Stadtbahn: Wunschdenken und Wirklichkeit
Pressemitteilung vom
Zur Versachlichung der Diskussion um eine Stadtbahn und als Richtigstellung von Aussagen in einer regional ausgestrahlten Fernsehsendung fasst Oberbürgermeister Roland Methling zusammen: "Die Risiken aus dem Vergabeverfahren, aus der Planung und dem späteren Betrieb der Stadtbahn sind enorm und würden die Stadt für die kommenden 30 Jahre belasten. Dass der Bund über die Länder in diesem Zeitraum die Mittel in jetziger Höhe zur Verfügung stellt, ist mehr als ungewiss."
Der Oberbürgermeister betont: "So visionär das Stadtbahnprojekt auch ist, unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist es nicht umsetzbar. Angesichts unserer Haushaltslage muss man den Mut haben, dies auch klar zu sagen. Wir können nicht auf der einen Seite das Sozialticket für Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen streichen und andererseits an einem solchen risikoreichen Prestigeobjekt festhalten und dabei auch noch die RSAG in ihrer Existenz gefährden."
Hier noch einmal einige wesentliche Fakten zum Projekt einer Stadtbahn für die Region Rostock:
- Für den regionalen Eisenbahnverkehr (SPNV) ist das Land Mecklenburg-Vorpommern zuständig, für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Rostock die Hansestadt Rostock, in den Landkreisen die jeweiligen Kreisverwaltungen.
Bei der Stadtbahn handelt es sich um ein mögliches ergänzendes Angebot bei der Ausschreibung des Teilnetzes "Warnow" durch das Land Mecklenburg-Vorpommern. Das Teilnetz "Warnow¿ umfasst den Betrieb regionaler Bahnstrecken um Rostock, u.a. auch das Rostocker S-Bahn-Netz. Es ist vergaberechtlich davon auszugehen, dass bei Zulassung eines Angebotes für eine Stadtbahn durch Deutsche Bahn AG und Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) auch private Dritte die Möglichkeit erhalten müssten, ein entsprechendes Angebot abzugeben.
In einem Schreiben des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommerns heißt es eindeutig: "Im Rahmen einer möglichen Ausschreibung sind Grenzen, die sich aus dem Haushalt des Ausschreibenden ergeben nicht relevant. Der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen."
Dies würde konkret bedeuten, dass private Verkehrsgesellschaften bei attraktiverem Angebot dann nicht nur auf Eisenbahnschienen fahren könnten, sondern auch auf dem Gleisnetz der RSAG.
- Für die Finanzierung des Projektes Stadtbahn mit zusätzlichen Investitionen von etwa 60 Mio. Euro in die Infrastruktur und etwa 100 Mio. Euro in neue Fahrzeuge ist es notwendig, die Mittel des Landes als Bestellerin des Schienennahverkehrs auf 30 Jahre festzuschreiben. Üblicherweise werden Strecken aber nur für die Dauer von zwölf Jahren ausgeschrieben.
Es gibt jedoch keine Garantie dafür und auch keinen Rechtsanspruch, dass der Bund über die Länder auch in den kommenden drei Jahrzehnten die Regionalisierungsmittel in jetziger Höhe zur Verfügung stellt. Zudem sind mögliche Kostensteigerungen durch steigende Energiekosten bisher nicht Bestandteil der Kalkulationen. Die Folgen für die Fahrpreise sind daher für einen derart langen Zeitraum nicht überschaubar.
- Die Landkreise Bad Doberan und Güstrow befürworten das Projekt einer Stadtbahn, haben aber jegliche Beteiligung an der Finanzierung abgelehnt. Das gilt auch für die Gemeinden im Umland von Rostock, die an das Stadtbahnnetz angeschlossen würden. Das Risiko läge also allein bei der Hansestadt Rostock und damit bei den Rostocker Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.
- Für das Projekt Stadtbahn sollten RSAG und Deutsche Bahn eine Projektgesellschaft bilden, bei der alle unternehmerischen Risiken bei der RSAG gelegen hätten. Im Gegensatz dazu hätte die Deutsche Bahn selbst bei möglichen Verlusten garantierte Zahlungen erhalten.
Die RSAG erhielt im vergangenen Jahr einen Verlustausgleich von rund 14 Millionen Euro, der ab 2009 auf etwa zehn Millionen Euro gesenkt wird. Die Finanzierung dieses jährlichen Zuschusses erfolgt durch Erlöse anderer städtischer Gesellschaften.
- Der finanzielle Nutzen des Stadtbahnprojektes für die Stadtkasse konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Die gern als Referenzprojekte bemühten Stadtbahnen in Karlsruhe, Kassel und Saarbrücken wurden alle außerhalb von Wettbewerbsverfahren vergeben und in bevölkerungsreichen Regionen realisiert, die zudem auch geografisch komplett im Kreis von der Region umschlossen werden. In Rostock fehlen Zuwachspotenziale für Fahrkunden schon deshalb, weil die Bedingungen wegen der Ostseeküste nicht gegeben sind.
- Die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock hat in ihrer Sitzung am 17. Oktober 2007 im Nichtöffentlichen Teil dem Projekt einer Stadtbahn für Rostock zwar grundsätzlich zugestimmt, diese Zustimmung jedoch an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Insbesondere sollten weitere Risiken für den städtischen Haushalt vermieden werden. Das Verkehrsministerium hat dazu mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 erklärt, dass diese Bedingungen durch das Land nicht akzeptiert werden können.
- Die Kombination aus Stadtbahn- und Straßenbahnverkehr wird zu Lasten schneller Alternativverkehre wie durch die S-Bahn betrieben werden. Sollte der S-Bahn-Betrieb parallel zu Straßen- und Stadtbahn erfolgen, dann nur mit erheblich ausgedünnten Taktzeiten.
- Projekte wie der Neubau eines Umsteigepunktes in Warnemünde und der Anschluss des Fährterminals im Seehafen können auch ohne eine Stadtbahn realisiert werden. Für den Umsteigepunkt in Warnemünde sind bereits die grundsätzlichen Planungsaufträge vergeben worden. Der Bau wird voraussichtlich 2010 abgeschlossen sein.