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Na­vi­ga­ti­on

Gruß­wort des Se­na­tors für Um­welt, So­zia­les, Ju­gend und Ge­sund­heit, Dr. Wolf­gang Nitz­sche, zur Ver­lei­hung des So­zi­al­prei­ses der Han­se­stadt Ros­tock 2007

Pres­se­mit­tei­lung vom 07.12.2007

Sehr ge­ehr­te Frau Prä­si­den­tin der Ros­to­cker Bür­ger­schaft, wer­te Mit­glie­der der Ros­to­cker Bür­ger­schaft, mei­ne sehr ge­ehr­ten Da­men und Her­ren,

es ist für mich ei­ne be­son­de­re Eh­re, heu­te in un­se­rer Mit­te die So­zi­al­preis­trä­ge­rin der Han­se­stadt Ros­tock 2007, Frau Gust, be­grü­ßen zu dür­fen. Na­tür­lich hat Frau Gust sich für die­sen schö­nen und auf­re­gen­den Mo­ment den ent­spre­chen­den kol­le­gia­len Bei­stand mit­ge­bracht. Ich be­grü­ße die en­ga­gier­ten Mit­strei­ter des Pro­jek­tes "Um­sonst­la­den" gleich­falls im schö­nen Ros­to­cker Fest­saal.

Der 2000 ins Le­ben ge­ru­fe­ne So­zi­al­preis der Han­se­stadt Ros­tock ist der jüngs­te Preis un­se­rer Stadt. Er wird an Per­sön­lich­kei­ten und Ver­ei­ni­gun­gen ver­lie­hen, die sich durch be­son­de­res eh­ren­amt­li­ches En­ga­ge­ment in der So­zi­al- und Ju­gend­ar­beit oder in der Ge­sund­heits­für­sor­ge aus­ge­zeich­net ha­ben.

Die nach sei­ner Aus­schrei­bung im Amts- und Mit­tei­lungs­blatt "Städ­ti­scher An­zei­ger" bei der Stadt­ver­wal­tung ein­ge­hen­den Vor­schlä­ge wer­den von ei­nem Gre­mi­um ge­prüft. Ihm ge­hö­ren der Se­na­tor für Um­welt, So­zia­les, Ju­gend und Ge­sund­heit, die Amts­lei­ter des Am­tes für Ju­gend und So­zia­les und des Ge­sund­heits­am­tes so­wie Mit­glie­der des Ju­gend­hil­fe­aus­schus­ses und des So­zi­al- und Ge­sund­heits­aus­schuss an. Die Ent­schei­dung die­ses Gre­mi­ums wird dem Ober­bür­ger­meis­ter un­se­rer Stadt als Vor­schlag vor­be­rei­tet und am "Tag des Eh­ren­am­tes" dann wür­de­voll über­reicht. So­viel sei an die­ser Stel­le zu den not­wen­di­gen For­ma­li­tä­ten zur Ver­lei­hung des So­zi­al­prei­ses un­se­rer Stadt ge­sagt.

Mei­ne sehr ge­ehr­ten Da­men und Her­ren,

wenn wir heu­te den So­zi­al­preis der Han­se­stadt Ros­tock 2007 ver­ge­ben, so wol­len wir mit der Eh­rung die­je­ni­gen in den Mit­tel­punkt stel­len, die oh­ne Auf­he­bens eben das tun, was ei­ne So­zi­al­land­schaft erst so­zi­al macht: das ak­ti­ve eh­ren­amt­li­che En­ga­ge­ment von Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­gern.

Un­ser So­zi­al­staat steht in der Kri­se. Die Not der Men­schen nimmt zu, die Mög­lich­kei­ten der Hil­fe hin­ge­gen ab, weil die fi­nan­zi­el­len Mit­tel im­mer ge­rin­ger wer­den. Da­her müs­se die Ge­sell­schaft in Zu­kunft noch stär­ker auf frei­wil­li­ges, pri­va­tes und pri­vat­wirt­schaft­li­ches En­ga­ge­ment zu­rück­grei­fen. So die all­ge­mei­ne Ein­schät­zung der Wohl­fahrts­ver­bän­de und nicht et­wa die ei­nes et­wa ver­irr­ten Links­po­li­ti­kers.

