Home
Na­vi­ga­ti­on

Klei­ner Bru­der mit gro­ßer Strahl­kraft

Pres­se­mit­tei­lung vom 28.09.2018 - Kul­tur, Frei­zeit, Sport

Es ver­steckt sich hin­ter Bäu­men, scheut sich noch ein we­nig, nimmt in der zwei­ten Rei­he Platz und war­tet dort auf die Dun­kel­heit. Wenn die Son­ne un­ter­ge­gan­gen und am Schwa­nen­teich Ru­he ein­ge­kehrt ist, zeigt das „Schau­de­pot" sei­ne Strahl­kraft. Dann leuch­tet es in Far­ben in den Nacht­him­mel und zeigt, dass es mehr ist als nur ein Haus. Ein Haus, das Kunst be­wah­ren, schüt­zen und zei­gen wird. Ein Haus, das, wenn es leuch­tet, selbst zur Kunst wird.

Am Sonn­abend (29. Sep­tem­ber 2018) wird das Schau­de­pot er­öff­net. Noch sind die Räu­me leer. Doch schon bald wer­den im Erd­ge­schoss Plas­ti­ken zu se­hen sein, an den Wän­den Ge­mäl­de und Gra­fi­ken hän­gen. Der Bo­den glänzt weiß, re­flek­tiert die eben­falls wei­ßen Wän­de. Der gan­ze Raum wirkt un­be­rührt. Nichts soll künf­tig vom Be­trach­ten der Kunst ab­len­ken. Es ist ei­ner der letz­ten Mo­men­te, in de­nen die­ser neue ar­chi­tek­to­ni­sche Schatz der Stadt oh­ne In­halt zu se­hen ist. Ei­ner der letz­ten Mo­men­te, be­vor das Schau­de­pot die gro­ße Büh­ne der Mu­se­ums­welt be­tritt.

Bei­na­he 50 Jah­re nach der Er­öff­nung der Ros­to­cker Kunst­hal­le be­kommt die­se ei­nen klei­nen Bru­der. „Die Kul­tur­sze­ne er­war­tet das Schau­de­pot mit viel En­thu­si­as­mus", sagt Dr. Mi­chae­la Sel­ling, Lei­te­rin des Am­tes für Kul­tur, Denk­mal­pfle­ge und Mu­se­en. Er­füllt der Neu­bau doch meh­re­re Auf­ga­ben zu­gleich: Tau­sen­de Kunst­wer­ke wer­de künf­tig hier ein­ge­la­gert sein, Wis­sen­schaft­ler mit und an ih­nen ar­bei­ten, Be­su­cher ei­nen Blick auf die Schät­ze wer­fen kön­nen und Künst­ler ei­nen ein­zig­ar­ti­gen Ort für Aus­stel­lun­gen hin­zu­ge­win­nen.

Die Über­le­gun­gen ei­nes De­pot-Baus be­stehen in der Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt seit et­wa ei­nem hal­ben Jahr­hun­dert: Als Ar­chi­tekt Hans Fleisch­hau­er sei­ne Plä­ne für die Kunst­hal­le in den 1960er Jah­ren kon­kre­ti­sier­te, hat­te er op­tio­nal ein Ge­bäu­de für die La­ge­rung von Ge­mäl­den, Gra­fi­ken und Plas­ti­ken ge­plant. Doch sei­ne Ide­en ver­schwan­den in der Schub­la­de - bis jetzt, bis zum 800. Ge­burts­tag der Stadt. „Drei be­son­de­re Bau­vor­ha­ben prä­gen un­ser Ju­bi­lä­ums­jahr: Nach der Sa­nie­rung der Stadt­hal­le und der Ein­wei­hung des Po­la­ri­ums kön­nen wir nun die Fer­tig­stel­lung des Schau­de­pots fei­ern", sagt Ros­tocks Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling. „Mich er­füllt es mit Freu­de und Stolz, dass durch das Schau­de­pot Ge­schich­te er­hal­ten und sicht­bar wird", er­gänzt er. Der Kunst­be­stand in Ros­tock ist in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten durch Schen­kun­gen und An­käu­fe be­trächt­lich ge­wach­sen, der Platz für die La­ge­rung er­schöpft. „Die Wer­ke in der Samm­lung ge­ben Ant­wor­ten auf die Fra­gen, wer wir sind und wo­her wir kom­men", be­tont Dr. Mi­chae­la Sel­ling und ver­deut­licht: „Es ge­hört zu un­se­ren Auf­ga­ben, un­ser kul­tu­rel­les Er­be zu schüt­zen und an kom­men­de Ge­ne­ra­tio­nen wei­ter­zu­ge­ben."

