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Na­vi­ga­ti­on

Be­richt von Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling wäh­rend der Sit­zung der Bür­ger­schaft

Pres­se­mit­tei­lung vom 07.10.2015

Sehr ge­ehr­ter Herr Prä­si­dent,
mei­ne Da­men und Her­ren,

seit ge­nau vier Wo­chen ist un­se­re Stadt für vie­le Flücht­lin­ge ei­ne wich­ti­ge Sta­ti­on auf ih­rem Weg nach Skan­di­na­vi­en. Al­lein im Sep­tem­ber ha­ben über 10.000 Ge­flüch­te­te die­se Rou­te ge­wählt und sind im Ros­to­cker Über­see­ha­fen und in Sass­nitz-Mu­kran an Bord ei­nes Fähr­schif­fes ge­gan­gen. Et­wa 500 Men­schen ha­ben sich im glei­chen Zeit­raum ent­schie­den, in Ros­tock zu blei­ben und in Deutsch­land ei­nen Asyl­an­trag zu stel­len.

Vie­le Ros­to­cke­rin­nen und Ros­to­cker en­ga­gie­ren sich seit­her un­ter dem Dach der In­itia­ti­ve #HRO­hilft, beim Deut­schen Ro­ten Kreuz, in Kir­chen oder mit pri­va­tem En­ga­ge­ment. Sie leis­ten Hil­fe, sam­meln Sach- und Geld­spen­den, ge­ben Sprach­un­ter­richt oder sind ein­fach nur da, wenn sie ge­raucht wer­den. Ih­nen al­len, die sich der­zeit in der Flücht­lings­hil­fe en­ga­gie­ren, an die­ser Stel­le ein gro­ßes Dan­ke­schön! Ih­nen ge­bührt un­ser herz­li­cher Dank und un­ser gro­ßer Re­spekt! Wenn ge­ra­de jun­ge Ros­to­cke­rin­nen und Ros­to­cker, die hel­fen und be­ra­ten, in die­sen Ta­gen zum Bild des Haupt­bahn­ho­fes und des Fähr­ter­mi­nals, aber auch der Not­un­ter­künf­te in un­se­rer Stadt und der Klei­der­kam­mer im Uni­ver­si­täts­ge­bäu­de in der Park­stra­ße 6 ge­hö­ren, dann macht mich das sehr stolz. Es zeigt, dass Will­kom­mens­kul­tur nicht nur ein Schlag­wort ist, son­dern von vie­len Men­schen in un­se­rer Stadt mit gan­zer Kraft ge­lebt wird.

Es liegt an nun uns al­len, die Rah­men­be­din­gun­gen da­für zu schaf­fen, dass die­ses En­ga­ge­ment auch dau­er­haft wir­ken kann und dass Men­schen, die die Angst um ihr Le­ben und die bit­ter­gro­ße Not zu uns ge­führt ha­ben, wie­der ei­ne Per­spek­ti­ve für ihr Le­ben ent­wi­ckeln kön­nen. Die Zahl der Ge­flüch­te­ten, die sich in un­se­rer Stadt ein neu­es Zu­hau­se auf­bau­en, kön­nen wir der­zeit nur schwer ab­schät­zen. Wir ge­hen da­von aus, dass es in die­sem Jahr ins­ge­samt et­wa 1.500 Men­schen sein wer­den, die in un­se­rer Stadt an­kom­men und blei­ben. Und im kom­men­den Jahr wird sich die­se Zahl durch die Ver­än­de­rung des Ver­tei­ler­schlüs­sels in­ner­halb von Meck­len­burg-Vor­pom­mern al­ler Vor­aus­sicht nach ver­dop­peln.

Wir sind zur Hil­fe nicht nur aus hu­ma­ni­tä­ren Grün­den ver­pflich­tet. Oft hat auch die eu­ro­päi­sche Au­ßen­po­li­tik ih­ren An­teil dar­an, dass es nicht ge­lun­gen ist, Krie­ge und Kri­sen zu ver­hin­dern. Wir müs­sen un­ser Au­gen­merk ver­stärkt auf den Na­hen Os­ten und nach Zen­tral­afri­ka rich­ten und dort Hil­fe er­mög­li­chen. Denn nie­mand ver­lässt frei­wil­lig sei­ne Hei­mat!

