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Na­vi­ga­ti­on

Gruß­wort und Lau­da­tio von Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling zur Ver­lei­hung des Kul­tur­prei­ses der Han­se­stadt Ros­tock 2017 an das Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ter (JSO) des Kon­ser­va­to­ri­ums „Ru­dolf Wag­ner-Ré­geny“

Pres­se­mit­tei­lung vom 04.07.2017

(Es gilt das ge­spro­che­ne Wort.)
 
Sehr ge­ehr­ter Herr Prä­si­dent der Bür­ger­schaft Dr. Nitz­sche,
sehr ge­ehr­te Mit­glie­der der Ros­to­cker Bür­ger­schaft,
sehr ge­ehr­ter Herr She­ri­dan-Braun,
sehr ge­ehr­ter Herr Lind­ner,
lie­be Schü­le­rin­nen und Schü­ler des Kon­ser­va­to­ri­ums,
lie­be El­tern und sehr ge­ehr­te Da­men und Her­ren,

das Me­nu­ett aus der Feu­er­werks­mu­sik von Ge­org Fried­rich Hän­del stimm­te uns eben per­fekt ein für den nächs­ten Pro­gramm­punkt: die Ver­lei­hung des Kul­tur­prei­ses. Einst wur­de die­se Mu­sik vom bri­ti­schen Kö­nig Ge­org II. bei Hän­del für ei­ne rie­si­ge Fei­er mit Feu­er­werk in Auf­trag ge­ge­ben. Auch wenn Sie heu­te auf das Feu­er­werk ver­zich­ten müs­sen, ver­spre­che ich Ih­nen doch ei­ne wür­di­ge Eh­rung.

Der Kul­tur­preis der Han­se­stadt Ros­tock wird be­reits seit 1958 ver­lie­hen. Mit ei­ner Än­de­rung der Sat­zung hat die Bür­ger­schaft den Preis auf­ge­wer­tet. Ich darf ihn nun­mehr al­le zwei Jah­re ver­lei­hen und im­mer wie­der sind die Preis­trä­ger Mu­si­ke­rin­nen und Mu­si­ker ge­we­sen, die gro­ßes kul­tu­rel­les En­ga­ge­ment be­wie­sen ha­ben und so­mit „Leis­tun­gen, die das Geis­tes- und Kul­tur­le­ben der Han­se­stadt we­sent­lich be­rei­chern“ er­brach­ten, wie es die Sat­zung ver­langt.

Un­ter den Kul­tur­preis­trä­gern der letz­ten Jah­re fin­den sich so be­kann­te Na­men wie An­dre­as Pas­ter­nack, Prof. Mar­kus Lan­ger, Karl Scharn­we­ber, Fran­zis­ka Pfaff und auch Sie, sehr ge­ehr­te Frau Oeh­me, ge­hö­ren ja zu den Kul­tur­preis­trä­gern un­se­rer Stadt. Heu­te fü­gen wir der Rei­he der Kul­tur­preis­trä­ger das Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ter des Kon­ser­va­to­ri­ums „Ru­dolf Wag­ner-Re­geny“, der Mu­sik­schu­le der Han­se­stadt Ros­tock, hin­zu.

Las­sen Sie mich ei­nen kur­zen Ab­riss der Ge­schich­te ver­su­chen, auch wenn er an­ge­sichts des heu­ti­gen Rah­mens un­voll­stän­dig blei­ben muss. Das Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ter des Kon­ser­va­to­ri­ums wur­de 1967, al­so vor 50 Jah­ren, vom da­ma­li­gen Di­rek­tor des Kon­ser­va­to­ri­ums, Herrn Joa­chim Thor­beck, ge­grün­det. Herr Thor­beck kann lei­der heu­te aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den nicht hier sein. Der 1. Kon­zert­meis­ter des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters war der da­mals 17-jäh­ri­ge Vol­ker La­k­ner. Herr Dr. La­k­ner ar­bei­tet seit vie­len Jah­ren als Arzt in Ros­tock und er ist heu­te selbst­ver­ständ­lich als Eh­ren­gast ge­la­den.