Schau­de­pot-Ar­chi­tekt Ma­ik But­tler hat­te Hans Fleisch­hau­er noch per­sön­lich ken­nen­ge­lernt, ar­bei­te­te so­gar mit ihm zu­sam­men. Für sei­ne Vi­sua­li­sie­run­gen stu­dier­te But­tler Fleisch­hau­ers Ori­gi­nal-Skiz­zen. „Die bei­den Ge­bäu­de, Kunst­hal­le und De­pot, wa­ren im­mer ein und der­sel­be Ent­wurf, auch wenn zu­nächst nur die Kunst­hal­le rea­li­siert wur­de", be­deu­tet Ma­ik But­tler und ver­gleicht Fleisch­hau­ers Ent­wür­fe mit ei­nem wert­vol­len, bei­na­he ar­chäo­lo­gi­schen Fund. Für das Schau­de­pot wur­den die Ma­ße aus den Plä­nen über­nom­men, das Ge­bäu­de ist klei­ner und nied­ri­ger als die Kunst­hal­le. Den­noch bil­den bei­de Häu­ser ein En­sem­ble, sagt But­tler. „Sie er­gän­zen sich, sol­len aber auch ih­re Ei­gen­stän­dig­keit be­wah­ren und dem je­weils an­de­ren Bau­kör­per Re­spekt zol­len", be­schreibt er. Über ei­nen glä­ser­nen Gang wer­den bei­de Ge­bäu­de mit­ein­an­der ver­bun­den. „Die Kunst­hal­le und das Schau­de­pot ge­hö­ren zu­sam­men. Sie stam­men aber aus un­ter­schied­li­chen Zei­ten. Die­sen Be­zug dür­fen wir nicht über­ge­hen", ver­deut­licht der Ar­chi­tekt.

Der Neu­bau wur­de in ein­ein­halb Jah­ren rea­li­siert. Dass die Ide­en von da­mals über­haupt um­ge­setzt wer­den konn­ten, ist dem En­ga­ge­ment vom Ei­gen­be­trieb Kom­mu­na­le Ob­jekt­be­wirt­schaf­tung und -ent­wick­lung der Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock, kurz KOE, zu ver­dan­ken. 2015 mel­de­te der Im­mo­bi­li­en­dienst­leis­ter im Auf­trag der Han­se- und Uni­ver­si­täts­stadt Ros­tock die Sa­nie­rung und Er­wei­te­rung der Kunst­hal­le um ein De­pot für das Bun­des-För­der­pro­gramm „Na­tio­na­le Pro­jek­te des Städ­te­baus" an. „Auf Emp­feh­lung der Lan­des­re­gie­rung ha­ben wir uns dar­auf kon­zen­triert, den De­pot-Ge­dan­ken zu op­ti­mie­ren und dar­aus ein wirk­lich span­nen­des Vor­ha­ben zu ent­wi­ckeln. Rei­ne De­pots gibt es in Deutsch­land ei­ni­ge, ein Schau­de­pot, das auch für die Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich ist, ist da­ge­gen ganz be­son­ders. Das hat den Bund letzt­lich über­zeugt", er­klärt KOE-Be­triebs­lei­te­rin Sig­rid Hecht. Vier Mil­lio­nen Eu­ro För­de­rung sind in das Fünf-Mil­lio­nen-Eu­ro-Pro­jekt ge­flos­sen - vier Mil­lio­nen Eu­ro, die zur För­de­rung der Kul­tur nach Ros­tock ge­holt wer­den konn­ten.