Obers­tes Ziel der Stadt­ver­wal­tung ist und bleibt es je­doch zu­nächst, Men­schen wür­di­ge Un­ter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten an­zu­bie­ten und zu schaf­fen, ei­ne Ver­sor­gung mit Mahl­zei­ten und me­di­zi­ni­sche Be­treu­ung zu ge­währ­leis­ten. So­wohl für die Ge­flüch­te­ten auf dem Weg nach Skan­di­na­vi­en als auch für die, die in un­se­rer Stadt blei­ben, sind wir auf der in­ten­si­ven Su­che nach Un­ter­kunfts­mög­lich­kei­ten. Da­bei gilt es, As­pek­te des Brand­schut­zes eben­so zu be­ach­ten wie bau­ord­nungs­recht­li­che Fra­gen, Fra­gen der Lo­gis­tik und der Wirt­schaft­lich­keit. Um die Un­ter­brin­gung letzt­lich zu ge­währ­leis­ten, muss­ten wir in den ver­gan­ge­nen Wo­chen im­mer wie­der auch auf Sport­hal­len aus­wei­chen. Wir wis­sen al­le, dass dies kei­ne Ide­al­lö­sun­gen sind, und wir wer­den auch in Zu­kunft al­les ver­su­chen, um dies zu um­ge­hen. Aus­schlie­ßen kön­nen wir es je­doch lei­der nicht.

Bei der Nut­zung an­de­rer Not­un­ter­künf­te wie des Ge­bäu­des der ehe­ma­li­gen HWBR und der Han­se­Mes­se muss­te die Ent­schei­dung in­ner­halb we­ni­ger Stun­den ge­trof­fen wer­den. Wir kön­nen da­bei nur im­mer wie­der um Ver­ständ­nis für mög­li­che Ein­schrän­kun­gen bit­ten und auch da­für, dass die­se Ent­schei­dun­gen kurz­fris­tig ge­trof­fen wer­den muss­ten.

Wie Sie wis­sen, wur­den zu­nächst al­le not­wen­di­gen Ent­schei­dun­gen im da­zu ein­be­ru­fe­nen Ver­wal­tungs­stab ge­trof­fen. We­ni­ge Ta­ge spä­ter ha­ben wir er­gän­zend ei­nen Er­eig­nis be­zo­ge­nen Ar­beits­stab ge­bil­det, der die Ver­füg­bar­keit der Ver­wal­tung rund um die Uhr ge­währ­leis­tet hat. Seit nun­mehr zwei Wo­chen ha­ben wir mit dem tem­po­rär ge­bil­de­ten Amt für Flücht­lings­an­ge­le­gen­hei­ten und In­te­gra­ti­on ei­ne Struk­tur­ein­heit ge­schaf­fen, die al­le da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Auf­ga­ben auch mit­tel­fris­tig ko­or­di­nie­ren soll und als kon­ti­nu­ier­li­cher An­sprech­part­ner für die Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner der Ver­wal­tung zur Ver­fü­gung steht. In dem neu­en Amt sind die für Asyl­be­treu­ungs­fra­gen zu­stän­di­gen Ex­per­ten des Am­tes für Ju­gend und So­zia­les ver­tre­ten, aber auch zahl­rei­che frei­wil­li­ge Hel­fe­rin­nen und Hel­fer aus vie­len Be­rei­chen der Stadt­ver­wal­tung.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

un­ab­hän­gig von dem Ma­nage­ment der der­zei­ti­gen Si­tua­ti­on ist und bleibt es ei­ne gro­ße Her­aus­for­de­rung an al­le Ros­to­cke­rin­nen und Ros­to­cker, un­se­re neu­en Nach­barn nicht nur zu be­grü­ßen, son­dern sie auch dau­er­haft in un­se­re Mit­te auf­zu­neh­men und sie am Le­ben in un­se­rer Stadt teil­ha­ben zu las­sen. In­te­gra­ti­on setzt da­bei auch und vor al­lem Mit­ma­chen vor­aus. Über 13.000 Ros­to­cke­rin­nen und Ros­to­cker mit Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund aus mehr als 100 Län­dern le­ben in un­se­rer Stadt und prä­gen mit ih­ren un­ter­schied­li­chen Le­bens­sti­len die Viel­falt und das Mit­ein­an­der. Wir wol­len ihr Mit­ma­chen för­dern, weil es die Stär­ken un­se­rer Stadt wei­ter aus­bau­en hilft, weil ih­re un­ter­schied­li­che Her­kunft, ih­re Le­bens­er­fah­run­gen, ihr Kön­nen und Wis­sen uns al­le stär­ker macht. Nicht nur auf­grund des de­mo­gra­fi­schen Wan­dels sind wir auf Zu­wan­de­rung an­ge­wie­sen. Es gilt mehr den je, die Po­ten­zia­le un­se­rer viel­fäl­ti­gen Ge­sell­schaft an­zu­er­ken­nen und als Chan­ce für ei­ne dy­na­mi­sche Stadt­ent­wick­lung zu nut­zen!

Sehr ge­ehr­te Da­men und Her­ren,

den­noch be­stimm­ten auch an­de­re The­men die Ar­beit der Ver­wal­tung in den ver­gan­ge­nen vier Wo­chen.

