"...und er dreht sich doch!" - Erfolgreiche Rettungsaktion des Dieselmotors HD III an Bord des MS DRESDEN in Rostock
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Ein großartiges Rettungsprojekt wurde heute von der ehrenamtlichen Maschinen-Crew an die Museumsleitung des Traditionsschiffes MS DRESDEN im IGA Park übergeben. Nach 54 Jahren Stillstand wurden zwei der Hilfsdieselmotoren an Bord des Traditionsschiffes vor dem unwiederbringlichen Verlust gerettet. Von September 2019 bis heute wurden rund 14.000 Arbeitsstunden von der ehrenamtlichen Hilfsdiesel-Crew an Bord geleistet. Dank der Einsatzbereitschaft dieser hochspezialisierten Techniker, die auch als Zeitzeugen über jahrelange Erfahrung an Bord verfügen, und der Möglichkeit, fehlende Originalteile zu beschaffen, konnten zwei der letzten Motoren dieses Typs im Maschinenraum des Schiffes restauriert und einer davon wieder zur Zündung gebracht werden.
Dr. Kathrin Möller, Museumsleiterin des Schifffahrtsmuseum Rostock, dazu: "Mit der Revitalisierung des Maschinenraums auf Deutschlands größtem Museumsschiff wird ein wichtiger Beitrag zum Erhalt maritimen technischen Kulturgutes geleistet. Wir danken allen Helfern, Unterstützern und Sponsoren, ohne die dieses Projekt nicht möglich gewesen wäre. Es war uns sehr wichtig, den historischen Zustand optisch korrekt darzustellen und die alte Technik durch ihre Wiederingangsetzung zu erhalten. Das Museumsschiff MS DRESDEN ist nun um eine Attraktion reicher."
Im originalen Maschinenraum des Traditionsschiffes sind alle vier Hauptmaschinen sowie die drei Hilfsmotoren (Dieselmotoren 6 NVD 36 Serie 0) im Original erhalten. Bei diesen Motoren handelt es sich um die ersten Schiffsdieselmotoren, die 1950 im VEB Schwermaschinenbau Karl Liebknecht gebaut wurden und u.a. an Bord von Typ IV-Schiffen zur Stromerzeugung eingesetzt wurden.
Nach mehr als 50 Jahren Stillstand drohte der schleichende Verfall der Motoren, die sich in einem desolaten Zustand befanden und dringend restauriert werden mussten. Es handelt sich um die letzten Motoren dieses Typs auf einem Schiff und damit um ein einzigartiges Zeugnis der technisch-maritimen Kultur der 1950er Jahre in Ostdeutschland.
Im September 2019 wurde der Kurbelwellenraum des Hilfsdieselmotors "HD III" erstmals wieder geöffnet. Alle Motorteile waren durch jahrzehntelanges Eindringen von Regenwasser stark verrostet, teilweise schon unbrauchbar und wichtige Teile fehlten bereits. Viele spezielle Motorenteile, Armaturen, Rohrleitungen, Ventile und Pumpen mussten beschafft bzw. angefertigt und fachgerecht in die Betriebssysteme eingebaut werden.
Die Betriebssysteme sind nun vollständig installiert, so dass der historische Startversuch durchgeführt werden konnte. Dazu hat die Harzer Werke Motorentechnik GmbH aus Quedlinburg neue Zylinderlaufbuchsen nach den originalen technischen Unterlagen gefertigt und an Bord geliefert. Die Rolls-Royce Gruppe lieferte alle Originalbauteile für die Zylinderköpfe. Die Firma Schlie Hydraulik-Service GmbH aus Rostock fertigte mit modernsten Verfahren neue Lagerschalen für die Pleuellager. Die Kautasit Gummitechnik GmbH lieferte die erforderlichen Dichtungsmaterialien.
Mit Hilfe der Firma Kloska Technik GmbH wurden die Zylinderköpfe sowie die Brennstoffeinspritzpumpen überholt und die Hochschule Bereich Seefahrt Wismar/ Warnemünde überholte die Einspritzdüsen auf einem Spezialprüfstand. Viele weitere spezielle Motorenteile, Armaturen, Rohrleitungen, Ventile und Pumpen wurden beschafft oder angefertigt und fachmännisch in die Betriebssysteme eingebaut. Die Fachfirma Tankanlagenservice und Metallbau Kannenberg GmbH half mit einem neuen, sicheren Brennstofftank. Dieselkraftstoff und Motorenschmieröl für die Inbetriebnahme lieferte die KNG Kraftwerks- und Netzwerkgesellschaft Rostock.
