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Na­vi­ga­ti­on

Dün­nes Blut, di­ckes Blut – wie Ge­rin­nungs­ex­per­ten ei­ner Pa­ti­en­tin in ei­nem le­bens­ge­fähr­li­chen Not­fall hel­fen konn­ten

Mel­dung vom 06.10.2023

Töd­li­che Blut­ge­rinn­sel im Fo­kus des 10. Welt­throm­bo­se­ta­ges am 13. Ok­to­ber

Fast zehn Wo­chen lag Chris­ti­ne S. aus Dum­mer­storf nach ei­ner kom­pli­zier­ten Wir­bel­säu­len­ope­ra­ti­on mit an­schlie­ßen­der all­er­gi­scher Re­ak­ti­on und Lun­gen­em­bo­lie im Kli­ni­kum Süd­stadt Ros­tock. Das Team der zer­ti­fi­zier­ten Ge­rin­nungs­am­bu­lanz un­ter Lei­tung der Chef­ärz­tin für In­ne­re Me­di­zin III, Dr. Bea­te Kram­mer-Stei­ner, konn­te die Leh­re­rin in en­ger Zu­sam­men­ar­beit mit Trans­fu­si­ons­me­di­zi­nern der Uni­me­di­zin Greifs­wald und Fach­ärz­ten im ei­ge­nen Haus in der le­bens­ge­fähr­li­chen Not­fall­si­tua­ti­on wie­der sta­bi­li­sie­ren. Pa­ti­en­ten­schick­sa­le wie das der zwei­fa­chen Mut­ter ste­hen im Fo­kus des Welt­throm­bo­se­ta­ges, der in die­sem Jahr am 13. Ok­to­ber zum zehn­ten Mal statt­fin­det und auch vom deut­schen Ak­ti­ons­bünd­nis Throm­bo­se un­ter­stützt wird.

Al­lein in Deutsch­land ster­ben jähr­lich et­wa 40.000 Men­schen an ei­ner Lun­gen­em­bo­lie. Der Welt-Throm­bo­se-Tag ist ei­ne glo­ba­le Sen­si­bi­li­sie­rungs­kam­pa­gne der In­ter­na­tio­na­len Ge­sell­schaft für Throm­bo­se und Hä­mo­sta­se, um die Auf­merk­sam­keit auf die oft über­se­he­ne und miss­ver­stan­de­ne Er­kran­kung der Throm­bo­se zu len­ken. Bei ei­ner Throm­bo­se bil­den sich in Ve­nen oder Ar­te­ri­en Blut­ge­rinn­seln, die zu ernst­haf­ten Ge­sund­heits­pro­ble­men füh­ren kön­nen, dar­un­ter ei­ne tie­fe Ve­nen­throm­bo­se, ei­ne Lun­gen­em­bo­lie, ein Schlag­an­fall oder Herz­in­farkt.
„Das Bei­spiel un­se­rer Pa­ti­en­tin Chris­ti­ne S. zeigt, wie wich­tig die Ar­beit von zer­ti­fi­zier­ten Ge­rin­nungs­am­bu­lan­zen ist, um auch auf der­ar­tig kom­ple­xe Not­fäl­le ge­mein­sam re­agie­ren zu kön­nen“, be­ton­te Dr. Bea­te Kram­mer-Stei­ner. „Un­ser Vor­teil ist zu­dem, dass wir al­le Ex­per­ten un­ter ei­nem Dach ha­ben und oh­ne Zeit­ver­lus­te han­deln kön­nen. Das be­trifft vor al­lem die Kar­dio­lo­gie und die Stro­ke Unit.“

Was war pas­siert?

