Archiv der Hansestadt Rostock veröffentlicht einen Beständeführer
Pressemitteilung vom
Rechtssicherheit für die Stadtverwaltung und die Bürgerinnen und Bürger Rostocks schaffen, ist seit fast 800 Jahren Aufgabe des städtischen Archivs. Seit nunmehr 125 Jahren (1.Oktober 1884) wird diese Aufgabe in der Hansestadt Rostock auf professioneller Basis gelöst. Dieses Jubiläum war den Stadtarchivaren der Gegenwart Anlass, die Bilanz eines viele Jahrzehnte währenden kontinuierlichen wissenschaftlichen Erschließens der Bestände zu ziehen.
Ergebnis ist ein Bestandsführer, ein Katalog, der die Bestände des Stadtarchivs quantitativ und qualitativ beschreibt und somit historisch Interessierten Profis und Laien den Weg zu den Quellen weist. Aufnahme fanden die derzeit 122 Archivalienbestände für die wegen umfänglicher Teilbestände 178 Einträge erstellt wurden.
Die fast 3.100 laufenden Meter Urkunden, Stadtbücher und Akten bilden den Kernbestand der überaus reichen und einzigartig geschlossenen Überlieferung des Stadtarchivs. Darüber hinaus wurden auch die 20 Bestände der Abteilung "Archivische Sammlungen" mit 26 Einträgen beschrieben. Auf diese Weise erhält der Leser einen Einblick in die etwa 22.000 Aufnahmen umfassende Bildsammlung, in die reiche Sammlung Rostocker Plakate und Theaterzettel oder in die Sammlung der Stadtpläne und Landkarten des Archivs.
Neben den Buchbeständen der Archivbibliothek enthält der Band erstmals auch eine detaillierte Aufstellung des Bestandes in Rostock gedruckter Zeitungen (84 Titel), die zwischen 1737 und der Gegenwart erschienen. Über die rein formalen Informationen, die Interessenten zu den für die Bearbeitung eines Themas wichtigen Beständen führen, wird in dem 500-seitigen Katalog jeder Bestand mit einer umfassenden Geschichte eingeleitet.
So ist zwangsläufig als "Nebenprodukt" ein überaus informativer Sammelband zur Geschichte städtischer Ämter und Einrichtungen entstanden, der auch die Historie einiger auf Rostocker Stadtgebiet wirkender Firmen, Vereine und Institutionen wie zum Beispiel Chemische Fabrik Friedrich Witte, Hinstorff Verlag, Rostocker Kunstverein oder Kulturbund sowie die Biografien bekannter Rostocker Persönlichkeiten zum Beispiel des Museumsleiters Hans Arnold Gräbke, des Warnemünder Ingenieurs und Erfinders Hans Seehase, des populären Journalisten Peter Erik Kobermann oder der bekannten Buchhändlerin Lotte Penzin - ehemals Buchhandlung Gebr. Grundgeyer) beleuchtet.
Der Bestandsführer ist der erste eines kommunalen Archivs in Mecklenburg-Vorpommern und der zweite, neben dem des Landeshauptarchivs Schwerin, im Bundesland überhaupt.
Der Inhalt des Bestandsführers stellt jedoch lediglich eine Momentaufnahme dar. Das Ringen der Rostocker Stadtarchivare um die Sicherung der Quellen der Gegenwart für zukünftige Generationen geht weiter. Natürlich stehen die Akten kommunaler Verwaltungsstellen im Fokus des Interesses. Allerdings sind auch Überlieferungen von die Wirtschaft der Stadt prägenden Firmen, von Institutionen, Vereinen und Privatpersonen, die sich auf besondere Weise im öffentlichen Leben der Stadt engagierten, hochwillkommen. So gelang in den zurückliegenden Wochen die Übernahme zweier Nachlässe aus Privathand - beide von stadthistorischer Bedeutung.
Der erste, sehr umfangreiche Nachlass entstand durch das Wirken Joachim Stahls. Am 21. Juni 1931 geboren, erlernte er beim Hinstorff Verlag zunächst den Beruf eines Buchdruckers, besuchte von 1950 bis 1952 die Rostocker Arbeiter-und-Bauern-Fakultät und studierte danach Geschichte, Pädagogik und Philosophie in Greifswald und Leipzig. Über 30 Jahre war Stahl auf der Neptunwerft tätig, zuletzt als Betriebshistoriker und Pressesprecher. Von 1995 bis zu seinem Tode am 13. März 2009 war er zudem Vorsitzender der Schifffahrtsgeschichtlichen Gesellschaft OSTSEE e.V.
Privat baute Stahl sich ein umfangreiches Archiv zur Schifffahrts- und Schiffbaugeschichte auf, dessen Schwerpunkt auf Rostock und speziell auf der Neptunwerft liegt. Dabei handelt es sich vor allem um Druckschriften, Ausarbeitungen und weiteres Schriftgut. Von besonderer Bedeutung ist eine umfassende Fotodokumentation, die Aufnahmen der Neptunwerft und der auf der Werft gebauten Schiffe enthält. Das Material ist über eine detaillierte Systematik erschlossen. Ganz im Sinne Stahls und seiner Vereinsfreunde übergab seine Witwe den 24 laufende Meter umfassenden Nachlass nun dem Stadtarchiv, wo er nach entsprechender archivarischer Bearbeitung ab Ende 2010 für die weitere Erforschung der Geschichte der historischen Neptunwerft von großem Nutzen sein wird.
Der zweite Nachlass resümiert das Wirken des Künstlers Kurt Kaiser. Kaiser wurde am 5. April 1921 in Sumatra Oststernberg (Warthebruch) geboren. Er erlernte den Beruf eines Kaufmanns und arbeitete ab 1938 als Verkäufer in Mecklenburg. Nach Krieg und Gefangenschaft widmete sich Kaiser ab 1948 seinen künstlerischen Neigungen und schuf Kohle- und Federzeichnungen sowie Linolschnitte und Ölbilder. Von 1965 bis 1985 war er Mitarbeiter der Tageszeitung Norddeutsche Neueste Nachrichten (NNN) in Rostock. Auch als Rentner (ab1986) setzte sich sein künstlerisches Schaffen fort, ab 1992 leitete er einen Zeichenzirkel. Kaiser starb am 13. Juni 2005. Auf Wunsch seiner Witwe wurde vergangene Woche ein Teil des künstlerischen Nachlasses Kurt Kaisers an das Archiv der Hansestadt Rostock übergeben. Der Nachlass im Umfang von 0,25 laufenden Metern enthält vor allem Originale und Kopien von Zeichnungen mit Rostock-Motiven aus der Zeit als Mitarbeiter der NNN. Diese Zeichnungen, vor allem die von alten und neuen Bauten, dokumentieren Stadtgeschichte auf eine besondere Art.