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10. Rostocker Aktionstage gegen Suchtgefahren vom 7. bis 11. Oktober

Pressemitteilung vom 09.10.2002

9. Oktober 2002

10. Rostocker Aktionstage gegen Suchtgefahren vom 7. bis 11. Oktober

Die 10. Rostocker Aktionstage gegen Suchtgefahren vom 7. bis 11. Oktober bieten ein vielfältiges Programm, an dem sich 20 verschiedene Träger beteiligen. Höhepunkt der Veranstaltungen ist der Aktionstag am 10. Oktober in Klenow Tor Groß Klein unter der glossierten Losung “Willkommen im Supermarkt der Süchte - darf’s ein bisschen mehr sein?” Bei der Thematik Sucht geht es nicht nur um bekannte Suchtstoffe wie Alkohol, illegale Drogen oder Psychopharmaka. Auch alltägliche Verhaltensweisen wie Essen, Spielen, Kaufen können zum Ausweichen vor echter Problemlösung benutzt werden und zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität führen.

Die Hansestadt Rostock verfügt heute über ein differenziertes Suchthilfesystem, das in den letzten Jahren auch für Drogengebraucher im illegalen Bereich und niedrigschwellige Hilfen unterhalb der strengen Abstinenzforderung ausgebaut wurde. Es umfasst zur Zeit 15 verschiedene Angebote in unterschiedlicher Trägerschaft. Neuere Beispiele dafür sind der erste Drogenkontaktladen in Mecklenburg- Vorpommern, das bundesweit einmalige Angebot der Designerdrogensprechstunde, betreute Wohnformen für “nasse” Alkoholiker und eine Schwerpunktpraxis “Sucht”. Gegenwärtig werden ein Projekt zur Frühintervention bei polizeilich erstauffälligen Drogenkonsumenten und ein Sucht- und Gewaltpräventionsprojekt speziell für Aussiedler erprobt. Deutliche Lücken klaffen noch bei der Früherkennung und dem rechtzeitigen Eingreifen vor allem in Krankenhäusern, Arztpraxen, Jugendszenetreffs, Jugendhilfeeinrichtungen und Schulen. Alles in allem krankt das Suchthilfesystem nicht vordergründig an mangelnden Angeboten, sondern eher an der fehlenden Vernetzung der sozialen, medizinischen und suchtspezifischen Hilfen.

In Mecklenburg-Vorpommern ist insbesondere bei Männern eine deutlich erhöhte alkoholbedingte Sterblichkeit zu verzeichnen - teilweise vier- bis fünfmal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Nach neuesten Repräsentativerhebungen in Deutschland ergibt sich für die Hansestadt Rostock im Erwachsenenbereich zwischen 18 und 69 Jahren für den Alkoholkonsum folgendes Bild: 23.280 Rostocker betreiben einen riskanten Alkoholkonsum mit mehr als 20 Gramm Reinalkohol (bei Frauen) und 30 Gramm (bei Männern) pro Tag. 7.275 sind Missbräuchler - das heißt, es sind bereits körperliche, psychische und soziale Schäden eingetreten und 4.365 sind alkoholkrank. Etwa 1.000 Rostocker gelten derzeit als sozial desintegrierte, chronisch mehrfachgeschädigte Alkoholiker (CMA).

Bei den 12- bis 25-jährigen haben bereits 10.000 Cannabis probiert, etwa 2.000 sind aktuelle Konsumenten, 1.500 bei synthetischen Drogen. In Rostock hat sich die Zahl der betreuten Klienten allein in den Suchtberatungsstellen seit 1994 mehr als verdoppelt. Waren es 1994 noch 993 Betreute, so stieg die Zahl 2001 schon auf 2.090. Besonders deutlich zeigt sich der Anstieg im Bereich illegaler Drogen. Waren es 1994 noch 49 Betreute, so belief sich der Anstieg 2001 bereits auf 325. Letztere sind zu 80 Prozent unter 25 Jahre alt.

Die Rangfolge der Beratungsersuchen in den Rostocker Suchtberatungsstellen war 2001: Alkohol (1.384 Personen), illegale Drogen (325), Essstörungen (137), pathologisches Glücksspiel (50), und Rauchen (27) Im Drogenkontaktladen der Caritas findet im Rahmen von Gesundheitsvorsorge auch ein Tausch benutzter Injektionsspritzen gegen sterile Spritzen statt. Während 1999 nur 42 Spritzen getauscht wurden, waren es in diesem Jahr von Januar bis August bereits über 3.000.

In den westlichen Industrieländern gehen rund 25 Prozent der vorzeitigen Todesfälle (jünger als 65 Jahre) direkt oder indirekt auf den Konsum psychoaktiver Substanzen zurück. So liegt die Zahl der mit Tabakkonsum verbundenen Todesfälle in Deutschland pro Jahr zwischen 90.000 und 140.000, beim Alkohol sind es 40.000 bis 42.000. Durch illegale Drogen kommen in Deutschland jährlich zirka 2.000 Menschen ums Leben. Neun Millionen Menschen in Deutschland haben gravierende Alkoholprobleme, 1,6 Millionen gelten als alkoholabhängig. Eine suchtspezifische Therapie erhalten weniger als fünf Prozent. Die Folgen sind Chronifizierung, frühzeitige Berentung und eine 15 Jahre geringere Lebenserwartung. Die Kosten für alkoholbezogene Krankheiten betragen pro Jahr ca. 20 Mrd. Euro.

Der Konsum von Cannabis und synthetischen Drogen wie Ecstasy ist insbesondere bei Jugendlichen in Ostdeutschland deutlich angestiegen. Zwischen alten und neuen Bundesländern gibt es hier eine weitgehende Angleichung. Der Opiatkonsum ist rückläufig, der Kokainkonsum steigt leicht aber stetig an. Pillen-Schlucken zur Beeinflussung der Befindlichkeit ist gängige Alltagspraxis. Ein Drittel werden ohne akute medizinische Notwendigkeit genommen. Der Arzneimittelumsatz betrug im Jahr 2000 ca. 54,9 Mrd. Mark. Er beinhaltet ein sehr hohes Kosteneinsparpotential für das Gesundheitswesen. Das Einstiegsalter in den Drogenkonsum sinkt besorgniserregend. Fünf Prozent der 12-jährigen trinken regelmäßig Alkohol, sieben Prozent sind regelmäßige Raucher, 27 Prozent der zwölf bis 25-jährigen haben schon illegale Drogen probiert. x x

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