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Na­vi­ga­ti­on

„Städ­te der Er­in­ne­rung“ tra­gen ge­mein­sam Ver­ant­wor­tung für den Frie­den

Pres­se­mit­tei­lung vom 20.06.2017

Die in Krie­gen über­all auf der Welt ver­üb­ten Gräu­el­ta­ten und das Leid der Men­schen, die dies über­leb­ten, sind die Bän­der, die heu­te Städ­te auf der gan­zen Welt mit­ein­an­der ver­bin­den. Die ver­gleich­ba­ren his­to­ri­schen Er­fah­run­gen der Städ­te als „Me­mo­ry Ci­ties“ („Städ­te der Er­in­ne­rung“) er­mög­li­chen nicht nur ge­mein­sa­mes Er­in­nern und Mah­nen. Sie wer­den von den Städ­ten auch als Auf­trag emp­fun­den, sich für den Frie­den über­all auf der Welt ein­zu­set­zen. „Als Städ­te, die Op­fer von Krie­gen wur­den, ha­ben wir ei­ne gro­ße Ver­ant­wor­tung“, un­ter­streicht Ros­tocks Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling. „Dies gilt für Ros­tock um­so mehr, da zahl­rei­che krie­ge­ri­sche Luft­an­grif­fe auch mit hier ge­bau­ten Hein­kel-Bom­bern aus­ge­führt wur­den.“

So star­ben al­lein im bas­ki­schen Ger­ni­ka Hun­der­te Men­schen wäh­rend ei­nes deutsch-ita­lie­ni­schen Luft­an­griffs am 26. April 1937, fast 900 wur­den ver­letzt. Es war das ers­te Flä­chen­bom­bar­de­ment auf ei­ne Zi­vil­be­völ­ke­rung. Auch zahl­rei­che Kampf­flug­zeu­ge des Typs Hein­kel He 111 wa­ren da­bei. In ge­ra­de ein­mal zwei­ein­halb Stun­den wur­den nicht nur 80 Pro­zent der Stadt, die den Bas­ken als hei­lig gilt, zer­stört. Auf den Tag ge­nau 80 Jah­re spä­ter un­ter­strich Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling auf dem Platz San Juan Ibar­ra in Ger­ni­ka: „Wir ha­ben ei­ne ge­mein­sa­me Ge­schich­te und schlech­te Er­fah­run­gen mit Re­gi­men, Kriegs­zer­stö­rung, Ag­gres­si­on, un­se­re Städ­te und Län­der ha­ben ge­lit­ten. Al­ler­dings ha­ben wir ge­lernt, dass die För­de­rung von Kon­flik­ten nie­man­dem Gu­tes bringt. Ver­ge­bung, Fort­schritt und För­de­rung der freund­schaft­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on auf lo­ka­ler Ebe­ne mit an­de­ren Städ­ten ähn­li­chen Er­bes sind For­men un­se­res Bei­trags zum Frie­den.“ Er er­in­ner­te dar­an, dass nur fünf Jah­re spä­ter, auf den Tag ge­nau, die Tod brin­gen­de Fracht der Bom­ber auch über Ros­tock ent­la­den wur­de.

Die Men­schen in Ger­ni­ka mei­nen es ernst mit ih­ren Auf­trag, Frie­den zu stif­ten. An­läss­lich des 80. Jah­res­ta­ges des Bom­bar­de­ments wur­den Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter aus Ausch­witz und Hal­ab­d­scha (Irak), aus den fran­zö­si­schen Ge­mein­den Crocq und Sept­fonds, dem sy­ri­schen Ko­ba­ne, dem spa­ni­schen Gra­nol­lers, aus Na­ga­sa­ki, Pforz­heim, Dres­den und Ros­tock ein­ge­la­den. Das ge­mein­sa­me Ver­mächt­nis der Über­le­ben­den von Ger­ni­ka und Na­ga­sa­ki stand eben­so im Mit­tel­punkt der Er­in­ne­run­gen wie das ver­bin­den­de Schick­sal Ger­ni­kas mit sei­ner deut­schen Part­ner­stadt Pforz­heim. 13. Trä­ger des Prei­ses „Ger­ni­ka für Frie­den und Ver­söh­nung“ wur­den der ko­lum­bia­ni­sche Prä­si­dent Juan Ma­nu­el San­tos und Ger­va­sio Sá­n­chez, Füh­rer der ko­lum­bia­ni­schen Gue­ril­la­be­we­gung FARC.

Auch das heu­ti­ge Wol­go­grad wur­de wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges na­he­zu völ­lig zer­stört. In der Stadt, die von Ju­li 1942 bis Fe­bru­ar 1943 mo­na­te­lang im Zen­trum der Schlacht um Sta­lin­grad stand, leb­ten zu Be­ginn des Zwei­ten Welt­krie­ges mehr als ei­ne hal­be Mil­li­on Men­schen. Bei der Rück­erobe­rung durch die Ro­te Ar­mee wa­ren es we­ni­ger als 8.000 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner. Über 500.000 Men­schen ver­lo­ren ihr Le­ben bei der Schlacht, die noch heu­te im kol­lek­ti­ven Ge­dächt­nis ver­an­kert ist.