An­fang des Jah­res muss­te sich Chris­ti­ne S. ei­ner zehn­stün­di­gen Wir­bel­säu­len­ope­ra­ti­on un­ter­zie­hen, um wei­te­re Ein­schrän­kun­gen im Be­we­gungs­ap­pa­rat zu ver­hin­dern. Für die Dia­be­ti­ke­rin mit ei­ner be­kann­ten ge­ne­tisch be­ding­ten Throm­bo­se­nei­gung ein Hoch­ri­si­ko­ein­griff, der je­doch zu­nächst plan­mä­ßig ver­lau­fen ist. So konn­te sie nach we­ni­gen Ta­gen von der In­ten­siv­sta­ti­on auf die Kar­dio­lo­gi­sche Wa­ch­ein­heit ver­legt wer­den. Auf­grund ih­rer Throm­bo­se­nei­gung stand sie un­ter ei­ner in­ten­si­ven Kon­trol­le, so dass recht schnell ei­ne Ver­schlech­te­rung der Blut­wer­te er­kannt wor­den ist. Nach ei­ner all­er­gi­schen Re­ak­ti­on auf die Stan­dard­me­di­ka­ti­on nach der Ope­ra­ti­on er­litt die 61-Jäh­ri­ge ei­ne sel­te­ne Lun­gen­em­bo­lie, was nach et­wa zehn Ta­gen zu ei­nem Zu­sam­men­bruch und ei­ner le­bens­ge­fähr­li­chen La­ge führ­te.

„Der plötz­li­che Not­fall auf­grund ei­ner sel­te­nen all­er­gi­schen Re­ak­ti­on stell­te uns gleich vor meh­re­re Her­aus­for­de­run­gen. Die Pa­ti­en­tin be­nö­tig­te ei­nen kom­plet­ten Neu­start für ihr Im­mun­sys­tem, zu­gleich muss­te das Blut­ge­rinn­sel auf­ge­löst und das Herz ge­stärkt wer­den und die et­wa 20 cm gro­ße OP-Wun­de hei­len. Für den Throm­bus brauch­ten wir dün­nes, für die Wund­hei­lung di­ckes Blut“, so die Chef­ärz­tin.

In en­ger Kon­sul­ta­ti­on mit den Greifs­wal­der Ex­per­ten um den Trans­fu­si­ons­me­di­zi­ner Prof. Dr. An­dre­as Grei­n­acher wur­de erst­mals ein neu­es ge­rin­nungs­hem­men­des und da­für ei­gent­lich nicht vor­ge­se­he­nes Me­di­ka­ment ein­ge­setzt, um den Blut­fluss wie­der zu nor­ma­li­sie­ren. Mit­tels ei­nes zwei­ten Arz­nei­mit­tels wur­de das Im­mun­sys­tem über In­fu­sio­nen lang­sam wie­der auf­ge­baut. Zu­sam­men mit den Neu­ro­chir­ur­gen, den Neu­ro­lo­gen, den Ge­fäß­spe­zia­lis­ten, Kar­dio­lo­gen, Wun­d­ex­per­ten und Phy­sio­the­ra­peu­ten hat sich die Dum­mer­stor­fe­rin wie­der zu­rück ins Le­ben ge­kämpft.
Nach 69 Ta­gen konn­te Chris­ti­ne S. die Kli­nik ver­las­sen und ist mitt­ler­wei­le wie­der wei­test­ge­hend selbst­stän­dig un­ter­wegs. Wäh­rend des un­ge­wöhn­lich lan­gen Kli­nik­auf­ent­hal­tes, den sie pha­sen­wei­se nur wie durch ei­nen Schlei­er er­lebt hat­te, wur­de sie sehr stark von ih­rer Fa­mi­lie un­ter­stützt. Ei­ner der grö­ß­ten Wün­sche der lei­den­schaft­li­chen Fahr­rad­fah­re­rin ist es, mög­lichst bald wie­der auf ei­nem Draht­esel in den Gar­ten mit den ei­ge­nen Hüh­nern fah­ren zu kön­nen.

