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Haushaltsrede von Oberbürgermeister Roland Methling an die Bürgerschaft

Pressemitteilung vom 08.03.2012

Sehr geehrte Präsidentin,
sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,
meine Damen und Herren,

im Zeitraum vom 8. Dezember 2011 bis 27. Februar 2012 wurde Ihnen der erste produktorientierte Haushaltsplanentwurf einschließlich dreier erforderlicher Nachträge vorgelegt. Ich kann Ihnen versichern, dass die Verwaltung ihre Zeit nicht mit der Suche nach Hindernissen verschwendet, sondern alle zur Verfügung stehenden Kapazitäten zielstrebig genutzt hat, um sich den ernormen zusätzlichen Anforderungen zu stellen, die mit einer Umstellung des Haushalts- und Rechnungswesens in einer Stadt von unserer Größenordnung verbunden sind. Die separat zu beschließenden Haushaltssatzungen für die städtebaulichen Sondervermögen der Hansestadt Rostock sind noch in Bearbeitung und werden Ihnen in der nächsten Sitzung separat zur Beschlussfassung vorgelegt.

Die Implementierung des doppischen Rechnungswesens beinhaltete nicht nur die Aufstellung des städtischen Konten- und Produktplanes als Grundlage für den Ihnen vorliegenden Haushaltsplanentwurf. Vielmehr waren langfristig umfangreiche Maßnahmen zu koordinieren und durchzuführen. Hier denke ich insbesondere an die seit mehr als zwei Jahren laufende Erfassung und Bewertung des beträchtlichen Vermögens der Stadt, welche die Verwaltung in den nächsten Wochen abschließen wird, sowie die Schaffung der personellen und organisatorischen Voraussetzungen für den nahtlosen Übergang der datentechnischen Abwicklung der umfangreichen Buchungs- und Zahlungsprozesse und letztendlich die Anpassung diverser Geschäftsanweisungen für die Verwaltung. Um die uns gesetzlich auferlegten neuen Spielregeln so gut wie möglich zu beherrschen, wurden zahlreiche Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, der Personalräte und der Mandatsträger durchgeführt.

Dass der zur Beschlussfassung vorliegende doppische Haushalt verständlicher und transparenter wird, ist im Moment für uns alle noch nicht so richtig zu erkennen. Wir werden uns gemeinsam an die neuen Begriffe und Darstellungen gewöhnen müssen und die mit der neuen Systematik einhergehenden Chancen einer aktiven Steuerung über die Produkte bedarfsgerecht auszubauen haben. Hierzu werden für die Produkte Leistungs- und Finanzziele definiert und ein unterjähriges Berichtswesen zu steuerungsrelevanten Informationen entwickelt. Dieser Prozess wird sich über einen längeren Zeitraum hinziehen und bedarf Ihrer aktiven Mitwirkung, denn wie auch bisher steckt der Teufel im Detail und an vielen Stellen, die sich nicht allein durch den Haushaltsplan erschließen.

Weitere neue und sehr anspruchsvolle Arbeitsschwerpunkte im Haushalts- und Rechnungswesen liegen in der Erstellung der Eröffnungsbilanz der Hansestadt Rostock. Sie wird Ihnen im Herbst dieses Jahres vorgelegt und erstmalig genaue Auskunft über die Vermögensverhältnisse der Hansestadt Rostock geben. Im ersten doppischen Jahresabschluss und schlussendlich dann in der Erstellung des Gesamtabschlusses für den Konzern Hansestadt Rostock, erstmalig für das Jahr 2014, ist der Gesamtüberblick vollständig.

Zum Haushaltsplan 2011:

Das Haushaltsergebnis 2011 wird besser ausfallen als erwartet. Das heißt: Wir haben gut gewirtschaftet. Der Überschuss im Verwaltungshaushalt beträgt voraussichtlich ca. 12 bis 13 Mio. Euro. Nach Abrechnung des Vermögenshaushaltes rechnen wir auch dort mit einem Überschuss. Der letztmalig kameral auszuweisende Altfehlbetrag beträgt rd. 178 Mio. Euro.

Meine Damen und Herren,

hiermit ist es gelungen, die konsumtiven Schulden der Hansestadt Rostock in den Jahren 2008 bis 2011 um rund 42 Mio. Euro abzubauen. Der Stand der Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit betrug zum Jahresende 167,6 Mio. Euro. Das sind rd. 51 Mio. Euro weniger als zum Ende des Jahres 2008 Kassenkredite in Anspruch zu nehmen waren.

