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Rede von Oberbürgermeister Arno Pöker auf der 64. Bürgerschaftssitzung

Pressemitteilung vom 02.12.1998

2. Dezember 1998

Rede von Oberbürgermeister Arno Pöker auf der 64. Bürgerschaftssitzung

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Hansestadt Rostock hat in der HHSt. 3221.0000.5781.0000 für die Anschaffung einer Bottichwaschmaschine in unserem Amt Städtische Museen 150,00 DM mehr ausgegeben als vorgesehen. Diese Information ist nicht von Belang für Sie? Dann vielleicht diese: Wir haben in der HHSt. 3501.0000.5720.0000 500,00 DM mehr ausgegeben, weil wir Sanitätskoffer für die Volkshochschule anschaffen mußten. Ist auch hier der Wert noch nicht so hoch, daß es Sie interessiert?

Das muß es auch nicht, meine Damen und Herren, denn wir haben mit einer ausführlichen Informationsvorlage, so wie wir das regelmäßig tun, bereits am 04.11.98 über alle Abweichungen in den Haushaltsstellen berichtet. Wenn ich durch Ihren Antrag, Herr Möhner, aufgefordert werde, über wesentliche Abweichungen vom Haushaltsplan der Hansestadt Rostock hier zu berichten, so wissen Sie natürlich, daß wesentliche Abweichungen nur vom Hauptausschuß bzw. von der Bürgerschaft beschlossen werden können. Das heißt, Ihr Antrag macht überhaupt keinen Sinn, weil der Oberbürgermeister dann in seiner Rede vor der Bürgerschaft nur das wiederholen würde, was die Bürgerschaft entweder durch Informationsvorlagen sowieso schon erhalten hat oder wofür sie in der Beschlußfassung selber zuständig ist und deshalb natürlich rechtzeitig umfassende Informationen bekommt. Dies gilt auch für andere Punkte Ihres Antrages.

Wenn man wie Sie, Herr Möhner, es tun, unterstellt, daß ich nicht genügend informieren würde, dann mag dies sehr populär sein. Und wie man an einigen Reaktionen von Medien auch feststellen kann, wird dieser Vorwurf sehr schnell aufgegriffen. Den Tatsachen entspricht dieser Vorwurf allerdings nicht. Deshalb lassen Sie mich hier ganz deutlich sagen, daß wir sowohl über Abweichungen und Verzögerungen in der Ausführung von Bürgerschaftsbeschlüssen als auch über die Abweichungen von Haushaltsstellen wie auch über wesentliche Änderungen in der Personalwirtschaft ständig und ausgiebig informieren. Entweder dadurch, daß wir Ihnen Informationsvorlagen zur Kenntnis geben oder dadurch, daß wir Ihnen Beschlußvorlagen im Rahmen Ihrer Zuständigkeit zuarbeiten. Darüber hinaus gibt es eine Fülle von Informationen in Form von Informationsvorlagen oder Vorträgen in den entsprechenden Ausschüssen.

Ich trete hier vehement dem Eindruck entgegen, als wenn der Oberbürgermeister nicht über wichtige Angelegenheiten informieren würde. Ich weigere mich nur, in meiner Rede all die Informationen, die Ihnen sowieso zugegangen sind, hier noch einmal zu wiederholen.

Ich glaube auch nicht, Herr Möhner, daß das Informationsdefizit der eigentliche Anlaß für Ihren Antrag ist. Hier geht es einerseits vielmehr darum, sich mit einem populären Thema zu profilieren. Dies bedauere ich, noch dazu um so mehr, als daß ich Ihnen in der Vergangenheit nun wirklich keinen Anlaß gegeben habe, sich an Hand einer Auseinandersetzung mit mir profilieren zu müssen. Andererseits glaube ich, daß Sie sich über meine öffentlichen Glückwünsche für die neue Landesregierung so geärgert haben, daß Sie der Auffassung sind, mit dem Antrag dem Oberbürgermeister vorschreiben zu können, was er öffentlich sagt. Dabei kann ich Ihre Verärgerung überhaupt nicht verstehen. Es gehört nicht nur zum politischen Anstand, auch denjenigen zur Übernahme eines Amtes zu gratulieren, die man in diesem Amt nicht hat sehen wollen. Es ist auch nicht hilfreich, diesen politischen Anstand demjenigen gegenüber nicht zu zeigen, von dem man angesichts der Haushaltslage der Hansestadt Rostock und der vielen guten Projekte, die wir für unsere Stadt vorhaben, dringend Unterstützung braucht.Den Wahlkampf sollten wir auch angesichts dieser Projekte auf den April verschieben. Ich kann mir nicht vorstellen, sehr geehrter Herr Möhner, daß, wenn Ihr Antrag eine Mehrheit bekommen sollte, ich mich zukünftig in meinem Bericht auf die von Ihnen angemerkten Punkte beschränken werde - zumindest nicht mündlich. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu recht, daß der Oberbürgermeister sich politisch äußert, auch hier vor der Bürgerschaft. Ich werde mich bemühen, da ich dabei nicht über Tankquittungen rede wie Herr Möbius, sondern über wirklich wichtige Dinge.

