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Laudatio für Prof. Udo Nagel anlässlich der Festveranstaltung zur Eintragung in das Ehrenbuch der Hanse- und Universitätsstadt Rostock

Pressemitteilung vom 02.09.2022

Gehalten von Prof. Dr. Manfred Niekisch

- Es gilt das gesprochene Wort. –

(Anrede,)

wir haben uns hier zusammengefunden, um Prof. Udo Nagel zu begleiten und zu feiern anlässlich der hohen Ehrung, die ihm die Hanse- und Universitätsstadt Rostock mit der Eintragung ins Ehrenbuch zuteilwerden lässt. Und natürlich, um ihm zu dieser Ehrung herzlich zu gratulieren.

Ich sehe Udo Nagel in feierlichen Zwirn gekleidet vor mir sitzen, ganz dem Anlass entsprechend. Allerdings habe ich ihn mir oft in Kapitänsuniform vorgestellt, nicht so sehr wegen seiner heimatlichen Verbundenheit zu Hanse und Küste, sondern weil er selbst dieses Bild von sich in unseren Gesprächen immer wieder gebraucht hat. Der Kapitän auf der Brücke, der ein schweres Schiff nicht nur über glattes Meer, sondern häufig auch durch raue See zu lenken hat.

Die Rolle und der Vergleich stehen ihm gut, doch das war nicht von Anfang an so. Er hat zunächst im Rostocker Zoo als Tierpfleger angefangen, in der Welt der Marine vergleichbar allenfalls mit einem Leichtmatrosen und weit entfernt vom Rang eines Kapitäns.

Es blieb jedoch von Anfang an nicht verborgen, dass man sich den Namen Udo Nagel wird merken müssen. So war es eigentlich absehbar, wenn denn damals etwas absehbar war, dass er zum wissenschaftlichen Assistenten ernannt werden würde. Tierpfleger ist ein schöner Beruf, und die ihn ausüben, leisten sehr wichtige Arbeit. Doch in einer Leitungsfunktion im Zoo hat man mehr Gestaltungsmöglichkeiten, aber eben auch viele Verwaltungsaufgaben, große Verantwortung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kontakte mit den Besuchern, Verhandlungen mit Geldgebern, kurz Tuchfühlung mit den unterschiedlichsten Menschen nach innen und außen.

Schnell bewies Udo Nagel dann als Mitglied des Direktoriums des Rostocker Zoos Geschick und Erfolge. In einer gekonnten Mischung aus Diplomatie und Ideenreichtum profilierte er sich und avancierte in der Tat zügig zum Kapitänsanwärter, um im oben genannten Bild zu bleiben.

Als er dann zum Zoodirektor ernannt wurde, war dies – ohne etwaigen damaligen Mitbewerbern zu nahe treten zu wollen – das Beste, was dem Rostocker Zoo passieren konnte.

Dass das Zoogelände sehr groß ist und damit viele Gestaltungsmöglichkeiten bot und noch immer bietet, war und ist ein glücklicher Umstand, der längst nicht jedem Zoo beschieden ist. In anderer, weniger positiver Hinsicht, ähnelten die Verhältnisse durchaus denen manch anderer Zoos unserer Republik. Der Tierbestand, wie der Bestand an Gebäuden und Gehegen war ziemlich veraltet und grundlegende Veränderungen waren dringend geboten. Das aber bot Udo Nagel die Chance, seine Ideen zu entwickeln und den Umbau des Zoos anzupacken.

Es war natürlich nicht nur der Ideenreichtum des neuen Zoodirektors, sondern auch sein Durchsetzungsvermögen und die Überzeugungskraft den städtischen Stellen, Geldgebern und der Öffentlichkeit gegenüber, die dazu führten, dass Udo Nagel in seiner Amtszeit als Direktor 90 Prozent der Anlagen im Zoo erneuern und umgestalten konnte. Auch den Tierbestand konzipierte und gestaltete er völlig neu. Er hatte klare Ziele, wusste, wie man sie erreicht und setzte sie durch. Wie auch seine Mitarbeitenden bestätigen, hatte Udo Nagel nie einen Plan B. Den brauchte er, wie sich in der Rückschau zeigt, auch gar nicht.

Ich denke, ein wichtiges Element seiner Erfolgsgeschichte ist die Begeisterung, mit der er Gesprächspartner und externe Entscheidungsträger, aber auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelrecht mitriss. Denn wenn Udo Nagel über seinen Zoo, aber auch Zoos im Allgemeinen, sprach und spricht, ist Begeisterung immer dabei. Zusammen mit seinem Fachwissen bildet das eine Mischung, deren Wirkung man sich kaum entziehen kann. Und wer sollte sich der denn überhaupt entziehen, und warum?

