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Rede von Oberbürgermeister Roland Methling an die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock am 7. Mai 2008

Pressemitteilung vom 07.05.2008

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft, sehr verehrte Damen und Herren,

die Haushaltskonsolidierung der Hansestadt Rostock befindet sich auf einem guten und richtigen Weg. Bei meinem Amtsantritt betrug das geplante strukturelle Defizit der Stadt für das Jahr 2005 noch rd. 95 Mio. Euro. Innerhalb von nur drei Jahren ist es uns gelungen, dieses strukturelle Defizit durch strikte Haushaltepolitik, aber auch durch Ansiedlungserfolge und gelungene Wirtschaftsförderung auf 5,1 Mio. Euro zu senken.

Seit drei Jahren sinkt zudem die Erwerbslosenquote kontinuierlich von 19,5 auf nunmehr 13,2 %. So waren Ende April 31.598 Personen in Rostock arbeitslos. Das waren 2.009 Personen weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften konnten von 21.000 auf 18.000 deutlich reduziert werden. Eine weitere positive Entwicklung gibt es im Bereich der Einwohnerzahlen zu vermelden. Der seit 2002 positive Trend konnte auch 2007 fortgesetzt werden. Das alles macht sich im Haushalt positiv bemerkbar, da wir natürlich über das Finanzausgleichsgesetz höhere Zuweisungen erhalten.

Dennoch verbleibt ein steiniger Weg bis zur Null-Verschuldung. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zahlt die Stadt rd. 32.000 Euro Zinsen am Tag - dies stellt einen Vermögensverzehr zu Lasten zukünftiger Generationen dar, den wir uns nicht leisten können und dürfen. Mit diesem Zinssatz nehmen wir jeden Tag einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung die finanzielle Grundlage seiner Arbeit. Dieses Geld möchte ich gemeinsam mit Ihnen sinnvoller für die schnelle Sanierung von Kindergärten, der Entwicklung der für das Funktionieren der Stadt notwendigen Infrastruktur und viele andere wichtige Aufgaben im Bildungs-, Sport- und Freizeitbereich einsetzen.

Selbstverständlich haben gewisse Einmaleffekte den positiven Trend begünstigt. Aber gerade dies ist doch ein weiterer Grund, in den Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung nicht nachzulassen. Daher mein Appell an Sie: Lassen Sie uns die im Dezember 2007 gemeinsam gefassten mutigen Beschlüsse nicht aufweichen sondern realisieren! Die Stadt muss handlungsfähig für die Zukunft werden - gemeinsam können wir das und haben auch die Kraft dazu!

Nach der Gemeindehaushaltsverordnung (§ 22) ist die Stadt angehalten, einen Fehlbetrag unverzüglich zu decken; er ist spätestens im zweiten, dem Haushaltsjahr folgenden Jahr zu veranschlagen und zu beseitigen. Die Haushaltskonsolidierung ist somit in dieser Konsequenz gesetzlich vorgeschrieben und ohne Alternative. Um dieses Ziel zu erreichen, haben Sie mich im Dezember 2007 im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes beauftragt zu prüfen, inwieweit die Aktivierung von städtischem Vermögen dazu beitragen kann, die seit 2001 aufgelaufenen Altdefizite in Höhe von zur Zeit 241 Mio. Euro abzubauen. Hier befinden wir uns derzeit in der Umsetzungsphase der Prüfung.

Wir wollen wieder selbst bestimmen, was in Rostock passiert - und darüber sind wir uns alle hier im Saal einig, darum ist die durch Sie beauftragte sorgfältige Prüfung notwendig.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße ausdrücklich das politische Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner der Hansestadt Rostock an der zukünftigen Entwicklung unserer Stadt, welches sich auch in der regen Teilnahme am Bürgerbegehren widerspiegelt. Von den eingegangenen rd. 9.500 Unterschriften sind 4.513 geprüft worden, wovon 4.105 für ein Bürgerbegehren gültig waren. Die inhaltliche und formale Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und der Zeitpunkt eines evtl. notwendigen Bürgerentscheids werden nach Prüfung durch und im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde des Innenministeriums durch die Bürgerschaft entschieden.