"Wir sind al­le ent­frem­det, ent­frem­det von den In­sti­tu­tio­nen, ent­frem­det vom Staat, ent­frem­det wie­der­um von Men­schen, die sich selbst ent­frem­det sind. Man muss ver­su­chen, für sich selbst und für die an­de­ren zu le­ben, und man muss ver­su­chen, für die zu han­deln, die in der ge­gen­wär­ti­gen Si­tua­ti­on am meis­ten be­droht und an den Rand ge­drängt sind. Dar­in liegt die Wahr­heit. Es gibt kei­ne an­de­re".

So be­schreibt Jean-Paul Sat­re sein Hand­lungs­kon­zept und ich fin­de, es hat an Ak­tua­li­tät nicht ver­lo­ren.

Die­ses Han­deln hei­ßt wie­der­um Ver­net­zung der Ge­sell­schaft, ei­nen Fa­den ins Ge­we­be brin­gen - so­fort än­dert sich das gan­ze Mus­ter.

Nun mag man ein­wen­den, dass das mit dem mo­ra­li­schen An­satz so ein­fach nicht funk­tio­niert. Wo­bei mich da­bei schon ei­ne ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Fra­ge um­treibt. Wir wer­den über kurz oder lang nicht um­hin­kom­men, die Men­schen, die heu­te schon ge­wis­ser­ma­ßen als "Wohl­stands­müll" be­zeich­net wer­den, schon jetzt ein Drit­tel der Ge­sell­schaft, ei­ne Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­keit zu ge­ben. Ei­ne Ge­sell­schaft, die nicht in der La­ge ist, die Res­sour­cen der Al­ten, der In­tel­lek­tu­el­len und der Be­sit­zen­den für die ein­zu­set­zen, die zu kurz kom­men, geht ka­putt.

Frü­her ha­ben wir über ge­sell­schaft­li­che Uto­pi­en ge­strit­ten und über kol­lek­ti­ve Me­tho­den der Ge­sell­schafts­ver­än­de­rung nach­ge­dacht. Aber es ge­nügt eben nicht, die häss­li­chen Ver­hält­nis­se an­zu­pran­gern und sie vom Kopf auf die Fü­ße stel­len zu wol­len. Wir müs­sen es selbst tun!

Al­lein ist es bes­ser, als gar nicht, und zu zweit bes­ser als al­lein, und zu dritt und so wei­ter. Al­so, mei­ne sehr ge­ehr­ten Da­men und Her­ren, las­sen Sie uns heu­te über Ide­en und Pro­jek­te re­den, die so­wohl so­zi­al­re­vo­lu­tio­när-po­li­ti­schen In­hal­tes, aber auch öko­lo­gi­schen wie wohl­tä­ti­gen In­hal­tes sind. Un­ab­hän­gig von den In­hal­ten die­ser Pro­jek­te, ei­nes ist Ih­nen ge­mein­sam sie un­ter­wan­dern ge­wis­ser­ma­ßen die vor­herr­schen­de Pro­duk­ti­ons- und Le­bens­wei­se.

Sehr ge­ehr­te Frau Gust,

mit Ih­rer Per­son, mit Ih­rem En­ga­ge­ment eng ver­bun­den ist das Pro­jekt "Um­sonst­la­den" in der Han­se­stadt Ros­tock. Ich hof­fe die Ge­le­gen­heit, in Vor­be­rei­tung für den heu­ti­gen Tag, sehr viel in­ter­es­san­tes über Ihr per­sön­li­ches Le­ben zu er­fah­ren.