Je­de Throm­bo­se ist ein Not­fall

„Wäh­rend ei­ne der­ar­ti­ge mas­si­ve all­er­gi­sche Re­ak­ti­on wie bei un­se­rer Pa­ti­en­tin auf das am meis­ten ver­wen­de­te An­ti­ge­rin­nungs­mit­tel He­pa­rin le­dig­lich ver­ein­zelt vor­kommt, tre­ten 60 Pro­zent der ve­nö­sen Ge­rinn­sel wäh­rend oder nach ei­nem Kran­ken­haus­auf­ent­halt auf. Das macht kran­ken­hau­s­as­so­zi­ier­te Ge­rinn­sel zu ei­ner der Haupt­ur­sa­chen für ver­meid­ba­re Kran­ken­hausto­des­fäl­le“, er­klär­te die Me­di­zi­ne­rin. Grund­sätz­lich gel­te, je­de Throm­bo­se ist ein Not­fall und müs­se ent­spre­chend be­han­delt wer­den und je frü­her ei­ne Throm­bo­se er­kannt wird, um­so bes­ser sei­en die Hei­lungs­chan­cen.
„In un­se­rer Ge­rin­nungs­am­bu­lanz be­fas­sen wir uns schwer­punkt­mä­ßig mit der Dia­gnos­tik und The­ra­pie von Ge­rin­nungs­stö­run­gen, hier­zu ge­hö­ren Stö­run­gen des Ge­rin­nungs­sys­tems durch ei­ne Throm­bo­se­nei­gung oder aber durch ei­ne Blu­tungs­nei­gung. Da­bei wer­den ne­ben der kli­ni­schen Un­ter­su­chung und Be­fra­gung der Pa­ti­en­ten auch hoch­spe­zia­li­sier­te La­bor­tests an­ge­bo­ten, um ei­ne mög­li­che Stö­rung des Ge­rin­nungs­sys­tems recht­zei­tig zu iden­ti­fi­zie­ren.“ Zum Team der Ge­rin­nungs­am­bu­lanz ge­hö­ren Ärz­tin­nen und Ärz­te so­wie Fach­pfle­ge­kräf­te aus der An­gio­lo­gie, Hä­mo­sta­seo­lo­gie, Phle­bo­lo­gie und Ge­fä­ßchir­ur­gie.

Hin­ter­grund Throm­bo­se

Die Throm­bo­se ist die Bil­dung ei­nes Blut­ge­rinn­sels in ei­nem Blut­ge­fäß. Bei dem Ge­fäß kann es sich um ei­ne be­lie­bi­ge Ve­ne oder Ar­te­rie han­deln. Je­des Ge­rinn­sel, das sich in ei­nem Blut­ge­fäß bil­det, wird als Throm­bus be­zeich­net. Ein­mal ge­bil­det, kann ein ve­nö­ser Throm­bus den nor­ma­len Blut­fluss ver­lang­sa­men oder blo­ckie­ren und sich so­gar lö­sen und durch die Ge­fä­ße durch den Kör­per wan­dern. Ein Ge­rinn­sel, das in den Blut­kreis­lauf wan­dert und in en­ge­ren Ge­fä­ßen zu ei­nem Ver­schluss führt, wird als Em­bo­lie be­zeich­net. Throm­bo­se ist der oft ver­meid­ba­re Aus­lö­ser von ei­nem Herz­in­farkt, ei­nem throm­bo­em­bo­li­schen Schlag­an­fall und ve­nö­sen Throm­bo­em­bo­li­en, den drei häu­figs­ten kar­dio­vas­ku­lä­ren To­des­ur­sa­chen.

Ak­ti­ons­bünd­nis Throm­bo­se

Das Ak­ti­ons­bünd­nis Throm­bo­se wur­de 2014 von der Deut­schen Ge­sell­schaft für An­gio­lo­gie e.V. (DGA) ins Le­ben ge­ru­fen. Dem Bünd­nis ge­hö­ren heu­te füh­ren­de Fach­ge­sell­schaf­ten wie die Deut­sche Ge­sell­schaft für Phle­bo­lo­gie und Lym­pho­lo­gie, die Ge­sell­schaft für Throm­bo­se- und Hä­mo­sta­se­for­schung, die Deut­sche Ge­sell­schaft für Ge­fä­ßchir­ur­gie und Ge­fä­ß­me­di­zin so­wie die Deut­sche Ge­fä­ß­li­ga an. Sie al­le en­ga­gie­ren sich ge­mein­sam mit Part­nern aus der In­dus­trie für mehr Auf­klä­rung über Throm­bo­se und Lun­gen­em­bo­lie.
www.​risiko-​thr​ombo​se.​de