Zum Haushaltsplan 2012:

Heute liegt Ihnen der Haushaltsplanentwurf 2012 zur Entscheidung vor, mit dem wir unsere konsequente Konsolidierungspolitik fortsetzen. Unsere Spar-Strategie der letzten Haushaltsjahre, unterjährig den Haushalt auszugleichen und darüber hinaus einen angemessenen Beitrag zum Abbau der konsumtiven Schulden zu leisten, haben wir nicht aus den Augen verloren. Denn auch in den letzten Monaten mussten wir aufgrund der defizitären Haushaltswirtschaft in den Jahren 2001 bis 2007 Kassenkredite von bis zu 180 Mio. Euro aufnehmen. Auch 2012 werden wir den Kassenkredit-Rahmen mit bis zu 191 Mio. Euro in Anspruch nehmen müssen. Damit unterliegt die Haushaltssatzung weiterhin der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde.

Am Schuldenabbau, wie ihn die Kommunalverfassung gebietet, führt demnach auch in den nächsten Jahren kein Weg vorbei. Bei der Aufstellung des Haushaltsplanes 2012 war klar, dass es nach mehreren Sparprogrammen der letzten Jahre schwieriger geworden ist, weitere Abstriche an der Aufgabenwahrnehmung und damit auch hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung vorzunehmen. Ich kann Ihnen versichern, dass die Verwaltung alle geplanten Aufwendungen und Auszahlungen auf ihre Notwendigkeit und Unabweisbarkeit geprüft hat.

Seit der Vorlage des ersten Haushaltsplanentwurfes sind drei Monate vergangen und die Verwaltung wie auch Sie sind aufgrund des Zeitablaufes mit immer neuen Tatsachen und Zahlen konfrontiert worden. Aber wie es so schön heißt: Das Ergebnis zählt, und ich denke, es kann sich sehen lassen! Wir können Ihnen schon im ersten Jahr der doppischen Hauchaltsführung einen in den wesentlichen Punkten ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Der Gesamthaushalt der Hansestadt Rostock mit dem Ergebnishaushalt, der den Ressourcenverbrauch abbildet, und dem Finanzhaushalt, der den Mittelabfluss für Verwaltungs-, Finanzierungs- und Investitionstätigkeit zeigt, hat ein Volumen von rd. einer halben Milliarde Euro.

Der Ergebnishaushalt 2012 ist ausgeglichen. Er weist Erträge in Höhe von 503,8 Mio. Euro und Aufwendungen in Höhe von 516,0 Mio. Euro auf. Der Saldo der ordentlichen Erträge und Aufwendungen wird durch die ertragswirksame Entnahme der zweckgebundenen Kapitalrücklage aus investiv gebundenen Zuweisungen in Höhe von 12,2 Mio. Euro ausgeglichen, so dass im Ergebnishaushalt trotz der zusätzlichen Belastung durch die Veranschlagung von Aufwendungen in Höhe von 32,6 Mio. Euro für die Abschreibung von Vermögenswerten kein Fehlbetrag ausgewiesen wird.

Nach Gesichtspunkten der Kameralistik würde unser Haushalt einen Jahresüberschuss in Höhe von 6,6 Mio. Euro ausweisen. Wir können uns darüber freuen, dass es der größten Stadt in Mecklenburg-Vorpommern trotz der ernormen Belastungen, die wir im Bereich Jugend und Soziales zu schultern haben, bereits im ersten doppischen Haushaltsjahr gelungen ist, eine solide Haushaltsplanung vorzulegen. Wir brauchen keinen Rückgriff auf das Eigenkapital der Stadt bzw. Verlustvortrag in das nächste Haushaltsjahr vornehmen. Dies ist nicht selbstverständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern auch ein Ergebnis unserer Haushaltswirtschaft in den letzten Jahren.

Dank des guten Bilanzgewinnes 2011 der WIRO Wohnungsgesellschaft mbH ist es ebenfalls gelungen, den bis zum zweiten Nachtrag noch ausgewiesenen Finanzierungssaldo aus laufender Verwaltungstätigkeit von rd. 2 Mio. Euro im Finanzhaushalt auszugleichen und diesen ohne Fehlbetrag zu planen. Allerdings nicht gelungen ist es uns im ersten doppischen Haushaltsjahr, im Finanzhaushalt zusätzlich die Auszahlungen zur Tilgung für Kredite für Investitionen in Höhe von 5,9 Mio. Euro zu erwirtschaften. Durch die Umstellung vom kameralen auf ein betriebswirtschaftliches Rechnungssystem ist der Finanzhaushalt des Jahres 2012 besonders belastet durch die vorzunehmenden Abgrenzungen zwischen wirtschaftlichem Aufwand im Vorjahr und Zahlungsabfluss im laufenden Jahr.

