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Na­vi­ga­ti­on

Die Han­se­stadt Ros­tock heu­te - 10 Jah­re da­nach

Pres­se­mit­tei­lung vom 23.08.2002



Sehr ge­ehr­ter Mi­nis­ter Timm,
sehr ge­ehr­ter Mi­nis­ter Sel­le­ring,
sehr ge­ehr­ter Herr Ober­bür­ger­meis­ter,
sehr ge­ehr­te Da­men und Her­ren,
ver­ehr­te Gäs­te,

zehn Jah­re nach den furcht­ba­ren Er­eig­nis­sen der Au­gust­ta­ge 1992 ist das Au­gen­merk der na­tio­na­le Öf­fent­lich­keit wie­der auf die Stadt Ros­tock ge­rich­tet. Von aus­ge­präg­tem und ver­ständ­li­chem In­ter­es­se ist al­ler­orts die Fra­ge, wie die Stadt, [...] in den letz­ten 10 Jah­ren mit dem schwie­ri­gen Er­be um­ge­gan­gen ist, das die aus­län­der­feind­li­chen Aus­schrei­tun­gen im Au­gust 1992 hin­ter­las­sen ha­ben. Wie sieht sie aus, die Han­se­stadt Ros­tock, zehn Jah­re da­nach?

Er­lau­ben Sie mir, zu Be­ginn mei­ner Aus­füh­run­gen aus der Pres­se­er­klä­rung des Ver­eins “Di­en Hong" vom 19. Au­gust 2002 zu zi­tie­ren, in der es un­ter an­de­rem hei­ßt:

".[Und] die Ver­ant­wort­li­chen in der Ver­wal­tung und der Bür­ger­schaft ha­ben aus un­se­rer Sicht aus die­ser Ka­ta­stro­phe ge­lernt, die die da­mals im Hoch­haus ein­ge­schlos­se­nen Viet­na­mes[i]nnen und [Viet­na­me­sen so- wie] Deut­schen haupt­säch­lich, aber seit Jah­ren die ge­sam­te Han­se­stadt Ros­tock, be­trifft. Die kla­re po­li­ti­sche Aus­rich­tung für ein in­ter­kul­tu­rel­les und ge­walt­frei­es Zu­sam­men­le­ben von Min­der- und Mehr­hei­ten, [..], die auch fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung von Mi­gran­tIn­nen­ver­ei­nen, die Ein­be­zie­hung des seit 1992 exis­tie­ren­den Aus­län­der­bei­rats in die kom­mu­na­len An­ge­le­gen­hei­ten, die de­zen­tra­le Un­ter­brin­gung von Asyl­su­chen­den und Spät­aus­sied­le­rin­nen und Spät­aus­sied­lern oder die Un­ter­stüt­zung der Zie­le der Bür­ger­initia­ti­ve Bunt statt Braun e.V. sind für Diên Hông wich-ti­ge Si­gna­le auch im All­tag. "

Aus Sicht der da­mals Be­trof­fen ha­ben die Trä­ger po­li­ti­scher Ver­ant­wor­tung in Ros­tock aus der Ka­ta­stro­phe ge­lernt. Ich ge­he aber noch ei­nen Schritt wei­ter, wenn ich die The­se auf­stel­le, dass nicht nur Stadt­ver­wal­tung und Bür­ger­schaft Leh­ren und Kon­se­quen­zen ge­zo­gen ha­ben, son­dern dies auch für vie­le an­de­re ge­sell­schaft­li­che Kräf­te und Grup­pen in un­se­rem Ge­mein­we­sen gilt. Nach­dem ei­ne Rei­he von Feh­lern von ver­schie­de­ner Sei­te ge­macht wor­den wa­ren, hat sich Ros­tock in ei­nem ste­ti­gen und wech­sel­sei­ti­gen Pro­zess zu ei­ner Stadt ent­wi­ckelt, in der die Ko­ope­ra­ti­on und der täg­li­che Um­gang von Po­li­tik, Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten, In­itia­ti­ven, Ver­bän­den und Ver­ei­nen von ei­nem auf­rich­tig part­ner­schaft­li­chem Mit­ein­an­der ge­prägt ist.

Die Han­se­stadt Ros­tock hat sich ih­rer Ver­ant­wor­tung ge­stellt - für Men­schen, die bei uns um Auf­nah­me und Asyl nach­su­chen und de­ren Auf­ent­halts­dau­er in un­se­rer Stadt be­grenzt oder zu­min­dest un­ge­wiss ist. Und Ros­tock hat Ver­ant­wor­tung über­nom­men für die Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten, die auf Dau­er in un­se­rer Stadt le­ben.

Nach den jüngs­ten Zah­len der Aus­län­der­be­hör­de leb­ten am 30. Ju­ni 2002 5088 Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten in Ros­tock. Die­se Zahl ist ver­gleichs­wei­se ge­ring. Der pro­zen­tua­le An­teil von 2,5 Pro­zent Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­dern steht näm­lich ei­nem Bun­des­durch­schnitt von neun Pro­zent und ei­nem Durch­schnitts­wert von Städ­ten ver­gleich­ba­rer Grö­ße von 15 bis 20 Pro­zent ge­gen­über.

