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Laudatio des Senators für Umwelt, Soziales und Gesundheit

Pressemitteilung vom 05.06.2002

5. Juni 2002

Laudatio des Senators für Umwelt, Soziales und Gesundheit, Dr. Wolfgang Nitzsche, zur Verleihung des Umweltpreises der Hansestadt Rostock “Joe Duty“ 2002 am 5. Juni um 13.00 Uhr im Festsaal des Rathauses

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Duty,

ich freue mich sehr, Sie hier zur Verleihung des Umweltpreises der Hansestadt Rostock “Joe Duty“ des Jahres 2002 begrüßen zu können. Im vorigen Jahr fand die Preisverleihung im Hotel Sonne statt. In diesem Jahr freue ich mich, Sie hier im schönen Festsaal unseres gerade rekonstruierten Rathauses empfangen zu können.

Mit Joe Duty (10. Januar 1931 – 24. März 1990) ehrt die Hansestadt Rostock einen ihrer verdienstvollsten Bürger. Ich will nur kurz seinen Lebensweg skizzieren. Joe Duty wurde 1931 als Sohn eines Försters in Böhmen geboren und studierte Biologie in Leipzig und Halle. Seit 1958 lebte und arbeitete er in Rostock. Hier war er als wissenschaftlicher Assistent am damaligen Geographischen Institut der Universität Rostock tätig. Er führte vertiefende Studien unter anderem in der Pflanzensoziologie bei Prof. Tüxen und in der Bodenkunde bei Prof. Reuter.

Seinem Engagement als Kreisnaturschutzbeauftragter ist es zu verdanken, dass zahlreiche ökologisch wertvolle Lebensräume erhalten werden konnten. Er nutzte die in der DDR gegebenen Möglichkeiten maximal aus, um für die Erforschung und den Erhalt der Natur, besonders der Pflanzenwelt, in ganz Mecklenburg-Vorpommern zu wirken. So wurde er zu einem hervorragenden Kenner der mecklenburgischen Landschaft und der Pflanzen- und Tierwelt – er praktizierte ganzheitliche Landschaftsökologie. Wer ihn kannte, war stets auf seine begeisternden, selten unter drei Stunden dauernden Diavorträge gespannt, die solide Information versprachen und niemals Langeweile aufkommen ließen. Er konnte junge und alte Leute begeistern mit seiner Ausstrahlung. In seinen Vorträgen rechnete er schonungslos mit der bestehenden Umweltpolitik ab und rief zur Zivilcourage auf. Obwohl er offiziell als Kreisnaturschutzbeauftragter und Pilzberater eingesetzt war, machten es ihm die Behörden nicht leicht – er selbst bezeichnete sich mitunter scherzhaft als “Hofnarr der Lokalpolitiker“. Seinem Einsatz ist es mit zu verdanken, dass zahlreiche ökologisch bedeutsame Lebensräume erhalten sind. Einige Zeit vor seinem Tod im Jahre 1990 erkrankte er schwer. Die Zeit des politischen Umbruchs konnte er, wenn auch nur kurz, noch erleben.

Mit Joe Duty ehren wir einen Bürger unserer Stadt, der zu Zeiten, als es ungleich schwieriger war als heute, versuchte gegen die unheilvolle Umweltpolitik des Staates anzugehen.

Mit der Preisverleihung sollen herausragende Leistungen des ehrenamtlichen Umwelt- und Naturschutzes gewürdigt werden und Öffentlichkeit als beispielgebend vorgestellt werden. Die Verleihung des Umweltpreises der Hansestadt Rostock “Joe Duty“ wurde am 1. Juli 1992 von der Bürgerschaft beschlossen.

Gestatten Sie mir nun eine kurze Übersicht der bisherigen Preisträger und danach eine Würdigung der diesjährigen Bewerbungen einschließlich der Preisträger, bevor wir zur Auszeichnung kommen. Bei den neun Verleihungen seit 1993 gab es bisher zwölf Preisträger:

1993: Rolf Rehbein und die Jugendfachgruppe Ornithologie & Vogelschutz 1994: der Rostocker “Storchenvater“ Hans Zöllick und zwei Ökokurs-Projekte vom Gymnasium am Goetheplatz 1995: IG Stadtökologie Rostock und das Ehepaar Bärbel und Peter Brehm 1996: die Fachgruppe Fledermausschutz im NABU Rostock und das Projekt “Ökologisches Schulumfeld“ von Arche Rostock e.V. 1997 wurde - wie sicher einige von Ihnen noch wissen - kein Preis vergeben, sondern die Fachgruppe Feldherpetologie und Ichthyofaunistik im NABU Rostock erhielt das Preisgeld als Zuwendung. 1998: Ökohaus Rostock e.V. 1999: die Fachgruppe Mykologie “Rostocker Pilzfreunde“ und die DRK-Kindertagesstätte Reutershagen. 2000: der Landespflegehof Dishley 2001: Goethegymnasium Rostock für die Arbeit über Flechten als Signalträger unserer Lebensqualität und für die Aktionsgruppe der Naturschutzjugend des Museumshofes Steffenshagen.

Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern sind eine gute Widerspiegelung der vielfältigen Intentionen sowie der Vielfalt der praktischen Umwelt- und Naturschutzarbeit mit den ehrenamtlichen Naturschutzgruppen, engagierten Einzelpersonen, Bildungseinrichtungen, Vereinen und Verbänden, und ebenso die Stadt-Umland-Beziehungen aus dem Vermächtnis von Joe Duty.

