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Frauen unterm Feuerwehrhelm

Pressemitteilung vom 27.09.2004

Im Ernstfall zählt jede Frau. Und wenn es brennt, fallen jegliche Rollenmuster, hält sie für ihn die Türen auf, um den Löschtrupps Platz zu schaffen, werden gemeinsam jammernde Verletzte aus der Gefahrenzone geschleppt, Tote aus gespenstig anmutenden Unfallautos geschweißt. Der Job bei der Feuerwehr ist hart und Rostocks Feuerwehrfrauen stehen hier den Männern in nichts nach.

Acht Damen arbeiten zur Zeit beim Rostocker Brandschutz- und Rettungsamt und nicht nur die Uniform ist identisch. "Hier muss jeder alles können, wofür er ausgebildet wurde. Für Befindlichkeiten gibt es keinen Platz", unterstreicht Monika Klaus, Abteilungsleiterin Vorbeugender Brandschutz im Brandschutz- und Rettungsamt.

Das gilt auch für Männer, die im Ernstfall bereitwillig den Befehlen einer vorgesetzten Frau folgen. Der einzige Unterschied: Vom Wunschberuf bei der Feuerwehr haben die Mädels in jungen Jahren im Gegensatz zu den Männern in der Regel nicht geträumt. Die weibliche Zunft kam zumeist auf jahrelangen Umwegen unter den Feuerwehrhelm. Ob als ausgebildete Hebamme, Krankenschwester oder nach geplatztem Studienwunsch Kriminalistin - sie alle eint das Streben nach nicht alltäglicher Herausforderung. Und kein Tag ist wie der andere im 24-Stunden-Schichtdienst. "Richtig heftig wird es meistens am Freitag und Sonnabend. Nach alkoholträchtigen Partys kommt es dann schon mal zu Schlägereien mit Verletzungen, so dass wir zu vielen Einsätzen gerufen werden", berichtet die 30-jährige einstige Hebamme Jana Bielefeld, die nach zwei Jahren Zusatzausbildung nun sowohl im Rettungs- als auch im Feuerwehrdienst eingesetzt wird.

In Hoch-Zeiten kommen dann schon mal neun Einsätze in zwölf Stunden zusammen. Rund 18.270 Rettungstranporte bewältigten die insgesamt 321 Mitarbeiter des Rostocker Brandschutz- und Rettungsamtes im vergangenen Jahr, 545 Brandeinsätze kamen hinzu, außerdem rund 1.490 technische Hilfeleistungen beispielsweise nach Verkehrsunfällen. "Es gibt nichts Wichtigeres, als Menschen helfen zu können. Dieses Gefühl, etwas Gutes zu tun, gibt einem die Kraft für den körperlichen und auch seelisch stressigen Einsatz", erzählt Wencke Rehse, seit einem Jahr Wachführerin im Seehafen und Einsatzleiterin. Was man für diesen verantwortungsvollen Posten braucht? Die Antwort kommt prompt und mit einem Schmunzeln: "Einen kühlen Kopf um schnell richtige Entscheidungen zu treffen." Die 30-jährige Ingenieurin für Verfahrenstechnik hat über die Freiwillige Feuerwehr ihre Berufung als "Feuerwehrfrau" gefunden. Inzwischen kann sie sich nichts anderes mehr vorstellen, denn gerade angesichts der großen menschlichen Katastrophen, denen die Feuerwehrleute und Rettungssanitäter immer wieder gegenüber stehen, werden auch Glücksmomente intensiver erlebt. "Als wir in Nürnberg eine brennende Kirche vor dem Untergang durch die Flammen retten konnten, war die Dankbarkeit der Menschen sehr beeindruckend und für mich unvergesslich", erzählt Wencke Rehse. Über 200 Interessenten hatten sich im vergangenen Jahr beim Rostocker Brandschutz- und Rettungsamt als Berufsfeuerwehrmann/-frau und Rettungsanitäter beworben. Aufgenommen wurden 16. Neben einer abgeschlossenen Berufsausbildung müssen die Anwärter auch eine sehr gute körperliche Fitness und psychische Belastbarkeit nachweisen. Denn im Ernstfall zählt jeder - egal ob Mann oder Frau.

Kerstin Kanaa