Von den eben ge­nann­ten 5088 Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten sind 459 Per­so­nen Asyl­su­chen­de mit noch lau­fen­dem oder be­reits ab­ge­schlos­se­nem Auf­nah­me­ver­fah­ren. 750 Per­so­nen stu­die­ren in Ros­tock. Auch von die­ser Per­so­nen­grup­pe kann man al­so nur von ei­nem vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halt aus­ge­hen. Das hei­ßt, dass 3879 Per­so­nen oder 76,3 Pro­zent al­ler in Ros­tock le­ben­den Per­so­nen aus­län­di­scher Her­kunft auf Dau­er in die­ser Stadt le­ben wer­den.

Wieauch im­mer der Auf­ent­halts­sta­tus oder Auf­ent­halts­wil­le der Men­schen sein mag, ob auf be­grenz­te Zeit oder auf Dau­er in Ros­tock le­bend: Al­le die­se Men­schen ge­hö­ren zu un­se­rer Stadt und da­mit ste­hen die Stadt und ih­re Be­woh­ner ih­rer­seits in der Ver­ant­wor­tung.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

die kon­se­quen­te Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung war auch Aus­gangs­punkt für ein neu­es Nach­den­ken über die Si­tua­ti­on und Un­ter­brin­gung von Flücht­lin­gen und Asyl­su­chen­den in Ros­tock.

Die Un­ter­brin­gun­gen in Asyl­be­wer­ber­hei­men ist für die meis­ten Be­woh­ne­rin­nen und Be­woh­ner oh­ne­hin sehr schwie­rig und be­drü­ckend. Men­schen, die ih­re Hei­mat ver­las­sen ha­ben, um Zu­flucht in ei­nem frem­den Land zu su­chen, ha­ben viel Leid er­fah­ren. Sie ha­ben ih­re Hei­mat, ih­re An­ge­hö­ri­gen, Kol­le­gen und Nach­barn ver­las­sen müs­sen, sie le­ben in gro­ßer Un­ge­wiss­heit über ih­re Zu­kunft, sie müs­sen sich in der Re­gel in be­eng­ten Ver­hält­nis­sen mit An­ge­hö­ri­gen un­ter­schied­lichs­ter Na­tio­na­li­tä­ten ar­ran­gie­ren und sind meist durch ih­ren Sta­tus als Asyl­su­chen­de zur Un­tä­tig­keit ver­dammt.

Dar­über hin­aus le­ben sie oft iso­liert au­ßer­halb von Städ­ten und Ge­mein­den in ehe­ma­li­gen Mi­li­tär­ka­ser­nen, oh­ne in das ge­sell­schaft­li­che Le­ben der Stadt ein­ge­bun­den zu sein.

In Ros­tock wur­de nach den Aus­schrei­tun­gen in Lich­ten­ha­gen und der Schlie­ßung der Zen­tra­len Auf­nah­me­stel­le in Hin­richs­ha­gen ein an­de­rer Weg ge­sucht. Nicht mehr gro­ße, zen­tra­le und ab­ge­le­ge­ne Wohn­hei­me, son­dern klei­ne Wohn­ein­hei­ten in­mit­ten der Stadt soll­ten die Kon­takt­auf­nah­me und das Zu­sam­men­le­ben von Asyl­su­chen­den und Be­völ­ke­rung er­leich­tern und Kon­flikt­po­ten­tia­le so ge­ring wie mög­lich hal­ten. Dar­über hin­aus soll­ten Fa­mi­li­en mit Kin­dern, die schon lan­ge in den be­eng­ten und schwie­ri­gen Ver­hält­nis­sen der Asyl­be­wer­ber­hei­me leb­ten, die Mög­lich­keit er­hal­ten, de­zen­tral in Woh­nun­gen un­ter­ge­bracht zu wer­den. Im Durch­schnitt sind dies heu­te et­wa 20 Pro­zent der Asyl­su­chen­den.

Ins­be­son­de­re mit dem letzt­ge­nann­ten Vor­stoß brach­te die Han­se­stadt sich zu­nächst in Kon­flikt mit der Lan­des­ge­setz­ge­bung, die ei­ne sol­che Un­ter­brin­gung nicht vor­sah. Schlie­ß­lich hat­te die Stadt aber mit ih­rem in­no­va­ti­ven An­satz Er­folg. Durch ei­nen Er­lass des In­nen­mi­nis­te­ri­ums kön­nen nun auch in an­de­ren Lan­des­tei­len und Kom­mu­nen Meck­len­burg- Vor­pom­merns Flücht­lings­fa­mi­li­en de­zen­tral in Woh­nun­gen un­ter­ge­bracht wer­den.

In Ros­tocks Krö­pe­li­ner-Tor-Vor­stadt, al­so mit­ten in der Han­se­stadt, gibt es ein Asyl­be­wer­ber­heim, das schon rein äu­ßer­lich kaum als ty­pi­sches Flücht­lings­quar­tier zu iden­ti­fi­zie­ren ist. Die Un­ter­kunft hat je­doch noch ei­ne wei­te­re Be­son­der­heit. Sie wird von ei­nem Ver­ein, der in der ent­wick­lungs- und flücht­lings­po­li­ti­schen Sze­ne der Stadt Ros­tock ak­tiv ist, dem Öko­haus e.V., be­trie­ben.