Das Schau­de­pot er­füllt höchs­te tech­ni­sche Stan­dards. Kon­stan­te kli­ma­ti­sche Be­din­gun­gen im ge­sam­ten Ge­bäu­de er­mög­li­chen die idea­le La­ge­rung und Prä­sen­ta­ti­on wert­vol­ler Kunst. Auch die Ge­stal­tung der Fas­sa­de lei­tet sich vom Nut­zungs­kon­zept des Ge­bäu­des ab: Als Ma­te­ri­al wur­de Glas ge­wählt, wit­te­rungs­be­stän­dig und ein Spie­gel der Um­ge­bung, der Wol­ken, der Kunst­hal­le, des Parks. In der Dun­kel­heit las­sen in­stal­lier­te LED-Licht­leis­ten den Neu­bau von in­nen her­aus leuch­ten, so­dass es selbst zu ei­nem Aus­stel­lungs­ob­jekt wird. „Wir zei­gen mit dem Schau­de­pot, was un­ser An­spruch an ein Ge­bäu­de im Jahr 2018 ist. Wäh­rend der Bau­pha­se wur­de uns im­mer wie­der be­wusst, wie zu­kunfts­wei­send Hans Fleisch­hau­er da­mals ge­dacht hat. Ich wün­sche mir, dass spä­te­re Ge­ne­ra­tio­nen so auch ein­mal über uns den­ken wer­den", sagt Sig­rid Hecht.

Schon ge­wusst?
Zehn Fak­ten zum Schau­de­pot:

Die Glas­fas­sa­de
be­steht aus rund 1.000 Qua­drat­me­tern Si­cher­heits­glas, be­fes­tigt an ei­ner Stahl­kon­struk­ti­on. LED-Leuch­ten las­sen das De­pot von in­nen her­aus strah­len.

Der Kunst­be­stand
Der­zeit hat die Samm­lung der Kunst­hal­le ei­nen Be­stand von et­wa 520 Ge­mäl­den, 6.000 gra­fi­schen Blät­tern und 200 Skulp­tu­ren.

Ge­mäl­de­zug­an­la­ge
80 Git­ter­wän­de mit 2.592 Qua­drat­me­tern bil­den die La­ger­flä­che. Die Län­ge der Lauf­schie­nen er­streckt sich auf mehr als 1.000 Me­tern.

Be­su­cher­zah­len
Die Aus­stel­lungs­be­rei­che im Erd­ge­schoss kön­nen zeit­gleich von 100 Per­so­nen be­sucht wer­den. Die De­pot­be­rei­che sind für ma­xi­mal 20 Per­so­nen am Tag zu­ge­las­sen, ge­führt in zwei Grup­pen von je­weils zehn Per­so­nen.

Raum­kli­ma
An den De­cken in­stal­lier­te Sen­so­ren kon­trol­lie­ren per­ma­nent die Luft­feuch­tig­keit, die Tem­pe­ra­tur und par­ti­ell auch den CO2-Wert in den Räu­men.

Bar­rie­re­frei­heit
Ein ein­ge­bau­ter Per­so­nen­auf­zug er­mög­licht ein bar­rie­re­frei­es Be­we­gen durch die Aus­stel­lungs­be­rei­che und so­gar den bar­rie­re­frei­en Zu­gang zur Kunst­hal­le Ros­tock.

Das Ma­te­ri­al
Für das Ge­samt­trag­werk des Ku­bus wur­den 140 Ton­nen Stahl und 1.100 Ku­bik­me­ter Be­ton ver­baut.

Die An­lie­fe­rungs­zo­ne
Ei­ne 18 Qua­drat­me­ter gro­ße He­be­büh­ne kann Kunst bis ma­xi­mal zwei Ton­nen be­we­gen. Lich­te Tür­hö­hen bis 3.30 Me­ter er­mög­li­chen den Trans­port der Ob­jek­te durch die Räu­me.

Die Kos­ten
Rund fünf Mil­lio­nen Eu­ro wur­den in das Bau­vor­ha­ben in­ves­tiert. Der Bund un­ter­stütz­te das Pro­jekt ma­ß­geb­lich mit För­der­mit­teln in Hö­he von rund vier Mil­lio­nen Eu­ro aus dem Pro­gramm „Na­tio­na­le Pro­jek­te des Städ­te­baus".

„Form voll­endet"
Das Cof­fee Ta­ble Book „Form voll­endet" wid­met sich auf knapp 275 Sei­ten der Ge­schich­te von Kunst­hal­le und Schau­de­pot. Das Buch ist im De­li­us Klasing Ver­lag er­schie­nen und er­hält­lich über den Ei­gen­be­trieb KOE Ros­tock.