Aber ich sehe mich als Oberbürgermeister auch in der Pflicht, alle Fakten beim Namen zu nennen: Die Stadt ist nach aktueller Entwicklung mit über 240 Mio. Euro Altschulden belastet, die im wesentlichen vor meinem Amtsantritt als Oberbürgermeister angehäuft wurden. Wenn sich die Initiatoren des Bürgerbegehrens jetzt gegen Vermögensaktivierung aussprechen, sollen sie uns bitte mitteilen, wie ihrer Meinung nach der Schuldenberg abgebaut werden soll. Hierbei muss auch der Aspekt der Generationengerechtigkeit berücksichtigt werden. In den grundlegenden Zielen sind wir eigentlich gar nicht so weit auseinander, daher wiederhole ich mein Angebot: Ich bin natürlich weiterhin an einer konstruktiven Debatte mit den Vertretern der Fraktionen über eine nachhaltige Strategie zur Haushaltskonsolidierung interessiert. In diesem Sinne hat in der vergangenen Woche erstmalig der "Lenkungsausschuss Vermögensaktivierung" mit Mitgliedern aller Fraktionen der Bürgerschaft getagt. In diesem Gremium sollen in einer konstruktiven Atmosphäre zusammen Lösungen erarbeitet werden, um den Schuldenberg zeitnah abzutragen und die Hansestadt Rostock somit wieder investitionsfähig für die Zukunft zu machen. Ich erwarte, aus diesem Ausschuss auch die Anregungen und konkrete, mit Zahlen untersetzten Vorschläge zu erhalten, die die Initiatoren des Bürgerbegehrens bis jetzt schuldig geblieben sind. Ein Erschweren der Haushaltskonsolidierung aus reinem Populismus - und dies und nichts anderes wäre die Folge eines erfolgreichen Bürgerentscheids - bedeutet Stagnation und auch in den kommenden Jahren ein Wirtschaften zu Lasten unserer Substanz und künftiger Generationen. Wenn wir aber das vorhandene Vermögen sinnvoll einsetzen, sind wir in der Lage, kurzfristig Schulden abzubauen und so wieder in die Zukunft unserer Hansestadt Rostock zu investieren. Dies muss doch unser aller Ziel sein!

Vermögensaktivierung bedeutet für mich dabei nicht nur den bloßen Verkauf von Vermögen, sondern in geeigneten Fällen auch dessen nachhaltige Mehrung.

Lassen Sie mich dazu zwei Beispiele anführen: Zum einen die Fusionsprüfung der Stadtwerke Rostock AG, zum anderen die positive Entwicklung bei der WIRO Wohnen in Rostock Wohnungsgesellschaft mbH.

Zur beabsichtigten Fusion der Stadtwerke Rostock AG mit der WEMAG AG: Die deutsche Energiewirtschaft befindet sich im Umbruch. Seit Beginn der Liberalisierung im Jahr 1998 stehen die Energieversorger vor neuen Aufgaben. Steigende Energiepreise, wachsender Wettbewerbsdruck unter den Energieanbietern und hohe regulatorische Anforderungen stellen auch die Städte vor neue Herausforderungen. Nach einer aktuellen Studie der PriceWaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erwartet die große Mehrheit der Städte und Gemeinden eine Verringerung der Renditen aus den Stadtwerke-Beteiligungen infolge der Anreizregulierungen. Mehr als ein Drittel der Kommunen sucht gegenwärtig nach Wegen, um die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Energieversorger zu erhöhen, Arbeitsplätze zu sichern und den kommunalen Haushalt zu sanieren. Kostensenkungspotentiale und die verbesserte Handlungsfähigkeit bei Marktveränderungen machen die Kooperation bzw. Fusion mit einem anderen lokalen Energieversorger attraktiv für die kommunalen Anteilseigner. In den Prozess zur Prüfung einer möglichen Fusion habe ich die Geschäftsführung der RVV GmbH intensiv einbezogen. Folgende abgestimmte Grundsätze gilt es bei der Prüfung der Fusion zu beachten:

1. Langfristige, nachhaltige Sicherung der anteiligen Gewinnausschüttung an die RVV mindestens in Höhe der aktuellen Mittelfristplanung der Stadtwerke Rostock AG nach Steuern.