Kommen wir zu diesen Dingen: Seit Monaten arbeitet die Verwaltung mit einer Haushaltssperre. Wir konnten dadurch 20,1 Mio. DM gegenüber dem Haushaltsplan einsparen. Das reicht aber noch nicht, da zum Beispiel die Kosten der Sozialhilfe mit 94,6 Mio. DM statt geplanten 77,6 Mio. DM zu Buche schlagen. Wir hatten 1998 einen ausgeglichenen Haushalt beschlossen und mußten wegen der Steuermindereinnahmen des Landes zwei Haushaltserlasse ertragen. Zuerst hieß es, wir müßten auf 12 Mio DM verzichten. Im Sommer mußten wir dann nocheinmal auf weitere 7 Mio DM verzichten. Dennoch wird es uns gelingen, dieses Haushaltsjahr ausgeglichen abzuschließen, indem wir Rücklagen einsetzen und dank gestiegener Gewerbesteuern. In diesen Tagen ist Ihnen der Entwurf des Haushaltsplanes 1999 zugegangen. Aufgrund der geringeren Einnahmen müssen wir im kommenden Jahr mit einem Loch von ca. 50 Millionen im Verwaltungshaushalt rechnen. Wir müssen mit aller Kraft versuchen, im kommenden Jahr weiter einzusparen. Denn wir müssen dafür sorgen, daß das Haushaltsloch abgebaut wird. Wir sollten uns alle über dieses Ziel einig sein. Wir werden nicht umhinkommen, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. Darüber wird noch in diesem Hause intensiv gesprochen werden müssen. Ich hoffe nur, daß die Landesregierung uns den Vermögenshaushalt genehmigt. Ich bitte Sie, Ihren Einfluß geltend zu machen, daß dies so geschieht. Wir alle wollen, daß nötige Investitionen im kommenden Jahr erfolgen können. Ich denke zum Beispiel an die Investitionen an Schulen in Höhe von 4,6 Mio. DM, die Sanierung des Ostseestadions für 2 Mio. DM oder das Vorhaben Messe für fünfzehn Mio. DM im Haushaltsjahr 1999.

Ein wesentlicher Grundsatz in der Politik sollte Konsequenz sein: Das wünsche ich mir von allen Beteiligten bei der Privatisierung der Seehafen-Umschlagsgesellschaft. Auch von den Käufern. Eine logische Folge des Kaufvertrages ist der Abschluß neuer Pachtverträge, auch um die Industrieansiedlungen zu ermöglichen, zu denen Kent vertraglich verpflichtet ist. Deshalb haben wir über neue Pachtverträge verhandelt und sind jetzt im Umlaufverfahren unter den Aufsichtsratsmitgliedern. Ich gehe von einer Zustimmung aus.

Ich kann die Sorgen der Hafenarbeiter verstehen. Aber zur Wahrheit gehört auch, daß mir Aufsichtsratsmitglieder derUmschlagsgesellschaft bereits vor zwei Jahren vorgeschlagen haben, ca. 200 bis 250 Arbeitnehmer im Hafen zu entlassen. Wohlgemerkt zu Zeiten, als dieses Unternehmen noch ein kommunales Unternehmen war und Aufsichtsratsmitglieder, die von der Bürgerschaft gewählt waren, und die sich heute zum Teil in ganz anderer Weise an der öffentlichen Diskussion beteiligen.

Ich habe mich damals gegen den Abbau von Arbeitsplätzen ausgesprochen und für einen anderen Weg entschieden, den Sie dann mehrheitlich mitgetragen haben. Wir alle haben uns dabei von der Lösung der Arbeitsplatzproblematik leiten lassen. Wären wir diesen Weg nicht gegangen, hätten schon längst Arbeitnehmer gekündigt werden müssen. Auch dies sollte die ÖTV bedenken, wenn sie demonstriert. In 250 Familien gab es durch unsere Politik zumindestens einen Vollbeschäftigten in den zurückliegenden zwei Jahren. Und die ist auch für die nächsten zwei Jahre im Kaufvertrag garantiert. Die Vergütung war und ist trotz Kurzarbeit keine schlechte, weil die von der ÖTV ausgehandelten Tarifverträge zu den Spitzentarifverträgen in dieser Region gehören.

Weiterhin sollte die ÖTV auch bedenken, daß man mehr Ladung und damit mehr Arbeit nicht durch Demonstrationen auf einen Standort lenkt. Man lenkt lediglich die Aufmerksamkeit der Konkurrenz auf sich und verunsichert die Kunden, die man werben muß. Nicht ohne Grund haben Unternehmer in anderen Häfen bereits versucht, unsere Investoren abzuwerben.

