Home
Navigation

Rede von Oberbürgermeister Roland Methling während der Sitzung der Bürgerschaft am 6. Oktober 2010

Pressemitteilung vom 06.10.2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin der Bürgerschaft,
meine Damen und Herren,

in den vergangenen Tagen stand der 20. Jahrestag der deutschen Einheit im Fokus der Medien und war Anlass zahlreicher Veranstaltungen. Das zentrale Bürgerfest fand in unserer Partnerstadt Bremen statt, eine Delegation aus Warnemünde war bei ihren Partnern in Vegesack zu Gast.

Dieses Jubiläum ist aber nicht nur eine historische Zahl, sondern für uns alle Anlass, die vergangenen zwei Jahrzehnte Revue passieren zu lassen. Für uns alle waren sie voll von Veränderungen - im persönlichen wie im öffentlichen Bereich. Wir wollen 20 Jahre deutsche Einheit zum Anlass für einen Empfang am 21. Oktober im Rathaus nehmen. Im Anschluss wird die Bundeswehr diesen Tag mit einem Großen Zapfenstreich auf dem Neuen Markt würdigen.

Meine Damen und Herren,

Vieles von dem, was an stadtentwicklungspolitischen Vorhaben vor 20 Jahren noch unvorstellbar war, ist nun Realität geworden. Aber es gibt auch noch gravierende Unterschiede zu westdeutschen Städten. Das betrifft insbesondere die Basis der kommunalen Steuereinnahmen, mit denen wir unsere Leistungen finanzieren müssen. Gerade bei der Gewerbesteuer ist dies signifikant ablesbar und macht es Jahr für Jahr sehr schwer, den Haushaltsausgleich tatsächlich zu erreichen. Noch längst nicht sind wir bei dem Aufkommen vergleichbarer Weststädte angekommen.

Dennoch laufen die Kommunalfinanzen überall in Deutschland aus dem Ruder. Der kürzlich vom Deutschen Städtetag herausgegebene Gemeindefinanzbericht spricht da eine klare Sprache. „Die deutschen Städte sehen bei den Kommunalfinanzen kein Licht am Ende des Tunnels und erwarten in diesem Jahr das höchste Defizit der Nachkriegsgeschichte“, heißt es in einer Erklärung. „Die Handlungsfähigkeit vieler Städte erodiert zusehends, weil die kommunalen Sozialausgaben ungebremst weiter steigen und die Einnahmen sich nur nach und nach erholen werden. Korrekturen auf der Einnahmenseite laufen ins Leere, wenn man die Ausgabenseite außer Acht lässt.“

Wir haben in Rostock in den vergangenen Jahren auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite erheblich konsolidiert. Wenn die kommunalen Haushalte in Deutschland im Durchschnitt ein strukturelles Defizit von 200 Euro pro Einwohnerin und Einwohner aufweisen, dann muss es schon als überragender Erfolg gewertet werden, mit einem in Einnahmen und Ausgaben strukturell ausgeglichenen Haushaltsplanentwurf in die Etatverhandlungen zu gehen. Ich bedauere sehr, dass das Innenministerium dies scheinbar nicht entsprechend würdigt.

Nach Prüfung der am 24. März 2010 durch Sie beschlossenen Haushaltssatzung 2010 wurden uns vom Innenministerium rechtsaufsichtliche Entscheidungen avisiert. Nach Prüfung der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsvollzug 2010 wurde der Kommunalaufsicht eine entsprechende Stellungnahme übergeben. Eine mündliche Erörterung zu den beabsichtigten Entscheidungen zur Haushaltssatzung 2010 wird morgen erfolgen, so dass mit der Veröffentlichung der Haushaltssatzung nicht vor Ende Oktober zu rechnen ist. Darüber hinaus will der Innenminister auch das Gespräch mit den Fraktionen der Bürgerschaft suchen.

Während eines Gespräches vor zwei Wochen teilte mir der Innenminister seine Erwartungshaltung zum Haushaltsplan 2011 mit. Zielsetzung für die Beschlussfassung sollte sein, unterjährig einen strukturell ausgeglichenen Haushaltsplan vorzulegen und darüber hinaus den zu veranschlagenden Altfehlbetrag aus dem Jahre 2009 in Höhe von etwa acht Mio. Euro abzubauen.

Am 22. September 2010 hat das Innenministerium den Kommunen die vorläufigen Orientierungsdaten zur Haushaltsaufstellung 2011 übergeben. Im Ergebnis der Prüfung der Schlüsselzuweisungen ist festzustellen, dass im Haushaltsjahr mit einer Reduzierung dieser Einnahmen von insgesamt 9,4 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr zu rechnen ist. Die vorangegangenen Planungen sind von Mindereinnahmen in Höhe von lediglich 3,1 Mio. Euro ausgegangen.

Wir haben in der Verwaltungsführung den Stand der Haushaltsplanung unter Berücksichtigung der Erwartungshaltung der Rechtsaufsichtsbehörde erörtert. Im Ergebnis müssen wir feststellen, dass die Mindereinnahmen aus dem Finanzausgleichgesetz, die noch nicht geordnete Zahlungspflicht aus der Vereinbarung mit der EVG und der geforderte Abbau des Altfehlbetrages einen weiteren Arbeitsprozess für den Entwurf des Haushaltsplanes erforderlich machen.

