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„Ein Energiehafen bietet große Potenziale“ – Interview mit Sven Olsen, Geschäftsbereichsleiter Innovation, Umwelt, Verkehr, Maritime Wirtschaft der IHK zu Rostock

Meldung vom 02.12.2022

1. Woran denken Sie, wenn Sie an den Rostocker Hafen denken?

Der Hafen ist für die Hanse- und Universitätsstadt Rostock und die Regionen im Binnenland das Tor zum internationalen Handel mit den Ländern rund um die Ostsee. Er bietet zahlreiche Verbindungen für Passagiere und Fracht in Zentren des Ostseeraums und nach Mittel- und Südeuropa. Fähren, große und kleine Frachtschiffe aller Art laufen den Hafen an, Güter werden be- und entladen.
Die Anläufe von Kreuzfahrtschiffen locken regelmäßig zahlreiche Schaulustige an. Der Universalhafen ist ein wichtiger Botschafter der Stadt und Region.

2. Welche wirtschaftliche Bedeutung hat der Hafen für Rostock?

Wie in den zurückliegenden Dekaden ist der Hafen auch heute Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in der Stadt und im Land. Für mehr als zwei Millionen Seereisende jährlich beginnt oder endet die Kreuzfahrt oder Fährschiffsreise in Rostock. Damit trägt der Hafen wesentlich zur Bekanntheit und zum Wohlstand der Stadt bei.
Die Hafenwirtschaft Rostocks schafft mit den angesiedelten Unternehmen im Umfeld rund 20.000 Arbeitsplätze und erwirtschaftet mehr als 4,4 Milliarden Euro Umsatz. Die Daten aus der aktuellen regionalwirtschaftlichen Studie von Rostock Port zeigen, dass sich die Investitionen der letzten Jahrzehnte auszahlen. Das durch den Hafen generierte Steueraufkommen summiert sich auf mehr als 360 Millionen Euro. Aus diesem hohen Steueraufkommen der Hafenwirtschaft und ihrer Zulieferer
stehen auch umfangreiche Mittel für kommunale Aufgaben bereit. Damit ist der Hafen von großer Bedeutung für die Stadtentwicklung und mit Blick auf die Versorgungssicherheit auch systemrelevant.


3. Welche Berufsfelder finden wir und werden künftig im Hafen gebraucht?

Für den Erfolg des Hafens werden Fachkräfte verschiedener Berufe und Qualifikationen benötigt. Das Spektrum umfasst Berufe in Seehafenumschlag und Lagerei wie die Fachkräfte für Hafenlogistik oder in Seehafenspedition und Schiffsmaklerei zum Beispiel Schifffahrtskaufleute. Benötigt werden Fachleute in der Hafenverwaltung und zum Lotsen und Bugsieren von Schiffen, für die Schiffsver- und Entsorgung sowie Bebunkerung mit Treibstoffen aber auch Spezialisten für Seeversicherung, Ladungskontrolle und Qualitätsprüfung bis hin zur Wartung und Reparatur von Hafenanlagen und Ladeeinheiten. Zusätzliche Jobs entstehen durch das Wachstum von Umschlagsegmenten wie Rohöl für Schwedt, Kohle für Polen oder Getreide aus der Ukraine. Aber gerade durch neue Geschäftsfelder wie den Auto-Export über einen neuen Terminal und durch die Umstellung auf grüne Energieträger werden auch neue Berufe und Qualifikationen benötigt.

4. Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für den Hafen?

Der Tiefwasser- und Universalhafen Rostock ist schon heute der umschlagstärkste Hafen an der deutschen Ostseeküste. Mit den Hinterlandanbindungen via Schiene und Straße und mit der Vertiefung der seeseitigen Zufahrt hat Rostock gute Voraussetzungen für weiteres Umschlagwachstum.
Große Potenziale bietet die Entwicklung zum Energiehafen. In der Energiekrise liegt der Fokus auf der Erhöhung der Versorgungssicherheit mit Rohöl für die PCK Raffinerie in Schwedt. Dem Umschlag von Kohle sowohl für das Rostocker Kraftwerk als auch für polnische Kraftwerke kommt ebenfalls eine wichtige Rolle zu. Mittel- und langfristig wächst die Bedeutung des Hafens für erneuerbare Energien. Dabei werden der Aufbau einer Import- Infrastruktur für Wasserstoff und seiner Derivate ebenso betrachtet wie neue Formen der Versorgung hafennaher Infrastrukturen und die Produktion von grünem Wasserstoff aus Windstrom mittels Elektrolyse.

5. Wie wichtig ist eine Flächenerweiterung in diesem Zusammenhang?

Die Verfügbarkeit von großen, zusammenhängenden Flächen ist eine Grundvoraussetzung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Gewerbeflächen mit Kaikante sind für die Stadt ein einzigartiger Standortvorteil und für viele Unternehmen ein Ansiedlungsgrund. Die heutige Hafenwirtschaft basiert auf den Flächenplanungen aus der Gründungszeit des Überseehafens in den 1950er Jahren. Damit der Hafen auch für die kommenden Generationen die Chance hat, weiterhin Wirtschaftsmotor
und Wohlstandsquelle für die Hansestadt zu sein, ist Flächenvorsorge auch heute wieder eine wichtige Zukunftsaufgabe.