Oh­ne Ih­nen zu na­he tre­ten zu wol­len, glau­be ich er­kannt zu ha­ben, was Sie be­wo­gen hat, an­de­ren zu zei­gen, wie un­se­re Ge­sell­schaft bes­ser, d.h. so­zia­ler, funk­tio­nie­ren könn­te. Nicht mehr aber auch nicht we­ni­ger. Wenn die Luft aus Be­ruf und even­tu­ell aus ei­ner Be­zie­hung raus ist, ein­fach aus al­lem die En­er­gie ver­pufft ist, hilft nur noch tief durch­at­men und neu star­ten.

Ich will da­mit sa­gen, wenn ich mich sel­ber glück­lich ma­chen will, muss ich mich um an­de­re küm­mern. Und um das um­zu­set­zen zu kön­nen, war Ih­nen Ihr per­sön­li­ches Le­ben der bes­te Er­fah­rungs­hin­ter­grund.

Sie wur­den 1949 in Loitz ge­bo­ren, noch ein Nach­kömm­ling, wie Sie mir sag­ten. Ih­re Kind­heit auf dem Lan­de, sie wur­den in der klei­nen Ge­mein­de Düvier groß, war ei­ne be­hü­te­te trotz al­ler Schwie­rig­kei­ten der Nach­kriegs­zeit. Und ei­ni­ge un­ter Ih­nen, die heu­te an der Fest­ver­an­stal­tung teil­neh­men, wer­den mich be­stä­ti­gen in der Fest­stel­lung, ja­wohl die­se Zeit war schwie­rig aber sie hat uns be­zei­ten so­zia­le Kom­pe­ten­zen ver­mit­telt. Sie hat uns auch die­se emo­tio­na­len und ko­gni­ti­ven Fä­hig­kei­ten ver­mit­telt, die es ein­fach gilt, wei­ter­zu­rei­chen.

Sie ha­ben ei­nen land­wirt­schaft­li­chen Be­ruf er­lernt, aber ei­gent­lich woll­ten Sie die er­wei­ter­te Ober­schu­le in Loitz be­su­chen, eben nur das Geld für ei­nen In­ter­nats­platz war in der Fa­mi­lie nicht vor­han­den.

Im Ge­flü­gel­schlacht­be­trieb Grim­men wa­ren Sie über be­ruf­li­che Qua­li­fi­zie­rung vom Fach­ar­bei­ter, Bri­ga­dier und Meis­ter im­mer mit der un­mit­tel­ba­ren Pro­duk­ti­ons­ar­beit eng ver­bun­den. Es war Ih­nen wich­tig, un­mit­tel­bar vor Ort mit ar­bei­ten­den Men­schen zu han­deln. Das Ver­ständ­nis für die Men­schen, die hart am Fließ­band ar­bei­ten muss­ten, war obers­te Ma­xi­me Ih­rer Lei­tungs­tä­tig­keit. Sie ha­ben sich um die Kon­flik­te in den Fa­mi­li­en Ih­rer Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter ge­küm­mert. Sie kann­ten auch die Al­ko­hol­pro­ble­me Ih­rer Mit­ar­bei­ter. Al­so ähn­li­che Pro­ble­me wie Sie heu­te auch vor­kom­men, nur das Le­ben wur­de da­mals eben an­ders or­ga­ni­siert.

Ei­nen wich­ti­gen Teil Ih­rer prak­ti­schen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit möch­te ich noch her­vor­he­ben. Sie­ben Jah­re wa­ren Sie als Lehr­meis­te­rin in der Lehr­lings­aus­bil­dung tä­tig und da wur­den Sie oft­mals zum per­sön­li­chen Vor­bild für vie­le jun­ge Frau­en, die nach der 10. Klas­se ih­re be­ruf­li­che Aus­bil­dung be­gan­nen. Wor­über war denn mit den jun­gen Mäd­chen ver­trau­ens­voll zu spre­chen, die un­er­fah­ren ih­re Schrit­te in das selb­stän­di­ge Le­ben wag­ten?

