Ende gehen, verdanken wir einem Haushaltsjahr 2017, das in finanzieller Hinsicht einmalig erfolgreich verlaufen ist. Die vorläufige Ergebnisrechnung 2017 weist aktuell ein positives Ergebnis in Höhe von 68,5 Mio. Euro aus. In der Finanzrechnung und unter Berücksichtigung der Tilgung weisen wir sogar einen Jahresüberschuss in Höhe von 90,3 Millionen Euro aus. Bis in den Sommer hinein – so viel Ehrlichkeit muss sein – haben wir ein solches Ergebnis nicht vorhergesehen und auch nicht für möglich gehalten. Damit konnte der vorgetragene negative Finanzierungssaldo bis auf einen Rest von 19,5 Millionen Euro abgebaut werden, den wir dann hoffentlich in diesem Jahr auf null stellen können.

Über die Gründe habe ich schon in meiner letzten Haushaltsrede ausführlich gesprochen und kann mich deshalb kurz fassen:

Erstens ist die wirtschaftliche Situation auch weiterhin hervorragend, in ganz Deutschland wie auch in unserer Region. In der Konsequenz liegen die Gewerbesteuereinnahmen auf höchstem Niveau, und mit der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt konnte auch der ständige Kostenanstieg in der sozialen Sicherung gebremst werden.

Hier zeigt sich eindrucksvoll, welche essentielle Bedeutung Wachstum und Beschäftigung für den Wohlstand einer Region, und damit eben auch für die Kassenlage einer Gebietskörperschaft, haben. Der weitere Ausbau des Wirtschaftsstandortes Rostock muss daher ganz oben auf der Agenda stehen.

Zweitens konnten wir endlich die Konsolidierungsvereinbarung mit dem Land abschließen. Aufgrund dessen erhält die Hanse- und Universitätsstadt Rostock Finanzhilfen im Zeitraum von 2017 bis 2019 in Höhe von 22,9 Mio. Euro einschließlich der Zahlungen aus dem Entschuldungsfonds. 4,8 Millionen davon sind bereits geflossen.

Der dritte Faktor für das tolle Jahresergebnis waren zahlreiche Einmaleffekte und zusätzliche Einzahlungen, z.B. die Kapitalentnahme aus dem WWAV, der Verkauf der Messehalle oder das Flächenmanagement. Diese nicht fortschreibbaren Mittelzuflüsse belaufen sich auf 45 Millionen Euro, also knapp die Hälfte des Jahresüberschusses. 

Und viertens – das ist letztlich der alles entscheidende Punkt – hat erst unser eigenes Verhalten diesen Erfolg möglich gemacht. So ist es einerseits allen Senatsbereichen gelungen, den allgemeinen Kostenanstieg gering zu halten.

Und parallel haben Sie, die Kommunalpolitik, unsere verbesserte Haushaltslage bislang nicht zum Anlass genommen, die Schleusen zu öffnen und vorzeitig das Füllhorn des Steuerzahlers über unsere Stadt auszuschütten – dafür allen Beteiligten meinen herzlichen Dank!

Bedanken möchte ich mich auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die am Investitionsgeschehen unserer Stadt beteiligt waren. Im Jahr 2017 konnten Maßnahmen mit einem Volumen von insgesamt 47,8 Mio. Euro umgesetzt werden. Das sind 52,4% der eigentlich geplanten Summe, damit bewegen wir uns hier über dem Niveau der Vorjahre.

Beispielhaft genannt seien hier nur die Projekte Erwerb Feuerlöschboot, Straßenbau Tannenweg und Sanierung/Umgestaltung Ulmenstraße sowie die Neugestaltung des Ludewigbeckens.

Sehr geehrter Herr Präsident,

werte Mitglieder der Bürgerschaft,

kommen wir zum Haushaltsplanentwurf für 2018/2019 mit seinen Änderungen. Hierzu möchte ich Ihnen ersparen, lange Zahlenkolonnen vorzutragen, die Sie einfacher und übersichtlicher den Beschlussvorlagen entnehmen können. Dort ist auch erläutert, warum die beiden Jahreshaushalte sich im Ergebnis so deutlich voneinander unterscheiden.  Betonen möchte ich, dass im vorliegenden Haushaltsplan alle angemeldeten Investitionsvorhaben der Ämter eingearbeitet wurden. 

Dass wir mit dem geplanten Überschuss in diesem Jahr endlich den vollständigen Abbau des seit 2001 vorgetragenen negativen Finanzierungssaldos schaffen werden, habe ich ja schon eingangs ausführlich gewürdigt. Damit entfällt die Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes. Wie gesagt, Sie können das alles ausführlich in der Vorlage und in den Haushaltsplänen nachlesen.

Viel wichtiger als die einzelnen Zahlen sind mir noch einige grundsätzliche Gedanken zur Haushaltspolitik:

Woher wir kommen, habe ich bereits dargestellt: Fünf Jahre Schulden aufgetürmt, zwei Jahre den Haushalt stabilisiert, neun Jahre Schulden abgestottert. Und das zehnte Jahr liegt noch vor uns, denn aktuell sind wir immer noch knapp 20 Millionen im Minus. Als Verwaltung haben wir diesen Doppelhaushalt deshalb so angelegt, zunächst überhaupt erst einmal stabile Überschüsse zu erwirtschaften, über deren sinnvolle Verwendung dann in den Haushalten ab 2020 entschieden werden kann.