2. Ausgleich möglicher finanzieller Nachteile für die RVV aus einer möglichen rückwirkenden Abwicklung des Ergebnisabführungsvertrages.

3. Sicherung einer starken kommunalen Position im Gesellschaftsvertrag, in möglichen Geschäftsordnungen und im zukünftigen Aufsichtsrat der Gesellschaft.

4. Die RVV sollte an der zukünftigen Gesellschaft mindestens in der Höhe beteiligt werden, die eine anteilige Gewinnausschüttung an die RVV in Höhe der aktuellen Mittelfristplanung der Gesellschaft langfristig sichert.

5. Einbau einer vertraglichen Sicherung, dass Vattenfall als unser Partner bei der Fusion nicht gegen die Interessen der RVV bzw. der Hansestadt Rostock agieren kann und keine Beteiligung größer bzw. gleich 50% erhält.

Ich denke, dass unter Berücksichtigung dieser fünf Punkte und unter der Voraussetzung, dass diese auch durchsetzbar sind, eine Fusion für die Hansestadt Rostock eine sinnvolle Alternative darstellen kann. Lassen Sie mich zuletzt anmerken, dass die Hansestadt Rostock bereits in der jetzigen Gesellschafterstruktur der Stadtwerke Rostock AG nicht mehr die uneingeschränkte Steuerungsfähigkeit besitzt. Dies liegt daran, dass neben der RVV die Anteilseigner VNG Erdgas Kommerz GmbH und WEMAG AG Schwerin zusammen 25,1% der Aktien besitzen und somit eine Sperrminorität innehaben. Nicht zuletzt dient die Fusion dem nachhaltigen Erhalt des Unternehmens Stadtwerke AG.

Die andere positive Entwicklung zeichnet sich bei der WIRO GmbH ab, die mir mit Schreiben vom 30. April mitgeteilt hat, dass wir bereits im Jahr 2009 mit einer um Ausschüttung von ca. 10 Mio. Euro rechnen könnten. Nachdem wir 2008 aufgrund den hier bekannten Gründen auf eine Ausschüttung verzichten mussten, würden 2009 4 Mio. Euro mehr als in den vergangenen Jahren an die Hansestadt Rostock abgeführt werden können. Wir kommen also hier unserem Ziel einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung näher.

Aber, meine Damen und Herren, in der Lenkungsgruppe haben wir ganz klar heraus gearbeitet, dass auch nach einem Verkauf eines Wohnungsportfolios in der Größenordnung von etwa 4.500 Wohnungen die Ausschüttungen nachhaltig und langfristig gesteigert werden können. Die Prognose der Gesellschaft geht von einer langfristigen Ertragssteigerung aus. Das wird erreicht durch Optimierungen im Finanzmanagement, den Abbau von Schulden und durch den Ausschluss einer weiteren Neuverschuldung. Der Verkauf von ca. 4.500 Wohnungen würde zu einer Liquiditätsverbesserung von ca. 78 Mio. Euro vor Steuern führen. Demgegenüber steht eine Verringerung der Ausschüttungen der WIRO durch den Verkauf des Portfolios um ca. 300.000 Euro p.a. Die Zinseinsparung im städtischen Haushalt würde hingegen ca. 3,5 Mio. Euro p.a. betragen. Es verbliebe also ein Nettoeffekt von 3,2 Mio. Euro p.a. Anders ausgedrückt: Die WIRO müsste zehn Jahre lang ausschütten, um im Ergebnis die Zinseinsparung eines Haushaltsjahres zu realisieren.

Sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,

seit der letzten Bürgerschaftssitzung haben uns verschiedene zukunftsweisende Ereignisse bewegt und den Fokus der Öffentlichkeit auf Rostock gelenkt. Lassen sie mich an dieser Stelle die Taufe der AIDAbella zum Anlass nehmen, den Stolz der Hansestadt zum Ausdruck zu bringen, dass die weltweit größte Kreuzfahrtgruppe Carnival Cruises mit der Reederei AIDA Cruises einen Heimathafen hier in Rostock hat. Das allgemeine und mediale Interesse an diesem Großereignis hat Rostock einmal mehr als eine weltoffene Stadt präsentiert, die sich in einem dynamischen Entwicklungsprozess befindet. Rostock ist Wirtschaftsmotor nicht nur einer Region, sondern von ganz Mecklenburg-Vorpommern. Die Hansestadt ist ein attraktiver und bedeutender Investitionsstandort und hat sich zu einem wichtigen Zentrum des Seehandels mit Skandinavien sowie Nord- und Ost-Europa entwickelt. Viele Unternehmen nutzen die ausgezeichneten Bedingungen sowie eine gut ausgebaute Infrastruktur für ihre Ansiedlung in der Hansestadt Rostock. Umso wichtiger ist es, dass wir in unseren Bemühungen für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung nicht nachlassen, damit wir uns den anstehenden Herausforderungen aus eigener Kraft stellen können und diesen Trend aufnehmen und weiter fördern.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war der Baubeginn im Osthafen. Durch die Verbesserung der dortigen Infrastruktur entsteht ein weiterer attraktiver Gewerbestandort in der Hansestadt Rostock, nicht nur für bereits ansässige Firmen sondern auch für Neuansiedlungen von Unternehmen. Ermöglicht wird uns diese Baumaßnahme u.a. durch die Förderung der Europäischen Union aus dem Fonds für die "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Ohne diese Förderung in Höhe von zwei Mio. Euro und damit rund 86 % der Gesamtkosten wäre es uns als Stadt nicht möglich gewesen, diese Infrastruktur-Baumaßnahmen durchzuführen. Die Hansestadt Rostock beteiligt sich mit einem Eigenanteil in Höhe von rd. 300.000 Euro. Die Bauarbeiten durch die STRABAG AG sollen bis Dezember 2008 abgeschlossen sein. Mit der Errichtung eines Fuß- und Radweges entlang des Warnowufers wird Anfang 2009 begonnen, er soll bis Mitte 2009 fertig gestellt sein. Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten meinen Dank für ihr Engagement zum Ausdruck bringen, welches einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieses Projektes darstellt. Als Oberbürgermeister wünsche ich mir natürlich mehr solcher Initiativen, die gemeinsam durch die betroffenen Gewerbetreibenden, das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Politik in der Hansestadt Rostock getragen werden.

Zum Abschluss noch einige Worte zum Rostocker Seehafen. Der Hafen gewann 2007 weiter an Bedeutung. Gegenüber dem Vorjahr steigerte er den Güterumschlag auf über 25. Mio. Tonnen. Damit wurde der höchste Güterumschlag seit Bestehen des Hafens erreicht. Man kann also ohne Übertreibung behaupten, dass der Rostocker Seehafen eines unserer wirtschaftlichen Zugpferde ist und einen wichtiger Standortfaktor nicht nur für unsere Stadt, sondern für das ganze Land darstellt. Ich möchte Sie daher bitten, gemeinsam mit mir dafür zu werben, dass die finanzielle Förderung der Seehäfen in Mecklenburg-Vorpommern auf Rostock fokussiert wird. Aus meiner Sicht braucht Mecklenburg-Vorpommern vor dem Hintergrund der knapper werdenden finanziellen Mittel ein Landeshafenentwicklungskonzept, indem der Seehafen Rostock die zentrale Position einnimmt. Lassen Sie uns dies gemeinsam fordern und mit Kraft nach Schwerin tragen!

Vielen Dank!