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Ausstellung im MAX-SAMUEL-HAUS

Pressemitteilung vom 16.04.2014

Eine Ausstellung des Zentrums der verfolgten Künste, Solingen, und der Rose Ausländer-Stiftung, Köln

Eine junge Frau konnte ihre große Liebe nicht leben. Sie mußte sterben, weil sie Jüdin war. Ihre Gedichte machen sie unvergeßlich.

Diese Ausstellung wurde im Frühjahr 2013 von Helmut Braun konzipiert und mit dem Layouter und Drucker Ralf Liebe gestaltet. Sie führt durch Leben und Werk der Dichterin, zeigt deren Lebensraum Czernowitz, berichtet vom Holocaust in Transnistrien, vom Leben und Sterben im Zwangsarbeiterlager Michailowka, ihrem Todesort.

Ausstellungszeitraum
10. April - 27. Juni 2014
Kurator
Helmut Braun (Rose-Ausländer-Stiftung, Köln)
Öffnungszeiten
Dienstag - Freitag 10.00 - 18.00 Uhr

Eröffnung der Ausstellung
10. April 2014, 18.00 Uhr, in Anwesenheit des Kurators
Termine für Führungen
Mittwoch, 23. April 2014, 16.00 Uhr · Sonntag, 18. Mai 2014, 11.00 Uhr
Mittwoch, 28. Mai 2014, 16.00 Uhr

Eintritt
3 € (Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre - freier Eintritt)
Eintritt für Führungen
5 € (Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre - freier Eintritt)

Mittwoch, 7. Mai 2014, 19.00 Uhr
Selma »Ich möchte leben« – Lieder, Gedichte und Gedanken
Mitwirkende: Elke Braun (Rezitation, Gesang, Klavier), Thomas Braun (Violine), Dr. Hella Ehlers (Germanistin)

Ein junges jüdisches Mädchen schreibt zwischen Frühjahr 1939 bis Ende 1941 in der Stadt Czernowitz und später im faschistischen Arbeitslager Michailowka am Bug Gedichte in deutscher Sprache ... Erst 1976 gelangt ihr auf abenteuerliche Weise gerettetes handschriftliches Album »Blütenlese« in einem noch wenig beachteten Privatdruck an die Öffentlichkeit und wird heute den namhaftesten Schriftstellern der Bukowina wie Paul Celan oder Rose Ausländer an die Seite gestellt.
Wie begegnen wir ihren Gedichten heute, was können sie uns erzählen? Mit beeindruckender Empfindsamkeit fangen sie Wahrnehmungen der natürlichen Umwelt ein, lassen den Leser ein in die Intimität unerfüllter Sehnsucht nach dem Geliebten, artikuliert die weibliche Stimme uneingeschränkten Lebens- und Liebesanspruch – aber auch tödliche Bedrohung: »Hauf um Hauf/ sterben sie./ Stehn nie auf./ Nie und nie«. Dieser Abend will – inmitten der Ausstellung – einen weiteren Zugang zu den Gedichten, ihrer Formensprache und Musikalität sowie den Besonderheiten ihrer Überlieferung und literaturgeschichtlichen Aufnahme anbieten. Eintritt: 5 €

Sonntag, 25. Mai 2014, 16.00 Uhr  
Lied-Theater-Abend »Mohn und Gedächtnis«
Ein Abend aus Dichtungen, Liedern und Improvisationen zu Czernowitz als poetischem Ort
Mitwirkende: Jalda Rebling, Burkhart Seidemann, Franka Lampe

Wort, Sprache, Buchstaben sind das Thema einer Verneigung vor den großen Dichtern der Bukowina, einer Landschaft jüdischer Kultur, in welcher „Menschen und Bücher lebten“, wie Joseph Roth es beschrieb. Eine versunkene Welt, der die Menschen abhanden kamen und die selber zum Gedächtnis geworden ist, das so viel mehr ist als Erinnern. Rose Ausländer, Paul Celan und Itzik Manger, sind in Cernowitz, in der Bukowina, im Buchenland, geboren worden. Alle drei verloren ihre Heimat durch die Wirrnisse der Weltgeschichte, nur in der Sprache, im Wort fanden sie diese, blieben sie heymish. „... wir wohnen im Wort“ (Rose Ausländer).
Die hebräischen Buchstaben bestehen unabhängig von Tinte und Papier, unabhängig von Worten, unabhängig von der Schöpfung. Sie sind erst durch den Ewigen in der Schöpfung eingeschrieben. Als der Tempel verloren war, lebte das Judentum in seinen Schriften weiter. Zerstreut in der Welt wurde das geschriebene Wort, wurden die Buchstaben zur „Heimat“. Mit Liedern und Texten von Rose Ausländer, Paul Celan und Itzik Manger, aber auch mit talmudischen Geschichten uralter jüdischer Tradition wollen Jalda Rebling, Burkhart Seidemann und die Musikerin Franka Lampe diesem – im Werk der drei bukowinischen Dichter fortwirkenden – Mythos der Wörter und Buchstaben nachgehen. Eintritt: 12 € · 8 € ermäßigt

Anmeldungen zu den Führungen und Begleitveranstaltungen
sind per e-Mail Max-Samuel-Haus@t-online.de oder Telefon 0381 - 492 32 09 möglich. Gruppenführungen durch die Ausstellung sind nach vorheriger Terminabsprache und auf Vereinbarung möglich.

 

Wer war Selma Meerbaum-Eisinger? Sie wurde am 15. Februar 1924 in Czernowitz, in der damals rumänischen Bukowina, geboren. Die junge Jüdin begann mit 15 Jahren, ihre ersten Gedichte zu schreiben. Im Herbst 1941 wurde sie mit ihren Eltern in das in ihrer Heimatstadt errichtete Getto gesperrt, im Juni 1942 nach Transnistrien deportiert, am 18. August 1942 am Fluß Bug der SS übergeben und jenseits des Flusses in ein Lager für Zwangsarbeiter verbracht. Geschwächt durch harte Arbeit im Straßenbau, ständigen Hunger, Kälte und ohne jegliche medizinische Versorgung starb sie am 16. Dezember 1942 an Flecktyphus. Am 10. Dezember 1943 erschoss ein Sonderkommando der SS ihre Eltern gemeinsam mit 400 weiteren Juden aus dem Lager Tarrasiwka.

Das Werk Selma Meerbaum-Eisingers umfaßt 57 Gedichte, die von ihr zu einem mit Bleistift handschriftlich verfaßten Album unter dem Titel „Blütenlese“ zusammengefaßt worden waren, welches ihrem ein Jahr älteren Freund Lejser Fichman, ihrer großen Liebe, gewidmet war. Das Album wurde von Fichman während des Krieges einer Freundin Selmas übergeben, durch die es nach Israel gelangte. Dort wurden die Gedichte erstmals von Hersch Segal als Privatdruck veröffentlicht. Fichman war auf der Flucht nach Palästina umgekommen.

Bei den Gedichten handelt es sich vorwiegend um impressionistische Liebes- und Naturlyrik von beachtlicher Stilsicherheit, die durchgängig von einer melancholischen Grundstimmung geprägt sind. Hilde Domin gestand einmal, die Gedichte Selma Meerbaum-Eisingers, die „so rein, so schön, so hell und so bedroht seien“, „weinend vor Aufregung“ gelesen zu haben. Das schmale Werk der jungen Autorin gehört neben den Gedichten Rose Ausländers und Paul Celans, mit dem sie einen gemeinsamen Urgroßvater hatte, zum großen literarischen Erbe der ausgelöschten deutsch-jüdischen Kultur der Bukowina.