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Na­vi­ga­ti­on

Re­de von Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling zum 65. Jah­res­tag der Be­frei­ung vom Na­tio­nal­so­zia­lis­mus

Pres­se­mit­tei­lung vom 07.05.2010

Re­de von Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling wäh­rend der Ge­denk­ver­an­stal­tung der Han­se­stadt Ros­tock zum 65. Jah­res­tag der Be­frei­ung vom Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und der Be­en­di­gung des 2. Welt­krie­ges

Sehr ge­ehr­ter Herr Pro­fes­sor Biz­eul,
sehr ge­ehr­ter Herr Di­rek­tor Dö­ring,
lie­be Schü­le­rin­nen und Schü­ler,
sehr ge­ehr­te Gäs­te,

am Vor­abend des 8. Mai sind wir zu­sam­men­ge­kom­men, um ge­mein­sam den Ge­denk­tag zur 65. Wie­der­kehr der Be­frei­ung vom Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und der Be­en­di­gung des Zwei­ten Welt­krie­ges zu be­ge­hen.

Der frü­he­re Bun­des­prä­si­dent Ri­chard von Weiz­sä­cker sag­te am 8. Mai 1985 in sei­ner in­ter­na­tio­nal be­ach­te­ten Re­de:

„Der 8. Mai war ein Tag der Be­frei­ung. Er hat uns al­le be­freit von dem men­schen­ver­ach­ten­den Sys­tem der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ge­walt­herr­schaft.“

Es war uns sehr wich­tig, Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die Vor­be­rei­tung und die Ge­stal­tung der Ge­denk­ver­an­stal­tung ein­zu­be­zie­hen. Vor al­lem, um ih­nen zu ver­mit­teln, wie wich­tig die­ser Tag - im­mer noch - ist und wie wich­tig uns das Ge­den­ken an das Ge­sche­hen ist.

Die Er­in­ne­rung an die Gräu­el­ta­ten der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten muss wach ge­hal­ten wer­den. Ge­ra­de mit Blick dar­auf, dass es im­mer we­ni­ger Zeit­zeu­gen gibt, die da­mals be­reits er­wach­sen wa­ren und aus ei­ge­nem Er­le­ben be­rich­ten kön­nen.

Un­end­li­ches Leid hat die­se men­schen­ver­ach­ten­de Dik­ta­tur in ih­rem Grö­ßen­wahn und Ras­sen­hass über die gan­ze Welt ge­bracht hat.

Es ist un­se­re Pflicht, dar­an und an den Kampf für die Be­frei­ung von der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ge­walt­herr­schaft zu er­in­nern.

Das Ge­den­ken und Nach­den­ken darf auch in den fol­gen­den Ge­ne­ra­tio­nen nicht auf­hö­ren. Das sind wir den Op­fern und den Be­frei­ern schul­dig.

Es gab 55 Mil­lio­nen Kriegs­to­te auf al­len Sei­ten. Am stärks­ten be­trof­fen war die So­wjet­uni­on mit 17 Mil­lio­nen ge­tö­te­ten Zi­vil­per­so­nen und 8,6 Mil­lio­nen Sol­da­ten. Sechs Mil­lio­nen Ju­den, sechs Mil­lio­nen Po­len, ei­ne Mil­li­on Sin­ti und Ro­ma ka­men um. Die Be­frei­er und Be­frei­ten ha­ben ge­schwo­ren, ei­ne Welt in Frie­den und Frei­heit auf­zu­bau­en.

In gro­ßen Tei­len Eu­ro­pas kön­nen wir uns über die längs­te Frie­dens­epo­che der Ge­schich­te freu­en. Aber noch ist die­ses Ziel nicht er­reicht, denn Krieg, Ge­walt und Ter­ror gibt es in vie­len Re­gio­nen der Welt.

Selbst Eu­ro­pa ist nicht ge­feit vor krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, wie es die Kämp­fe auf dem Bal­kan im ehe­ma­li­gen Ju­go­sla­wi­en un­längst ge­zeigt ha­ben.

In Deutsch­land gibt es ei­ne be­denk­li­che rech­te Sze­ne und Neo­na­zis, die sich gern als Bie­der­män­ner tar­nen. Rechts­ex­tre­me Ein­stel­lun­gen sind lei­der nicht mit dem Drit­ten Reich un­ter­ge­gan­gen. Dis­kri­mi­nie­rung und Frem­den­hass le­ben wie­der auf.

Da­her ist es wich­tig, über die Ver­gan­gen­heit so zu spre­chen, sie so zu ver­mit­teln und an sie so zu er­in­nern, dass ge­ra­de jun­gen Men­schen ih­re Ver­ant­wor­tung be­wusst wird. In­to­le­ranz und Aus­gren­zung dür­fen nicht ak­zep­tiert wer­den!

Wir müs­sen es ler­nen, die An­fän­ge zu er­ken­nen und uns ent­schie­den da­ge­gen weh­ren. Aus mei­ner Sicht ist das ei­ne ganz ent­schei­den­de Auf­ga­be un­se­rer Ge­sell­schaft.

Auch in Ros­tock gibt es vie­le po­li­tisch und ge­sell­schaft­lich Ak­ti­ve, bei de­nen ich mich aus­drück­lich be­dan­ken möch­te. Und al­le an­de­ren möch­te ich auf­for­dern, sich ge­mein­sam mit uns be­wusst für To­le­ranz und Welt­of­fen­heit zu en­ga­gie­ren.

Be­dan­ken möch­te ich mich auch bei den Or­ga­ni­sa­to­ren und Ge­stal­tern des heu­ti­gen Ge­den­kens. Ich dan­ke ganz be­son­ders den Schü­le­rin­nen und Schü­lern des In­ner­städ­ti­schen Gym­na­si­ums für ih­re ak­ti­ve Mit­wir­kung.

Mei­ne Da­men und Her­ren,

las­sen Sie uns ge­mein­sam ge­den­ken, las­sen Sie uns er­in­nern. Frei­heit, De­mo­kra­tie, To­le­ranz und Mensch­lich­keit sind fra­gi­le Er­run­gen­schaf­ten, die es gilt zu he­gen und im­mer wie­der aufs Neue zu ver­tei­di­gen, um ei­ne fried­li­che Zu­kunft ge­stal­ten.

Vie­len Dank!