Be­reits 1968 gab das Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ter ein Fest­kon­zert zur 750-Jahr­fei­er der Stadt Ros­tock. In we­ni­gen Jah­ren er­reich­te das jun­ge Or­ches­ter ein er­staun­li­ches mu­si­ka­li­sches Ni­veau. Die Ju­gend­li­chen ent­wi­ckel­ten Leis­tungs­wil­len, Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl und leb­ten ih­re Mu­si­zier­freu­de. Sie er­hiel­ten Prei­se und Aus­zeich­nun­gen und un­ter­nah­men Kon­zert­rei­sen. 1976 über­nahm der Ka­pell­meis­ter Her­mann Wer­ner vom Volks­thea­ter Ros­tock die Lei­tung des Or­ches­ters, ge­folgt von Man­fred Fa­bri­ci­us, der von 1979 bis 1982 mit dem Or­ches­ter ar­bei­te­te. Bei­de Di­ri­gen­ten führ­ten die in­ten­si­ve mu­si­ka­li­sche Auf­bau­ar­beit fort. Zu den gro­ßen Er­fol­gen je­ner Jah­re zählt si­cher der 1. Preis beim Rund­funk­wett­be­werb der Mu­sik­schu­len der DDR, den das Or­ches­ter 1978 er­hielt.

Ei­ne ent­schei­den­de Vor­aus­set­zung für das ho­he Ni­veau des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters war und ist bis heu­te die ziel­stre­bi­ge Un­ter­richts­ar­beit der Leh­re­rin­nen und Leh­rer in al­len In­stru­men­tal­fä­chern am Kon­ser­va­to­ri­um. In den 70er und 80er Jah­ren be­rei­te­ten sich vie­le Mit­glie­der des JSO auf ei­ne be­ruf­li­che Lauf­bahn als Mu­si­ker vor. Al­lein im Som­mer 1982 be­gan­nen zwölf Mit­glie­der des Or­ches­ters ein Mu­sik­stu­di­um, was un­ge­wöhn­lich viel für ei­ne Mu­sik­schu­le ist. Und so wird es Sie nicht wun­dern, dass vie­le ehe­ma­li­ge Mit­glie­der des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters seit Jahr­zehn­ten in füh­ren­den Or­ches­tern Deutsch­lands spie­len, un­ter an­de­rem auch in der Nord­deut­schen Phil­har­mo­nie. Ei­ni­ge der frü­he­ren Mit­glie­der des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters un­ter­rich­ten heu­te als Leh­rer am Kon­ser­va­to­ri­um.

Un­ter der Lei­tung von Prof. Christ­fried Gö­cke­ritz voll­zog sich in den fol­gen­den Jah­ren ei­ne Ver­än­de­rung in der Be­set­zung des Or­ches­ters. Seit sei­ner Grün­dung 1967 als Schü­ler­or­ches­ter ge­dacht, er­wei­ter­te Pro­fes­sor Gö­cke­ritz den Klang­kör­per zu ei­nem Stu­den­ten­or­ches­ter. Die At­mo­sphä­re und den Glanz ei­nes der Auf­trit­te je­ner Zeit zei­gen sehr schö­ne Fern­seh­auf­nah­men ei­nes Kon­zer­tes am Schwa­nen­teich aus dem Jahr 1983.
Die Um­bruchs­zeit der Wen­de um 1990 brach­te neue Her­aus­for­de­run­gen mit sich: das Or­ches­ter zog vom Schil­ler­platz an ei­nen neu­en Hoch­schul­stand­ort, zu­nächst an den Bus­se­bart.

Im Kon­ser­va­to­ri­um, nun­mehr Mu­sik­schu­le der Han­se­stadt Ros­tock, be­müh­te sich der­weil das Kol­le­gi­um un­ter der Lei­tung der Di­rek­to­rin Re­na­te Oeh­me um die Fort­füh­rung der lan­gen Tra­di­ti­on und den Wie­der­auf­bau des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters. Sie kön­nen sich vor­stel­len bzw. wer­den sich dar­an er­in­nern, dass dies nicht ein­fach war. Es muss­ten erst wie­der ge­nü­gend Schü­ler mit Er­fah­rung im Or­ches­ter­spiel her­an­wach­sen und aus­ge­bil­det wer­den.
Das klei­ne Nach­wuch­s­or­ches­ter am Kon­ser­va­to­ri­um, zu­nächst 1990 vom Vio­lin­leh­rer Hil­mar Un­ger ge­lei­tet, wuchs und dank der Ko­ope­ra­ti­on mit dem Volks­thea­ter Ros­tock ge­lang die schwie­ri­ge Pha­se der Er­neue­rung. Herr Pe­ter Ader­hold über­nahm in sei­ner tem­pe­ra­ment­vol­len und en­thu­si­as­ti­schen Art die Lei­tung und wur­de da­für von den jun­gen Mu­si­ke­rin­nen und Mu­si­ker ge­liebt.

