Home
Na­vi­ga­ti­on

„We­ni­ger ist mehr…“ – Was hat das mit der The­ra­pie von Brust­krebs zu tun?

Pres­se­mit­tei­lung vom 29.06.2017

Was hat das mit der The­ra­pie von Brust­krebs zu tun? Ei­ne Men­ge, denn „Brust­krebs­be­hand­lung: We­ni­ger ist mehr“ ist das Mot­to der 37. Jah­res­ta­gung der Deut­schen Ge­sell­schaft für Seno­lo­gie e.V. (DGS) vom 29. Ju­ni bis 1. Ju­li 2017 in Ber­lin.

Mehr als 2.700 Ex­per­ten für Brust­er­kran­kun­gen (Seno­lo­gen) aus Deutsch­land, Ös­ter­reich, der Schweiz und dem eu­ro­päi­schen Aus­land tref­fen sich zum wis­sen­schaft­li­chen Er­fah­rungs­aus­tausch. „Das Mot­to ha­ben wir ganz be­wusst ge­wählt“, so Prof. Dr. med. Bernd Ger­ber, Ta­gungs­prä­si­dent der 37. Jah­res­ta­gung in Ber­lin und Lei­ter der Uni­ver­si­täts­frau­en­kli­nik am Süd­stadt­kli­ni­kum Ros­tock. Es ist ein neu­es The­ma, denn we­ni­ger ra­di­ka­le Ope­ra­tio­nen an Brust und Ach­sel (Axil­la) so­wie we­ni­ger Che­mo­the­ra­pi­en füh­ren heu­te zu ei­nem bes­se­ren krank­heits­frei­en und auch Ge­samt­über­le­ben von Frau­en mit Brust­krebs.

Da­zu hat vor al­lem die Un­ter­tei­lung des „Brust­kreb­ses“ in Lu­mi­nal A-Tu­mo­ren, die sehr stark hor­mo­n­ab­hän­gig wach­sen und bei de­nen meist kei­ne Che­mo­the­ra­pie not­wen­dig ist, Lu­mi­nal B-Tu­mo­ren (die so­wohl auf Hor­mo­ne oder/und Che­mo­the­ra­pie an­spre­chen), triple-ne­ga­ti­ve Mam­ma­kar­zi­no­me (spre­chen nur auf Che­mo­the­ra­pie an und sind ag­gres­siv) und die HER2 po­si­ti­ven Kar­zi­no­me, die sehr gut mit spe­zi­el­len An­ti­kör­pern so­wie Che­mo­the­ra­pie be­han­delt wer­den kön­nen, ge­führt. Für die grö­ß­te Grup­pe der Lu­mi­nal B-Tu­mo­ren gibt es in­zwi­schen Tests (Mul­ti­gen­as­says), mit de­nen fest­ge­stellt wer­den kann, ob die Pa­ti­en­tin wirk­lich von der Che­mo­the­ra­pie pro­fi­tiert oder nicht. Et­wa 50 Pro­zent al­ler Lu­mi­nal B-Tu­mor be­nö­ti­gen kei­ne Che­mo­the­ra­pie. Dort ist sie nutz­los.

„Durch den Ein­satz von neo­ad­ju­van­ten Che­mo­the­ra­pi­en (vor Ope­ra­ti­on) las­sen sich da­nach in 30 bis 40 % kei­ne Brust­krebs­zel­len mehr nach­wei­sen. Das hei­ßt, es wer­den auf die­se Art und Wei­se sehr viel we­ni­ger ra­di­ka­le Brust-Ope­ra­tio­nen als vor 15 Jah­ren durch­ge­führt“, er­klärt Bernd Ger­ber.

Auf der dies­jäh­ri­gen Ber­li­ner Jah­res­ta­gung bil­den die Wei­ter­ent­wick­lung mo­der­ner Dia­gnos­tik­ver­fah­ren zur Früh­erken­nung von Brust­krebs so­wie die Ver­mei­dung von Über­the­ra­pi­en die Schwer­punk­te. Denn Frau­en sol­len nicht un­nö­tig ope­riert und be­strahlt wer­den. Wie ist das mög­lich? Krebs­vor­stu­fen (Duk­ta­les Car­ci­no­ma, DCIS), aus de­nen sich ein in­va­si­ver Brust­krebs ent­wi­ckeln könn­te, wer­den in­fol­ge von Scree­ning-Pro­gram­men heu­te häu­fi­ger dia­gnos­ti­ziert als frü­her. Ei­ne in­di­vi­dua­li­sier­te, auf die Pa­ti­en­tin ab­ge­stimm­te Be­hand­lungs­stra­te­gi­en er­for­dert nicht im­mer ei­ne Be­strah­lung oder Hor­mon­be­hand­lung.

Im über­re­gio­na­len Brust­krebs­zen­trum der Frau­en­kli­nik Ros­tock, ei­nes von 280 zer­ti­fi­zier­ten Brust­krebs­zen­tren bun­des­weit, ar­bei­ten Frau­en­ärz­te, Ra­dio­lo­gen, Pa­tho­lo­gen, Hä­ma­toon­ko­lo­gen, Strah­len­the­ra­peu­ten und Psy­cho­lo­gen nach ak­tu­el­len Leit­li­ni­ni­en me­di­zi­ni­scher Fach­ge­sell­schaf­ten eng zu­sam­men. Jähr­lich wer­den rund 450 Pa­ti­en­tin­nen mit Brust­krebs in Ros­tock be­han­delt. Dar­un­ter stam­men vie­le Brust­krebs­er­krank­te au­ßer­halb von Ros­tock. An ei­nen in­ter­es­san­ten Fall er­in­nert sich Prof. Bernd Ger­ber. „Vor zwei Jah­ren konn­ten wir hier in Ros­tock am Brust­krebs­zen­trum ei­ne an Brust­krebs er­krank­te Pa­ti­en­tin aus Mar­burg er­folg­reich the­ra­pie­ren, die zu­vor ei­ne ag­gres­si­ve Che­mo­the­ra­pie in ei­ner an­de­ren Uni­ver­si­täts­stadt er­hal­ten soll­te. Sie schick­te mir nach drei Jah­ren ei­ne Kar­te als Zei­chen, dass es ihr gut geht“, freut sich heu­te noch Bernd Ger­ber.

Die Ros­to­cker Frau­en­kli­nik des Kli­ni­kums Süd­stadt ist seit je her dar­an in­ter­es­siert, ak­tu­el­le The­ra­pi­en und Be­hand­lungs­emp­feh­lun­gen wis­sen­schaft­lich zu prü­fen und zu ak­tua­li­sie­ren mit dem Ziel ei­ner noch op­ti­ma­le­ren, auf die be­trof­fe­ne Pa­ti­en­tin ab­ge­stimm­te Be­hand­lung bei Brust­krebs. Da­zu zählt die 2015 in­iti­ier­te mul­ti­zen­tri­sche IN­SE­MA-Stu­die. Sie ist ei­ne Ko­ope­ra­ti­on der Uni­ver­si­täts-Frau­en­kli­nik Ros­tock am Kli­ni­kum Süd­stadt und der GBG For­schungs GmbH und wird durch die Deut­sche Krebs­hil­fe fi­nan­ziert. Da­bei geht es um den Ver­gleich der Ent­nah­me so­ge­nann­ter Sen­ti­nel-Lymph­kno­ten aus dem Ach­sel­be­reich von Pa­ti­en­tin­nen im Ver­gleich zu kei­ner Ent­nah­me die­ser Lymph­kno­ten bei Pa­ti­en­tin­nen mit ge­plan­ter brust­er­hal­ten­der The­ra­pie. Sen­ti­nel-Lymph­kno­ten be­fin­den sich im Lymph­ab­fluss­ge­biet ei­nes Pri­mär­tu­mors und sind im Fal­le ei­ner lym­pho­ge­nen Me­tastasie­rung zu­erst be­trof­fen. Ziel der IN­SE­MA-Stu­die ist es zu zei­gen, dass Brust­krebs-Pa­ti­en­tin­nen im Früh­sta­di­um mit ein­ge­schränk­ter Axil­la-Chir­ur­gie kei­nen Nach­teil be­züg­lich des krank­heits­frei­en Über­le­bens im Ver­gleich zum Stan­dard-The­ra­pie mit Bi­op­sie ha­ben. Hier greift wie­der das Mot­to: „We­ni­ger ist mehr“ im Sin­ne an Brust­krebs er­krank­ter Pa­ti­en­tin­nen. Die Jah­res­ta­gung 2017 in Ber­lin bie­tet die her­vor­ra­gen­de Mög­lich­keit zur in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Ver­net­zung und zum Aus­tausch zu kli­ni­schen Stu­di­en mit den un­ter­schied­li­chen Fach­ge­bie­ten.

Mam­ma­kar­zi­nom be­zeich­net bös­ar­ti­ge Tu­mo­ren der Brust. Die­se Ver­än­de­run­gen ge­hen vom Drü­sen­ge­we­be der Brust aus. Rund 60 Pro­zent der bös­ar­ti­gen Tu­mo­ren wach­sen im in dem Teil der Brust, der der Ach­sel­höh­le am nächs­ten ist. In Deutsch­land er­kran­ken et­wa 75.000 Frau­en pro Jahr an Brust­krebs. Da­bei ist je­de zehn­te Frau ist bei Dia­gno­se­stel­lung jün­ger als 45 Jah­re. Die Hei­lungs­chan­cen lie­gen in­zwi­schen bei über 90 Pro­zent, vor­aus­ge­setzt die Er­kran­kung wird im Früh­sta­di­um er­kannt. Trotz der ge­stie­ge­nen Er­kran­kungs­ra­ten ster­ben deut­lich we­ni­ger Frau­en an Brust­krebs als noch vor zehn Jah­ren.

Kon­takt:
Prof. Dr. med. Bernd Ger­ber
Di­rek­tor der Uni­ver­si­täts­frau­en­kli­nik am Kli­ni­kum Süd­stadt
Süd­ring 81, 18059 Ros­tock
Tel. 0381 4401-4500
E-Mail: bernd.​gerber@​med.​uni-ros­tock.de