Den Sor­gen und Ängs­ten der Nach­bar­schaft, die sich ge­gen die Ein­rich­tung ei­ner Flücht­lings­un­ter­kunft mit ei­ner Bür­ger­initia­ti­ve wehr­ten, be­geg­ne­ten die Be­trei­ber mit gro­ßer Trans­pa­renz und konn­ten die vor­ge­brach­ten Be­den­ken in vie­len Ge­sprä­chen letzt­end­lich ent­kräf­ten. Heu­te trifft sich vier­tel­jähr­lich ein Ar­beits­kreis, dem auch ei­ner der In­itia­to­ren der Bür­ger­initia­ti­ve an­ge­hört, um die Si­tua­ti­on in der un­mit­tel­ba­ren Um­ge­bung der Un­ter­kunft zu be­ur­tei­len und auf­kei­men­de Kon­flik­te zu klä­ren.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

je­de Ros­to­cke­rin und je­der Ros­to­cker, die oder der auf Dau­er in un­se­rer Stadt lebt, ist - un­ab­hän­gig von ih­rer bzw. sei­ner Her­kunft - mit­ver­ant­wort­lich für die Ge­schi­cke und das Mit­ein­an­der in un­se­rer Stadt.

In die­sem Zu­sam­men­hang möch­te ich noch ein­mal kurz den Ver­ein “Di­en Hong" er­wäh­nen, auch wenn Herr Thinh be­reits sehr en­ga­giert und ein­drucks­voll von den viel­fäl­ti­gen Wir­kungs- und Ar­beits­be­rei­chen des Ver­eins be­rich­tet hat.

Sie wer­den mir si­cher zu­stim­men, dass das Ver­hal­ten der Op­fer­ras­sis­ti­scher Ge­walt un­se­ren tiefs­ten Re­spekt und un­se­re An­er­ken­nung ver­dient. Die Be­trof­fe­nen ha­ben sich nicht von der Stadt und ih­ren Be­woh­nern ab­ge­wandt, was ei­ne durch­aus ver­ständ­li­che Re­ak­ti­on ge­we­sen wä­re. Das Ge­gen­teil war der Fall. Schon in der Not­un­ter­kunft ha­ben Viet­na­me­sin­nen und Viet­na­me­sen für ihr Le­ben in der Han­se­stadt ih­rer­seits Ver­ant­wor­tung über­nom­men und sind ak­tiv auf die Ros­to­cke­rin­nen und Ros­to­cker zu­ge­gan­gen und ha­ben im Ok­to­ber 1992 den Ver­ein “Di­en Hong - Ge­mein­sam un­ter ei­nem Dach" mit Sitz im Son­nen­blu­men­haus ge­grün­det und den Kon­takt und Aus­tausch mit der Nach­bar­schaft und der Ros­to­cker Be­völ­ke­rung ge­sucht.

Ak­tiv ge­stal­ten auch die Mit­glie­der des Ros­to­cker Aus­län­der­bei­rats die Ge­schi­cke un­se­res Ge­mein­we­sens mit. Be­reits 1990 war an­ge­sichts der wach­sen­den Frem­den­feind­lich­keit und des zu­neh­men­den Na­tio­na­lis­mus un­mit­tel­bar nach dem Fall der Mau­er die Idee ent­stan­den, ei­nen eh­ren­amt­li­chen Aus­län­der­bei­rat in der Han­se­stadt zu grün­den.

Die ras­sis­ti­schen Aus­schrei­tun­gen in Ros­tock-Lich­ten­ha­gen im Au­gust 1992 ga­ben den letz­ten An­stoß zum Han­deln, so dass im Ok­to­ber 1992 der ers­te Aus­län­der­bei­rat der Han­se­stadt Ros­tock (AB­RO) ge­wählt wur­de. Der Aus­län­der­bei­rat ist in Ros­tock ein wich­ti­ges kom­mu­na­les Fo­rum, um die In­ter­es­sen der aus­län­di­schen Ein­woh­ner und Ein­woh­ne­rin­nen zu ver­tre­ten. Un­se­re Kom­mu­ne ist da Vor­rei­te­rin im Land, denn wir ver­fü­gen als ein­zi­ges Ge­mein­we­sen in Meck­len­burg- Vor­pom­mern über ein Gre­mi­um die­ser Art.

Et­wa 3.300 Wahl­be­rech­tig­te wäh­len al­le fünf Jah­re ih­ren Bei­rat. Deutsch­land­weit ist es nur in Ros­tock mög­lich, dass auch Asyl­be­wer­ber, die mehr als drei Mo­na­te in der Stadt woh­nen, ih­ren Aus­län­der­bei­rat wäh­len kön­nen. Das pas­si­ve Wahl­recht er­hal­ten die Wahl­be­rech­tig­ten dann nach ei­nem Jahr Auf­ent­halt in Ros­tock.

Nun ist die Tat­sa­che, dass in Ros­tock ein Aus­län­der­bei­rat exis­tiert, zwar be­mer­kens­wert, aber ist für sich ge­nom­men noch kein In­diz für ein part­ner­schaft­li­ches und frucht­ba­res Mit­ein­an­der von Stadt­ver­wal­tung und Bür­ger­schaft. Aber eben die­ses part­ner­schaft­li­che Mit­ein­an­der und die In­ter­es­sen­ver­tre­tung auf glei­cher Au­gen­hö­he ma­chen die­sen Bei­rat zu ei­nem wich­ti­gen Ge­stal­ter des fried­li­chen und to­le­ran­ten Zu­sam­men­le­bens in Ros­tock.

