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Na­vi­ga­ti­on

Men­schen – Wis­sen – Le­bens­we­ge: Ei­ne Zeit­rei­se durch 600 Jah­re Ros­to­cker Uni­ver­si­täts­ge­schich­te

Mel­dung vom 19.06.2019 - Kul­tur, Frei­zeit, Sport / Bil­dung und Wis­sen­schaft

Am 20. Ju­ni wird die Aus­stel­lung zum 600. Uni­ju­bi­lä­um im Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­um er­öff­net

Nach der Art&Sci­ence-Schau in der Kunst­hal­le Ros­tock im Früh­jahr wird am Don­ners­tag, dem 20. Ju­ni 2019, um 17 Uhr die zwei­te gro­ße Aus­stel­lung im 600. Ju­bi­lä­ums­jahr der Uni­ver­si­tät Ros­tock er­öff­net. „Men­schen – Wis­sen – Le­bens­we­ge" prä­sen­tiert ab die­ser Wo­che bis zum 30. No­vem­ber 2019 span­nen­de As­pek­te aus 600 er­eig­nis­rei­chen Jah­ren Ros­to­cker Uni­ver­si­täts- und Wis­sen­schafts­ge­schich­te. Die Uni­ver­si­tät Ros­tock und das Kul­tur­his­to­ri­sche Mu­se­um Ros­tock ha­ben da­zu ge­mein­sam ei­ne Ex­po­si­ti­on ge­stal­tet. Auf über 800 m² wer­den die Schät­ze der Uni­ver­si­tät so­wie spek­ta­ku­lä­re Leih­ga­ben aus dem In- und Aus­land ge­zeigt. Die Aus­stel­lung rückt span­nen­de Bio­gra­fi­en von Stu­die­ren­den, Leh­ren­den und Mit­ar­bei­ten­den aus der Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart in den Mit­tel­punkt. Zur Aus­stel­lungs­er­öff­nung sind in­ter­es­sier­te Gäs­te und die Ver­tre­ter der Me­di­en recht herz­lich ei­ge­la­den.

„Die 600jäh­ri­ge Ros­to­cker Uni­ver­si­tät nimmt 2019 ei­nen be­son­de­ren Platz im Rah­men des Dop­pel­ju­bi­lä­ums und im Aus­stel­lungs­ka­len­der des Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­ums Ros­tock ein. Nach der äu­ßerst er­folg­rei­chen Aus­stel­lung zur Stadt­ge­schich­te mit über 55.000 Be­su­chern rückt der Blick nun auf die ein­drucks­vol­le Ge­schich­te der Uni­ver­si­tät Ros­tock", freu­te sich Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling. „Von un­be­zahl­ba­ren Hand­schrif­ten über ku­rio­se Tier­prä­pa­ra­te bis hin zu fas­zi­nie­ren­den phy­si­ka­li­schen Ap­pa­ra­tu­ren ist die Aus­stel­lung zu­gleich ei­ne Zeit­rei­se durch 600 Jah­re Wis­sen­schaft. Wir set­zen auf vie­le Be­su­che­rin­nen und Be­su­cher aus Ros­tock und in­ter­es­sier­te Gäs­te der Stadt", un­ter­strich der Ober­bür­ger­meis­ter.

Die Aus­stel­lung er­streckt sich über neun gro­ße The­men­kom­ple­xe über 600 Jah­re und zeigt rund 300 Aus­stel­lungstü­cke. Un­ter­stützt wur­de das Kul­tur­his­to­ri­sche Mu­se­um Ros­tock da­bei vom Lan­des­amt für Ar­chäo­lo­gie, Kul­tur und Denk­mal­pfle­ge, vom Uni­ver­si­täts­ar­chiv, der Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek, dem Lan­des­haupt­ar­chiv Schwe­rin, der Lan­des­bi­blio­thek Meck­len­burg-Vor­pom­mern, den Staats­bi­blio­the­ken Ber­lin und Dres­den, der An­na-Ama­lia-Bi­blio­thek Wei­mar, der Bü­che­rei­zen­tra­le Schles­wig-Hol­stein, dem Nie­der­säch­si­schen Lan­des­ar­chiv Han­no­ver so­wie von der Evan­ge­lisch-lu­the­ri­schen In­nen­stadt­ge­mein­de Ros­tock und zahl­rei­chen In­sti­tu­te der Uni­ver­si­tät Ros­tock.