Das zwei­te In­ter­na­tio­na­le Sym­po­si­um der „Städ­te der Er­in­ne­rung“ führ­te zum Tag des Sie­ges am 9. Mai 2017 Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer aus Russ­land, Frank­reich, Zy­pern, Slo­we­ni­en, der Slo­wa­kei, Ja­pan, Spa­ni­en und Deutsch­land in die bis 1925 Za­ri­zyn ge­nann­te süd­rus­si­sche Stadt an der Wol­ga. Ne­ben ei­ner Kranz­nie­der­le­gung stand der Be­such auf dem Ma­ma­jew-Hü­gel auf dem Pro­gramm, der als mo­nu­men­ta­le Ge­denk­stät­te noch heu­te an die Schlacht von Sta­lin­grad er­in­nert und als stra­te­gisch wich­ti­ger und hart um­kämpf­ter Punkt der Front­li­nie zwi­schen dem Stadt­zen­trum im Sü­den und den nörd­lich lie­gen­den gro­ßen Fa­bri­ken galt.

Ros­tocks Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling nahm wäh­rend des Sym­po­si­ums an ei­ner Po­di­ums­dis­kus­si­on zum The­ma „Di­plo­ma­tie in der mo­der­nen Welt: In­ter­na­tio­na­le Zu­sam­men­ar­beit, Er­fah­run­gen und Per­spek­ti­ven“ teil. Da­bei be­ton­te er die Be­deu­tung der Ent­wick­lung di­plo­ma­ti­scher Be­zie­hun­gen auf lo­ka­ler Ebe­ne, zwi­schen den Städ­ten und den Men­schen. „Es ist die grö­ß­te Leis­tung un­se­rer heu­ti­gen Zeit, dass ehe­ma­li­ge Fein­de heu­te wirk­lich Freun­de sind! Und un­se­re Ver­ant­wor­tung heu­te be­steht ge­ra­de auch dar­in, dass aus frü­he­ren Freun­den nie wie­der Fein­de wer­den!“

Die In­itia­ti­ve der „Me­mo­ry Ci­ties“ geht auf Ros­tocks fran­zö­si­sche Part­ner­stadt, die Städ­te­ge­mein­schaft Dün­kir­chen, zu­rück. Die Ha­fen­stadt am Är­mel­ka­nal wur­de be­reits im Früh­jahr 1940 bei den Kämp­fen zwi­schen der deut­schen und der ein­ge­kes­sel­ten bri­ti­schen Ar­mee weit­ge­hend zer­stört. Spä­ter wur­de Dün­kir­chen 1944 von den Deut­schen zur At­lan­tik­fes­tung er­klärt und bis zum Kriegs­en­de be­setzt. Erst am 9. Mai 1945, am Tag nach der Ka­pi­tu­la­ti­on, konn­te die Stadt be­freit wer­den.

Ge­mein­sa­me Ge­schich­te mit ih­ren Krie­gen und Kon­flik­ten und ein Rück­blick auf 70 Jah­re Frie­den in Zen­tral­eu­ro­pa stan­den be­reits im ver­gan­ge­nen Jahr im Mit­tel­punkt des ers­ten Kol­lo­qui­ums der „Me­mo­ry Ci­ties“ in der Städ­te­ge­mein­schaft Dün­kir­chen. Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter die­ses welt­wei­ten Netz­wer­kes ent­wi­ckel­ten Per­spek­ti­ven für ei­ne ge­mein­sa­me Er­in­ne­rungs­kul­tur. Die Han­se­stadt Ros­tock, mit der Städ­te­ge­mein­schaft Dün­kir­chen seit 1960 part­ner­schaft­lich ver­bun­den, war durch Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling ver­tre­ten. Aber auch aus Hi­ro­shi­ma, Bi­zer­te, St. Pe­ters­burg, Wol­go­grad, Gdansk, Ypern, Guer­ni­ca, Ou­ra­dour-sur-Gla­ne so­wie der Städ­te­ge­mein­schaft Caen nah­men Gäs­te teil.

Im kom­men­den Jahr wird die Han­se­stadt Ros­tock Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter aus den Städ­ten des Netz­wer­kes an die Ost­see­küs­te ein­la­den. Im Mai 2018 und da­mit nur we­ni­ge Wo­chen vor dem 800. Stadt­ge­burts­tag Ros­tocks ste­hen The­men wie die Ent­wick­lung der Städ­te nach dem Krieg, Tou­ris­mus auf der Grund­la­ge des kul­tu­rel­len Er­bes so­wie Di­plo­ma­tie zwi­schen den Städ­ten auf dem Pro­gramm des drit­ten Sym­po­si­ums der „Städ­te der Er­in­ne­rung“. Im Au­gust 2018, zur 28. Han­se Sail, lädt Ros­tock dann die Ma­ri­ne­haupt­städ­te der Welt zu ei­ner Kon­fe­renz an die Ost­see­küs­te ein. „Da­mit wol­len wir ei­nen wei­te­ren Bei­trag da­zu leis­ten, dass sich die Städ­te für Frie­den und Frei­heit in der Welt ver­ant­wort­lich füh­len“, so Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling.

„Die Kul­tur der Er­in­ne­rung nimmt auch in Ros­tock ei­nen gro­ßen Stel­len­wert ein“, be­rich­tet der Ober­bür­ger­meis­ter. Da­bei geht es nicht nur um die Fra­ge des Um­gangs mit dem Er­be des Zwei­ten Welt­kriegs. Zu­nächst stand die Su­che nach der rich­ti­gen Form des Er­in­nerns an die ras­sis­ti­schen Po­gro­me von Ros­tock-Lich­ten­ha­gen 1992 im Fo­kus der Ar­beits­grup­pe. „Mit der Tä­tig­keit un­se­rer Ar­beits­ge­mein­schaft Ge­den­ken ha­ben wir Bei­trä­ge ge­leis­tet, die auch über­re­gio­nal gro­ße Be­ach­tung fan­den und fin­den“, so Ober­bür­ger­meis­ter Ro­land Me­th­ling.