Die Ver­tre­ter des Aus­län­der­bei­rats nut­zen die Mög­lich­keit, ih­re An­lie­gen in Ge­sprä­chen mit den Frak­tio­nen oder dem Ober­bür­ger­meis­ter vor­zu­tra­gen, in den Aus­schüs­sen der Bür­ger­schaft ge­hört zu wer­den oder in den Sit­zun­gen der Orts­bei­rä­te vor­zu­brin­gen, wo sie ins­be­son­de­re in Stadt­tei­len mit grö­ße­ren Aus­län­der­grup­pen ver­tre­ten sind.

Ich neh­me ger­ne heu­te Abend die Ge­le­gen­heit wahr und be­dan­ke mich bei al­len An­ge­hö­ri­gen des Aus­län­der­bei­rats für Ih­re Ar­beit und Ihr En­ga­ge­ment. Ich ver­bin­de die­sen Dank mit der Auf­for­de­rung, sich auch in Zu­kunft kräf­tig ein­zu­mi­schen und für Ih­re Be­lan­ge stark zu ma­chen. Ar- ti­ku­lie­ren Sie Ih­re In­ter­es­sen und Be­dürf­nis­se, ma­chen Sie deut­lich, wo der Schuh drückt, ar­bei­ten Sie mit an den Lö­sun­gen und ge­stal­ten Sie wei­ter­hin mit uns zu­sam­men das Le­ben in der Han­se­stadt.

Nach den Au­gust­ta­gen 1992 sind in Ros­tock im­mer wie­der Grup­pen und Ein­zel­per­so­nen ge­gen rechts­ex­tre­mis­ti­sche Ge­walt und Aus­län­der­hass und für To­le­ranz und Zi­vil­cou­ra­ge ak­tiv ge­wor­den. Stell­ver­tre­tend für vie­le an­de­re nen­ne ich die Re­gio­na­le Ar­beits­stel­le für Aus­län­der­fra­gen, Ju­gend und Schu­le. Der Ver­ein ist in ei­nem bun­des­wei­ten Netz­werk ein­ge­bun­den und führt Pro­jek­te zur De­mo­kra­tie­er­zie­hung von Ju­gend­li­chen durch.

Ein brei­tes Bünd­nis des Wi­der­stands ge­gen Rechts for­mier­te sich in Ros­tock aber erst im Som­mer 1998, als or­ga­ni­sier­ter Rechts­ex­tre­mis­mus in Ge­stalt der NPD vor dem Son­nen­blu­men­haus ei­ne De­mons­tra­ti­on an­mel­de­te. Ros­to­cker Ju­gend­li­che, vor­nehm­lich aus dem Ju­gend­al­ter­na­tiv­zen­trum e.V. in­iti­ier­ten­die­ses Bünd­nis, in dem sich über 60 Or­ga­ni­sa­tio­nen, Un­ter­neh­men und In­itia­ti­ven zu­sam­men schlos­sen und der rech­ten Pro­vo­ka­ti­on das Mot­to “Bunt statt Braun" ent­ge­gen stell­ten.

Weil aus­län­der­feind­lich mo­ti­vier­te Pro­vo­ka­ti­on und Ge­walt aber kein tem­po­rä­res, son­dern ein dau­er­haf­tes Pro­blem ist, ha­ben sich ei­ni­ge der da­ma­li­gen In­itia­to­ren da­zu ent­schlos­sen, aus dem lo­cke­ren Bünd­nis ei­nen dau­er­haft ar­bei­te­ten Ver­ein zu ma­chen, was dann im Jah­re 2000 schlie­ß­lich rea­li­siert wur­de.

“Bunt statt Braun" ist im­mer dann in Ros­tock prä­sent, wenn es gilt, ge­gen Rechts­ex­tre­mis­mus und für To­le­ranz und Zi­vil­cou­ra­ge Flag­ge zu zei­gen. Ei­ne brei­te Ba­sis und ein fes­tes Netz­werk für den Kampf ge­gen den Rechts­ex­tre­mis­mus und für ei­ne of­fe­ne, to­le­ran­te Ge­sell­schaft zu schaf­fen, ist Ziel des Ver­eins.

Ich be­dan­ke mich an die­ser Stel­le sehr herz­lich bei den Mit­glie­dern des Ver­eins “Bunt statt Braun e.V." und dem Aus­län­der­bei­rat, den Spon­so­ren und För­de­rern und bei den vie­len Hel­fern und Sym­pa­thi­san­ten, die mit En­ga­ge­ment und En­thu­si­as­mus das mor­gi­ge Frie­dens­fest vor dem Son­nen­blu­men­haus vor­be­rei­tet ha­ben. Das Frie­dens­fest ist mitt­ler­wei­le schon Tra­di­ti­on. Das mor­gi­ge Fest soll und wird ins­be­son­de­re “10 Jah­re da­nach" ein Zei­chen set­zen, dass In­to­le­ranz, Aus­län­der­feind­lich­keit, Hass und Ge­walt in un­se­rer Stadt kei­nen Platz ha­ben.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