Intensive Gespräche führen wir mit Bouygues. Die Finanzierung der Warnowquerung steht im Großen und Ganzen. Gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium erarbeiten wir derzeit einen Antrag für Fördermittel aus dem TEN - Programm der Europäischen Union. Mit diesem Förderantrag soll die bereits mündlich erteilte Zusage der EU, aus dem TEN - Programm bis zu 40 Mio. DM für die Warnowquerung bereitzustellen, eingelöst werden. Zudem hat die RSAG einen Förderantrag in Höhe von ca. 13 Mio. DM aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gestellt. Denn wir wollten, daß der ÖPNV den Tunnel mautfrei nutzen kann, so ist es im Vertrag geregelt. Dies bedeutet, daß die Autofahrer die Kosten indirekt über die Zahlung der Maut subventionieren. Und das wollen wir abfedern. Vorgestern haben Herr Schörken  und ich mit Bouygues zusammengesessen. 87 Prozent der Finanzierung steht. Beim Planfeststellungsverfahren sind 46 Einwendungen Privater und 41 von Trägern Öffentlicher Belange eingegangen. Das ist bei einem Projekt dieser Größenordnung erfreulich wenig. Schon in der nächsten Woche sollen die Gespräche weitergehen. Letzte Woche fand die 124. Generalversammlung des BIE in Paris statt. Die IGA GmbH plant, im Frühjahr des kommenden Jahres mit den ersten Bepflanzungen und dem Bau der Messehallen im künftigen Ausstellungsgelände in Schmarl zu beginnen. Im Jahr 2000 soll dann dort der Messebetrieb starten.

Zur Zeit überwintert die Sedov im Stadthafen. Ein schönes Ausflugsziel für die Rostocker! Die Mir erwarten wir auch noch. Diese "Winter Sail" ist eine echt saisonverlängernde Maßnahme, wie ich finde. Und dank der Unterstützung, die das Land und die Stadt den Schiffen zum Überwintern gewährt, ein Grund mehr, daß diese großen russischen Traditionssegler Ja gesagt haben zur Hanse Sail 1999. Auf der ISTA-Konferenz in London wurde deutlich, daß wir dank unserer Kooperation mit Karlskrona, Gdansk und Helsingör dafür sorgen, daß immer mehr Traditionschiffe die Ostsee entdecken. In den letzten Jahren ist eine Tendenz deutlich, daß Städte und Regionen selbst aktiv wurden, um Hafenfeste zu organisieren. Rostock hat sich darauf eingestellt und nimmt mit der Hanse Sail einen festen Platz im Veranstaltungskalender ein.

Die Kröpeliner Straße und die Lange Straße wurden neu gestaltet und trotz Schneegestöbers vor kurzem den Rostockern übergeben. Die Rostocker Gesellschaft arbeitet weiter unermüdlich an der Verschönerung der Innenstadt.
Im kommenden Jahr stehen die Gestaltung der Eselföterstraße, der Faulen Grube und des Nördlichen Heiligengeisthofes an. Auch an der Verbindung Saarplatz - Am Vögenteich - Steintor wird intensiv gearbeitet. Denn das ist unser städteplanerisches Ziel. Eine attraktive City von Rathaus bis Doberaner Platz, vom Steintor bis Vögenteich. Es wird noch ein bißchen Zeit brauchen. Ein bißchen Geduld braucht man eben auch in der Politik. Ich bin mir da mit den Kollegen Senatoren Schörken und Grüttner einig und wir arbeiten gemeinsam erfolgreich an dem Ziel, die Innenstadt attraktiver zu machen. Dies ist uns gelungen. Deshalb kann ich auch die Kritik des Einzelhandelsverbandes bezüglich der Hauptpost nicht nachvollziehen. Wir bemühen uns intensiv darum, Kaufhäuser im Zentrum anzusiedeln. Jeder von denen, die meinen, die Interessen der Innenstadt zu vertreten, weiß, genau dieses Ziel ist in der Hauptpost nicht erreichbar gewesen. Gerade die Fachleute wissen, daß Investoren einen ebenerdigen Gang in ihr Kaufhaus benötigen. Haben Sie mal die Stufen an der Hauptpost gezählt, Herr Möhner? Vielleicht haben Sie es getan, Herr Möbius? Es sind exakt sieben, eine in Rostock nicht unbekannte Zahl, aber hier eben leider ein totales Hindernis. Deshalb war es folgerichtig, das Gebäude anders zu nutzen. Auch deshalb wurde der Mietvertrag zwischenzeitlich unterschrieben.

Zur Entspannung von Politik und Alltag brauchen wir nur über den Weihnachtsmarkt bummeln. Mit knapp 200 Ausstellern ist dieser Weihnachtsmarkt der Größte in Norddeutschland und ein echter Wirtschaftsfaktor. Ich war beeindruckt von der Eröffnung und es wundert nicht zu hören, daß 60 000 Besucher am ersten Tag in der Innenstadt waren. So beleben wir erfolgreich die Innenstadt!

Geduld und einen langen Atem werden wir wohl alle für die heutige Sitzung brauchen. Lassen Sie mich Ihnen dennoch an dieser Stelle besinnliche Stunden in der Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen.