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Na­vi­ga­ti­on

Kem­pow­ski­ta­ge 2018 „Ich möch­te Ar­chiv wer­den.“

Pres­se­mit­tei­lung vom 18.04.2018

„Wenn ich als Kind ge­fragt wur­de: `Was willst du wer­den?´, ant­wor­te­te ich: `Ich will Ar­chiv wer­den´“, er­in­ner­te sich der Schrift­stel­ler Wal­ter Kem­pow­ski in ei­nem ver­öf­fent­lich­ten Ta­ge­buch­ein­trag von 1983. Sei­nen Kin­der­wunsch leb­te der ge­bür­ti­ge Ros­to­cker schlie­ß­lich in ei­nem „lust­voll-be­ses­se­nen“ und den­noch kon­se­quen­ten Sam­me­lei­fer aus. Mit sei­ner Ent­las­sung aus dem Zucht­haus Baut­zen 1956 be­gann Kem­pow­ski nicht nur, sein ei­ge­nes Le­ben und das sei­ner Fa­mi­lie sys­te­ma­tisch zu do­ku­men­tie­ren, son­dern auch in­di­vi­du­el­le All­tags­zeug­nis­se un­ter­schied­lichs­ter Her­kunft zu­sam­men­zu­tra­gen.

Die dies­jäh­ri­gen Kem­pow­ski-Ta­ge neh­men die­ses Tun des Au­tors auf und nä­hern sich dem The­ma über ver­schie­de­ne Sta­tio­nen: Ge­dächt­nis; Quel­len und Ge­schich­te.

Die Kem­pow­ski-Ta­ge wer­den am 23. April 2018 im Kul­tur­his­to­ri­schen Mu­se­um er­öff­net. Ver­an­stal­ter ist das Kem­pow­ski-Ar­chiv Ros­tock e.V. in Ko­ope­ra­ti­on mit Ver­ei­nen und Buch­hand­lun­gen, un­ter­stützt durch die Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock.

Pro­gramm

Mon­tag, 23. April 2018, 18.00 Uhr
Kul­tur­his­to­ri­sches Mu­se­um

Er­öff­nungs­ver­an­stal­tung
Le­sung und Ge­spräch (Ste­phan Les­ker)
Mar­tin Kor­te: „Wir sind Ge­dächt­nis. Wie un­se­re Er­in­ne­run­gen be­stim­men, wer wir sind.“

Ge­nau 86.400 Se­kun­den hat ein Tag und in je­der ein­zel­nen ver­ar­bei­ten wir Sin­nes­wahr­neh­mun­gen, spei­chern neu­es Wis­sen, er­in­nern uns an Ver­gan­ge­nes, ent­wi­ckeln krea­ti­ve Ide­en und pla­nen un­se­re Zu­kunft. Da­bei hal­ten wir es für selbst­ver­ständ­lich, dass wir den All­tag meis­tern, oh­ne von der In­for­ma­ti­ons­flut über­wäl­tigt zu wer­den. Dass uns dies ge­lingt, ver­dan­ken wir ei­ner Meis­ter­leis­tung der Na­tur: un­se­rem Ge­dächt­nis.

Der Hirn­for­scher Mar­tin Kor­te zeigt, wie viel­fäl­tig das Ge­dächt­nis un­ser Den­ken und Han­deln be­stimmt – und wie wan­del­bar un­se­re Er­in­ne­run­gen sind, die bei je­dem Ab­ru­fen neu kon­stru­iert wer­den. Er er­läu­tert die un­be­wuss­ten Sei­ten des Ge­dächt­nis­ses, die et­wa un­se­re In­tui­ti­on und Rou­ti­ne­hand­lun­gen steu­ern, und er­klärt, war­um Schlaf und Ver­ges­sen so es­sen­ti­ell für un­se­re Ge­dächt­nis­pro­zes­se sind. Kor­tes The­se ist: Er­in­ne­run­gen sind nicht nur ei­ne An­häu­fung von Wis­sen und Ein­zel­hei­ten un­se­rer Au­to­bio­gra­phie, son­dern der Stoff, aus dem un­se­re Iden­ti­tät ge­macht wird.
Ei­ne ge­mein­sa­me Ver­an­stal­tung mit dem In­sti­tut für Ger­ma­nis­tik der Uni Ros­tock

Diens­tag, 24. April 2018, 17.00 Uhr
Kul­tur­his­to­ri­sches Mu­se­um

Vor­trag: Stef­fen Stuth
„Drei Bil­der von Ros­tock…“

„Drei Bil­der von Ros­tock hän­gen über mei­nem Schreib­ti­sche: Ei­ne Ra­die­rung, ein Öl­druck und ein Pho­to“ („Aus gro­ßer Zeit“; W. Kem­pow­ski)

Wir wol­len sie ge­mein­sam be­trach­ten, die­se drei Bil­der, die über dem Schreib­tisch des Au­tors hän­gen und an Ih­nen stadt­ge­schicht­li­che Ent­wick­lung in drei Etap­pen vom 17. Jahr­hun­dert bis zum En­de des 19. Jahr­hun­derts ab­le­sen so­wie Bil­der als his­to­ri­sche Quel­len ein­ord­nen.