Ge­walt­frei­heit und To­le­ranz ge­gen­über Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­dern sind die Grund­vor­aus­set­zun­gen für ein fried­li­ches und ge­deih­li­ches Zu­sam­men­le­ben in der Han­se­stadt. To­le­ranz muss je­doch mehr sein als Gleich­gül­tig­keit, wenn sie nicht ei­ne äu­ßerst un­be­stän­di­ge Grö­ße blei­ben soll. Wenn die ei­ge­ne täg­li­che Le­bens­füh­rung von dem “An­de­ren", dem “Frem­den" nicht be­rührt wird, ist To­le­ranz zu üben wahr­lich nicht schwer. Es er­for­dert al­ler­dings weit mehr An­stren­gung und Be­mü­hen, ei­ne frem­de Le­bens­wei­se wirk­lich ver­ste­hen zu wol­len, sich mit ihr aus-ein­an­der zu set­zen und mit die­ser Er­kennt­nis auch den weit be­stän­di­ge­ren und be­last­ba­re­ren Re­spekt für die Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der so­wie ih­re Kul­tur zu ge­win­nen.

In der Han­se­stadt Ros­tock ist im Lau­fe der Jah­re ei­ne brei­te Land­schaft von aus­län­di­schen Ver­ei­nen ent­stan­den, die die Spra­che und Kul­tur des Her­kunft­lan­des pfle­gen und uns mit ih­rer Kul­tur be­kannt ma­chen wol­len.

Vie­le Ver­ei­ne und Grup­pen, die im wei­tes­ten Sin­ne auf in­ter­kul­tu­rel­lem Ge­biet tä­tig sind, ha­ben im Wal­de­mar­hof ih­ren Sitz. Der “Wal­de­mar Hof" in der Krö­pe­li­ner-Tor-Vor­stadt ist ein seit dem 1. Ok­to­ber 1999 ar­bei­ten­des Zen­trum für To­le­ranz und ein fried­li­ches Mit­ein­an­der. Ne­ben Ta­li­de e.V., ei­nem Ver­ein zur För­de­rung der In­te­gra­ti­on und Re­inte­gra­ti­on von Men­schen la­tein­ame­ri­ka­ni­scher Her­kunft in Deutsch­land, sind auch der Aus­län­der­bei­rat der Han­se­stadt Ros­tock, der Ver­ein Di­en Hong, der Ver­ein der Freun­de der rus­si­schen Spra­che, die Uni­on der to­go­le­si­schen Staats­bür­ger in Meck­len­burg-Vor­pom­mern, die Afri­ka­ni­sche Bür­ger­initia­ti­ve und an­de­re Grup­pen hier zu fin­den.

Zur Ver­eins­land­schaft hin­zu zu zäh­len sind der Is­la­mi­sche Bund und der Deutsch-Is­la­mi­sche Treff­punkt, die al­ler­dings nicht im Wal­de­mar­hof be­hei­ma­tet sind.

An die­ser Stel­le möch­te ich auch die Jü­di­sche Ge­mein­de in Ros­tock nicht un­er­wähnt las­sen. Die Jü­di­sche Ge­mein­de ist selbst­ver­ständ­lich ei­ne Glau­bens­ge­mein­schaft und kein Ver­ein. Da die jü­di­sche Ge­mein­de in Ros­tock aber aus rus­sisch­spra­chi­gen Ein­wan­de­rern be­steht, ist sie un­be­dingt da­zu zu zäh­len. Es ist au­ßer­or­dent­lich zu be­grü­ßen, dass jü­di­sches Le­ben in Ros­tock im Max-Sa­mu­el-Haus wie­der ei­ne Hei­mat ge­fun­den hat - in ei­nem Haus, in dem Kon­tak­te zwi­schen Men­schen un­ter­schied­li­cher Her­kunft, Welt­an­schau­ung und Re­li­gi­on ge­knüpft wer­den kön­nen.

Sehr­ge­ehr­te Da­men und Her­ren,

seit meh­re­ren Jah­ren fin­den in Ros­tock die mul­ti­kul­tu­rel­len Wo­chen statt. Un­ter der Re­gie des Aus­län­der­bei­rats wird von ver­schie­de­nen Ver­ei­nen ein bun­ter Mix aus kul­tu­rel­len und sport­li­chen Ver­an­stal­tun­gen, Vor­trä­gen und Aus­stel­lun­gen, Wei­ter­bil­dungs­mög­lich­kei­ten, Werk­statt­ta­gen und Dis­kus­si­ons­fo­ren or­ga­ni­siert . Das An­ge­bot ist über die Jah­re zahl­rei­cher und viel­fäl­ti­ger ge­wor­den und im­mer mehr deut­sche und aus­län­di­sche Ver­ei­ne be­tei­li­gen sich.

Aber auch in den an­de­ren Wo­chen des Jah­res ha­ben wir die Mög­lich­keit, uns mit ei­ner uns frem­den Kul­tur oder Spra­che aus­ein­an­der zu set­zen.

Im Schü­ler­mal­pro­jekt “Viet­nam und Deutsch­land - so nah und doch so fern" set­zen sich Schü­le­rin­nen und Schü­ler der Gro­ßen Stadt­schu­le Ros­tock und des Gym­na­si­ums aus Da Nang in Viet­nam künst­le­risch mit der ei­ge­nen und der frem­den kul­tu­rel­len Iden­ti­tät aus­ein­an­der. Im Ok­to­ber ist das Er­geb­nis in Form ei­ner Aus­stel­lung im Rat­haus zu be­gut­ach­ten.