Freund­schaf­ten, Lie­be, Schwan­ger­schaf­ten aber auch ganz prak­ti­sche Din­ge des Le­bens wie z.B. ko­chen, dar­über konn­ten Sie Rat ge­ben. Und Sie konn­ten gut zu­hö­ren, das muss man wohl, wenn man Ver­trau­en er­wer­ben möch­te. Und dann kam die ge­sell­schaft­li­che Wen­de, ein Bruch für vie­le in der wei­te­ren be­ruf­li­chen Aus­rich­tung.

Ein fran­zö­si­scher Un­ter­neh­mer kauf­te den Schlacht­be­trieb auf, markt­wirt­schaft­li­che Grund­sät­ze wur­den be­stim­mend und so­mit zog auch Kurz­sich­tig­keit ein­her. Die Be­rufs­aus­bil­dung wur­de nicht mehr als ei­ne Grund­la­ge des wirt­schaft­li­chen Han­delns be­trach­tet. Sie wur­den so­mit ar­beits­los, denn der Weg zu­rück in die Pro­duk­ti­on war für Sie kei­ne Al­ter­na­ti­ve. Über das Ar­beits­amt Grim­men er­hiel­ten Sie die Mög­lich­keit der Um­schu­lung zur So­zi­al­ar­bei­te­rin. Letzt­lich ha­ben Sie dann mit Ih­rer so­zia­len Kom­pe­tenz in ver­schie­de­nen Ver­ei­nen und Ver­bän­den sehr vie­len Men­schen hel­fen kön­nen - Kin­der, Ju­gend­li­che, Fa­mi­li­en und Se­nio­ren.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

Sie wer­den mei­ne Sicht nicht un­be­dingt tei­len, wenn ich fest­stel­le, ei­gent­lich ein Be­tä­ti­gungs­feld für ei­ne dau­er­haf­te ge­sell­schaft­lich not­wen­di­ge Ar­beit, aber lei­der oft nur als ABM be­wer­tet. So war es auch bei Ih­ren An­stel­lun­gen, Frau Gust.

Be­ein­flusst durch Ih­re Toch­ter wag­ten Sie dann 2002 den Sprung aus der eher länd­li­chen Um­ge­bung Grim­men in die Gro­ß­stadt Ros­tock. Ein Im­puls für ei­ne neue Le­bens­ge­stal­tung, und ich sag­te es ja auch be­reits, ein­mal tief durch­at­men und neu star­ten.

Von der Süd­stadt aus er­ober­ten Sie die Gro­ß­stadt Ros­tock mit dem Fahr­rad, auch auf der Su­che nach ei­ner eh­ren­amt­li­chen Tä­tig­keit. Und so stie­ßen Sie auf das RFZ und auch eher zu­fäl­lig auf den Tausch­ring.

Die tra­gen­de Idee in die­sem Tausch­ring, Leis­tung ge­gen Leis­tung mit dem Äqui­va­lenz­prin­zip Kno­ten, ist schon ei­ne Un­ter­wan­de­rung des vor­herr­schen­den Geld­äqui­va­lenz­prin­zips. Aber mehr noch, hier spür­ten Sie, dass man Men­schen durch­aus mit ei­ner ganz prak­ti­schen Idee aus der Iso­la­ti­on her­aus­brin­gen kann.

Aus dem Tausch­ring her­aus ent­stand dann die Idee des Ros­to­cker Um­sonst­la­dens. Kei­ne neue Idee, sei­ner­zeit gibt es im deutsch­spra­chi­gen Raum über 30 Um­sonst­lä­den, vor­wie­gend in gro­ßen Städ­ten. In Eu­ro­pa al­ler­dings schon län­ger be­kannt. In den Nie­der­lan­den nennt man sie "Weg­ge­ef­win­kels" und in Ös­ter­reich "Kost-Nix-La­den". Die ei­gent­li­che Idee hat ih­re his­to­ri­schen Wur­zeln aber in der Hip­pie­kul­tur der 60er Jah­re mit der Idee des Free-Shop.