120 Bio­gra­fi­en ma­chen Uni­ge­schich­te er­leb­bar

„Nur we­ni­ge Uni­ver­si­tä­ten in Deutsch­land kön­nen auf ei­ne so lan­ge Tra­di­ti­on zu­rück­schau­en", er­klär­te der Rek­tor der Uni­ver­si­tät Ros­tock, Pro­fes­sor Wolf­gang Schareck. „Mit Grün­dung 1419 ist die Uni­ver­si­tät Ros­tock die äl­tes­te im Ost­see­raum und hat so von Be­ginn an in­ter­na­tio­na­le Stu­den­ten aus Nord­eu­ro­pa an­ge­zo­gen. Die Grün­dung ei­ner Uni­ver­si­tät in ei­ner von Han­del ge­präg­ten Han­se­stadt war da­bei ei­ne Aus­nah­me­si­tua­ti­on, ins­be­son­de­re, weil die­se Grün­dung auch mit star­ker Un­ter­stüt­zung durch die Stadt be­trie­ben wur­de. Um­ge­kehrt ha­ben die Er­kennt­nis­se und Ent­wick­lun­gen gro­ßen Ein­fluss auf die Stadt­ent­wick­lung und Ge­sell­schaft bis zum heu­ti­gen Ta­ge aus­ge­übt. So liegt es na­he, zum The­ma Tra­di­tio auf Per­sön­lich­kei­ten, Le­bens­we­ge und Wis­sens­trans­fer in Wirt­schaft und Ge­sell­schaft be­son­ders ein­zu­ge­hen."

Stell­ver­tre­tend für vie­le her­aus­ra­gen­de Prot­ago­nis­ten wer­den in der Ex­po­si­ti­on 120 be­kann­te und un­be­kann­te Bio­gra­fi­en aus 600 Jah­ren vor­ge­stellt. Die­se Men­schen ste­hen im Mit­tel­punkt der Aus­stel­lung und sie er­zäh­len ih­re Ge­schich­ten, be­rich­ten von ih­ren wis­sen­schaft­li­chen Durch­brü­chen, aber auch von ih­rem ganz nor­ma­len All­tag. So zum Bei­spiel das Brü­der­paar Da­vid und Na­than Chyt­räus. Sie ste­hen im 16. Jahr­hun­dert für die Blü­te­zeit der Uni­ver­si­tät und zei­gen, was „Spit­zen­for­schung" vor 400 Jah­ren be­deu­te­te. Ei­ni­ge Jah­re frü­her be­rich­tet ein Greifs­wal­der Stu­dent von sei­nen schmerz­haf­ten Auf­nah­me­ri­tua­len in ei­nem der Stu­den­ten­wohn­hei­me. Die Be­su­cher ler­nen auch Elizabeth Bern­höft ken­nen, die sich 1909 als ers­te Stu­den­tin in ei­ner männ­lich do­mi­nier­ten Hoch­schu­le be­haup­te­te. Aus sol­chen und zahl­rei­chen wei­te­ren Bio­gra­fi­en zeich­net die Aus­stel­lung das Bild ei­ner viel­schich­ti­gen und le­ben­di­gen Uni­ver­si­tät, die seit 600 Jah­ren für Im­pul­se und In­no­va­tio­nen sorgt.