Natürlich verstehe ich, wenn Einige jetzt nach dieser langen Durststrecke ungeduldig mit den Füßen scharren. Das ist auch in der Öffentlichkeit zu spüren, wenn Zeitungen versehentlich einen jährlich geplanten Haushaltsüberschuss von 100 Millionen Euro verkünden oder nachfragen, wie und wo die Stadtverwaltung den plötzlichen Reichtum möglichst gewinnbringend anlegen wird. 

Zweifellos gibt es da draußen in unserer Stadt Projekte, Initiativen und Träger, die mehr Geld gebrauchen können. Und genauso würden sich Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Betriebe über Entlastungen freuen. Mehr geht eben immer.

Trotzdem darf ich darauf verweisen, dass sich die Kulturszene, die sozialen Angebote, der Sport in unserer Stadt, genauso die Wirtschaft oder der Immobilienmarkt sehr gut entwickelt haben. 

Und das, obwohl wir als Kommune das Geld in den letzten Jahren zusammengehalten haben. Obwohl wir keine Steuern gesenkt haben. Obwohl wir unsere Zuschüsse oft nur zögernd erhöht haben. 

Demgegenüber sind es gerade die Kernaufgaben unserer Stadt, und zwar die investiven, bei denen wir den größten Nachholbedarf spüren. Und damit meine ich nicht nur die allseits diskutierten Großprojekte, sondern auch und gerade die alltäglichen Investitionen in Straßen und Wege, in Grünanlagen oder Feuerwehr, in Schulausstattung und digitalen Bürgerservice, wo sich dringend etwas tun muss. 

Hinzu kommt die konjunkturelle Situation. Jeder Experte sagt, dass die derzeitige Wachstumsphase der deutschen Wirtschaft bereits ungewöhnlich lang andauert. Die Europäische Zentralbank diskutiert ein Ende der Niedrigzinspolitik. 

Vor diesem Hintergrund ist mindestens mittelfristig von einer Eintrübung der Konjunktur auszugehen. Das würde sofort deutlich in unseren städtischen Haushalt durchschlagen. Hierfür ist Vorsorge zu treffen, damit wir nicht schon bald wieder in die Schuldenfalle rutschen.

Aus diesen zwei Gründen – investive Nachholbedarfe und Konjunkturrisiko -  möchte ich Sie bitten, unserem Kurs zu folgen und sich mit großen, dauerhaften neuen Ausgaben oder Steuersenkungen weiter zurückzuhalten.  Nur so werden wir in der Lage sein, ab dem kommenden Jahr freie Mittel zu erwirtschaften, die wir zur Realisierung unserer vielfältigen investiven Vorhaben benötigen. Und zur Finanzierung der Folgekosten, die diese Investitionen nach sich ziehen.

Meine Damen und Herren,

ein Teil der Verunsicherung und Unzufriedenheit, die wir seit einiger Zeit bei den Menschen in unserem Land spüren, hat mit der Qualität öffentlicher Leistungen zu tun. Das gilt für die Polizeipräsenz im Land oder den A20-Krater bei Tribsees, das gilt aber genauso für den Zustand der Gehwege in Reutershagen, die Pflege des Parks am Kringelgraben oder eben für fehlende Breitbandkabel in unseren Gewerbegebieten. 

Die geplante Entwicklung des städtischen Haushaltes eröffnet uns Spielräume, an einigen Stellen besser zu werden. 

Meine Hoffnung ist, gemeinsam mit Ihnen nicht den kurzfristigen Beifall zu suchen, sondern eine lange Linie zu entwickeln, wo genau es zukünftig sinnvoll ist, mehr Geld auszugeben, damit wir als Kommune besser werden:

Für die Vereine und Initiativen, die diese Stadt lebendig machen. 

Für die Unternehmen, in denen der Wohlstand unserer Stadt erarbeitet wird. 

Für alle Menschen hier vor Ort, in deren Auftrag wir diese Stadt steuern. 

Dabei sollte es uns nicht um Geschenke an die Bürgerinnen und Bürger, sondern um kluge Investitionen in die Zukunft unserer Stadt gehen – vielleicht nicht für die nächsten 800 Jahre, aber doch für die nächsten 80.

Sehr geehrter Herr Präsident, 

meine Damen und Herren,

die Aufstellung unseres Haushaltsplans ist in jedem Jahr eine gewaltige Aufgabe, erst recht, wenn er einen Überschuss ausweisen muss. Für die dabei geleistete tolle Arbeit möchte ich mich herzlich bei allen Beteiligten in den Fachämtern bedanken, ganz besonders bei Frau Kamke und ihrem engagierten Team aus dem Finanzverwaltungsamt – vielen Dank!

Meine Damen und Herren,

ich habe jetzt lange geredet, um meinen Standpunkt zu verdeutlichen. Für die Zusammenfassung möchte ich mich bei Thomas Jefferson bedienen. Der gab schon vor 200 Jahren den guten Rat:

„Verfüge nie über Geld, ehe du es hast.“

In diesem Sinne bitte ich Sie, dem Haushaltsplan 2018/2019 zuzustimmen und hoffe auf Ihr Augenmaß in der Entscheidung der vorliegenden Änderungsanträge.

Vielen Dank!