Ei­ne kur­ze Aus­wahl der Ak­ti­vi­tä­ten des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters von 1990 bis heu­te mag Ih­nen ver­deut­li­chen, was ne­ben den Kon­zer­ten in Ros­tock ge­leis­tet wur­de: Im Jahr 1991 spiel­te das JSO un­ter gro­ßer öf­fent­li­cher An­teil­nah­me mit der Mu­sik- und Kunst­schu­le Bie­le­feld in der dor­ti­gen Dr. Oet­ker-Hal­le un­ter der Lei­tung von Pe­ter Ader­hold mit gro­ßem Er­folg zwei Kon­zer­te. Auch die ge­mein­sa­men Auf­trit­te in der über­füll­ten Uni­ver­si­täts­kir­che Ros­tock ver­lie­fen er­folg­reich. Die ers­te Ost-West-Be­geg­nung ge­riet so­mit zu ei­nem Tri­umph.
1993 kon­zer­tier­te das JSO erst­mals im west­eu­ro­päi­schen Aus­land. Man be­gab sich auf ei­ne Kon­zert­rei­se nach Dün­kir­chen, Ant­wer­pen und Brüs­sel.

En­de des Jah­res 1993 über­nahm Herr Ed­gar She­ri­dan-Braun das Ju­gend­sin­fo­nie­or­ches­ter und lei­tet es bis heu­te. Seit 1995 gibt es un­ter der Lei­tung des Cel­lo­leh­rers An­dre­as Lind­ner ein wei­te­res Nach­wuch­s­or­ches­ter am Kon­ser­va­to­ri­um - das Ju­ni­or­streich­or­ches­ter. Hier be­rei­tet sich der Nach­wuchs auf die Auf­nah­me in das JSO vor und übt das En­sem­ble­spiel.
Auch heu­te ha­ben sie den Abend er­öff­net und wir dan­ken ih­nen sehr herz­lich für ihr en­ga­gier­tes Mu­si­zie­ren.

Eben­falls 1996 und 2000 ver­trat das Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ter un­ser Bun­des­land er­folg­reich bei den Bun­des­wett­be­wer­ben des Deut­schen Mu­sik­ra­tes in Ge­ra und Karls­ru­he.

Her­vor­he­bens­wert ist si­cher auch das Gast­spiel des 100-köp­fi­gen Nord­iri­schen Ju­gend­or­ches­ters Bel­fast im Jahr 1997. Man spiel­te ge­mein­sam die 10. Sin­fo­nie von Dmit­ri Scho­sta­ko­witsch im Volks­thea­ter Ros­tock, fei­er­te und prob­te ei­ne Wo­che lang mit­ein­an­der.
Zum 60. Ge­burts­tag des Kon­ser­va­to­ri­ums im Jahr 2001 gab es acht aus­ver­kauf­te, er­folg­rei­che Auf­füh­run­gen des Mu­si­cals „Der Zau­be­rer von Oss“ in der In­sze­nie­rung des Kon­ser­va­to­ri­ums eben­falls im Volks­thea­ter.

Im Jahr 2006 be­sie­gel­ten die Nord­deut­sche Phil­har­mo­nie und das JSO in ei­nem Fest­akt im Volks­thea­ter die bun­des­weit be­ach­te­te Or­ches­ter­pa­ten­schaft zwi­schen ei­nem Be­rufs- und ei­nem Lai­en­or­ches­ter. Aus die­ser Pa­ten­schaft ent­stand ein an­rüh­ren­des Kon­zert. Un­ter der Lei­tung von Ge­ne­ral­mu­sik­di­rek­tor Pe­ter Le­on­hard spiel­te man ge­mein­sam aus der Sui­te „Die Pla­ne­ten“ von Gus­tav Holst den Satz „Ju­pi­ter, der Brin­ger der Freu­de“, wo­bei an je­dem Pult je­weils ein Mu­si­ker der Phil­har­mo­ni­ker und ein Spie­ler vom Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ter sa­ßen.

