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Na­vi­ga­ti­on

Stadt­bahn: Wunsch­den­ken und Wirk­lich­keit

Pres­se­mit­tei­lung vom 22.11.2007

Zur Ver­sach­li­chung der Dis­kus­si­on um ei­ne Stadt­bahn und als Rich­tig­stel­lung von Aus­sa­gen in ei­ner re­gio­nal aus­ge­strahl­ten Fern­seh­sen­dung fasst Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling zu­sam­men: "Die Ri­si­ken aus dem Ver­ga­be­ver­fah­ren, aus der Pla­nung und dem spä­te­ren Be­trieb der Stadt­bahn sind enorm und wür­den die Stadt für die kom­men­den 30 Jah­re be­las­ten. Dass der Bund über die Län­der in die­sem Zeit­raum die Mit­tel in jet­zi­ger Hö­he zur Ver­fü­gung stellt, ist mehr als un­ge­wiss."

Der Ober­bür­ger­meis­ter be­tont: "So vi­sio­när das Stadt­bahn­pro­jekt auch ist, un­ter den der­zei­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen ist es nicht um­setz­bar. An­ge­sichts un­se­rer Haus­halts­la­ge muss man den Mut ha­ben, dies auch klar zu sa­gen. Wir kön­nen nicht auf der ei­nen Sei­te das So­zi­al­ti­cket für Emp­fän­ge­rin­nen und Emp­fän­ger von Trans­fer­leis­tun­gen strei­chen und an­de­rer­seits an ei­nem sol­chen ri­si­ko­rei­chen Pres­ti­ge­ob­jekt fest­hal­ten und da­bei auch noch die RSAG in ih­rer Exis­tenz ge­fähr­den."

Hier noch ein­mal ei­ni­ge we­sent­li­che Fak­ten zum Pro­jekt ei­ner Stadt­bahn für die Re­gi­on Ros­tock:

- Für den re­gio­na­len Ei­sen­bahn­ver­kehr (SPNV) ist das Land Meck­len­burg-Vor­pom­mern zu­stän­dig, für den öf­fent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr (ÖPNV) in Ros­tock die Han­se­stadt Ros­tock, in den Land­krei­sen die je­wei­li­gen Kreis­ver­wal­tun­gen.

Bei der Stadt­bahn han­delt es sich um ein mög­li­ches er­gän­zen­des An­ge­bot bei der Aus­schrei­bung des Teil­net­zes "War­now" durch das Land Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Das Teil­netz "War­now¿ um­fasst den Be­trieb re­gio­na­ler Bahn­stre­cken um Ros­tock, u.a. auch das Ros­to­cker S-Bahn-Netz. Es ist ver­ga­be­recht­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass bei Zu­las­sung ei­nes An­ge­bo­tes für ei­ne Stadt­bahn durch Deut­sche Bahn AG und Ros­to­cker Stra­ßen­bahn AG (RSAG) auch pri­va­te Drit­te die Mög­lich­keit er­hal­ten müss­ten, ein ent­spre­chen­des An­ge­bot ab­zu­ge­ben.

In ei­nem Schrei­ben des Mi­nis­te­ri­ums für Ver­kehr, Bau und Lan­des­ent­wick­lung Meck­len­burg-Vor­pom­merns hei­ßt es ein­deu­tig: "Im Rah­men ei­ner mög­li­chen Aus­schrei­bung sind Gren­zen, die sich aus dem Haus­halt des Aus­schrei­ben­den er­ge­ben nicht re­le­vant. Der Zu­schlag ist auf das wirt­schaft­lichs­te An­ge­bot zu er­tei­len."

Dies wür­de kon­kret be­deu­ten, dass pri­va­te Ver­kehrs­ge­sell­schaf­ten bei at­trak­ti­ve­rem An­ge­bot dann nicht nur auf Ei­sen­bahn­schie­nen fah­ren könn­ten, son­dern auch auf dem Gleis­netz der RSAG.

- Für die Fi­nan­zie­rung des Pro­jek­tes Stadt­bahn mit zu­sätz­li­chen In­ves­ti­tio­nen von et­wa 60 Mio. Eu­ro in die In­fra­struk­tur und et­wa 100 Mio. Eu­ro in neue Fahr­zeu­ge ist es not­wen­dig, die Mit­tel des Lan­des als Be­stel­le­rin des Schie­nen­nah­ver­kehrs auf 30 Jah­re fest­zu­schrei­ben. Üb­li­cher­wei­se wer­den Stre­cken aber nur für die Dau­er von zwölf Jah­ren aus­ge­schrie­ben.

