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Ab´gedreht: 11. Rostocker Film- und Kulturtage zu psychischen Erkrankungen vom 6. bis 12. Oktober 2016

Pressemitteilung vom 05.10.2016

In der Woche vom 6. bis 12. Oktober 2016 finden zum elften Mal die Rostocker Film- und Kulturtage „AB`GEDREHT“ statt. Auch in diesem Jahr beteiligt sich die Hansestadt Rostock wieder beim Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, das jährlich zum Internationalen Tag der seelischen Gesundheit und bundesweit zur Beteiligung an der Woche der Seelischen Gesundheit aufruft. Im Mittelpunkt der Filmtage stehen psychische Störungen. Sie sind weitverbreitet und führen zu vielfältigen Beeinträchtigungen und Teilhabeeinschränkungen. Da insbesondere auch jüngere, beruflich besonders produktive Altersgruppen betroffen sind, sind psychische Störungen nicht nur individuell, sondern auch gesellschaftlich mit großer Krankenlast verbunden.

Die in einer „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ vorliegenden Daten bestätigen, dass psychische Störungen in Deutschland häufig sind. Vor allem Angststörungen (15,3%) stellen die größte Gruppe dar, gefolgt von unipolaren Depressionen (7,7%) und Störungen durch Alkohol- und Medikamentenkonsum (5,7%).

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit mehr als eine Milliarde Menschen an Störungen des zentralen Nervensystems, also des Gehirns und Rückenmarks. Die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit derartigen Erkrankungen, zu denen beispielsweise Depression, Demenzerkrankungen und Epilepsie gehören, ist erheblich beeinträchtigt.

Jedoch können die meisten Menschen mit einer psychischen Erkrankung effektiv behandelt werden, aber die Angst vor einer Stigmatisierung verhindert häufig eine gezielte Inanspruchnahme von Hilfen und Unterstützungen. So belegen auch Studien eine Zunahme der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Georg Schomerus von der Universitätsmedizin Greifswald fand heraus, dass die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen trotz vieler Aufklärungskampagnen eher zu- als abnimmt. Im Jahr 2011 wurden dazu rund 3.600 Menschen bundesweit in persönlichen Interviews ausführlich zu ihrer Einstellung zu den Krankheitsbildern Schizophrenie, Depression und Alkoholismus befragt. Während die Bereitschaft, mit Betroffenen in Kontakt zu treten, in Bezug auf Depression und Alkoholabhängigkeit unverändert geblieben ist, hat sich das Verhältnis zu Menschen mit Schizophrenie im Vergleich zu 1990 deutlich verschlechtert.

Für Betroffene mit einer Depression konnten die Wissenschaftler geringfügige positive Veränderungen beobachten: Die Menschen äußerten 2011 etwas mehr Mitleid und Hilfsbereitschaft und etwas weniger Befangenheit als 1990, gleichzeitig aber auch mehr Ärger über den Betroffenen. Das Bedürfnis nach sozialer Distanz, also die Bereitschaft, mit einem Betroffenen in alltäglichen Situationen umzugehen, blieb weitgehend unverändert.
Eine eindeutig negative Entwicklung zeigte sich dagegen für die Schizophrenie: Hier nahm die Furcht vor den Betroffenen zu, während positive Reaktionen wie Mitleid und Hilfsbereitschaft abnahmen. Vor allem aber stieg das Bedürfnis nach sozialer Distanz deutlich: Während es 1990 20 Prozent ablehnten, mit einer an Schizophrenie erkrankten Person zusammenzuarbeiten, waren es 2011 schon 31 Prozent. Der Anteil derjenigen, die es ablehnten, jemand mit einer Schizophrenie einem Freund vorzustellen, stieg von 39 Prozent auf 53 Prozent.

Die stärkste Ablehnung unter den drei Krankheitsbildern erfahren nach wie vor Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit. Die persönliche Ablehnung äußert sich darin, dass 31 Prozent einen Alkoholkranken nicht als Nachbarn, 34 Prozent nicht als Arbeitskollegen, 60 Prozent nicht im Freundeskreis und 61 Prozent nicht als Untermieter wünschen.

Umso wichtiger ist es, persönliche Erfahrungen mit Betroffenen, aber auch Wissen über die Erkrankung weiter präsent zu machen, um eine Stigmatisierung zu vermindern. In diesem Sinne tragen die Rostocker Film- und Kulturtage mit verschiedenen Veranstaltungen sowohl zur Information und Aufklärung über verschiedene psychische Störungen als auch zur Relativierung und Sensibilisierung weitverbreiteter Vorurteile gegenüber psychisch erkrankten Menschen bei. Auch in diesem Jahr werden im Anschluss an die gezeigten Filme wie immer Fachleute gemeinsam mit psychiatrieerfahrenen Menschen Fragen zu unterschiedlichsten Themen beantworten.

Vor dem Hintergrund, dass psychische Leiden immer stärker Menschen und Gesundheitssysteme belasten, gehört diese thematische Woche zur jährlichen Tradition der Zusammenarbeit des Gesundheitsamtes mit der Klinik für Psychiatrie der Universitätsmedizin Rostock, der Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik mbH, der AWO-Sozialarbeit gGmbH, dem Landesverband Seelische Gesundheit M-V e.V., dem Landesverband Angehöriger und Freunde psychisch Kranker e.V., dem Rostocker Bündnis gegen Depression e.V., dem Landesverband Autismus M-V sowie dem Lichtspieltheater Wundervoll und dem Peter-Weiss-Haus.

Die Film- und Kulturwoche beginnt am 6. Oktober mit einer Veranstaltung für Berufliche Schulen zum Thema stationäre Behandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Am Abend findet in der Stadtbibliothek Rostock eine Lesung mit Gabi Pertus statt: „Mutters Seele war krank“ - Erwachsene reflektieren ihre Kindheit, die sie mit einem psychisch kranken Elternteil verbracht haben.

Ein weiterer Höhepunkt ist der 10. Oktober, der Welttag der seelischen Gesundheit, der vom Rostocker Bündnis gegen Depression e. V. organisiert wird. Um 19 Uhr ist ein Filmprojekt zum Thema Depression in der FRIEDA 23 zu sehen. In dem Dokumentarfilm begleiten die Filmemacher mehrere an Depression erkrankte Patienten mit der Kamera über fast zwei Jahre von 2014 bis 2016.

Bis zum 12. Oktober laufen verschiedene Veranstaltungen, die sich mit einer Thematik wie Autismus oder speziell mit einer psychischen Erkrankung befassen, wie zum Thema Psychose oder Demenz. Veranstaltungsorte sind die FRIEDA 23 (Friedrichstraße 23, 18057 Rostock, www.liwu.de, Kartenbestellungen unter Tel. 0381 4903859, Fax 0381 4591499 oder E-Mail: mail@liwu.de Eintrittspreise: Schüler: 3 Euro, Erwachsene: 6 Euro) und der Große Saal im Peter-Weiss-Haus (Doberaner Straße 21, 18057 Rostock).