Ein lang ge­heg­ter Wunsch ging im Jahr 2012 mit dem Um­zug des Kon­ser­va­to­ri­ums in die wun­der­schön um­ge­bau­te Gro­ße Stadt­schu­le am Ro­sen­gar­ten in Er­fül­lung. Nun im „Haus der Mu­sik“ hat das Or­ches­ter end­lich ge­nug Platz zum Pro­ben!

Sehr ge­ehr­te Gäs­te,

ich könn­te Ih­nen von wei­te­ren Er­fol­gen und Ko­ope­ra­tio­nen be­rich­ten, möch­te aber nur noch auf ei­nen Hö­he­punkt ver­wei­sen: den ge­mein­sa­men Auf­tritt mit der Band KA­RAT im ver­gan­ge­nen Jahr in der Stadt­hal­le. Das Kon­zert „KA­RAT meets Clas­sic“ im April 2016 war er­folg­reich und um­ju­belt - ich kann es be­zeu­gen.

In den Jah­ren des Be­stehens des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters er­ober­ten sich die jun­gen Mu­si­ke­rin­nen und Mu­si­ker die wun­der­ba­re Welt der Mu­sik. Zu ih­rem Re­per­toire ge­hö­ren Wer­ke von Beet­ho­ven, Schu­bert, Scho­sta­ko­witsch, Bern­stein, Tschai­kow­sky, Bach, Men­dels­sohn-Bar­thol­dy, Mo­zart und vie­ler an­de­rer Kom­po­nis­ten. Auch Ur­auf­füh­run­gen von Neu­er Mu­sik, kom­po­niert von Stu­den­ten der Hoch­schu­le für Mu­sik und Thea­ter Ros­tock, der Klas­se von Pro­fes­sor Pe­ter-Man­fred Wolf, wa­ren ei­ne Her­aus­for­de­rung, die sie nicht scheu­ten. Be­liebt sind bei Pu­bli­kum und Or­ches­ter glei­cher­ma­ßen die Film­mu­si­ken.

Das JSO pflegt den Kon­takt zu zahl­rei­chen städ­ti­schen Part­nern, wie der young aca­de­my der Hoch­schu­le für Mu­sik und Thea­ter (HMT) un­ter der Lei­tung von Pro­fes­sor Ste­phan Imor­de, der jun­ge So­lis­ten des JSO auf­merk­sam be­treut.

Ne­ben ih­rem an­spruchs­vol­len Schul­all­tag brin­gen die­se jun­gen Men­schen Mu­si­zier­freu­de, Ziel­stre­big­keit, Zu­ver­läs­sig­keit, Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein und Team­geist in ihr En­sem­ble ein. Und da wir uns im Re­for­ma­ti­ons­jahr be­fin­den, möch­te ich Mar­tin Lu­ther zi­tie­ren:
„Die Mu­sik ist ei­ne Ga­be und ein Ge­schenk Got­tes, die den Teu­fel ver­treibt und die Leu­te fröh­lich macht“. Da­für gilt euch al­len mein per­sön­li­cher Dank.

Die Mu­sik ver­mag Hoff­nungs­lo­se auf­zu­rich­ten, sie kann Mut­lo­se er­mun­tern und Mü­de zu Kämp­fern ma­chen, sie kann Trost spen­den. Ich bin mir si­cher, die jun­gen Leu­te des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters sind sich des­sen be­wusst.

Ich bit­te nun die Ver­tre­ter des Ju­gend­Sin­fo­nie­Or­ches­ters zu mir, um den Kul­tur­preis der Han­se­stadt Ros­tock 2017

„IN WÜR­DI­GUNG SEI­NER VER­DIENS­TE UM DIE MU­SIK­KUL­TUR UND DAS KUL­TU­REL­LE LE­BEN IN DER HAN­SE­STADT ROS­TOCK“

als ver­dien­te Aus­zeich­nung ent­ge­gen­zu­neh­men.