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Bericht von Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger während der Sitzung der Bürgerschaft am 1. März 2023

Pressemitteilung vom 01.03.2023 - Rathaus / Bürgerschaft

(Hinweis: Der Bericht wurde in Teilen mündlich gehalten.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
liebe Gäste,

das ist für mich heute schon eine ungewohnte Perspektive während einer Bürgerschaftssitzung! Ganz herzlich möchte ich mich für die vielen Grüße und Glückwünsche zu meinem Amtsantritt bedanken. Und mein Dank gilt auch allen aus Kommunalpolitik, Einwohner*innenschaft und Verwaltung, die mir in den vergangenen Wochen meinen Start als Oberbürgermeisterin erleichtert haben.

Ich möchte Euch und Ihnen heute versprechen, dass ich die Perspektive aus Sicht als Gemeindevertreterin nicht vergessen werde, und freue mich sehr darüber, dass wir unsere bisherige gute Zusammenarbeit auch in der neuen Konstellation fortsetzen können!

Meine Damen und Herren,

nun ist schon seit über einem Jahr Krieg in der Ukraine.

Als Russland am 24. Februar 2022 sein Nachbarland überfiel, waren wir zunächst ungläubig und einfach entsetzt. Schnell entstand aber auch ein großes Netzwerk an Hilfen – von staatlicher und kommunaler Seite, insbesondere aber auch aus der Zivilgesellschaft heraus.

Über 2.700 Geflüchtete aus der Ukraine haben seither Schutz in unserer Stadt gesucht, darunter mehr als 600 Kinder und Jugendliche. Das Ankommen hier war nicht immer leicht und hat uns vor große Probleme gestellt. Und wir alle wissen nicht, wie der Krieg in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen wird und wann endlich wieder Frieden ist. Aber unsere Solidarität als Gesellschaft ist auch in Zukunft gefragt. Für uns ist es keine Frage, OB wir Geflüchteten helfen können, sondern WIE wir gemeinsam die damit verbundenen Herausforderungen bewältigen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen das Vergessen haben wir gemeinsam mit der Initiative „Mord verjährt nicht“ am vergangenen Sonnabend an die Ermordung von Mehmet Turgut durch den so genannten Nationalsozialistischen Untergrund vor 19 Jahren im Neudierkower Weg erinnert.

Der 25-jährige Imbissverkäufer Mehmet Turgut war am 24. Februar 2004, kurz nachdem er das Geschäft geöffnet hatte, von zwei Personen mit mehreren Schüssen getötet worden. Er ist das fünfte Opfer der jahrelangen Mordserie des NSU. Es bleibt unsere Aufgabe, an Mehmet Turgut zu erinnern und uns mit anderen Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt zu solidarisieren.

Meine Damen und Herren,

gemeinsam mit Bürgerschaftspräsidentin Regine Lück und der Integrationsbeauftagten des Landes Jana Michael haben wir am 2. Februar im Foyer der Stadthalle Rostocks Neubürgerinnen und Neubürger offiziell mit ihren Familien willkommen geheißen.

397 Personen sind im vergangenen Jahr in unserer Stadt eingebürgert worden. Davon wurden 42 Eingebürgerte bereits in Deutschland geboren. Insgesamt 44 Familien konnten sich zur Einbürgerung entschließen. 128 Migrant*innen konnten auf Grund besonders guter Integrationsleistungen vor allem in sprachlicher Hinsicht frühzeitiger eingebürgert werden. 352 Personen konnten ihre Staatsangehörigkeit behalten, davon sind 22 EU-Bürger*innen. Unsere Neubürgerinnen und Neubürger kommen aus 41 Nationen, darunter aus Syrien, aus der Ukraine, aus Ägypten, Polen, dem Iran sowie aus Rumänien.

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Gemeindewahlbehörde hat bereits jetzt die bevorstehenden Wahlen im Frühjahr des nächsten Jahres im Blick. Neben den landesweiten Kommunalwahlen, die in Rostock als Bürgerschaftswahl stattfinden werden, endet auch die fünfjährige Wahlperiode des Europaparlaments. Das Wahlalter wurde von 18 auf 16 Jahre gesenkt. Darüber hinaus werden derzeit verschiedene Änderungen der Europawahlordnung diskutiert. Das betrifft die Farbe des Stimmzettelumschlages ebenso wie Informationen zur Stimmzettelschablone für Blinde und Sehbehinderte.