Auch in diesem Jahr hatte das Preisgericht, das in diesem Jahr mit Anne Duty, Mitgliedern der Fraktionen, der Universität und der Verwaltung besetzt war, eine schwere Aufgabe zu erfüllen. An dieser Stelle meinen Dank dafür. Denn gerade im zehnten Jahr der Verleihung gab es eine hitzige Diskussion. Die Gleichrangigkeit mehrerer Preisvorschläge machte das Ergebnis der Juryabstimmung besonders spannend.

Nun zu den Bewerbungen 2002:

Die Ausschreibung des Preises wurde im Herbst 2001 im Städtischen Anzeiger veröffentlicht. Fünf Vorschläge gingen bei mir ein. Alle Einsendungen liegen hier zur Einsicht aus, ich lade sie ein, die Arbeiten im Anschluss zu besichtigen.

Das Preisgericht hat sich am 11. April zur Beratung getroffen. Bei der Entscheidung wurde besonders die Wirksamkeit der Projekte für Natur und Umwelt sowie im Hinblick auf Umweltbildung berücksichtigt. Voraussetzung für die Anerkennung eines Preisvorschlages war, dass ehrenamtliche Arbeit geleistet wurde.

Gestatten Sie mir nun einige Ausführungen zu den vorliegenden Bewerbungen.

1. Vorschlag: Familie Franke aus Rostock/Nienhagen hat mit dem Bau eines Storchennestes erfolgreich Nistbedingungen für ein Storchenpaar geschaffen. Angesichts des zunehmenden Landschaftsverbrauches und der damit verbundenen Reduzierung natürlicher Lebens- und Nahrungsbedingungen der Störche ist diese Aktivität als wichtiger Beitrag zum Schutz heimischer Arten zu werten.

2. Vorschlag: Die Arbeitsgruppe Ostsee des BUND wurde mit einer 1999 durchgeführten Expertenanhörung zum Schutz der Ostsee vor Ölhavarien und damit verbundenem Informationsmaterial vorgeschlagen. Leider war das Material der Bewerbung nicht beigefügt. Die Arbeitsgruppe arbeitet kontinuierlich daran, auf ein außerordentlich wichtiges und aktuelles Thema zur Sicherung des bedrohten und sehr empfindlichen Ökosystems Ostsee aufmerksam zu machen und auch dadurch Politikentscheidungen herbeizuführen. Ich würde mir wünschen, dass sich die AG Ostsee des BUND erneut mit der angekündigten Informationsbroschüre “Zum Schutz der Ostsee“ in diesem Jahr am Wettbewerb beteiligt

3. Vorschlag: Schülerinnen und Schüler des Ökologie-Wahlpflichtkurses, Klasse 10, der Integrierten Gesamtschule Groß Klein untersuchten gemeinsam mit schwedischen Schülerinnen und Schülern Wasserproben der Ostsee nach biologischen, chemischen und physikalischen Gesichtspunkten und werteten sie im Hinblick auf die Wasserqualität mit Hilfe des Computers aus. Unter nahezu Laborbedingungen konnte ermittelt werden, dass alle gemessenen Werte für Nährstoffe, wie Phosphor, Nitrit und Nitrat im Normenbereich bzw. darunter liegen. Mit dieser Arbeit wird auch die wichtige Funktion der Umweltbeobachtung illustriert.

4. Vorschlag: Das Käthe-Kollwitz-Gymnasium bewirbt sich mit der Station 6 des Rostocker Solarpfades. Die umfassenden Beschäftigung mit immer neuen Einsatzfeldern erneuerbarer Energien führten dazu, dass die Projekte das Solar-Modellhaus “Björn“, die 2 kW -Fassadenphotovoltaikanlage und regenerative Energie als Thema bei der künstlerischen Ausgestaltung der Schule weiter ausgebaut werden konnten. Mit diesen Angeboten werden nicht nur Kenntnisse über die Funktionsweise und Anwendungsgebiete dieser Technik in Schule und Wohnumfeld vermittelt, sondern auch Schüler und Erwachsene für die Nutzung regenerativer Energien begeistert. Die Projektgruppe “Solarstromer“ ist seit mehreren Jahren aktiv, diese Kontinuität ist bemerkenswert. Alle Projekte sind in Unterrichtsgestaltungen integriert.

5. Vorschlag: Die DRK-Kindertagesstätte Reutershagen bewirbt sich mit dem Projekt “Spielräume und Spielträume “. Dieses realisierte Vorhaben zeigt Wege auf, wie Kinder die Natur als Handlungs- und Erfahrungsraum erleben und wie die Natur in die Ausgestaltung des Spielplatzes einbezogen werden kann. So gestalteten die Kinder mit Unterst ützung der Erzieherinnen und Eltern mit naturnahen Elementen ihre Außenanlage um: eine Umrandung aus Holzstämmen schmückt die Buddelkiste, Weidentunnel und Kr äutergarten machen der IGA 2003 Konkurrenz, ein Sitzrondell über zwei Etagen dient auch der Umweltbildung im Freien und nicht zuletzt wurden heimische Geh ölze angepflanzt. Im Falle schlechten Wetters führen die Kinder ihre Naturbeobachtungen an einem selbst konzipierten und umgesetzten Terrarium durch und halten diese mit “wissenschaftlichen “ Zeichnungen fest. Umweltbildung ohne erhobenen Zeigefinger ist für Kinder besonders wichtig. Schon frühzeitig können Kinder ökologische Zusammenhänge erkennen lernen und als Selbstverständlichkeit in ihr späteres Handeln einbeziehen.

Das Preisgericht hat den Beschluss gefasst, den Umweltpreis der Hansestadt Rostock “Joe Duty“ im Jahr 2002 an die DRK- Kindertagesstätte Reutershagen zu verleihen.  i