Baustelle Rathauserweiterung Rostock: Seltene Funde und Beginn des Rohbaus
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Der Rostocker Rathauskomplex wird durch den Eigenbetrieb KOE in den kommenden Jahren um die Häuser C und D erweitert. Jetzt ist die archäologische Untersuchung des Areals weitgehend abgeschlossen und der Rohbau-Start steht bevor.
Grabung zwischen „Am Schilde“ und „An der Hege“
Seit 2023 war ein Team der Firma Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern (AIM-V) unter der Leitung von Dr. Jörg Ansorge und Renate Samariter auf der Großbaustelle aktiv.
Im Bereich des künftigen Hauses C am Neuen Markt wurden zuletzt der Untergrund rund um die ehemalige Straße An der Hege sowie die Vorkeller des historischen Gebäudes Am Schilde 1-2 untersucht. Das einst prägende Doppelgiebelhaus wurde 1942 zerstört.
Eine Erkenntnis: Die Fassade war ursprünglich nicht für ein Doppelgiebelhaus gedacht. Der Giebel zeigte gar nicht zum Platz Am Schilde, sondern war um 90 Grad gedreht – vermutlich in Richtung der Straßen An der Hege oder Ortsund. „Das Gebäude wurde offenbar erst ab etwa 1400 vom Traufenhaus zum Giebelhaus umgebaut“, nimmt Dr. Ansorge an.
Weitere Befunde folgten ab November 2024, darunter eine große gemauerte Zisterne. Historische Ansichten zeigten dort einst einen Pumpenobelisk, der vermutlich um 1860 bis 1880 außer Betrieb genommen wurde.
Seltene Belege für den Tuchhandel mit Flandern
Spannend war die Entdeckung einer großen runden Grube neben der Zisterne. Dort entdeckten die Archäologen flandrische Tuchplomben aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Ein Stück aus Gent schätzt Dr. Ansorge als Unikat ein. Diese Funde sind Hinweise auf den Seehandel zwischen Rostock und den großen Handelszentren wie Brügge.
Bernsteinverarbeitung in Rostock?
Am allerletzten Grabungstag stellte das Team schließlich fest, dass die Grube ein tiefer Holzschacht war – vermutlich als Brunnen angelegt. Zwischen Tonscherben und Bernsteinsplittern kam plötzlich eine geschliffene Bernsteinperle zum Vorschein. Dr. Ansorge: „Wir fanden facettierte Perlen und weitere halbfertige Produkte. Es gab deutliche Spuren von Bearbeitung – und damit Hinweise auf eine lokale Verarbeitung von Bernstein in Rostock in der Zeit um 1260 bis 1280.“ Diese schätzt der Fachmann als „sehr selten“ ein.
Die Archäologen verbringen die kommenden Wochen mit der abschließenden Inventarisierung ihrer Funde, bevor sie im Magazin des Landesamtes für Kultur- und Denkmalpflege eingelagert werden.
Wie es auf der Baustelle weitergeht
Die große Baugrube für den Verwaltungsbau (Haus D) an der Kleinen Wasserstraße steht vor ihrer Fertigstellung. Hier wurde in dieser Woche noch eine Schicht Erdreich abgetragen und eine Schutzfolie verlegt. Sie sorgt dafür, dass der Baugrund bei Nässe nicht aufweicht und die Tragfähigkeit erhalten bleibt. Im weiteren Verlauf wird u.a. eine Sauberkeitsschicht für die Fundamentplatte gegossen.
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