In Vorbereitung auf die Bürgerschaftswahl werden durch Sie die Wahlbereiche zu bestimmen sein. Die Verwaltung befasst sich gerade mit den wahlrechtlichen Regelungen, die bei der Einteilung des Wahlgebietes in Wahlbereiche, Wahlbezirke und Briefwahlbezirke zu berücksichtigen sind. Die Gliederungen innerhalb der Stadtgrenze finden dabei ebenso Beachtung wie die Vorschriften zur Größe von Wahlbereichen für die Bürgerschaftswahl und zur Größe von Urnen- und Briefwahlbezirken zu Europa- und Kommunalwahlen.

Daraus eine sinnvolle Wahlarchitektur zu entwickeln, die allen Anforderungen optimal gerecht wird, ist eine herausfordernde Aufgabe. Wir wollen Ihnen eine entsprechende Beschlussvorlage zur Wahlbereichseinteilung noch vor der diesjährigen Sommerpause vorlegen. Die Einteilung des Wahlgebietes in Urnenwahlbezirke ist eine Aufgabe der Gemeindewahlbehörde und obliegt dem Gemeindewahlleiter.

Meine Damen und Herren,

nicht nur bei Wahlen geht es um Zahlen, sondern auch in der neuesten Ausgabe des Statistischen Jahrbuchs. Auf mehr als 400 Seiten werden in einer Vielzahl von Tabellen, Grafiken und thematischen Karten die langjährigen Entwicklungen der wirtschaftlichen, sozialen, demografischen, kulturellen, politischen und ökologischen Verhältnisse Rostocks bis Ende 2021 dargestellt.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren auch im zweiten Pandemie-Jahr 2021 in verschiedenen Lebensbereichen deutlich zu erkennen. Besonders betroffen waren der Tourismus, die Kreuzschifffahrt, der Handel, die Verkehrsunternehmen, der Flughafen sowie die kulturellen Einrichtungen.

Das Jahr 2021 hatte aber auch eine Reihe guter Nachrichten parat. 2021 wurde mit 22,3 Mio. Tonnen der höchste Güterumschlag im Rostocker Hafen erzielt. Noch nie wurden mehr Güter im Rostocker Hafen umgeschlagen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowohl am Wohnort als auch am Arbeitsort stieg 2021 (Stand 30.06.) auf 81.340 bzw. 93.711 Personen. 58.580 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte wohnten und arbeiteten in Rostock. Im Bauhauptgewerbe wurde der höchste baugewerbliche Umsatz der letzten 20 Jahre und im Ausbaugewerbe seit 2004 erreicht. 2021 wurde die geringste Zahl an Verkehrsunfällen seit 1990 registriert. Auch die Zahl der bei Verkehrsunfällen verunglückten Personen war in den zurückliegenden 30 Jahren immer höher.

Sehr geehrte Damen und Herren,

für uns als Bürgerschaft und Stadtverwaltung hat die Bürger*innenbeteiligung einen immer größer werdenden Stellenwert. So fand am vergangenen Sonnabend in der Stadthalle das erste „Studio Südstadt“ zur Erarbeitung eines Rahmenplans für den Stadtteil statt. Gefragt war, wie das bestehende 60er-Jahre-Wohngebiet nachhaltig und zukunftsorientiert entwickelt werden kann, worauf die Planungen Rücksicht nehmen sollen, was ist wichtig und was auf keinen Fall vergessen werden darf.

Ich wünsche dem Prozess weiterhin viele interessierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter und hoffe, dass dadurch auch das gegenseitige Verständnis dafür wächst, dass wir mit unseren Planungen leider nie ein Optimum für alle Menschen erreichen werden.

Meine Damen und Herren,

in der kommenden Woche startet das Stadtamt eine Pilotphase im Ortsamt Nordwest 1 in Groß Klein. Als Angebot für dringende Anliegen und in Notfällen können künftig Anliegen montags zu den Öffnungszeiten auch ohne vorherige Terminvereinbarung in diesem Ortsamt erledigt werden. Dies ist ein erster Schritt, die Zugänglichkeit unserer Bürgerservices weiter zu verbessern, und dafür danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren Ortsämtern. Wenn das Angebot gut angenommen wird und funktioniert, werden wir es schrittweise auch auf weitere Ortsämter und Services ausdehnen.