Das seit 1998 ar­bei­ten­de Thea­ter­pro­jekt “Me­cha­je" ist ei­ner der wich­tigs­ten Kul­tur­bot­schaf­ter der Jü­di­schen Ge­mein­de in­ner­halb der Bun­des­re­pu­blik. Das nicht-jü­di­sche Pu­bli­kum er­hält bei den Thea­ter­auf­füh­run­gen nicht nur ei­nen Ein­blick in die Ge­schich­te des Ju­den­tums, in die jü­di­sche Re­li­gi­on und in die tra­di­tio­nel­le Kul­tur son­dern wird auch mit der Le­bens­si­tua­ti­on der in Meck­len­burg-Vor­pom­mern an­säs­si­gen jü­di­schen Bür­ger be­kannt ge­macht. Mit den Mit­teln der Kunst wird zu­gleich der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zess zwi­schen der jü­di­schen Ge­mein­de und ei­ner nicht-jü­di­schen deutsch­spra­chi­gen Um­welt ge­för­dert. Die Lis­te wä­re noch lang, ich möch­te es al­ler­dings bei die­sen Bei­spie­len be­las­sen.

Er­lau­ben Sie mir aber, noch­mals zum Wal­de­mar­hof zu­rück zu keh­ren. In­ter­es­sant an die­sem Zen­trum ist der in­te­gra­ti­ve Grund­ge­dan­ke des ge­sam­ten Pro­jek­tes, denn ne­ben den Ver­ei­nen und Grup­pen, die im wei­tes­ten Sin­ne auf in­ter­kul­tu­rel­lem Ter­rain tä­tig sind, ha­ben zwei Be- hin­der­ten­pro­jek­te, ei­ne Kin­der­ta­ges­stät­te, die Ton­werk­statt mit ih­ren In­stru­men­ten und die Tanz­ab­tei­lung des Kon­ser­va­to­ri­ums in der Wal­de- mar­stra­ße Quar­tier be­zo­gen.

Der Wal­de­mar­hof wirkt da­bei auf den Be­su­cher wie ein quir­li­ger Mi­kro­kos­mos, in dem mul­ti­kul­tu­rel­le Nor­ma­li­tät ge­lebt wird. Das Zu­sam­men­spiel ver­schie­dens­ter Er­fah­rungs­hin­ter­grün­de, In­ter­es­sens­ge­bie­te, Al­ters­stu­fen und Ziel­vor­stel­lun­gen bleibt je­doch nicht oh­ne Kon­flik­te und be­darf selbst­ver­ständ­lich der ste­ti­gen Aus­spra­che und Lö­sungs­su­che. Aber ge­nau dies macht ja die Nor­ma­li­tät und Selbst­ver­ständ­lich­keit im Um­gang aus, die auch die Be­auf­trag­te für Aus­län­der­fra­gen der Bun­des­re­gie­rung, Ma­rie-Lui­se Beck, bei ih­rem Be­such hier in Ros­tock be­son­ders her­vor­ge­ho­ben hat.

Das, was sich im Wal­de­mar­hof an ei­nem Ort kon­zen­triert, ist auch in der ge­sam­ten Stadt zu spü­ren. Die mul­ti­kul­tu­rel­le Ver­eins­land­schaft ist in Ros­tock nicht nur bunt und viel­fäl­tig, sie be­fin­det sich auch mit­ein­an­der und mit an­de­ren ge­sell­schaft­li­chen Grup­pen in ei­nem stän­di­gen part­ner­schaft­li­chen Kon­takt und Aus­tausch.

Wir wün­schen uns von den Men­schen, die auf Dau­er in Ros­tock le­ben, die Be­reit­schaft, sich auf un­se­re ge­sell­schaft­li­che Rea­li­tät, un­se­re Le­bens­wei­se und Wert­vor­stel­lun­gen ein­zu­las­sen. Die­ser Wunsch ist le­gi­tim. Al­ler­dings ist es nicht nur eben­so wün­schens­wert, son­dern viel­mehr zwin­gend not­wen­dig, dass auch aus­rei­chen­de und ad­äqua­te An­ge­bo­te und Leis­tun­gen zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den, um Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten die er­for­der­li­che In­te­gra­ti­on und ei­ne be­ruf­li­che Zu­kunft über­haupt erst zu er­mög­li­chen.

Nichts öff­net den Zu­gang zu an­de­ren Kul­tu­ren bes­ser als das Be­herr­schen ih­rer Spra­che. Aus­rei­chen­de Sprach­kennt­nis­se för­dern die Ver-stän­di­gung und das ge­gen­sei­ti­ge Ver­ste­hen, er­mög­li­chen erst ein fei­ne­res Er­fas­sen von Nu­an­cen bei Wer­tun­gen und Ein­schät­zun­gen. Die Spra­che als Mit­tel der Kom­mu­ni­ka­ti­on und als kul­tu­rel­le Leis­tung ist ein we­sent­li­cher Teil der Iden­ti­tät ei­nes je­den Vol­kes. Des­halb ist das Be­herr­schen der Spra­che des Gast­lan­des bzw. der neu­en Hei­mat ein zen­tra­les Ele­ment, wenn In­te­gra­ti­on ge­lin­gen soll.