Die Idee des Um­sonst­la­dens ist ein­fach: Vie­le Leu­te ha­ben Din­ge, die sie nicht mehr ge­brau­chen kön­nen oder wol­len. An­de­re Men­schen wie­der­um su­chen viel­leicht ge­nau die­se Din­ge, kön­nen sie sich viel­leicht nicht leis­ten oder müs­sen Geld da­für aus­ge­ben. Geld gibt es im Um­sonst­la­den nicht. Al­les ist "um­sonst"! Da­mit stellt der Um­sonst­la­den ei­ne wirk­li­che Al­ter­na­ti­ve zur ka­pi­ta­lis­ti­schen Wa­ren­ge­sell­schaft dar, in der al­les ei­nen Geld­wer­ten "Wert" hat und folg­lich Geld kos­tet. Ich den­ke, manch ei­ner wird mich be­lä­cheln in der Nai­vi­tät der Be­trach­tungs­wei­se. Na­tür­lich stel­len sol­chen An­sät­ze kei­ne Al­ter­na­ti­ve zur Wa­ren­ge­sell­schaft dar. Schlie­ß­lich be­ru­hen sie auf dem Wa­ren­über­fluss un­se­rer Ge­sell­schaft. Und das Um­sonst­la­den­pro­jekt kann sich ganz prak­tisch nicht aus der Wa­ren-Geld­be­zie­hung her­aus­lö­sen, denn La­den­mie­te und Be­triebs­kos­ten sind zu fi­nan­zie­ren. In­so­fern bin ich auch sehr stolz dar­über, dass der Ver­ein "Bür­ge­rin­nen für Ros­tock" Ih­nen für Mie­ten ei­nen klei­nen Fi­nan­zie­rungs­bei­trag zur Ver­fü­gung stel­len konn­te.

Sehr ge­ehr­te Frau Gust, lie­be Mit­strei­ter im Um­sonst­la­den Ros­tock,

Sie ha­ben für das Um­sonst­la­den­kon­zept Ros­tock wich­ti­ge Grund­prin­zi­pi­en ge­prägt, die schon ei­nen so­zi­al­re­for­me­ri­schen An­satz ha­ben:

- Für ei­ne Wert­schät­zung der Din­ge, statt ei­ner Weg­werf­ge­sell­schaft, ver­ei­nen Sie öko­lo­gi­sche, öko­no­mi­sche wie auch po­li­ti­sche As­pek­te.

- Sie so­li­da­ri­sie­ren sich mit Men­schen durch Kom­mu­ni­ka­ti­on und Ko­ope­ra­ti­on.

- Sie in­for­mie­ren gleich­zei­tig über al­le al­ter­na­ti­ven lo­ka­len Pro­jek­te und Ex­pe­ri­men­te.

- Sie de­fi­nie­ren sich als ei­ne In­itia­ti­ve von un­ten "von den Men­schen für die Men­schen".

Um die­ses Kon­zept am Le­ben zu hal­ten, braucht es en­ga­gier­te Mit­strei­ter und braucht es die Mo­ti­va­ti­on der Bür­ger et­was ab­zu­ge­ben. Na­tür­lich ist das et­was pro­zess­haf­tes auch in un­se­rer Stadt ge­we­sen. Die In­iti­al­zün­dung wur­de dann mit ei­nem aus­führ­li­chen Ar­ti­kel, im "Ros­to­cker Blitz" 2005 er­schie­nen, aus­ge­lost. In­so­fern darf es dann auch nicht ver­wun­dern, dass ihr ur­sprüng­li­ches Do­mi­zil, der Hei­li­gen­geist­hof, bald zu eng wur­de. In der KTV wur­den die Räum­lich­kei­ten ge­fun­den, die Ih­ren An­for­de­run­gen ent­spra­chen, näm­lich die Nä­he zu ei­ner Hal­te­stel­le, ein Park­platz zum Be- und Ent­la­den, ein gro­ßer La­ger­raum und an­sons­ten gu­te Ar­beits­be­din­gun­gen für die Mit­ar­bei­ter. Au­ßer­dem fan­den Sie ei­nen Ver­mie­ter, der Ih­re fi­nan­zi­el­le Si­tua­ti­on wohl ein­zu­schät­zen wuss­te. Mitt­ler­wei­le ist der Um­sonst­la­den in der KTV an­ge­kom­men und wird rich­tig gut an­ge­nom­men.

