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Gedenktafel erinnert an Rostocker Architekten Walther Paul Butzek

Pressemitteilung vom 19.06.2003

Zur Erinnerung an den namhaften Rostocker Architekten Walther Paul Butzek (1886-1965) hat Rostocks Senatorin für Jugend, Kultur, Schule und Sport Ida Schillen heute an seinem einstigen Wohnhaus in der Kosegartenstraße 5 eine Gedenktafel eingeweiht.

Walther Paul Butzek wurde am 10. Februar 1886 im damaligen Laurahütte bei Kattowitz geboren. Nach einer Maurerlehre besuchte er die Königlich Preußische Baugewerkschule in Kattowitz. Seit 1904 arbeitet er als Bautechniker und Bauführer in Laurahütte und Charlottenburg. 1908 siedelte Butzek nach Stuttgart um und war an der dortigen Technischen Hochschule Teilnehmer des Meisterateliers von Theodor Fischer, der zu den Protagonisten der konservativen "Stuttgarter Schule" gehörte. Ab 1909 arbeitete er als Architekt in den "Saalecker Werkstätten", einer der wichtigsten Einrichtungen der Reformbewegung, die großen Einfluss auf Architektur und Design dieser Zeit nahm. Unter anderem war er an der Sanierung des Barockschlosses Molsdorf beteiligt.

1912 verlegte Butzek sein Tätigkeitsfeld nach Mecklenburg, wo er den Rest seines Lebens verbringen sollte. Als freischaffender Architekt arbeitete er erst in Güstrow, wo er das ehemalige Hotel "Erbgroßherzog" entwarf. 1913 plante er in Rostock das "Palast-Theater", das heutige Kino "Theater des Friedens". Seine Entwürfe vor dem Ersten Weltkrieg orientieren sich stilistisch an einem vereinfachten Neobarockstil, der typisch für die seinerzeit progressive Reformarchitektur ist. Aus dieser Zeit stammen auch mehrere Einfamilienhäuser in Ahrenshoop, die traditionelle Bauformen aufgreifen und zeitgemäß variieren.

Nachdem Butzek 1915-18 als Soldat am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, kehrte er 1919 nach Mecklenburg zurück und arbeitete bis 1922 in der Bauberatungsstelle der Landwirtschaftskammer Mecklenburg- Schwerin. Danach ging er als freischaffender Architekt nach Rostock. Hier wurde er zu einem der wichtigsten Vertreter des vom Dessauer Bauhaus inspirierten "Neuen Bauens" in Norddeutschland. Sein erstes wichtiges Projekt, der alte "Teepott" in Warnemünde, der 1945 abbrannte, zeigt bereits 1924 die charakteristischen Merkmale der sachlichen Architektur der "Klassischen Moderne". In den 20er und frühen 30er Jahren war er an der Neubebauung des Hansaviertels und des Areals am Saarplatz beteiligt und entwarf eine Reihe qualitätvoller Wohngebäude in diesem Gebiet. Ein weiteres bedeutendes Werk aus dieser Zeit ist die Innenausstattung des Warnemünder Kurhauses, die 1926-28 realisiert wurde.

Als architektonisches Hauptwerk Butzeks kann die Siedlung Am Kosegarten gelten, die ab 1926 entstand. Die Reihenhausbebauung erinnert an die Berliner Meisterwerke Bruno Tauts und besticht vor allem durch die subtile Inszenierung des dreieckigen Siedlungsgrundrisses. Leider ist die Kosegartensiedlung in der Folgezeit vernachlässigt worden, so dass die Eleganz des ursprünglichen Entwurfes heute nur noch zu erahnen ist. Die stilistische Flexibilität Butzeks zeigt sich in der 1925/26 errichteten Adolf-Becker-Straße. Die dem Straßenverlauf folgende geschwungene Reihenhausfront folgt ebenfalls den Grundsätzen des "Neuen Bauens", ist aber durch kräftig vorspringende Erker und Treppenhäuser viel stärker rhythmisch gegliedert als die zurückhaltendere Kosegartensiedlung. Während seiner Tätigkeit als freischaffender Architekt war Butzek Vorsitzender des Rostocker Künstlerbundes.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten endete auch in Rostock die Epoche des "Neuen Bauens". Butzek blieb als Architekt tätig, konnte aber nur noch wenige Bauten realisieren. Bemerkenswert ist aus dieser Zeit der Erweiterungsbau der Rostocker Brauerei Mahn & Ohlerich von 1938: Während die repräsentativen Gebäudeteile konservative Gestaltungsmittel zeigen, ist das auf dem Hof gelegene Kesselhaus in sachlich-modernen Formen gehalten. 1940 wurde Butzek zum Wiederaufbau von Dörfern im besetzten Polen dienstverpflichtet, kehrte aber 1942 nach Rostock zurück, wo er als Gutachter für kriegsbedingte Bauschäden eingesetzt wurde. In den ersten Nachkriegsjahren arbeitete Butzek wieder als freischaffender Architekt in Rostock, entwarf Industriebauten und entwickelte Konzepte für den rationalisierten Wohnhausbau. 1950 wurde er Brigadeleiter im Entwurfsbüro für Hoch- und Industriebau. Diese Stellung musste er 1955 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben, wurde jedoch zum Stellvertreter des Chefarchitekten der Stadt Rostock ernannt. Diese Position hatte er bis 1958 inne. 1960 zog er aus seiner bisherigen Wohnung in der Kosegartensiedlung in sein letztes realisiertes Projekt, das Wohnhaus "Am Strom 14" in Warnemünde. Das Haus wird, wie auch das 1952/3 realisierte Gebäude der Ingenieurhochschule für Seefahrt am Ortseingang Warnemündes, von traditionellen, aber subtil eingesetzten Architekturformen geprägt, die an die Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts erinnern. Hier verbrachte er seine letzten Lebensjahre, bis er am 23. März 1965 starb. Die Stadt Rostock ehrte einen ihrer bedeutendsten Architekten später dadurch, dass sie im Neubaugebiet Dierkow eine Straße nach ihm benannte. Zumindest hier befindet sich der außerhalb Rostocks weitgehend unbekannte Butzek verdientermaßen in der Gesellschaft so berühmter Kollegen wie Heinrich Tessenow und Bruno Taut.

Jan Schröder