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Den „Ernst des Lebens“ heiter meistern Fit für den Schulanfang

Pressemitteilung vom 04.02.2002

4. Februar 2002

Den „Ernst des Lebens“ heiter meistern Fit für den Schulanfang
Neue M-V-Richtlinie zur Einschulungsuntersuchung

Stadtmitte. Der viel zitierte „Ernst des Lebens“ beginnt mit einem simplen Hüpfer. Nur noch ein Mal über das Seil und Julia ist drin - im Schülerdasein.

Die Sechsjährige gehört zu den rund 1.000 Rostocker Mädchen und Jungen, die in diesem Jahr die obligatorische Einschulungsuntersuchung vor Beginn der 1. Klasse absolvieren. Der Stichtag 30. Juni des laufenden Jahres gibt die Kandidaten vor: Alle Kinder, die bis dahin das sechste Lebensjahr erreicht haben, müssen in diesem Frühjahr zur Untersuchung ins Gesundheitsamt. Eine seit Januar geltende neue Richtlinie zur Einschulungsuntersuchung gibt jetzt auch in Mecklenburg-Vorpommern die deutschlandweit
einheitlich empfohlenen Kriterien vor.

„Auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick so aussieht, das ist keine Prüfung. Denn hier fällt keiner durch“, betont die Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugendgesundheitsdienst des Gesundheitsamtes, Dr. Margarete Hafke.

Neben allgemeinen medizinischen Erhebungen zu Gewicht, Größe, Impfstatus, Sehen und Hören werden die Heranwachsenden möglichst in ihrer gewohnten Umgebung - das ist zumeist die eigene Kita - von einem Arzt des Gesundheitsamtes umfassend untersucht. Eltern, deren Sprösslinge keine Kindereinrichtung besuchen, müssen sich selbst um einen Unter-suchungstermin beim Gesundheitsamt bemühen.

Mit einfachen Mal-, Spiel- und Sportübungen testen die Mediziner im Beisein der Eltern den körperlichen und geistigen Entwicklungsstand der Kinder. Schon ein simples Strichmännchen kann Auskunft darüber geben, wie Feinmotorik und Raumvorstellungsvermögen der Kleinen entwickelt sind. Scheinbar sinnlose Silbenfolgen, die von den Medizinern auch schon mal kindgerecht als Harry-Potter-Zaubersprüche zum Aufsagen angeboten werden, zeigen Sprachdefizite an. „Das ist für die Schule sehr wichtig, denn nur so können die Lehrer später auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen und sie entsprechend fördern. Und schließlich soll den Kinder die Schule ja auch Spaß machen“, betont Dr. Margarete Hafke.

Neben Zeichnungen, Sprüngen und Versen wird den Mädchen und Jungen auch einfaches Wissen über die eigene Lebenssituation abverlangt. Wie man heißt und wo man wohnt, können die meisten sofort erklären. „Die Mehrheit der Kinder ist mit viel Begeisterung dabei und zeigt keine größeren Auffälligkeiten“, bilanziert Dr. Margarete Hafke. Durchschnittlich zehn bis zwölf Prozent der Heranwachsenden fallen durch mehrere Defizite ins Auge. Am häufigsten treten dabei Sprachstörungen auf - rund 16 Prozent der Kinder können beispielsweise Sätze nicht richtig nachsprechen oder verfallen in falsche Grammatik. Weit verbreitet sind auch Sehfehler. Darüber hinaus leiden einige Kinder an Haltungsschäden und Übergewicht. „Ein Trend, dem wir verstärkt entgegenwirken müssen. Denn die Zahl der Übergewichtigen steigt von der 1. bis zur 8. Klasse von anfangs fünf auf elf Prozent“, bilanziert Dr. Margarete Hafke.

Um die Gesundheitsfürsorge für die Kinder in der Hansestadt weiter zu verbessern, startet das Gesundheitsamt zur Einschulungsuntersuchung in diesem Jahr eine Umfrage. Eltern können freiwillig und anonym Angaben zu ihrer Schulbildung, Berufstätigkeit und Erziehungssituation machen. Das Datenmaterial wird in den diesjährigen Gesundheitsbericht einfließenund soll helfen, gesundheitliche Ungleichheit abzubauen.

Kindern, die in der Einschulungsuntersuchung mit mehreren schwerwiegenden Lern-Defiziten auffallen, wird eine Diagnoseförderklasse empfohlen. In diesen kleinen Gruppen, die es an der Grundschule „Astrid Lindgren“ in der Martin-Luther-King Allee, an der Grundschule am Scharren in der Knud-Rasmussen-Straße, in der Grundschule am Taklerring und in der „Türmchenschule“ in der John-Schehr-Straße gibt, vermitteln Pädagogen den Lehrstoff zweier Schuljahre in drei Jahren.

„Die Förderklassen sind nur eine Empfehlung, die wir aufgrund der Untersuchung und unserer Erfahrung aussprechen. Entscheiden können die Eltern natürlich in jedem Fall selbst“, so Dr. Margarete Hafke. Oft sind Eltern jedoch eher übervorsichtig und unterschätzen ihr Kind als noch zu verspielt, um dem Unterricht zu folgen.

Nur rund fünf Prozent der Schüler werden für ein Schuljahr zurückgestellt. „Diese Zeit sollten die Kinder aber keinesfalls nur hinter dem warmen Ofen verbringen. Jede Förderung, ob nun Sport, Sprachen oder musikalische Früherziehung, bringt die Entwicklung weiter“, unterstreicht die erfahrene Medizinerin. Falsches Training hingegen kann eher schaden. So sollten die Heranwachsenden Schreiben und Lesen erst in der Schule unter pädagogischer Anleitung erlernen. Hochbegabte Mädchen und Jungen sind eher die Ausnahme und fallen zumeist schon von selbst aus dem Rahmen. So verblüffte ein Sechsjähriger Eltern und Mediziner mit einem besonderen Denksport: Er konnte sich mühelos unzählige Pkw-Kenn-zeichen merken. Die Mehrheit der angehenden Schüler bietet dagegen bei den Einschulungsuntersuchungen eher kindgemäße Satire. So überraschte ein Sechsjähriger auf die Frage: „Die Katze hat ein Fell. Und was hat die Ente?“ mit der Antwort „Leckere, goldbraune, knusprige Haut.“  ka

Weitere Auskünfte zum Thema erteilt Dr. Margarete Hafke vom Gesundheitsamt, Abteilung Kinder- und Jugendgesundheits-dienst, St. Georg-Straße 109, Telefon 3 81-53 37.  i