Ich darf an die­ser Stel­le Dank sa­gen den Hand­wer­kern, die Ih­nen be­hilf­lich wa­ren, ob nun Tisch­ler- oder Ma­ler­ar­bei­ten, so­li­da­risch wur­de das Kon­zept in der KTV ge­tra­gen. Ein Dank gilt auch den Spon­so­ren, die Ih­nen not­wen­di­ge Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de un­ent­gelt­lich über­lie­ßen, ob nun Com­pu­ter oder Re­gal­mö­bel. Was darf ich Ih­nen, ver­ehr­te Frau Gust, aus An­lass der Aus­zeich­nung mit dem So­zi­al­preis 2007 der Han­se­stadt Ros­tock wei­ter­hin auf den Weg ge­ben? Na­tür­lich gilt das Glei­che auch für Ih­re Mit­strei­ter.

Der Um­sonst­la­den mö­ge Be­stand­teil ei­ner ge­mein­schaft­lich-or­ga­ni­sier­ten Struk­tur wer­den, mit de­ren Hil­fe die Ab­hän­gig­keit von Er­werbs­ar­beit so­weit wie mög­lich re­du­ziert wer­den soll. Ich den­ke auch in an­de­ren Um­sonst­lä­den wird über die­ses Mo­dell dis­ku­tiert. Um­sonst­la­den als Kern­ak­ti­vi­tät, ein Klein­mö­bel­la­ger, ei­ne Gar­ten­grup­pe, ei­ne Selbst­hil­fe-Fahr­rad­werk­statt, ein Ca­fé usw.

Ich weiß, das ist ei­ne Ver­si­on, die schwer um­setz­bar ist, aber die Werk­zeug­kis­te für Welt­ver­bes­se­rer mit dem Ti­tel "Von we­gen nix zu ma­chen" ist da­für ein ori­gi­nel­ler Weg­wei­ser.

War­um sa­ge ich das zum Schluss? Nun Kri­ti­ker äu­ßern in die­sem Zu­sam­men­hang die Auf­fas­sung, dass Um­sonst­lä­den als un­ent­gelt­li­che "So­zi­al­sta­ti­on" dort ein­sprin­gen wür­den, wo sich der Staat aus so­zia­ler Ver­ant­wor­tung zu­rück­ge­zo­gen ha­be. Ich set­ze hin­ge­gen in Ih­rem Pro­jekt ei­nen Bei­trag zur Selbst­hil­fe und So­li­da­ri­tät im All­tag.

Sehr ge­ehr­te Frau Gust,

und eben für die­sen Bei­trag zur Selbst­hil­fe und So­li­da­ri­tät in un­se­rer Stadt ver­lei­hen wir Ih­nen den

So­zi­al­preis 2007 der Han­se­stadt Ros­tock.

Mein per­sön­li­ches Hof­fen geht da­hin, dass Sie ihr Pro­jekt - wie oben skiz­ziert oder ähn­lich - wei­ter­ent­wi­ckeln kön­nen. Da­zu wün­sche ich Ih­nen en­ga­gier­te Mit­strei­ter im Eh­ren­amt an der Sei­te. Und im Üb­ri­gen scheint der Stand­ort KTV für die Um­set­zung Ih­res Pro­jek­tes na­he­zu ide­al zu sein.