Die Wohl­fahrts­ver­bän­de sind wich­ti­ge Part­ner und Ver­bün­de­te, wenn es dar­um geht, zur In­te­gra­ti­on aus­län­di­scher und aus­län­disch­stäm­mi­ger Kin­der, Ju­gend­li­cher und Er­wach­se­ner bei zu tra­gen. Das Ju­gend­ge­mein­schafts­werk der Ar­bei­ter­wohl­fahrt ar­bei­tet mit Spät­aus­sied­lern, wäh­rend im Über­gangs­wohn­heim des Deut­schen Ro­ten Kreu­zes ein nied­rig­schwel­li­ges Be­ra­tungs­an­ge­bot für Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten be­steht.

Aber auch die eben er­wähn­ten Ver­ei­ne bie­ten Pro­jek­te und Be­ra­tun­gen zur För­de­rung der In­te­gra­ti­on an. Ei­nes die­ser Pro­jek­te ist ges­tern als Preis­trä­ger des “Wett­be­werbs zur In­te­gra­ti­on von Zu­wan­de­rern" vom Bun­des­prä­si­den­ten Jo­han­nes Rau aus­ge­zeich­net wor­den. Ich den­ke, dass ich auch in ih­rem Na­men spre­che, wenn ich dem Ver­ein “Di­en Hong" da­zu herz­lich gra­tu­lie­re.

Un­ter 1300 Be­wer­bern konn­te sich das in­no­va­ti­ve Pro­jekt des Ver­eins un­ter dem Ti­tel “MI­GRA" durch­set­zen und wur­de als ei­nes von zehn Preis­trä­gern ge­ehrt. Mit ei­nem gan­zen Bün­del von Ak­ti­vi­tä­ten will MI­GRA die be­ruf­li­che In­te­gra­ti­on von Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten mit ei­nem ver­fes­tig­ten Auf­ent­halts­sta­tus er­leich­tern: Fest­stel­lungs­maß­nah­men, Be­rufs­we­ge­pla­nung, be­rufs­vor­be­rei­ten­de und ar­beits­le­ben­ori­en­tier­te Sprach­kur­se und teil­neh­mer­ori­en­tier­te Um­schu­lungs- und Fort­bil­dungs­maß­nah­men sind nur ei­ni­ge Stich­punk­te, die die­ses in­no­va­ti­ve Pro­jekt kenn­zeich­nen.

Ins­be­son­de­re seit die­sem Pro­jekt ist Di­en Hong ei­ne wich­ti­ge Schalt­stel­le zwi­schen ver­schie­de­nen In­sti­tu­tio­nen der sprach­li­chen und be­ruf­li­chen Qua­li­fi­zie­rung von Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten und ar­bei­tet mit ver­schie­dens­ten Trä­gern ent­spre­chen­der Maß­nah­men, wie z.B. der Eu­ro­päi­schen Wirt­schafts- und Spra­chen­aka­de­mie Ros­tock oder der Volks­hoch­schu­le, eng zu­sam­men.

Die­ser Weg der en­gen Ver­net­zung und des part­ner­schaft­li­chen Mit­ein­an­ders in al­len Fra­gen der För­de­rung der In­te­gra­ti­on ist zu­kunfts­wei­send und soll­te des­halb wei­ter in­ten­siv ver­folgt wer­den. Hier ste­hen wir wei­ter­hin in der Ver­ant­wor­tung, Mi­gran­tin­nen und Mi­gran­ten aus­rei­chen­de und be­dürf­nis­ori­en­tier­te In­te­gra­ti­ons­an­ge­bo­te zu ma­chen.

Mei­ne sehr ver­ehr­ten Da­men und Her­ren,

“10 Jah­re da­nach" hat die Han­se­stadt Ros­tock aus der Ka­ta­stro­phe 1992 ge­lernt und die rich­ti­gen Kon­se­quen­zen ge­zo­gen. Die Stadt hat ih­re Ver­ant­wor­tung er­kannt und wahr­ge­nom­men. Des­halb gibt es heu­te in Ros­tock ei­ne aus­ge­präg­te In­fra­struk­tur der all­täg­li­chen Ko­ope­ra­ti­on und Part­ner­schaft für ein fried­li­ches und to­le­ran­tes Zu­sam­men­le­ben al­ler Ros­to­cke­rin­nen und Ros­to­cker, gleich wel­cher Her­kunft.

Ich ha­be in mei­nen Aus­füh­run­gen ei­ni­ge Ak­teu­re die­ses kom­ple­xen Netz­wer­kes be­reits ge­nannt. Vie­le muss­ten un­er­wähnt blei­ben, weil die Zeit nicht aus­reicht, um al­le Trä­ger von Maß­nah­men, al­le kul­tu­rel­len Ver­an­stal­tun­gen, al­le Ak­ti­ven, die sich in­ner­halb und au­ßer­halb von Or­ga­ni­sa­tio­nen für Ver­stän­di­gung und To­le­ranz ein­set­zen, na­ment­lich zu nen­nen. Sie sind des­halb nicht we­ni­ger not­wen­di­ge Bau­stei­ne, um in Ros­tock mensch­li­che Brü­cken zu bau­en.

Fest­zu­hal­ten bleibt, dass Ros­tock zehn Jah­re da­nach auf ei­nem gu­ten We­ge ist. Viel­fäl­ti­ge An­sät­ze, Mo­dell­pro­jek­te und In­itia­ti­ven ha­ben sich zu ei­nem dich­ten Ge­flecht ge­gen­sei­ti­ger Ver­stän­di­gung und Part­ner­schaft ver­wo­ben.

