Home
Na­vi­ga­ti­on

De­mo­kra­tie wahr­neh­men und aus­üben

Pres­se­mit­tei­lung vom 15.02.2006

Zur Haus­halts­de­bat­te wäh­rend der Bür­ger­schafts­sit­zung am 1. Fe­bru­ar 2006

Re­ak­ti­on auf ei­nen Le­ser­brief von In­grid Gui­ard

De­mo­kra­tie wahr­neh­men und aus­üben, ge­nau das ist kom­mu­na­le Selbst­ver­wal­tung. Sie be­inhal­tet in ers­ter Li­nie, sich mit ei­ner An­ge­le­gen­heit aus­ein­an­der zu set­zen und ei­ne Ent­schei­dung zu tref­fen. So­weit so rich­tig. Die An­ge­le­gen­heit muss na­tür­lich auch recht­zei­tig auf der Ta­ges­ord­nung ste­hen, da­mit al­le Mit­glie­der der Bür­ger­schaft ge­nü­gend Zeit ha­ben, sich da­mit auch zu be­schäf­ti­gen. Da­zu braucht De­mo­kra­tie Spiel­re­geln. Das "Wie" re­geln die Kom­mu­nal­ver­fas­sung und die Ge­schäfts­ord­nung der Bür­ger­schaft. Als Prä­si­den­tin bin ich ge­hal­ten, die Ge­schäfts­ord­nung mit der Sit­zungs­lei­tung auch um­zu­set­zen.

Aber selbst, wenn sich die Bür­ger­schaft mit der Ge­schäfts­ord­nung auf­er­legt hat, dass Än­de­rungs­an­trä­ge min­des­tens 24 Stun­den vor ei­ner Sit­zung vor­ge­legt wer­den soll­ten, bleibt das Recht ei­nes je­den Mit­glie­des nach der Kom­mu­nal­ver­fas­sung be­stehen, auch noch in­ner­halb ei­ner Sit­zung An­trä­ge zu stel­len. Die­ses Recht kann nicht ein­ge­schränkt wer­den. So­mit wer­den wohl nie al­le Än­de­rungs­an­trä­ge "frist­ge­recht" auf der Ta­ges­ord­nung ste­hen. Es ist al­so Sa­che ei­nes je­den ein­zel­nen Mit­glie­des und auch je­der Frak­ti­on, die Sit­zungs­vor­be­rei­tung so zu ge­stal­ten, dass sie die­sen Ge­ge­ben­hei­ten Rech­nung trägt. Die Stadt­ver­wal­tung ist ge­hal­ten, die­se so­weit es geht, zu un­ter­stüt­zen.

Was ist al­so pas­siert? Am 30. Ja­nu­ar 2006 sind ins­ge­samt 45 Än­de­rungs­an­trä­ge zum Haus­halts­si­che­rungs­kon­zept ein­ge­gan­gen, da­von 31 von den vier Frak­tio­nen CDU, SPD, Bünd­nis 90 und FDP so­wie 14 von der Frak­ti­on Die Lin­ke.PDS. Wei­te­re 17 An­trä­ge la­gen be­reits vor. Zur Haus­halts­sat­zung wa­ren es ins­ge­samt 19 neue Än­de­run­gen, da­von sechs An­trä­ge von den vier Frak­tio­nen bzw. aus der Ver­ant­wor­tung des Fi­nanz­aus­schus­ses her­aus und 13 von der Frak­ti­on Die Lin­ke.PDS. Auch hier la­gen sie­ben An­trä­ge be­reits ei­ni­ge Ta­ge frü­her vor.

Al­le kurz­fris­tig ein­ge­gan­ge­nen An­trä­ge wur­den am 31. Ja­nu­ar 2006 nach­ein­an­der bis 14 Uhr über die Post­fä­cher den Mit­glie­dern zur Ver­fü­gung ge­stellt. Par­al­lel da­zu wur­den Lis­ten mit der Rei­hen­fol­ge und Ziel­stel­lung der Än­de­run­gen an die Ge­schäfts­stel­len der Frak­tio­nen über­ge­ben, glei­cher­ma­ßen er­folg­te das am 1. Fe­bru­ar 2006 mit den Über­sich­ten der An­trä­ge für die Haus­halt­sat­zung. Die Frak­tio­nen hat­ten al­so die Mög­lich­keit we­nigs­tens für das Haus­halts­si­che­rungs­kon­zept, die In­for­ma­tio­nen an ih­re Mit­glie­der schnellst­mög­lich wei­ter zu ge­ben.

Und in der Bür­ger­schafts­sit­zung selbst wur­de klar vor­ge­ge­ben, dass zu­erst Ober­bür­ger­meis­ter und Se­na­tor, die Vor­sit­zen­den der Frak­tio­nen, die Vor­sit­zen­de des Fi­nanz­aus­schus­ses so­wie der Ge­samt­per­so­nal­rat grund­sätz­lich Stel­lung neh­men kön­nen. Da­nach hat­ten die Mit­glie­der der Bür­ger­schaft und Vor­sit­zen­de von Orts­bei­rä­ten die Mög­lich­keit zu re­den, so­wohl zur Ein­brin­gung von Än­de­rungs­an­trä­gen als auch zu Mei­nungs­äu­ße­run­gen. Re­de­zeit und An­zahl der Re­de­bei­trä­ge wur­den da­bei nicht be­grenzt.

Das Re­de­recht des ein­zel­nen Mit­glie­des der Bür­ger­schaft als Aus­druck des De­mo­kra­tie­prin­zips wur­de we­der ver­wehrt noch ein­ge­schränkt. Al­ler­dings muss es den "Spiel­re­geln" ent­spre­chend wahr­ge­nom­men wer­den. Die Art und Wei­se die­ses zu tun, ist nun wie­der "Hand­werk" der De­mo­kra­tie, das be­herrscht wer­den muss.

Und noch ei­nes bleibt hin­zu­zu­fü­gen: Wer denkt, dass der Mei­nungs­bil­dungs­pro­zess erst in der Bür­ger­schafts­sit­zung be­ginnt, der irrt. Die Sit­zung ist le­dig­lich der Schluss­punkt ei­ner in den Fach­aus­schüs­sen, den Frak­tio­nen und ggf. auch Ar­beits­krei­sen oder an­de­ren Gre­mi­en über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum ge­führ­ten Dis­kus­si­on, in de­ren Er­geb­nis der ei­ne oder an­de­re Än­de­rungs­an­trag ste­hen kann. Die Viel­zahl der Aus­schüs­se soll die Bür­ger­schaft in ih­ren Sit­zun­gen ent­las­ten. Das ein­zel­ne Bür­ger­schafts­mit­glied soll­te die­se Mög­lich­keit nut­zen, sich un­se­res aus­ge­feil­ten De­mo­kra­tie­sys­tems zu be­die­nen.

Lie­sel Eschen­burg
Prä­si­den­tin der Bür­ger­schaft der Han­se­stadt Ros­tock