Wer lieber zu einer bestimmten Zeit vorsprechen möchte, kann Termine in den fünf Rostocker Ortsämtern auch kurzfristig vereinbaren. Neben den langfristig buchbaren Terminen sind Zeitslots oft auch noch kurzfristig buchbar. Je nach Personal-Verfügbarkeit werden weitere Termine jeweils morgens zum Teil noch für denselben Tag im Internet unter der Adresse www.rostock.de/onlinetermin freigeschaltet.

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum ersten Mal ist der Internationale Frauentag am 8. März in diesem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern ein gesetzlicher Feiertag. Auch wenn wir auf diesem Weg in den vergangenen Jahren einige Erfolge erzielen und Akzeptanz erreichen konnten, so bleibt auch 2023 die Gleichbehandlung aller Geschlechter ein wichtiges Ziel. Der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen hat nichts an Aktualität verloren. Dabei geht es um unseren Alltag, um den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, um die Zusammenarbeit in den Betrieben und Institutionen, aber auch um unser Zusammenleben in den Familien und Partnerschaften.

Fast zeitgleich in diesem Jahr findet der Equal Pay Day am 7. März statt. Der internationale Aktionstag macht auf die bestehende Geschlechterlohnlücke (Gender-Pay-Gap) zwischen Frauen und Männern aufmerksam. Im letzten Jahr betrug er in Deutschland nach Angabe des Statistischen Bundesamtes stolze 18 Prozent. In Tage umgerechnet müssten Frauen 66 Tage länger arbeiten, um auf den gleichen Durchschnittsvorjahreslohn wie Männer zu kommen.

Gründe dafür sind die schlechtere Bezahlung in frauendominierten Branchen, längere Erwerbspausen oder Teilzeitarbeit z. B. wegen Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen und die damit einhergehenden geringeren Karrierechancen. Folglich sind Frauen deutlich häufiger von Altersarmut betroffen sind als Männer. Selbst bei gleichen Voraussetzungen (gleiche Ausbildung, Tätigkeit, Position, Arbeitszeit etc.) beträgt die Lohnlücke trotzdem noch sechs Prozent.

Darauf wollen wir auch in Rostock mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen aufmerksam machen. Vom 6. bis zum 13. März werden vor dem Rathaus-Anbau die Equal Pay Day-Flaggen hängen. Geplant sind ein Filmnachmittag im Gewerkschaftshaus, eine Demonstration am Vorabend des 8. März, Lesungen und Vorträge, ein Unternehmerinnen-Stammtisch und ein Frauentagsbrunch. Danke an alle, die sich dabei engagieren. Hoffen wir alle gemeinsam, dass dies irgendwann nicht mehr nötig sein muss!

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Mitglieder der Bürgerschaft,

natürlich ist ein Amtswechsel immer auch ein kleiner Neuanfang und Anlass, die bisher gelebte Praxis kritisch zu überprüfen. Das tritt auch für diesen Bericht zu.

Wir nutzen heute ganz unterschiedliche Formen und Wege für unsere Kommunikation – sehr förmliche, aber auch gerade im Bereich der Meinungsbildung sehr informelle.

Lange Berichte in Textform entsprechen nicht mehr den Gewohnheiten der heute gelebten Kommunikation. Ich möchte heute daher meinen schon mal in kleinerem Kreis gemachten Vorschlag wiederholen, hier gemeinsam mit Ihnen „einen alten Zopf abzuschneiden“ und eine Form zu entwickeln, die Informationen und Austausch besser ermöglichen kann und die auch für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer im Livestream erlebbarer ist:

Lassen Sie uns anstelle der Berichterstattung der Oberbürgermeisterin eine Art „Interviewrunde“ der Verwaltung etablieren, bei der die Euch bzw. Ihnen und unserer Stadtgesellschaft akut auf den Nägeln brennenden Fragen von der Verwaltung beantwortet werden können.

Natürlich braucht auch das ein paar Spielregeln:
- Es sollten schon Themen sein, für die die Verwaltung auch wirklich zuständig ist.
- Und damit schriftliche Beantwortungen die Ausnahme bleiben, sollten die Fragen bis spätestens Montagabend vor einer Sitzung auch gestellt sein.

Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam diesen Vorschlag in den kommenden Wochen diskutieren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!