Gemeinsam mit den ehrenamtlichen Helfern konnten ca. 75.000 Euro aus Fundraising-Projekten, der Deutschen Stiftergemeinschaft, privaten Spendern, maritimen Unternehmen und Verbänden sowie aus dem Strategiefond des Landes Mecklenburg-Vorpommern eingeworben werden. Darüber hinaus wurden durch die Ehrenamtler im Wert von ca. 85.000 Euro viele spezielle Motorenteile, Hilfs- und Betriebsmittel eingeworben und projektbezogen verwendet.
Ulf von Rahden, ehrenamtlich projektbetreuender Dipl.-Schiffsingenieur, sagt heute stellvertretend für die ehrenamtliche Maschinen-Crew: "Das Ziel, den Dornröschenschlaf im Maschinenraum durch authentische Geräusche und Gerüche zu beenden, ist erreicht! Alle Motorenteile sind nun durch die Schmierölversorgung wieder drehbar und durch diese gleichzeitige Konservierung ist der Dieselmotor als technisches Denkmal gerettet."
Das Museumsschiff MS DRESDEN
Die legendären Schiffe des Typs IV waren als ehemalige Hochseefrachter mit einer Ladekapazität von 10.000 Tonnen die größten Frachtschiffe der DDR. Das Traditionsschiff, die ehemalige DRESDEN, ist das einzige von insgesamt 15 baugleichen Schiffen (12 davon fuhren für die DDR), das erhalten geblieben ist. Das Schiff wurde in unmittelbarer Nähe des heutigen Liegeplatzes auf der Warnow Werft Rostock gebaut und 1958 in Dienst gestellt. Dieser Stahlgigant befuhr elf Jahre lang alle Weltmeere und transportierte Zucker, Omnibusse, Erze, Getreide, Schlachttiere und sogar Elefanten. Seit 1970 liegt die MS DRESDEN als Zeitzeuge im IGA Park direkt gegenüber dem Rostocker Überseehafen und beherbergt maritime Ausstellungsobjekte rund um die Seefahrtsgeschichte.
Die Dieselmotoren 6 NVD 36/0
Der Dieselmotor 6 NVD 36/0 ist eine Weiterentwicklung des bewährten Grundtyps aus der Dieselmotorenbaureihe der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG (ab 1954 VEB Schwermaschinenbau 'Karl Liebknecht'). Der Motor wurde speziell für den Dauerbetrieb unter härtesten Einsatzbedingungen, wie z.B. im Schiffsbetrieb, entwickelt.
In den 1950er Jahren wurden diese Motoren auf kleineren Seeschiffen als Hauptantrieb eingesetzt. Auf größeren Seeschiffen dienten sie dagegen als Dieselgeneratoren. Dort sicherten sie, meist in Kopplung mit Gleichstromgeneratoren, die Stromversorgung für den gesamten elektrischen Bordbetrieb: von den Navigationseinrichtungen über die Lade- und Löscheinrichtungen und die Kombüse bis hin zur Ruderanlage.
Die Stromversorgung auf den Schiffen des Typs IV, zu denen auch die MS DRESDEN gehört, erfolgte durch drei Dieselgeneratoren: die Hilfsdiesel I, II und III vom Typ 6 NVD 36/0, Baujahr 1957, mit jeweils 300 PS Nennleistung. Diese drei Dieselgeneratoren befinden sich noch heute im Originalzustand an Bord des Museumsschiffes. Sie sind damit die letzten Motoren dieser Bauart in einem Schiffsmaschinenraum.
Das Traditionsschiff MS DRESDEN liegt als Schifffahrtsmuseum Rostock am Ufer der Warnow ist direkt am IGA Park angedockt. Der mit 10.000 Tonnen fast vollständig erhaltende originale Hochseefrachter bietet multimediale Einblicke in die regionale Schiffbau- und Seefahrtsgeschichte. Ein weiteres Highlight ist die Historische Bootswerft, wo traditionelle Handwerkstechniken den Holzschiffbau erlebbar machen. Der IGA Park ist die grüne Erlebnisoase im Nordwesten der Hanse- und Universitätsstadt Rostock und bietet mit Konzertwiese, Spielplätzen und Wassersportanlage attraktive Freizeitangebote für die ganze Familie. Naturliebhaber entdecken eine beeindruckende Pflanzen- und Tierwelt, die auch Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Umweltbildungsangebote des Parks nähergebracht wird.
Öffnungszeiten Schifffahrtsmuseum:
jeweils Dienstag bis Sonntag im März: 10:00 - 16:00 Uhr I April bis Oktober: 10:00 - 18:00 Uhr
Öffnungszeiten IGA Park:
täglich von November bis März: 8:00-17:00 Uhr I April bis Oktober: 8:00-22:00 Uhr