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Na­vi­ga­ti­on

Meck­len­bur­gi­sche Aus­wan­de­rung nach Über­see

Pres­se­mit­tei­lung vom 14.06.2001

14. Ju­ni 2001

Meck­len­bur­gi­sche Aus­wan­de­rung nach Über­see

Un­ter dem Ti­tel „Meck­len­bur­gi­sche Aus­wan­de­rung nach Über­see“ zeigt das Schiff­fahrts­mu­se­um Ros­tock seit dem 2. Ju­ni ei­ne Son­der­aus­stel­lung, die das The­ma un­ter un­ter­schied­lichs­ten As­pek­ten be­leuch­tet. Die gro­ße Mehr­heit der Meck­len­bur­ger wan­der­te im 19. Jahr­hun­dert nach Nord­ame­ri­ka aus, ei­ni­ge von ih­nen lie­ßen sich auch in Bra­si­li­en, Chi­le, Süd­afri­ka, Aus­tra­li­en und Neu­see­land nie­der. Hier soll auf ei­ne Epi­so­de hin­ge­wie­sen wer­den, die in der all­ge­mei­nen Aus­wan­de­r­er­li­te­ra­tur Meck­len­burgs bis­her kaum er­wähnt wur­de und na­he­zu un­be­kannt ge­blie­ben ist.

In den Jah­ren 1851 und 1852 ver­lie­ßen meh­re­re hun­dert Meck­len­bur­ger ih­re Hei­mat, um sich in Ve­ne­zue­la an­zu­sie­deln. Die­ses süd­ame­ri­ka­ni­sche Land such­te zu der Zeit Hand­wer­ker und Land­ar­bei­ter aus Eu­ro­pa; mit Deut­schen aus Ba­den hat­te die Ein­wan­de­rung 1844 be­gon­nen. Nach­dem der Kauf­mann Lud­wig Glöck­ler ve­ne­zo­la­ni­scher Kon­sul in Ham­burg ge­wor­den war, er­schie­nen auch in meck­len­bur­gi­schen Zei­tun­gen An­zei­gen, die zur Aus­wan­de­rung nach Ve­ne­zue­la auf­for­der­ten. Der Be­voll­mäch­tig­te Glöck­lers in Meck­len­burg war der Schwe­ri­ner Kauf­mann Au­gust Schwen­cke. Er be­saß ver­schie­de­ne Schrif­ten, die Ve­ne­zue­la als Hei­mat für Aus­wan­de­rer prie­sen und geo­gra­fi­sche und kli­ma­ti­sche Ver­hält­nis­se be­schrie­ben. Schwen­cke ver­teil­te sie zum Teil kos­ten­los un­ter den In­ter­es­sen­ten.

In den Jah­ren 1851 und 1852 gin­gen ins­ge­samt acht Schif­fe von Ham­burg mit Aus­wan­de­rern in den ve­ne­zo­la­ni­schen Ha­fen La Guai­ra ab. Auf den Schif­fen „Eli­se“, „Min­na“, „Frith­jof“, „The Fly­ing Dutch­man“ und „Ma­rie“ be­fan­den sich je­weils auch Meck­len­bur­ger. Es han­del­te sich bei ih­nen grö­ß­ten­teils um Fa­mi­li­en, die aus den west­li­chen und süd­west­li­chen Lan­des­tei­len stamm­ten. Wäh­rend sich un­ter den ers­ten Trans­por­ten noch vie­le Hand­wer­ker be­fan­den, zähl­ten zu den spä­te­ren Aus­wan­de­rern Ta­ge­löh­ner, Knech­te und Mäg­de. Al­lein aus dem Ort Spor­nitz ka­men 38 Aus­wan­de­rer, un­ter ih­nen die Fa­mi­lie des Stra­ßen­wär­ters Lud­wig Hein­rich Berg­mann, de­ren Nach­fah­ren noch heu­te in Ve­ne­zue­la in der deut­schen Sied­lung Co­lo­nia To­var le­ben.

Meck­len­bur­ger ar­bei­te­ten als Land­ar­bei­ter auf ei­ner Zu­cker­rohr­plan­ta­ge oder be­wirt­schaf­te­ten ei­ge­nen Bo­den. Et­li­che lie­ßen sich in den Städ­ten Ca­ra­cas, Ciudad Bolívar, Pu­er­to Ca­bel­lo, Ma­ra­cai­bo oder Mé­ri­da als Hand­wer­ker oder Händ­ler nie­der. Dort traf sie in den 60er Jah­ren des 19. Jahr­hun­derts der in Rö­bel ge­bür­ti­ge Franz En­gel (1834 - 1920), der sich auf ei­ner na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Rei­se durch das Land be­fand.

1853 en­de­te die Aus­wan­de­rer­ak­ti­on, weil dem Or­ga­ni­sa­tor Glöck­ler un­sau­be­re Ge­schäfts­prak­ti­ken vor­ge­wor­fen wur­den. Vie­le Deut­sche ge­rie­ten in Ve­ne­zue­la in ei­ne schwie­ri­ge La­ge, da Ver­spre­chun­gen für Be­schäf­ti­gung und Land­ver­ga­be nicht ein­ge­hal­ten wur­den und die Ein­wan­de­rer al­ler Mit­tel für den Le­bens­un­ter­halt be­raubt wa­ren.

Ne­ben der hier be­schrie­be­nen Ak­ti­on zur An­sied­lung meck­len­bur­gi­scher Un­ter­ta­nen im Land gab es auch viel­fäl­ti­ge an­de­re Ver­bin­dun­gen nach Ve­ne­zue­la. Schon in den 30er Jah­ren des 19. Jahr­hun­derts be­rich­te­te der­Kauf­mann Carl An­dre­as Rühs (1805 - 1880), ge­bür­tig aus Lü­ders­ha­gen bei Barth, an die Na­tur­for­schen­de Ge­sell­schaft Ros­tock über Be­son­der­hei­ten der ve­ne­zo­la­ni­schen Bo­ta­nik. Der Stral­sun­der Na­tur­for­scher Her­mann Kars­ten (1817 - 1908) schick­te wäh­rend ei­nes Ve­ne­zue­la­auf­ent­halts 1845 Rep­ti­li­en, In­sek­ten und Mu­scheln nach Ros­tock eben­so wie der am­tie­ren­de preu­ßi­sche Kon­sul in Pu­er­to Ca­bel­lo, Fried­rich Pas­sow. Er ge­hör­te ei­ner an­ge­se­he­nen Ros­to­cker Fa­mi­lie von Ree­dern, Kauf­leu­ten und Se­na­to­ren an. Die Sam­mel­ob­jek­te bei­der Män­ner be­fin­den sich noch heu­te im Zoo­lo­gi­schen In­sti­tut der Uni­ver­si­tät Ros­tock, wo sie auch be­sich­tigt wer­den kön­nen. An­ja Alert