„Was sehen Sie, Frau Lot?“
Pressemitteilung vom
Eine künstlerische Auseinandersetzung mit
sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Das Evangelische Frauenwerk in M-V, Frauen helfen Frauen e.V. Rostock und die Heinrich-Böll-Stiftung M-V zeigen vom 3. bis 20. März 2005 die Ausstellung „Was sehen Sie, Frau Lot?“ in der Rostocker Nikolaikirche. Schirm-frauen der Ausstellung sind Johanna Schall, Schauspieldirektorin des Volkstheaters Rostock, und Elke König, Präses der Landessynode der Pommerschen-Evangelischen Kirche.
Möglich wurde diese Ausstellung nur dank der Unterstützung der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Rostock und der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Landesregierung M-V sowie der Evangelischen Kirchen des Landes.
Frau Lot - wer ist das eigentlich? In der Bibel gibt es eine Geschichte von Lot, seiner Frau und seinen zwei Töchtern. Sie erzählt davon, wie ihr Haus von gewalttätigen Männern der Stadt umzingelt wird. Um sie zu beschwichtigen, bietet ihnen Lot seine Töchter an: „Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch, und tut mit ihnen, was euch gefällt.“ (1. Mose 19). Kurze Zeit später flieht die Familie aus ihrer Stadt, die in Brand gesetzt wird. Als Lots Frau auf die brennende Stadt zurücksieht, kann sie den Anblick nicht ertragen. Sie erstarrt zur Salzsäule. Ein Bild, das symbolisch auch ihre Ohnmacht gegen-über einem Mann ausdrückt, der seine eigenen Töchter wissentlich ihrer Würde beraubt.
„Was sehen Sie, Frau Lot?“ - In ihrer Ausstellung greifen die Bremer Künstlerinnen das Motiv des Zurücksehens Frau Lots auf. Mit ihren Arbeiten wollen sie den Blick der Besucher/innen hinlenken auf die zerstörerische Wirkung sexueller Gewalt im Leben der Betroffenen. Dies tun sie in der Gewissheit, mit ihrer Kunst gesellschaftspolitisch Stellung zu beziehen und sichtbar zu machen, was zu leicht und zu gern übersehen wird - das Grauen und gleichzeitig die Normalität der Gewalt - die Verletzungen, aber auch der Überlebensmut und die Stärke der Betroffenen.
Kunst zu schaffen ist immer eine Gratwanderung zwischen der persönlichen Sicht auf die Dinge und deren Sichtbarmachung für andere. Damit bildet die Kunst eine Brücke zwischen dem Individuum und der Gesellschaft. Die Ausstellung will mit künstlerischen Arbeiten und Texten - und nicht zuletzt mit einem vielfältigen Begleitprogramm - in Kommunikation mit der Öffentlichkeit treten und dazu ermutigen, Sprachlosigkeit zu überwinden.
„Was sehen Sie, Frau Lot?“ wurde erstmalig 2001 in Bremen durch die Künstlerinnen Renate Bühn, Maria Mathieu und Heike Pich selbst präsentiert. Als frei-schaffende Künstlerinnen haben sie sich unabhängig voneinander künstlerisch mit sexueller Gewalt an Mädchen und Frauen und dem gesellschaftlichen Schutz der Täter auseinander gesetzt. Ihre Gemeinsamkeiten tragen sie in dieser Gesamtausstellung zusammen. Frau Lot wurde als Wander-ausstellung bereits in verschiedenen westdeutschen Städten gezeigt. In Rostock wird die Ausstellung erstmalig auch im Osten der Republik zu sehen sein, worüber sich die Künstlerinnen besonders freuen.
Weitere Infos unter www.fhf-rostock.de oder www.frau-lot.de
Führungen durch die Ausstellung
Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Im Rahmen der Ausstellung werden Führungen für Schulklassen ab Stufe 9 und für andere Jugend- und Erwachsenengruppen angeboten. Weibliche und männliche Fachkräfte aus verschiedenen Rostocker Einrichtungen begleiten die Gruppen durch die Ausstellung. Bitte planen Sie dafür ca. drei Stunden ein.
Wir bitten um rechtzeitige telefonische Anmeldung in der Fachbe-ratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt Rostock unter der Ruf-nummer 0381 4403290.
Veranstaltungen im Begleitprogramm
3. März, 17 Uhr
Eröffnung der Ausstellung
6. März, 19.30 Uhr
„Du sprichst die Wahrheit, aber niemand wird Dir glauben.“
Lyrik & Prosa gelesen von Jasmin Mattei & Dorothea Meissner vom Volkstheater Rostock, begleitet vom Duo Con Grazia
7. März, 16 Uhr
„… das wächst sich aus!“
Vortrag zu sexuellen Übergriffen bei Kindern und Jugendlichen
Dr. Anita Heiliger, Soziologin aus München
im Anschluss
Podiumsdiskussion mit VertreterInnen der Landesregierung und Fachleuten aus der Praxis zum Thema
8. März, 10 bis 13 Uhr
Täterprävention bei sexuellem Missbrauch - Workshop
(Anmeldung unter Telefon 0381 4403290)
8. März, 19.30 Uhr
Hinsehen, Handeln, Helfen!
Informationsveranstaltung mit Diskussion
10. März, 19.30 Uhr
Die Illusion der Emanzipation?
Podiumsdiskussion der Ev. Aka-demie M-V
11. März, 19.00 Uhr
Der Tod und das Mädchen
Tanzperformance
13. März, 10.00 Uhr
Von der Sehnsucht nach Heilung
Ökumenischer Gottesdienst
im Anschluss
Vorstellung von Rostocker Bera-tungseinrichtungen
14. März, 20.00 Uhr
Das Fest
Dänischer DOGMA95-Film im LiWu, Stephanstraße 7
15. März, 18.00 Uhr
Frau Lot - Nachdenken über ein Kapitel der Bibel
Vortrag Dr. Ursula Hardmeier, Theologin aus Greifswald
17. März, 16.00 Uhr
Ende und Anfang
Film (8 min.) auf rok-tv, Grubenstraße 47
im Anschluss
Podiumsdiskussion mit Maria von Welser u.a.
Sexualisierte Gewalt im Span-nungsfeld der Medien - zwischen Grenzverletzung und Aufklärung?
18. März, 9.30 bis 12.30 Uhr
Zur Rolle der Mütter - Workshop (Anmeldung unter Telefon 0381 4403290)
20. März, 20 Uhr
Lesung & Orgelmusik
Katrin Stephan vom Volkstheater Rostock und Karl Scharnweber
Wenn nicht anders ausgewiesen, finden alle Veranstaltungen in der Nikolaikirche statt.