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Rede von Oberbürgermeister Roland Methling an die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock am 15. Juli 2009

Pressemitteilung vom 17.07.2009

Sehr geehrte Frau Dr. Bacher,
sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,
meine Damen und Herren,

dies ist heute die erste Sitzung der fünften sich konstituierenden Rostocker Bürgerschaft.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, und mich bei Ihnen allen, für Ihre Bereitschaft, sich in den nächsten fünf Jahren für die Rostocker Kommunalpolitik zu engagieren, recht herzlich bedanken.
Ohne Ihr großartiges ehrenamtliches Engagement und Ihre Mitarbeit als Mitglied in der Bürgerschaft, als sachkundige Einwohnerin oder sachkundiger Einwohner in den Ausschüssen, als Mitglied in einem der 19 Ortsbeiräte und als Mitglied in Aufsichtsgremien kommunaler Gesellschaften ist eine verantwortungsvolle Gestaltung von Kommunalpolitik für unsere Stadtgesellschaft undenkbar.

Sehr viele von Ihnen, arbeiten seit einigen Jahren in der Bürgerschaft und kennen alle Abläufe und Gepflogenheiten. Einige erfüllen zum ersten Mal Ihre vom Wähler erteilte Pflicht.

Ich vertraue auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern demokratisch gewählter Parteien und Wählerbündnisse und auf eine zielorientierte Diskussion zum Wohle der Rostockerinnen und Rostocker für eine lebens- und liebenswerte Stadt.

Meine Damen und Herren,

vor der neuen Bürgerschaft stehen viele Aufgaben, die uns seit Jahren beschäftigen. An erster Stelle steht die kommunale Haushaltspolitik. Die einzuleitenden Maßnahmen werden wir unseren Wählern erläutern müssen, denn sie werden nicht nur populär sein. Aber es sollte uns gelingen, dass wir zielstrebig und mit Würde und mit gegenseitigem Respekt allen Rostockerinnen und Rostockern Zuversicht vermitteln, dass wir erfolgreich die Zukunft unserer Stadt gestalten können.

Aber, wenigstens das Ende der vorläufigen Haushaltsführung ist absehbar, da das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern jetzt den Entwurf des Erlasses zu den beabsichtigten Rechtsaufsichtlichen Entscheidungen an die Hansestadt Rostock übersandt hat.

Der Erlassentwurf ist eine Unterstützung für den mit der Bürgerschaft abgestimmten klaren Kurs der Hansestadt Rostock auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt in Rostock. Von dem Ziel, die Altschulden pro Jahr um 22 Mio. Euro abzusenken, können keine Abstriche gemacht werden. Wir müssen ausloten, wo weitere Ausgaben zu reduzieren und Einnahmen zu erhöhen sind, um zum Jahresende eine schwarze Null schreiben zu können. Hier sind die Vorschläge der neuen Fraktionen sehr wichtig. Gerne möchte ich mit Ihnen die Position der Hansestadt Rostock zum Haushaltserlassentwurf diskutieren und habe dazu die Fraktionsvorsitzenden am kommenden Montag zu einem Gespräch eingeladen.

Zu der geforderten unternehmerischen Entscheidung im Zusammenhang mit den Verhandlungen um einen Haustarif muss ich zunächst konstatieren, dass sich Tarifverhandlungen in Rostock offensichtlich sehr schwierig gestalten.
Zur Weiterverhandlung eines Tarifvertrages zur sozialverträglichen Arbeitsplatzsicherung für die Beschäftigten der Hansestadt Rostock ist der kommunale Arbeitgeberverband einmal mehr an ver.di herangetreten. Allerdings hat Ver.di mit Schreiben vom 18.06.09 die Tarifverhandlungen bis auf weiteres zurückgestellt.
Wir müssen parallel also andere Mittel und Wege finden, die im Rahmen von Tarifverhandlungen vorgesehenen Einsparungen von sechs Mio. Euro pro Jahr dauerhaft zu erreichen. Wo und wie wir das tun, liegt in unserer Verantwortung im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung, und hier sind alle Beteiligten gefordert, Einsparpotenziale aufzuzeigen.

Meine Damen und Herren,

zum gegenwärtigen Zeitpunkt weist der laufende Haushalt für das Jahr 2009 ein Defizit von rund 30 Mio. EUR auf.