Nun gibt es natürlich, und das ist allgemein bekannt, auch Leute, die Zoos aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnen. Deren Meinungen und Argumenten setzte Udo Nagel so einiges entgegen, da er die Rolle des Zoos als Bildungseinrichtung und Stätte der Kultur in der Tat zentral in seine innovativen Pläne der Umgestaltung einbaute und damit Zookritikern so manchen Wind aus den Segeln nahm.

Seinen Besuchern nicht nur den Kontakt und die Liebe zum Tier zu vermitteln, sondern auch Wissen und insbesondere die Notwendigkeit von Natur- und Artenschutz, zieht sich durch alle seine Vorhaben.

Diese Projekte hier vorzustellen, würde den Rahmen dieser Veranstaltung bei Weitem sprengen. Deswegen sei hier zuvorderst das Darwineum erwähnt. Als ein Ort der Tierbegegnung, der Lehre, der Forschung, der Ästhetik. Von der Bewegung der Quallen bis zur Evolution des Lebens auf der Erde wird hier so viel vorgestellt, dass jeder, vom Kind bis zum Greis, egal aus welcher Bildungsschicht, viel bestaunen und lernen kann. Ein anschließender Erholungsstopp in der Zoogastronomie ist dabei dann wohl unausweichlich.

Natürlich hatte Udo Nagel, selbst Genussmensch, auch daran gedacht. Die Zoogastronomie wird in manchen Zoos eher stiefmütterlich behandelt, doch nicht so in Rostock. Das spürt man schon im Normalbetrieb. Wer aber einmal etwa nach dem Konzert der Klassiknacht dort mitfeiern durfte, weiß, wovon ich spreche. Klassiknacht, was für ein Stichwort! Wenn ich richtig gerechnet habe, hat Udo Nagel sie mehr als zwanzig Mal durchgezogen.

Dabei kam ihm entgegen, dass das Rostocker Publikum wetterfest und sturmerprobt ist. In manch anderem Zoo wären ähnliche Veranstaltungen, so es sie denn gab, schon beim Aufziehen der ersten dunklen Wolken abgesagt oder abgebrochen worden. Nicht so in Rostock. Solange die Instrumente und Stimmen nicht unter der Feuchtigkeit litten, bespielte das Orchester ein unter Plastik und Kapuzen vom Wetter gänzlich unbeeindrucktes Publikum.

Doch zurück zu den Tieren und ihren Gehegen. Das Menschenaffenhaus zum Beispiel ist europaweit bespielhaft, gleiches gilt für das Polarium, in dem auch dem letzten Zweifler bewiesen wird, dass man Eisbären erfolgreich und artgerecht halten kann. Mich hat persönlich ein relativ kleines Projekt besonders beeindruckt. Als die letzte Elefantin gestorben war, verwandelte sich unter Udo Nagels Leitung das recht untaugliche Haus schnell in ein wunderschönes kleines Paradies für Zwergflusspferde. Die Blumenrabatten, die Wege, ja selbst die Orte, denen die meisten Fragen der Besucher gelten („Wo sind die Toiletten?“), Udo Nagel kombinierte alles im Zoo zu einem Gesamtbild, das Rostock die Auszeichnung „Bester Zoo Europas“ einbrachte. Und das gleich dreimal hintereinander. Eine wirklich bravouröse Leistung.

Die Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen, seiner Arbeiten mit Studierenden der Rostocker Universität und der vielen Kooperationen mit Forschungsprojekten erfolgte schließlich, wie bekannt, durch die hochverdiente Verleihung des Titels „Honorarprofessor“ der Universität Rostock.

Hinter diesen enormen Leistungen des hier und heute geehrten früheren Zoodirektors steht, persönlich gesehen, eine Person, deren Unterstützung, Zuflucht, Rat er immer sicher sein konnte. Seine Frau Ieva, selbst erfolgreiche Geschäftsfrau, leistete weit mehr als die emotionale Grundversorgung. Sie war und ist die Stütze und wohl auch ein Teil des Erfolgsgeheimnisses dieses so erfolgreichen Zoodirektors. Ieva und Udo, ihr beiden bildet, so möchte ich es ausdrücken, ein Gesamtkunstwerk.

Zoodirektor zu sein, ist kein einfacher Beruf, aber ein sehr schöner. Und da diese Veranstaltung heute ja eine persönliche Ehrung ist, möchte ich auch mit einer persönlichen Bemerkung schließen. Für mich ist einer der besonders schönen Aspekte meiner eigenen Arbeit als Zoodirektor, dass daraus die Freundschaft zu Udo Nagel entstanden ist.

Udo,

ich danke Dir für diese Freundschaft, ich danke dir für Deine Verdienste um die Zoowelt und ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.