Seit 21. Sep­tem­ber und noch bis April 2016 wird die Kai­an­la­ge am Lie­ge­platz P7 des War­ne­mün­der Pas­sa­gier­kais er­neu­ert. Im Er­geb­nis der öf­fent­li­chen Aus­schrei­bung wird das Vor­ha­ben durch die Ros­to­cker Fir­ma Ed. Züb­lin AG um­ge­setzt. Auf ei­ner Län­ge von 280 Me­tern und ei­ner Brei­te von zwölf Me­tern wird das al­te Kai­bau­werk kom­plett ab­ge­bro­chen und ein neu­es Kai­bau­werk als rück­ver­an­ker­te Spund­wand mit Kai­holm zwi­schen dem Fähr­be­cken und dem Lie­ge­platz P8 er­rich­tet. Die Er­satz­in­ves­ti­ti­on mit Bau­kos­ten von rund 4,5 Mio. Eu­ro ist er­for­der­lich, da auf­grund des de­so­la­ten, bau­li­chen Zu­stan­des die Stand­si­cher­heit der vor­han­de­nen Ha­fen­an­la­ge nicht mehr ge­währ­leis­tet war. Der Bau­zeit­raum wur­de in Ab­stim­mung mit der Ha­fen­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft Ros­tock GmbH au­ßer­halb der Kreuz­fahrt­sai­son ge­wählt. Die Fer­tig­stel­lung wird zu Be­ginn der Kreuz­fahrt­sai­son 2016 er­mög­licht.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

über ei­nen Teil­neh­mer­re­kord bei der In­itia­ti­ve „Fe­ri­en­Le­se­Lust MV“ kann un­se­re Stadt­bi­blio­thek in­for­mie­ren. Ins­ge­samt 2.887 Kin­der und Ju­gend­li­che nah­men wäh­rend der dies­jäh­ri­gen Som­mer­fe­ri­en in ganz Meck­len­burg-Vor­pom­mern an den Le­se­clubs in ih­ren Bi­blio­the­ken teil. Das sind über 700 Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer mehr als noch im Vor­jahr und die höchs­te Teil­neh­mer­zahl seit Be­ginn der Le­se­clubs im Som­mer 2010. „Le­sen tut gut“ – so das Mot­to der In­itia­ti­ve. Das mein­ten auch die FLL-Club­teil­neh­me­rin­nen und -teil­neh­mer und ha­ben in den Som­mer­fe­ri­en trotz an­hal­ten­dem Ba­de­wet­ter im Schnitt vier bis fünf Bü­cher ge­le­sen. Mit rund 13.000 ge­le­se­nen Bü­chern ins­ge­samt wur­de auch hier ein Re­kord ge­bro­chen.

Sehr ge­ehr­te Da­men und Her­ren,

zum Ab­schluss noch ein Aus­stel­lungs­tipp:

„Das Still­le­ben und die Ent­de­ckung der Welt“ ist die ak­tu­el­le Son­der­aus­stel­lung im
Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­um Ros­tock über­schrei­ben. Mit gro­ßem Pu­bli­kums­zu­spruch wur­de sie am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag er­öff­net und ist noch bis zum 17. Ja­nu­ar 2016 zu se­hen.

Das Kul­tur­his­to­ri­sche Mu­se­um Ros­tock prä­sen­tiert mit der neu­en Aus­stel­lung ei­ne au­ßer­ge­wöhn­li­che und seit meh­re­ren Jahr­zehn­ten nicht mehr ge­zeig­te Aus­wahl kost­ba­rer Still­le­ben aus sei­ner Kunst­samm­lung und er­öff­net da­mit ei­nen ein­drucks­vol­len Blick auf der wach­sen­de Wis­sen um Flo­ra und Fau­na des 17. und 18. Jahr­hun­derts.

Die Aus­stel­lung ist ei­nem ba­ro­cken Still­le­ben ge­wid­met: dem „Blu­men­still­le­ben mit In­sek­ten" (1682) der hol­län­di­schen Ma­le­rin Ra­chel Ruysch (1664-1750). Ih­re Ar­ran­ge­ments aus Blu­men und Früch­ten, In­sek­ten, Schne­cken und Rep­ti­li­en fan­den im­mer wie­der neue Be­wun­de­rer. Der Stil ih­rer Ma­le­rei präg­te Ge­ne­ra­tio­nen von Blu­men­ma­lern. Ei­nes der rund 100 von Ra­chel Ruysch si­gnier­ten Still­le­ben be­fin­det sich in Ros­tock. Die Aus­stel­lung wird durch ein um­fang­rei­ches Pro­gramm mit Füh­run­gen und Vor­trä­gen be­glei­tet.

Vie­len Dank für Ih­re Auf­merk­sam­keit!