Au­ßer­ge­wöhn­li­che Ex­po­na­te erst­mals zu se­hen

„Die Aus­stel­lung ent­hält meh­re­re Glanz­stü­cke aus der Uni­ver­si­täts­ge­schich­te, so un­ter an­de­rem die ge­ra­de wie­der von der Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Ros­tock er­wor­be­ne Schrift Amer­i­co Vespuc­cis über Süd­ame­ri­ka, ein Ros­to­cker Druck aus dem Jahr 1504 und ei­ner der be­deu­tends­ten Tex­te der frü­hen Neu­zeit", kün­dig­te der Lei­ter des Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­ums Ros­tock, Dr. Stef­fen Stuth, an. „Die­ses Werk wird erst­mals in der Aus­stel­lung zu se­hen sein."

Dar­über hin­aus wer­den auch die Meck­len­bur­gi­sche Reim­chro­nik, ei­ne Hand­schrift zur meck­len­bur­gi­schen Ge­schich­te von 1523 und die Ur­kun­de mit dem An­trag der meck­len­bur­gi­schen Her­zö­ge zur Uni­ver­si­täts­grün­dung beim Papst 1418 ge­zeigt. „Auch die­ses Do­ku­ment ist erst­mals zu be­sich­ti­gen", so Stuth. Für die Aus­stel­lung wur­de ex­tra ein Kin­der- und Fa­mi­li­en­rund­gang mit ei­nem Zeit­rei­se­pass in Form ei­nes Stu­den­ten­aus­wei­ses kon­zi­piert. In­ner­halb der Aus­stel­lung gibt es ei­nen ge­son­der­ten Kin­der­rund­gang mit al­ters­ge­rech­ten Tex­ten so­wie ein um­fang­rei­ches Be­gleit­pro­gramm mit Füh­run­gen.

Der Mu­se­ums­lei­ter dank­te al­len Be­tei­lig­ten für die tat­kräf­ti­ge und en­ga­gier­te Un­ter­stüt­zung, die die­ses am­bi­tio­nier­te Pro­jekt und den un­ge­wöhn­li­chen Blick hin­ter die Ku­lis­sen der tra­di­ti­ons­rei­chen Uni­ver­si­tät erst er­mög­licht ha­ben. „Der Dank gilt vor al­lem dem Rek­tor Prof. Dr. Wolf­gang Schareck, den vie­len Leih­ge­bern, hier ins­be­son­de­re dem Team der Son­der­samm­lun­gen der Uni­bi­blio­thek Ros­tock so­wie dem Aus­stel­lungs­team im Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­um Ros­tock und Ull­rich Klein, der mit mir ge­mein­sam die Aus­stel­lung ku­ra­tiert hat", so Stuth.

Aus­stel­lung "Men­schen – Wis­sen – Le­bens­we­ge"
Die Aus­stel­lung zu 600 Jah­ren Uni­ver­si­tät im Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­um Ros­tock.
Don­ners­tag, 20. Ju­ni 2019, um 17 Uhr
Kul­tur­his­to­ri­sches Mu­se­um Ros­tock, Klos­ter­hof 7, Ros­tock
Lauf­zeit: 21. Ju­ni - 30. No­vem­ber 2019
Öff­nungs­zei­ten: Diens­tag bis Sonn­tag von 10.00 bis 18.00 Uhr
Der Ein­tritt ist frei.

Da­vid Chyt­raeus (1531-1600)

