Verborgenes Kleinod mit Weintrauben und Ranken
Pressemitteilung vom
In wenigen Tagen wird am Rostocker Rathaus ein Kleinod mehr zu entdecken sein. Ein wenig im Verborgenen versucht der Klingendorfer Restaurator Wolfram Vormelker, am Portal zur sogenannten Pesttür eine jahrzehntealte Malerei wieder in ihren Urzustand zu versetzen. Anfang des Jahrhunderts hat hier ein Unbekannter die farbenfrohe Malerei nach dem Geschmack des Jugendstils geschaffen. Zeittypische rote und grüne Ornamente sowie Weintrauben und Ranken verraten dem Experten die Entstehungszeit. Der Restaurator hat auch alte Fotos verglichen, Papiere und Unterlagen gewälzt, um mehr über dieses wiederentdeckte Kunstwerk zu erfahren. Schnell fand er auf diese Weise heraus, daß an dieser Stelle keine spätmittelalterliche Malerei mehr zu retten ist. Ursprünglich waren Baufachleute und Denkmalpfleger von einem solchen Befund ausgegangen. Was Vormelker jetzt wieder ans Tageslicht beförderte, ist wesentlich jünger. Es reiht sich ein in die aktive Bautätigkeit der Stadtverwaltung um die Jahrhundertwende, als Stadthaus und Stadtarchiv neu entstanden, eine sogenannte "Beamtenlaufbahn" das alte Rathaus mit dem neuen Bürogebäude verband und das zentrale Rathausgebäude mit frischem Putz versehen wurde. Auch der Umbau des Ratskellers vom Weinausschank zum Restaurant und die Ausmalung der gastlichen Stätte fällt in diese Zeit. Weintrauben und Ranken schmückten den einstigen Eingang, der vielleicht wieder einer werden könnte. Wer allerdings der Urheber dieses Jugendstil-Kunstwerkes ist, läßt sich nur mutmaßen. Immer wieder taucht in den Quellen des Stadtarchivs ein Maler Krause aus Wismar auf, der für solche und ähnliche Arbeiten einst bekannt war. Möglich ist auch, daß das Unikum des Ratsarchivs Ludwig Krause dem Maler die Entwürfe lieferte. Nach Vormelkers Ansicht verrät die Malerei mehr den Dekorateur als den kunstvollen Maler. Was die Geduld des Restaurators auf die Probe stellte, war aber weniger die Art der Malerei, als die einst verwendetenMaterialien. Mit Leim, Öl und Tempera entstand auf Putz das ursprüngliche Kunstwerk, einige Jahrzehnte später noch mit einem recht beständigen Harz versehen. Auf der rechten Portalhälfte konnte Wolfram Vormelker das Original retten. Die linke Seite ist dem ursprünglichen Werk nachempfunden und als solche durch eine feine Straffur auch zu erkennen. Die Restaurierungsarbeiten stehen nun kurz vor dem Abschluß, die mit Unterbrechungen inzwischen ein Jahr in Anspruch genommen haben.