Picasso-Ausstellung in der Kunsthalle Rostock
Pressemitteilung vom
Eine Ausstellung mit dem Titel "Picasso: Suite Vollard und Minotauromachie" bietet die Kunsthalle Rostock vom 16. August bis 5. Oktober 2003 ihren Besucherinnen und Besuchern. Zum ersten Mal ist die gefeierte "Suite Vollard" Pablo Picassos, mit 100 Blättern sein umfassendstes Radierwerk der dreißiger Jahre, in Rostock zu sehen. Ergänzend dazu werden drei der sieben einzigartigen Zustandsdrucke der "Minotauromachie", Picassos wohl berühmtester Radierung, aus der Sammlung des Picasso-Museums in Paris gezeigt. Eine weltweite Premiere ist die gemeinsame Präsentation beider Schlüsselwerke der grafischen Kunst Picassos. Die Staatliche Gesellschaft für Internationale Ausstellungen Spaniens ist anlässlich der Internationalen Gartenbauausstellung 2003 mit dieser außergewöhnlichen Exposition in der Hansestadt Rostock zu Gast.
"Suite Vollard" und "Minotauromachie" entstanden in zeitlicher Nachbarschaft zueinander und stehen auch inhaltlich in engem Zusammenhang. In einer Zeit verminderter malerischer Produktion wurden sie zu Höhepunkten der grafischen Kunst des großen Spaniers. Die dem Pariser Kunsthändler Ambroise Vollard gewidmete Serie entstand zwischen 1930 und 1937. Im Gesamtwerk Picassos nimmt sie eine herausragende Stellung ein:
Die Blätter der Themengruppen "Liebesschlacht", "Rembrandt", "Der Minotaurus" und "Der blinde Minotaurus", weisen künstlerisch mehrfach auf das spektakulärste Ereignisbild Picassos, das für den Pavillon der Pariser Weltausstellung 1937 geschaffene Gemälde "Guernica" voraus. Dieses Gemälde war auf der Weltausstellung von 1937 ein singuläres Ereignis. Es konterkarierte in schockierender Weise die glanzvolle Selbstinszenierung der damaligen Industrienationen als Träger von Wohlstand und Fortschritt angesichts des Faschismus, des Bürgerkrieges und des heraufziehenden Weltkrieges in Europa.
In den 46 Blättern zum Themenkreis "Atelier des Bildhauers", der umfangreichsten Motivgruppe der "Suite Vollard", ergründete Picasso Bedingtheit und Auswirkungen des Schöpferischen im Spannungsfeld der Beziehungen zwischen Künstler, Modell und Werk. Picasso, der seit 1930 intensiv bildhauerisch tätig war, reflektierte in jenen Blättern das Verhältnis von bildhauerischer Produktion und Realität - eine Problematik, die mit dem Verwandlungsthema im Pygmalion-Mythos auch die triebhafte Seite schöpferischer Existenz berührt. So spiegeln sich in den Blättern dieses Themenkreises die Beziehungen Picassos zu Marie- Thérèse Walter, der Muse seiner bildhauerischen Produktion, und den späteren Geliebten Dora Maar und Francoise Gilot wieder.
Picasso übergab die 97 Kupferplatten der Serie 1937 an Ambroise Vollard, der den Vorschlag gemacht hatte, sie zu einer Suite zusammen zu fassen. Bis 1939 kamen drei Porträts des Kunsthändlers hinzu. Kurz vor dem Tod Vollards im Sommer 1939 begann Roger Lacourière mit dem Druck der Auflage, die erst 1950 in den Kunsthandel kam.
Die "Minotauromachie", jene symbolhaft dichte, bis heute nicht restlos gedeutete Darstellung in einem ungewöhnlich großen Format - dem größten im grafischen Oeuvre Picassos - entstand 1935 vor dem biografischen Hintergrund der Trennung des Künstlers von seiner Frau Olga Koklova. Im Vergleich zu den Blättern der "Suite Vollard" ist diese Radierung von geradezu obsessiver zeichnerischer Intensität. Dass Picasso sie mehrfach überarbeitete, zeugt von der für den Künstler existenziellen Brisanz des Dargestellten. Die kostbaren Zustandsdrucke der Platte dokumentieren den komplizierten Prozess der Auseinandersetzung Picassos mit der von ihm erdachten Szene. Deutlich spiegelt die "Minotauromachie" die Zeitstimmung im vom Faschismus bedrohten Europa jener Jahre wieder, wo ein Künstler wie Picasso - präsent in der Gestalt des Minotaurus - zum aufbegehrenden Fremdling wurde.
Das gesamte druckgrafische Oeuvre Picassos beläuft sich auf über 2000 Arbeiten und steht somit gleichrangig neben seinem malerischen, zeichnerischen und plastischen Werk. Es ist geprägt von außerordentlicher Virtuosität und schöpferischer Freiheit. "Suite Vollard" und "Minotauromachie" zeugen eindrucksvoll von der immensen Gestaltungs- und Innovationskraft des Radierers Picasso. Sie lassen zudem erkennen, wie nachhaltig dieser große Impulsgeber der Moderne aus der kunstgeschichtlichen Vergangenheit der Antike, des Barock und des Klassizismus schöpfte.
Mit der "Suite Vollard" und der "Minotauromachie" in der Kunsthalle Rostock unterstreicht nun abermals das Werk Picassos die kulturelle Präsenz der spanischen Nation auf einer Weltausstellung. Dieses Werk wirkt bis heute völkerverbindend und friedensstiftend. Es hat an Aktualität nichts verloren.
Die Ausstellung wird am Freitag, dem 15. August 2003, um 18 Uhr durch Arno Pöker, Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock, und den Präsidenten der Staatlichen Gesellschaft für Internationale Ausstellungen Spaniens, Pablo Bravo Lozano, eröffnet. Zur Eröffnung spricht Prof. Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Dr. Katrin Arrieta