Es gibt je­doch kei­ne Ga­ran­tie da­für und auch kei­nen Rechts­an­spruch, dass der Bund über die Län­der auch in den kom­men­den drei Jahr­zehn­ten die Re­gio­na­li­sie­rungs­mit­tel in jet­zi­ger Hö­he zur Ver­fü­gung stellt. Zu­dem sind mög­li­che Kos­ten­stei­ge­run­gen durch stei­gen­de En­er­gie­kos­ten bis­her nicht Be­stand­teil der Kal­ku­la­tio­nen. Die Fol­gen für die Fahr­prei­se sind da­her für ei­nen der­art lan­gen Zeit­raum nicht über­schau­bar.

- Die Land­krei­se Bad Do­be­r­an und Güs­trow be­für­wor­ten das Pro­jekt ei­ner Stadt­bahn, ha­ben aber jeg­li­che Be­tei­li­gung an der Fi­nan­zie­rung ab­ge­lehnt. Das gilt auch für die Ge­mein­den im Um­land von Ros­tock, die an das Stadt­bahn­netz an­ge­schlos­sen wür­den. Das Ri­si­ko lä­ge al­so al­lein bei der Han­se­stadt Ros­tock und da­mit bei den Ros­to­cker Steu­er­zah­le­rin­nen und Steu­er­zah­lern.

- Für das Pro­jekt Stadt­bahn soll­ten RSAG und Deut­sche Bahn ei­ne Pro­jekt­ge­sell­schaft bil­den, bei der al­le un­ter­neh­me­ri­schen Ri­si­ken bei der RSAG ge­le­gen hät­ten. Im Ge­gen­satz da­zu hät­te die Deut­sche Bahn selbst bei mög­li­chen Ver­lus­ten ga­ran­tier­te Zah­lun­gen er­hal­ten.

Die RSAG er­hielt im ver­gan­ge­nen Jahr ei­nen Ver­lust­aus­gleich von rund 14 Mil­lio­nen Eu­ro, der ab 2009 auf et­wa zehn Mil­lio­nen Eu­ro ge­senkt wird. Die Fi­nan­zie­rung die­ses jähr­li­chen Zu­schus­ses er­folgt durch Er­lö­se an­de­rer städ­ti­scher Ge­sell­schaf­ten.

- Der fi­nan­zi­el­le Nut­zen des Stadt­bahn­pro­jek­tes für die Stadt­kas­se konn­te bis­her nicht nach­ge­wie­sen wer­den. Die gern als Re­fe­renz­pro­jek­te be­müh­ten Stadt­bah­nen in Karls­ru­he, Kas­sel und Saar­brü­cken wur­den al­le au­ßer­halb von Wett­be­werbs­ver­fah­ren ver­ge­ben und in be­völ­ke­rungs­rei­chen Re­gio­nen rea­li­siert, die zu­dem auch geo­gra­fisch kom­plett im Kreis von der Re­gi­on um­schlos­sen wer­den. In Ros­tock feh­len Zu­wach­s­po­ten­zia­le für Fahr­kun­den schon des­halb, weil die Be­din­gun­gen we­gen der Ost­see­küs­te nicht ge­ge­ben sind.

- Die Bür­ger­schaft der Han­se­stadt Ros­tock hat in ih­rer Sit­zung am 17. Ok­to­ber 2007 im Nicht­öf­fent­li­chen Teil dem Pro­jekt ei­ner Stadt­bahn für Ros­tock zwar grund­sätz­lich zu­ge­stimmt, die­se Zu­stim­mung je­doch an ei­ne Rei­he von Be­din­gun­gen ge­knüpft. Ins­be­son­de­re soll­ten wei­te­re Ri­si­ken für den städ­ti­schen Haus­halt ver­mie­den wer­den. Das Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um hat da­zu mit Schrei­ben vom 25. Ok­to­ber 2007 er­klärt, dass die­se Be­din­gun­gen durch das Land nicht ak­zep­tiert wer­den kön­nen.

- Die Kom­bi­na­ti­on aus Stadt­bahn- und Stra­ßen­bahn­ver­kehr wird zu Las­ten schnel­ler Al­ter­na­tiv­ver­keh­re wie durch die S-Bahn be­trie­ben wer­den. Soll­te der S-Bahn-Be­trieb par­al­lel zu Stra­ßen- und Stadt­bahn er­fol­gen, dann nur mit er­heb­lich aus­ge­dünn­ten Takt­zei­ten.

- Pro­jek­te wie der Neu­bau ei­nes Um­stei­ge­punk­tes in War­ne­mün­de und der An­schluss des Fähr­ter­mi­nals im See­ha­fen kön­nen auch oh­ne ei­ne Stadt­bahn rea­li­siert wer­den. Für den Um­stei­ge­punkt in War­ne­mün­de sind be­reits die grund­sätz­li­chen Pla­nungs­auf­trä­ge ver­ge­ben wor­den. Der Bau wird vor­aus­sicht­lich 2010 ab­ge­schlos­sen sein.