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Außergerichtliche Einigung als erster Schritt

Pressemitteilung vom 26.04.1999


Voraussetzung für ein Insolvenzverfahren/ Schuldner und Gläubiger handeln Regelungen selbst aus

Bevor der Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (§ 305 InsO) stellen kann, muß er zunächst um eine außergerichtliche Einigung mit allen seinen Gläubigern bemüht sein. Das geschieht auf der Grundlage eines Schuldenbereinigungsplanes, für den keine bestimmte Form vorgeschrieben ist. Ein solcher Plan muß zum einen die Interessen der Gläubiger berücksichtigen, zum anderen auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners. Dabei können die Parteien alle denkbaren Modalitäten selbst aushandeln, zum Beispiel:
Stundungen: Es kann vereinbart werden, daß die Rückzahlung einer Forderung für einen bestimmten Zeitraum (maximal ein Jahr) ausgesetzt wird.
Ratenzahlungen: Die Rückzahlung einschließlich Kosten und Zinsen erfolgt in monatlichen Raten. Eine solche Rückzahlungsvereinbarung ist günstig, wenn so eine Pfändung beim Arbeitgeber vermieden werden kann. Durch Ratenzahlungsvergleiche wird die Forderungshöhe festgeschrieben ohne weitere Verrechnung von Zinsen und Kosten oder der Gläubiger verzichtet teilweise auf Forderungen. Der vereinbarte Vergleichsbetrag wird dann in gleichbleibenden Raten abgezahlt.

Vergleiche als Einmalzahlung sind nur dann sinnvoll, wenn von dritter Seite (z. B. Verwandte, Arbeitgeberdarlehen) ausreichend Mittel zur Verfügung stehen und die Gläubiger bei sofortiger Bezahlung auf einen Teil der Forderung verzichten. Ein Schuldenerlaß oder Teilerlaß bietet sich bei einer geringen Restforderung an.

Der Zahlungsplan kann aber auch eine Kombination aller beschriebenen Zahlungsmöglichkeiten sein. Zulässig sind ebenso unterschiedliche Vereinbarungen mit verschiedenen Gläubigern. Um monatliche "Kleckerbeträge" zu vermeiden, lassen sich auch kleinere Forderungen mit einmaligen oder jährlichen Zahlungen ablösen. Durch einen außergerichtlichen Einigungsversuch können gleichzeitig mitverpflichtete Familienangehörige und Bürgen entschuldet werden. Auch die Verwertung von Sicherheiten oder die Schonung bestimmter Vermögenswerte ist möglich.

Die Verhandlungen mit den Gläubigern kann der Schuldner selbst führen. Zunächst sollte er sich einen Überblick über seine Schulden verschaffen und die Gläubiger schriftlich um eine aktuelle Forderungsaufstellung mit Hauptforderung, Kosten und Zinsen bitten. Bei der Prüfung sollte sich der Schuldner jedoch von geeigneten Stellen oder Personen beraten lassen. Dabei ist es sehr wichtig, keinen Gläubiger zu vergessen. Jener könnte später nämlich durch eine Lohn- oder Gehaltspfändung den Vergleich mit allen anderen Gläubigern zunichte machen, da dann das Geld zur Begleichung der vereinbarten Raten fehlt. Der Plan sollte entsprechende Anpassungsklauseln enthalten, um auf nachträgliche Veränderungen vorbereitet zu sein. Anhand eines Haushaltsplanes sollte der Schuldner seine Einnahmen und Ausgaben nach Einsparmöglichkeiten durchforsten oder einen Nebenerwerb in Betracht ziehen, um die Schulden zu tilgen. Der Schuldner sollte den Gläubigern nur den sogenannten pfändbaren Anteil des Einkommens anbieten. Dabei kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldnersdie Pfändungsfreigrenze anheben, um ihm den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern.

Neben dem Zahlungsangebot sollten die Gläubiger auch ein Gläubiger- und Forderungsverzeichnis, ein Einkommens- und Vermögensverzeichnis sowie den Schuldenbereinigungsplan (Verteilungsberechnung und Zahlungsplan) erhalten. Ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Gläubiger im wesentlichen gleich behandelt und nicht schlechter gestellt werden, als in der sieben- bzw. fünfjährigen Wohlverhaltensperiode. Mit professioneller Hilfe sollte er gleich so gestaltet sein, daß er im Notfall ohne wesentliche Änderungen auch im gerichtlichen Verfahren als Schuldenbereinigungsplan verwendet werden kann. Wenn alle Gläubiger die Zahlungsvorschläge akzeptieren, und die Zahlungen in der vorgesehenen Laufzeit und Höhe erfolgen, werden dem Schuldner die restlichen Verbindlichkeiten erlassen. Kommt eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern nicht zustande, kann beim Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt werden. Antragsformulare gibt es in den Schuldnerberatungsstellen und beim Insolvenzgericht. Neben diesem Antrag braucht der Schuldner eine Bescheinigung, die bestätigt, daß die außergerichtliche Schuldenbereinigung mit den Gläubigern innerhalb der letzten sechs Monate fehlgeschlagen ist. Eine solche Bescheinigung stellen Schuldnerberatungsstellen, Rechtsanwälte oder Steuerberater aus. Schuldner sollten sich auf jeden Fall beraten lassen, auch wenn Wartezeiten bei den Schuldnerberatungsstellen mitunter abschrecken. Vorsicht bei kommerziellen Schuldenregulierern, die gegen Honorarzahlung oft viel
versprechen, in der Regel aber wenig halten. Hannelore Vogler
AWO Sozialdienst gGmbH
Sozialberatung für Schuldner