Dieses hat zur Folge, dass die Übergabe des Entwurfes der Haushaltssatzung 2011 mit Haushaltsplan und Anlagen um etwa drei Wochen verschoben werden muss und die Beschlussfassung in der Bürgerschaft für den 2. Februar 2010 einzuplanen ist.

Ich bin davon überzeugt, dass die Diskussionen in den Ortsbeiräten und Ausschüssen zeigen werden, wie eng unser finanzieller Spielraum ist und wie viel Konsolidierungspotenzial bereits ausgeschöpft wurde. Umso betrüblicher macht es mich, wenn ich Verlautbarungen einiger in den Medien zur Kenntnis nehmen muss, die von erheblichem Einsparpotenzial bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Verwaltung ausgehen. Ich sehe dieses Potenzial nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Der erhebliche Stellenabbau in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass wir im Pro-Kopf-Vergleich mittlerweile unterdurchschnittlich ausgestattet sind.

Meine Damen und Herren,

entscheidend für die künftigen Haushalte werden die Höhe der Sozialkosten und der kommunalen Steuereinnahmen sein. Wir sind uns hier sicher darüber einig, dass der beste Weg, diese Entwicklungen positiv zu beeinflussen, eine aktive Wirtschaftsförderung ist. So konnten wir uns zum siebten Mal auf der Fachmesse EXPO REAL präsentieren, deren Pforten heute in München geschlossen wurden. Es waren erneut sehr hoffnungsvolle Gespräche, die wir und die Vertreterinnen und Vertreter der Rostocker Wirtschaft in München führen konnten, auch wenn ich Ihnen hier heute noch keine Vertragsabschlüsse präsentieren kann.

Zukunft für Rostock stand auch im Mittelpunkt eines öffentlichen Forums am 30. September hier im Rathaus, an dem sich über 150 Rostockerinnen und Rostocker beteiligten und dessen Ergebnisse in die Fortschreibung der Leitlinien der Stadtentwicklung fließen. Perspektiven der Rostocker Wirtschaft, Bildung und Kultur, die Entwicklung unserer Hansestadt am Wasser sowie neue Lebensmodelle des Zusammenwohnens der Generationen waren gesetzte Themenfelder. In einem Werkstattcafé konnten Anregungen gegeben und diskutiert werden. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2011 werden wir dann hier in der Bürgerschaft über die Fortschreibung der Leitlinien entscheiden können.

Meine Damen und Herren,

gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein paar Informationen im Telegrammstil:

- Das EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Entsorgungsaufträgen der Hansestadt Rostock wurde am 24. Juni 2010 eingestellt. Diese Information erreichte uns in den vergangenen Tagen aus dem Innenministerium.

- Vom 18. Oktober bis voraussichtlich 13. November 2010 ist die Zentralbibliothek in der Kröpeliner Straße 82 wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Seit dem Jahr 2000 sind über vier Millionen Besucherinnen und Besucher im Erdgeschoss der Zentralbibliothek gezählt. Nach nunmehr zehn Jahren ist daher eine Renovierung des Erdgeschosses notwendig.

- Die östliche Teilfläche der Grünanlage an der Reiferbahn wird derzeit umgestaltet. Im Rahmen ihrer Ausbildung zu Landschaftsgärtnern haben Auszubildende des Amtes für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege eigene Entwurfsideen eingebracht, die sie jetzt umsetzen. Die Aquartorialsonnenuhr von Wilfried Heider erhielt endlich einen verdienten Sonnenplatz.

- Plakate aus der Reihe „Rostock hat viele Gesichter“ sind derzeit an 80 Rostocker Litfasssäulen zu finden. Auf den vier verschiedenen Plakatmotiven werden Rostockerinnen und Rostocker vorgestellt, die in anderen Ländern geboren wurden, aber mittlerweile in der Hansestadt zu Hause sind und auch das Gesicht Rostocks prägen.

- Rostock behauptet sich außerordentlich gut in der Gunst der Urlaubsreisenden. In den ersten sieben Monaten diesen Jahres konnte im Vergleich zum Landesdurchschnitt ein bemerkenswert hohes Wachstum der Gästezahlen erreicht werden. In der Innenstadt, im Seebad Warnemünde sowie entlang der Rostocker Ostseeküste in Diedrichshagen, Markgrafenheide und Hohe Düne wurden 6,7 Prozent mehr Ankünfte (327.393) und sogar 7,3 Prozent mehr Übernachtungen (847.548) als in 2009 registriert.

- Drei amerikanische Kommunalverwaltungsfachleute waren vom 2. bis 5. Oktober in Rostock zu Gast, um sich über Deutschland, die kommunale Ebene und in Rostock speziell über die Themen maritime Verbundwirtschaft, moderne Umwelttechnologien, friedliche Revolution und Brandschutz zu informieren. Der Besuch ist Bestandteil eines seit 1977 laufenden Austauschprogramms des Deutschen Städtetages in Zusammenarbeit mit dem American Council on Germany in New York und der National League of Cities im Rahmen des John J. McCloy-Funds, der auch die Finanzierung übernimmt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.