Mitt­woch, 25. April 2018, 20.00 Uhr
Evan­ge­li­sche Aka­de­mie der Nord­kir­che, Am Zie­gen­markt 4

Vor­trag: Tho­mas Wer­ner
„Ich kann mir un­un­ter­bro­chen Bil­der an­se­hen, den gan­zen Tag lang.“
Wal­ter Kem­pow­ski und das Sam­meln von Fo­to­gra­fi­en

Wal­ter Kem­pow­ski sam­mel­te Fo­to­gra­fi­en, vor­nehm­lich von Ama­teu­ren, aus den ers­ten fünf­zig Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts. Die Bil­der aus dem 19. Jahr­hun­dert wa­ren ihm zu lang­wei­lig und nach 1950 wa­ren Fo­to­gra­fi­en für Kem­pow­ski end­gül­tig Mas­sen­wa­re, die ihn nicht in­ter­es­sier­te. Der Ros­to­cker Samm­ler Tho­mas Wer­ner zeigt an Bei­spie­len, war­um Kem­pow­ski von den Fo­to­gra­fi­en des 19. Jahr­hun­derts „die Rück­sei­ten oft in­ter­es­san­ter“ fand und war­um die­se Bil­der trotz­dem ih­re Lieb­ha­ber fin­den.
Ei­ne ge­mein­sa­me Ver­an­stal­tung mit der Evan­ge­li­schen Aka­de­mie der Nord­kir­che

Don­ners­tag, 26. April 2018. 17.00 Uhr
Kul­tur­his­to­ri­sches Mu­se­um

Le­sung und Ge­spräch
Klaus Jür­gen Liedt­ke: „Nach­krieg und die Trüm­mer von Ost­preu­ßen“

Krieg, Flucht, Ver­trei­bung, Ost­preu­ßen und West­deutsch­land – „Nach­krieg“ ist ein an­de­res „Echo­lot“ deut­scher Ge­schich­te. „Nach­krieg“ ist ein Ro­man, der sich aus den Res­ten ei­ner un­ter­ge­gan­ge­nen Welt, ei­nes Dor­fes, ei­ner Land­schaft zu­sam­men­setzt, ge­fun­den von ei­nem Stim­men­samm­ler auf ver­schlun­ge­nen Spu­ren, ei­nem Pro­to­kol­lan­ten des Ver­gan­ge­nen.

Aus Ta­ge­buch­auf­zeich­nun­gen zwei­er On­kel, die bei Kriegs­en­de um­ka­men, aus Brie­fen, Er­zäh­lun­gen, Rei­se­no­ti­zen und es­say­is­ti­schen Re­fle­xio­nen setzt Klaus-Jür­gen Liedt­ke die­ses de­tail­ge­naue Pan­ora­ma zu­sam­men. Es ist sei­ne Ge­schich­te im Kleinst­for­mat: „Ich kom­me aus die­sen Trüm­mern.“

Ei­ne ge­mein­sa­me Ver­an­stal­tung mit der „an­de­ren buch­hand­lung“, Ein­tritt: 3 Eu­ro

Frei­tag, 27. April 2018, 22.00 Uhr
Uni­ver­si­täts­buch­hand­lung Hu­gen­du­bel

Le­sung und Ge­spräch:
Do­rit Lin­ke: „Jen­seits der blau­en Gren­ze“

Die DDR im Au­gust 1989: Han­na und An­dre­as sind ins Vi­sier der Staats­macht ge­ra­ten und müs­sen ih­re Zu­kunfts­plä­ne von Stu­di­um und Wunsch­be­ruf auf­ge­ben. Statt­des­sen se­hen sie sich Will­kür, Miss­trau­en und Re­pres­sa­li­en aus­ge­setzt. Ih­re ein­zi­ge Chan­ce auf ein selbst­be­stimm­tes Le­ben liegt in der Flucht über die Ost­see.

Ei­ne ge­mein­sa­me Ver­an­stal­tung mit der Uni­ver­si­täts­buch­hand­lung Hu­gen­du­bel im Rah­men der Lan­gen Nacht der Bü­cher, Ein­tritt: 3 Eu­ro (Vor­ver­kauf: Hu­gen­du­bel)

Mon­tag, 30. April 2018, 18.00 Uhr
Kul­tur­his­to­ri­sches Mu­se­um

Le­sung und Ge­spräch
Her­fried Münk­ler: „Der Drei­ßig­jäh­ri­ge Krieg. Eu­ro­päi­sche Ka­ta­stro­phe, deut­sches Trau­ma 1618-1648“

Noch heu­te gilt «Drei­ßig­jäh­ri­ger Krieg» als Me­ta­pher für die Schre­cken des Krie­ges schlecht­hin, dau­er­te es doch Jahr­zehn­te, bis sich Deutsch­land von den Ver­wüs­tun­gen er­hol­te, die der längs­te und blu­tigs­te Re­li­gi­ons­krieg der Ge­schich­te an­ge­rich­tet hat­te. Da­bei war, als am 23. Mai 1618 pro­tes­tan­ti­sche Ade­li­ge die Statt­hal­ter des rö­misch-deut­schen Kai­sers Fer­di­nand II. aus den Fens­tern der Pra­ger Burg stürz­ten, kaum ab­zu­se­hen, was fol­gen soll­te: ein Flä­chen­brand, der ers­te im vol­len Sin­ne «eu­ro­päi­sche Krieg». Auch die eu­ro­päi­sche Staa­ten­ord­nung lag in Trüm­mern – und doch ent­stand auf die­sen Trüm­mern ei­ne weg­wei­sen­de Frie­dens­ord­nung, mit der ei­ne neue Epo­che ih­ren Aus­gang nahm.

Her­fried Münk­ler führt den Krieg in all sei­nen As­pek­ten vor Au­gen, be­hält da­bei aber im­mer un­se­re Ge­gen­wart im Blick: Der Drei­ßig­jäh­ri­ge Krieg kann uns, wie er zeigt, bes­ser als al­le spä­te­ren Kon­flik­te die heu­ti­gen Krie­ge ver­ste­hen las­sen.

Ei­ne ge­mein­sa­me Ver­an­stal­tung mit der „an­de­ren buch­hand­lung“. Ein­tritt: 8 bzw. 5 Eu­ro