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Rede von Oberbürgermeister Arno Pöker auf der 63. Bürgerschaftssitzung

Pressemitteilung vom 04.11.1998

4. November 1998

Rede von Oberbürgermeister Arno Pöker auf der 63. Bürgerschaftssitzung Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten,
liebe Gäste,

lassen Sie mich zuerst dem Ministerpräsidenten Harald Ringstorff und seiner Regierungsmannschaft zu ihrer Wahl gratulieren. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Energie, aber auch das nötige Augenmaß bei den politischen Entscheidungen. Mögen Sie sich bewußt sein, daß die Kommunen das Herzstück eines jeden Gemeinwesens sind. Nutzen Sie das Potential der Kommunalpolitiker!

Wie man hört, haben sich die SPD und die PDS im Land darauf geeinigt, die Neuverschuldung zu steigern und den Kommunen in den nächsten vier Jahren 200 Mio. DM mehr zur Verfügung zu stellen. Nach Adam Riese bedeutet das, 50 Mio. DM pro Jahr. Wenn es auch nur ein "heißer Tropfen auf den Wüstenboden" ist, wie Michael Thomalla vom Städte- und Gemeindetag meinte, so ist es doch ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich denke, wir sind uns in diesem Hause einig, daß die kreisfreien Städte überproportional von dieser Finanzspritze profitieren müssen. Denn schließlich haben wir in den letzten Monaten erhebliche Einschränkungen bei den Landeszuweisungen hinnehmen müssen. Gemäß des Grundsatzes von Benjamin Disraeli, der meinte, das Wort "endgültig" gebe es nicht in der Sprache der Politik, setze ich darauf, daß noch mehr Taten entwickelt werden, um die Situation der Kommunen zu verbessern. So fordere ich die neue Landesregierung mit Nachdruck auf, das Finanzausgleichsgesetz zu verändern! Erkennen Sie die Leistungen der Oberzentren an!

Kürzlich habe ich mit einer Rostocker Wirtschaftsdelegation unsere Partnerstadt Riga besucht. Dieser Aufenthalt hat mir mal wieder deutlich gemacht, mit welchen Problemen Kommunen in Osteuropa zu kämpfen haben. Beeindruckt hat mich aber der Optimismus und die Kreativität der Menschen, die ihre Chancen suchen. Eine solche Chance - auch für uns in Rostock - bietet der Ostseeraum, die Zusammenarbeit insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet. Zwei Kooperationsvereinbarungen haben wir zwischen Rostock und Riga abgeschlossen, zur Zusammenarbeit der Häfen und zur Bauwirtschaft. Viele hiesige Rostocker Unternehmen sind schon über Jahre aktiv in Riga, um sich die Chancen des dortigen Marktes zu sichern. Chancen sichern will sich auch eine junge Rostocker Unternehmerin, Dr. Catrin Bludszuweit. Vor zwei Jahren gründete sie ihre Firma, ASD Advanced Simulation and Design GmbH. Sie hat sich der Idee des "virtuellen Organs" verschrieben, indem sie per Computersimulation Wirkungen künstlicher Organe untersucht. Für ihre Idee wurde sie kürzlich mit dem IDEE-Förderpreis ausgezeichnet. Ich werde mich in vierzehn Tagen bei einem Betriebsbesuch selbst von ihrer Arbeit überzeugen. Solche Beispiele, denke ich, können auch anderen Rostockerinnen und Rostockern Mut machen, ihre unternehmerischen Ideen in die Tat umzusetzen. Gerade der Bereich der neuen Technologien spielt für Rostocks Zukunft eine große Rolle. Hier liegen Chancen, die bereits genutzt werden und noch ausbaufähig sind.

Wir bemühen uns weiterhin aktiv um die Ansiedlung der Airbus-A3XX-Produktion in Rostock. Mit dem Seehafen, der Autobahn und dem Flughafen verfügt Rostock über ideale Infrastruktur. Die Meldung des "Focus" ist wohl als Zeitungsente zu werten. Denn die endgültige Entscheidung wird erst im Frühjahr fallen. Ich fordere mit Nachdruck, daß Rostock den Zuschlag erhält, denn dies wäre ein dringend benötigter Schub für die Region. Zudem fordere ich alle politischen Kräfte auf, weiterhin für den Produktionsstandort zu werben.

Bei der Konferenz der International Sail Training Association (ISTA) in Londen in zehn Tagen werden Herr Methling und ich wieder für die Baltic-Sail-Bewegung werben. Es verstärkt sich der Eindruck, daß viele dort nicht wahrhaben wollten, daß wir hier in der Ostsee so attraktive Segelveranstaltungen organisieren. Nun geht es einfach darum zu vermeiden, daß sich im Jahr 2000 die klassische Cutty Shark Tall Ship Race nicht in Konkurrrenz zu unseren Angeboten der Hiorten Regatta und der Baltic Sail stellt.

Lassen Sie mich noch abschließend auf die Woche der Erinnerung an die Reichspogromnacht, die morgen beginnt, hinweisen. Gemeinsam mit dem Max-Samuel-Haus haben wir Mitglieder ehemaliger jüdischer Gemeinden aus Mecklenburg-Vorpommern eingeladen. Ich freue mich sehr, daß über 30 Gäste ab morgen hier in Rostock weilen werden. Teilweise sind Menschen dabei, die seit der unrühmlichen Zeit des NS-Regimes deutschen Boden nicht wieder betreten haben. Viele Konzerte, Lesungen, Schülerdiskussionen und Ausstellungen werden hier in Rostock angeboten. Ein besonderer Höhepunkt stellt die Verleihung der Ehrendoktorwürde an unseren Ehrenbürger Dr. Yaakov Zur am 8. November dar. Diese Feierstunde ist gleichzeitig die zentrale Gedenkveranstaltung. Mit dieser Woche der Erinnerung wollen wir ein Zeichen setzen, daß Rostock sich aktiv mit seiner Geschichte auseinandersetzt und wollen den Dialog befördern. Für mich fügen sich diese Veranstaltungen in die Aktivitäten "Bunt statt Braun" ein. Schon jetzt möchte ich mich beim Max-Samuel-Haus, der Universität und dem Presseamt für die Vorbereitungen dieser Woche bedanken. Nutzen Sie also das vielfältige Programm und besuchen Sie die ein oder andere Veranstaltung!