Das vorgesehene Investitionsprogramm ist für die Hansestadt Rostock uneingeschränkt notwendig und beachtet die Balance zwischen notwendigem Sparen und zukunftsorientierten Investitionen.

Insgesamt wurden für das Haushaltsjahr 2012 im Kernhaushalt Investitions- und Investitionsfördermaßnahmen in Höhe von 109,6 Mio. Euro geplant. Davon entfallen rd. 19 Mio. Euro auf verkehrssicherungspflichtige Maßnahmen an Straßen, Brücken, Geh- und Radwegen, Lichtsignalanlagen, Straßenbeleuchtung sowie 7,2 Mio. Euro auf Eigenmittelanteile des Städtebaulichen Sondervermögens, mit welchem Investitionsmaßnahmen in Höhe von rd. 15,4 Mio. Euro einhergehen. 66,6 Mio. Euro werden als Investitionszuschüsse, insbesondere für die Maritime Wirtschaft und den Hafenbau, weitergeleitet. Die Eigenbetriebe Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung der Hansestadt Rostock sowie Klinikum Südstadt Rostock investieren darüber hinaus weitere 52,3 Mio. Euro. Davon fließen 21 Mio. Euro in die Bereiche Schule und Sport und 10,7 Mio. Euro in Kindertagesstätten sowie 12,1 Mio. Euro in das Klinikum.

Im vergangenen Jahr konnten zahlreiche geplante Investitionsmaßnahmen nicht abgeschlossen werden und waren erneut in die Planung aufzunehmen. Übertragen wird damit auch eine Kreditermächtigung in Höhe von 6 Mio. Euro. Eine weitere Aufnahme von Fremdkapital in Höhe von 11,6 Mio. Euro ist für die Finanzierung des anspruchsvollen Investitionsprogramms der Hansestadt Rostock erforderlich und unterliegt der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.

Gestatten Sie mir noch einige abschließende Worte zu unserem Sparkonzept:

Die Aufstellung des doppischen Haushaltssicherungskonzeptes wird die Verwaltung gemäß Auflage des Innenministeriums bis 30. Juni abschließen. Zielstellung der Verwaltung bleibt, den vollständigen Haushaltsausgleich bis 2018 darzustellen.

Für diesen harten, aber unumgänglichen Prozess auf dem Wege zur finanziellen Unabhängigkeit von der Genehmigungspflicht des Landes zeichnet sich schon heute ab, dass es unmöglich ist, Staub wegzublasen, ohne dass jemand zu husten anfängt. Unser Ziel muss es sein, künftig die Abschreibungen auf unsere Vermögenswerte und die Tilgungen für Investitionskredite vollständig zu erwirtschaften sowie die Kassenkredite in einem überschaubaren Zeitraum zumindest auf ein genehmigungsfreies Volumen (unter 10% des Gesamthaushaltes) zurückzuführen. Hierbei helfen uns nur gemeinsame Strategien.

Wir müssen uns künftig bei jeder Leistung, die wir den Einwohnern und Gästen der Hansestadt Rostock anbieten, die Frage stellen und beantworten, welchen Aufwand wir unter Berücksichtigung der Generationsgerechtigkeit bei der Bereitstellung unserer Produkte betreiben können, um unser Eigenkapital dauerhaft zu erhalten und zu mehren. Zukunft für Rostock sichern wir nur, wenn wir wachsen.

Wir erwarten aber auch vom Land Mecklenburg-Vorpommern die Anerkennung unserer besonderen sozialen Belastungen sowie die Wertschätzung der bisherigen Ergebnisse beim Abbau von Altschulden, z.B. in Form der bereits geforderten angemessenen Beteiligung an den dieses Jahr aufgelegten Fonds in Höhe von 150 Mio. Euro für Konsolidierungs- und Strukturmaßnahmen. Diese müssen gerecht auf alle Gemeinden im Land verteilt werden. Wir erwarten vom Land nach wie vor eine grundsätzliche, Aufgaben gerechte Finanzierung der Kommunen und eine Umgestaltung des Finanz-Ausgleichsgesetzes.

Um es klar zu sagen: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Nun ist das Land am Zug!