Da­vid Chyt­raeus gilt als ei­ner der füh­ren­den Ver­tre­ter der Spät­re­for­ma­ti­on. Er stu­dier­te 1545 in Tü­bin­gen und Wit­ten­berg. Er hör­te Vor­le­sun­gen von Lu­ther und wur­de Schü­ler Me­lan­chthons. Chyt­raeus hielt 1548 Vor­le­sun­gen über Me­lan­chthons Lo­ci com­mu­nes, Rhe­to­rik, As­tro­no­mie und Ge­schich­te und schuf die ers­te an Theo­lo­gie­stu­den­ten ge­rich­te­te Stu­di­en­an­wei­sung des Lu­ther­tums. 1550 ging er an das Päd­ago­gi­um in Ros­tock, wo er phi­lo­lo­gi­sche, phi­lo­so­phi­sche, ge­schicht­li­che und theo­lo­gi­sche Vor­le­sun­gen hielt. 1563 wur­de er Pro­fes­sur für Theo­lo­gie und noch im sel­ben Jahr erst­mals und dann mehr­fach Rek­tor der Uni­ver­si­tät. Chyt­raeus er­warb sich Ver­diens­te um die Re­or­ga­ni­sa­ti­on der Uni­ver­si­tät. Er wirk­te beim Auf­bau der Lan­des­kir­che Meck­len­burgs und 1577 an der Kon­kor­dien­for­mel. Er schuf die evan­ge­li­sche Kir­chen­ord­nung Nie­der­ös­ter­reichs, der Stei­er­mark in Krain und Görz.

Her­mann Rein­cke-Bloch (1867-1929)

Her­mann Rein­cke-Bloch war His­to­ri­ker, Hoch­schul­leh­rer und Po­li­ti­ker und ge­hört zu den be­deu­tends­ten His­to­ri­kern, die in Ros­tock un­ter­rich­te­ten. 1914/15 war er Rek­tor. Bloch stamm­te aus ei­ner bes­tens ver­netz­ten jü­di­schen Ber­li­ner Fa­mi­lie evan­ge­li­scher Kon­fes­si­on. Bloch er­hielt 1904 ei­ne or­dent­li­che Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Ros­tock. Im Ers­ten Welt­krieg war er ak­ti­ver Teil­neh­mer, zu­letzt als Haupt­mann. Rein­cke-Bloch trat nach der No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on in die Deut­sche Volks­par­tei (DVP) ein und wur­de de­ren Lan­des­vor­sit­zen­der. Er war Mit­glied der Ros­to­cker Bür­ger­ver­tre­tung und wur­de 1919 in den Meck­len­burg-Schwe­r­inschen Land­tag ge­wählt. Vom 28. Ju­li 1920 bis zum 12. Ja­nu­ar 1921 war er Mi­nis­ter­prä­si­dent des Frei­staa­tes Meck­len­burg-Schwe­rin, an­schlie­ßend bis zum 15. Ju­ni 1922 Staats­mi­nis­ter für Un­ter­richt, Kunst, geist­li­che- und Me­di­zi­nal­an­ge­le­gen­hei­ten. 1923 ging Rei­ni­cke-Bloch an die Uni­ver­si­tät Bres­lau.

So­phie Jour­dan

Ei­ne der ers­ten drei im­ma­tri­ku­lier­ten Frau­en an der Uni­ver­si­tät Ros­tock. Zu­vor im Sta­tus ei­ner Hö­re­rin an den Uni­ver­si­tä­ten Ber­lin, Hal­le, Kiel und Ros­tock war sie die ers­te re­gu­lä­re Me­di­zin­stu­den­tin. Sie hat ih­re Lauf­bahn als Leh­re­rin be­gon­nen und sich erst nach län­ge­rer Krank­heit ent­schlos­sen, das Ab­itur zu ma­chen und Me­di­zin zu stu­die­ren. Jour­dan be­stand 1912 das me­di­zi­ni­sche Staats­ex­amen und wur­de auch als ei­ne der ers­ten Frau­en an der me­di­zi­ni­schen Fa­kul­tät am 17. Ju­ni 1913 mit der Ge­samt­no­te cum lau­de pro­mo­viert. Nach ih­rer Ap­pro­ba­ti­on im Jah­re 1913 ließ sie sich in Ber­lin nie­der. Ab 1937 war sie Ärz­tin an der Säug­lings­für­sor­ge­stel­le in Ber­lin-Kreuz­berg, ab 1941 üb­te sie kei­ne ärzt­li­che Tä­tig­keit mehr aus. 1944 be­rich­te­te sie noch über ih­re Eva­ku­ie­rung nach Ost­preu­ßen, da­nach ver­liert sich ih­re Spur.