Festzustellen ist damit, dass der durch die Bürgerschaft beschlossene Haushalt 2009 gefährdet ist. Der Gesetzgeber sieht in diesem Falle vor, dass eine Nachtragssatzung zu beschließen ist bzw. gemäß § 27 GemHVO eine haushaltswirtschaftliche Sperre mit Inkrafttreten der Haushaltssatzung verfügt wird. Die Vorbereitungen dazu sind in der Verwaltung eingeleitet worden.
Darüber hinaus wird die Verwaltung in der nächsten Bürgerschaftssitzung am 09. September 2009 der Bürgerschaft einen Zwischenbericht zum Vollzug des Haushaltssicherungskonzeptes 2008 bis 2011 - Fortschreibung 2009 bis 2012 vorlegen. Auch hier ist Ihre Mitwirkung von großer Bedeutung.

Des Weiteren möchte ich Sie über den Entwurf des Finanzausgleichsgesetzes 2010, das
als landes- und bundespolitische Entscheidung eine erhebliche Auswirkung auf die Stadt haben wird, informieren.
Den Fraktionen der Bürgerschaft wurde Anfang Juli die Stellungnahme des Städte- und Gemeindetages M-V zum Ressortentwurf des Finanzausgleichgesetzes 2010 an das Innenministerium M-V zur Kenntnis übergeben, die auch die gemeinsame Stellungnahme der Bürgermeister der kreisfreien Städte beinhaltete.

Aufgrund der geringeren Finanzausgleichmasse wird keine ausreichende Lösung für eine zur kommunalen Aufgabenerfüllung ausreichenden Finanzausstattung gesehen.

Nach ersten Proberechnungen aufgrund der verfügbaren Datenbasis wird die Hansestadt Rostock aus dem FAG 2010 anstatt Mehreinnahmen ca. 7 Mio. EUR weniger Finanzausgleichsleistungen als noch im Jahr 2009 zu erwarten haben.

Die 1. Lesung des Ressortentwurfs findet morgen in der Sondersitzung des Landtages statt. Die 2. Lesung und Verabschiedung des FAG ist im Oktober 2009 vorgesehen.

Erfreulich ist, dass die Investitionen im Rahmen der Konjunkturpakete der Regierung und des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern als Kommunalaufsichtsbehörde der Hansestadt Rostock angeschoben werden konnten.
Die Ausschreibungen zur Umsetzung von Projekten im Gesamtumfang von 15,8 Mio. Euro beginnen in diesem Monat.

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider hat nicht nur die Verwaltung Finanzsorgen, sondern auch große Unternehmen in der Stadt, wie z.B. Scandlines. Nach wie vor sehe ich hier die Bundesregierung in der Verantwortung. Die Einhaltung der Verkaufsgarantien bei der Privatisierung der Reederei Scandlines müssen eingefordert werden. Bisher haben die Appelle für den Erhalt der Arbeitsplätze und den Verbleib der Reederei in Rostock-Warnemünde der Rostocker und des Bundesverkehrsminister und Ost-Beauftragten Wolfgang Tiefensee nicht viel erreicht.
Die drei privaten Gesellschafter stehen nach wie vor nicht zu den vereinbarten Garantien zur Sicherheit der Arbeitsplätze als auch zum Verbleib der Reederei am Standort Rostock-Warnemünde bis zum Jahr 2010. Diese Garantien müssen unbedingt vom früheren Eigentümer Deutsche Bahn und vom Minister eingefordert werden. Denn sowohl die Reederei Scandlines als auch die Werften sind für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern strukturbestimmend!

Damit kommen wir zum nächsten Problem, der Wadan-Werft. Die schlimmsten Befürchtungen sind eingetroffen. Die Insolvenz wird verwaltet, bereits erteilte Aufträge werden preislich nachverhandelt, die Arbeiter werden nur noch einen Monat lang mit Insolvenzausfallgeld bezahlt. Was kommt danach?
Wir dürfen eine erneute Entindustrialisierung des Landes nicht zulassen. Wir brauchen für eine funktionierende maritime Verbundwirtschaft auch den Schiffbau! Denn attraktive Industriearbeitsplätze sind auch ein entscheidendes Zukunftsargument - ein wichtiges gegen den weiteren Fortzug gerade junger Menschen aus unserem Land.

Sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,

zum Abschluss der Hinweis auf einige positive Geschehnisse:

Am 26. Juni fand die Kulturpreisverleihung der Hansestadt Rostock statt, der eine Einzelleistung oder ein Gesamtwerk für kulturelles Engagement und Leistungen, die das Geistes- und Kulturleben der Hansestadt wesentlich bereichern würdigt. Aus den zahlreichen Vorschlägen aus der Bevölkerung und von Institutionen wurden Herrn Prof. Markus Johannes Langer, Kantor an St. Johannis für sein Wirken im kirchenmusikalischen Schaffen als Musiker und Chorleiter sowie Kulturbotschafter der Hansestadt Rostock und die Mitglieder des Plattdeutsch-Verein „Klönsnack-Rostocker 7“ e.V. für ihr ideenreiches Engagement um die Pflege der niederdeutschen Sprache und des Brauchtums in Kitas und an Schulen in Arbeitsgemeinschaften und Projektarbeit ausgewählt und geehrt.
Der nächste Kulturpreis wird 2011 verliehen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Hansestadt Rostock hat auch einen 1. Platz erhalten, und zwar beim alljährlichen Wirtschaftsförderungswettbewerb „ERFOLG“ des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater. Der Verein [Rostock denkt 365 °], der 2009 das „Rostocker Wissenschaftsjahr 2009“ veranstaltet, wurde in Dortmund für das beste Standortmarketingkonzept geehrt. Dieses nun deutschlandweit beachtete Projekt beweist, dass gebündelte Kräfte erfolgreicher arbeiten. Wenn Unternehmen der Wirtschaft und Wissenschaftseinrichtungen Hand in Hand gehen, dient das auch der Profilierung des Standortes. Ich freue mich, dass sich unsere Hansestadt mit den Stärken unserer Region bundesweit Aufmerksamkeit findet. Allen am Wettbewerb Beteiligten danke ich auch an dieser Stelle für ihr Engagement.

Sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,

gern möchte ich Sie darüber informieren, dass Ende Juni der UNO-Sonderberichterstatter für Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundener Intoleranz, Herr Githu Muigai, im Rahmen seiner elftägigen Reise durch Deutschland auch die Hansestadt Rostock besucht hat. Zu Beginn seines Aufenthaltes begrüßte die Präsidentin der Bürgerschaft unseren Gast im Interkulturellen Zentrum im Waldemar Hof. Darüber hinaus besuchte er den Jugendclub „Pablo Neruda“ und nahm an einer Gesprächsrunde im Rathaus mit Vertretern aus Ministerien, dem Rektor der Universität, dem Vorsitzenden der Agentur für Arbeit, dem Leiter der Polizeidirektion, dem Vorsitzenden des Ausländerbeirates, der Regionsvorsitzenden des DGB, dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde teil. Er zeigte sich sehr beeindruckt von den Bemühungen und bereits erzielten Erfolgen der Integration von Migranten in Rostock.
Zum Abschluss dieser Gesprächsrunde trug sich Herr Muigai in das Gästebuch der Hansestadt Rostock ein.
Nach Einschätzung des die Reise begleitenden Vertreters des Auswärtigen Amtes ist es Rostock von allen besuchten Städten am besten gelungen dem UNO-Sonderberichterstatter ein lebendiges und differenziertes Bild der Situation in unserer Stadt zu vermitteln. Die Erkenntnisse, die der Sonderberichterstatter in Deutschland zu seinem Aufgabenfeld gewonnen hat, werden in seinem Bericht, der offizielles UNO-Dokument ist, enthalten sein.

Meine Damen und Herren,

mit großem Erfolg für Rostock ist am letzten Wochenende die 72. Warnemünder Woche zu ende gegangen. Für 2000 Sportler gab es zahlreiche Regatten und Wettbewerbe der Segler, der Surfer, der Handballer, 3000 Akteure aus zahlreichen Vereinen beteiligten sich sehr kreativ am Niegen Ümgang und mehr als eine halbe Million Besucher erlebten eine erstmals auch durch den NDR medial begleiteten Sommerhöhepunkt im Veranstaltungskalender der Hansestadt Rostock.

Ganz zum Schluss möchte ich Sie alle auffordern - erleben Sie das feurige Sommerfestival des Volkstheaters Rostock in der einmaligen Atmosphäre der ehemaligen Werfthalle 207 der Neptunwerft. Dieses Ambiente passt zu Rostock und die Musiker zeigen Spitzenklasse bei Konzerten, Musiktheater, Schauspiel und Tanz. Lassen Sie uns gemeinsam dieses Sommerangebot unserer Theaterschaffenden zu einem vollen Erfolg werden. Besuchen Sie die Vorstellungen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!