Fest­zu­hal­ten bleibt aber auch, dass wir zehn Jah­re da­nach “von so et­was wie Nor­ma­li­tät" und ei­nem selbst­ver­ständ­li­chen Um­gang mit Men­schen frem­der Her­kunft noch weit ent­fernt sind. Ros­tock ist we­der ei­ne In­sel noch ei­ne sin­gu­lä­res Phä­no­men. Vor­ur­tei­le,Dis­kri­mi­nie­run­gen, Ver­ach­tung und Ge­walt ge­gen Men­schen aus­län­di­scher Her­kunft sind in Ros­tock und im ge­sam­ten Bun­des­ge­biet nach wie vor evi­dent. Da gibt es nichts zu dis­ku­tie­ren oder zu be­schö­ni­gen.

Des­halb ist und bleibt es ei­ne ge­samt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be, wei­ter­hin al­le An­stren­gun­gen für ei­ne fried­li­ches und re­spekt­vol­les Zu­sam­men­le­ben zu un­ter­neh­men und mit den Be­mü­hun­gen nicht nach­zu­las­sen. In­to­le­ranz, Eng­stir­nig­keit, ja Ge­walt­tä­tig­keit und of­fe­ner Frem­den­feind­lich­keit müs­sen wir ent­schie­den ent­ge­gen tre­ten. Wir dür­fen den Blick nicht ver­schlie­ßen vor Be­we­gun­gen und Per­so­nen, die Aus­län­der­hass pre­di­gen und Zwie­tracht zwi­schen Men­schen deut­scher und aus­län­di­scher Her­kunft sä­hen wol­len.

Dies ist nicht nur ein mo­ra­li­scher Im­pe­ra­tiv, son­dern liegt in un­se­rem ur­ei­gens­ten In­ter­es­se. Ros­tock ging es im­mer dann be­son­ders gut, wenn Welt­of­fen­heit, Gast­freund­schaft, To­le­ranz und der fried­li­che Han­del über die Mee­re und zwi­schen den Völ­kern wie zu Zei­ten der Han­se das Le­ben in un­se­rer Stadt be­stimmt ha­ben.

Men­schen aus­län­di­scher Her­kunft sind des­halb in Ros­tock will­kom­men, ob sie nun un­se­re Gäs­te, z.B. wäh­rend der Han­se Sail oder der IGA 2003, sind, ob sie an der Uni­ver­si­tät oder an die­ser Hoch­schu­le für Mu­sik und Thea­ter stu­die­ren, ob sie bei uns Zu­flucht su­chen oder auf Dau­er hier le­ben wol­len.

Sehr ver­ehr­te Gäs­te,

die Er­in­ne­rung an 10 Jah­re Lich­ten­ha­gen ist kein Schluss­punkt, son­dern die Mah­nung und Auf­for­de­rung an al­le po­li­ti­schen und ge­sell­schaft­li­chen Kräf­te, mit den Be­mü­hun­gen um ein re­spekt­vol­les und fried­li­ches Zu­sam­men­le­ben in der Han­se­stadt mit viel En­er­gie und En­ga­ge­ment fort- zu­fah­ren, da­mit Ros­tock nie wie­der zu ei­nem Syn­onym für Frem­den­feind­lich­keit und Aus­län­der­hass wird.

Die Be­reit­schaft, auf ein­an­der zu zu­ge­hen, von ein­an­der ler­nen zu wol­len, Ge­mein­sam­kei­ten zu su­chen, aber auch die Ver­schie­den­heit zu ak­zep­tie­ren, ist und bleibt des­halb - auch 10 Jah­re da­nach - ste­ti­ger Auf­trag für je­den von uns.

Ich dan­ke Ih­nen!

Kurz­bio­gra­phie von Prof. Dr. Ralf Fried­rich

Herr Prof. Dr. Ralf Fried­rich ist seit dem 6. Ju­li 1994 Prä­si­dent der Bür­ger­schaft der Han­se­stadt Ros­tock. Seit 1969 ar­bei­tet er an der Uni­ver­si­tät Ros­tock als As­sis­tent, Ober­as­sis­tent und Hoch­schul­do­zent, pro­mo­vier­te 1974, zehn Jah­re spä­ter er­folg­te die Ha­bi­li­ta­ti­on. 1992 er­hielt Herr Prof. Fried­rich sei­ne Uni­ver­si­täts­pro­fes­sur für Re­ge­lungs­tech­nik. 1991/1992 war er Grün­dungs­de­kan der Fach­hoch­schu­le Stral­sund.

1989 trat er der SPD bei. Mit der ers­ten frei­en Kom­mu­nal­wahl 1990 in Meck­len­burg-Vor­pom­mern wur­de er Mit­glied der Bür­ger­schaft und de­ren Vi­ze­prä­si­dent. In den bei­den fol­gen­den Wahl­pe­ri­oden 1994 und 1999 ist er je­weils zu ih­rem Prä­si­den­ten ge­wählt wor­den.

1940 wur­de Prof. Fried­rich in Leip­zig ge­bo­ren. Herr Prof. Fried­rich ist ver­hei­ra­tet und hat zwei Kin­der. x x

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