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Na­vi­ga­ti­on

Ver­bor­ge­nes Klein­od mit Wein­trau­ben und Ran­ken

Pres­se­mit­tei­lung vom 15.10.1998



In we­ni­gen Ta­gen wird am Ros­to­cker Rat­haus ein Klein­od mehr zu ent­de­cken sein. Ein we­nig im Ver­bor­ge­nen ver­sucht der Klin­gen­dor­fer Re­stau­ra­tor Wolf­ram Vor­mel­ker, am Por­tal zur so­ge­nann­ten Pest­tür ei­ne jahr­zehn­te­al­te Ma­le­rei wie­der in ih­ren Ur­zu­stand zu ver­set­zen. An­fang des Jahr­hun­derts hat hier ein Un­be­kann­ter die far­ben­fro­he Ma­le­rei nach dem Ge­schmack des Ju­gend­stils ge­schaf­fen. Zeit­ty­pi­sche ro­te und grü­ne Or­na­men­te so­wie Wein­trau­ben und Ran­ken ver­ra­ten dem Ex­per­ten die Ent­ste­hungs­zeit. Der Re­stau­ra­tor hat auch al­te Fo­tos ver­gli­chen, Pa­pie­re und Un­ter­la­gen ge­wälzt, um mehr über die­ses wie­der­ent­deck­te Kunst­werk zu er­fah­ren. Schnell fand er auf die­se Wei­se her­aus, daß an die­ser Stel­le kei­ne spät­mit­tel­al­ter­li­che Ma­le­rei mehr zu ret­ten ist. Ur­sprüng­lich wa­ren Bau­fach­leu­te und Denk­mal­pfle­ger von ei­nem sol­chen Be­fund aus­ge­gan­gen. Was Vor­mel­ker jetzt wie­der ans Ta­ges­licht be­för­der­te, ist we­sent­lich jün­ger. Es reiht sich ein in die ak­ti­ve Bau­tä­tig­keit der Stadt­ver­wal­tung um die Jahr­hun­dert­wen­de, als Stadt­haus und Stadt­ar­chiv neu ent­stan­den, ei­ne so­ge­nann­te "Be­am­ten­lauf­bahn" das al­te Rat­haus mit dem neu­en Bü­ro­ge­bäu­de ver­band und das zen­tra­le Rat­haus­ge­bäu­de mit fri­schem Putz ver­se­hen wur­de. Auch der Um­bau des Rats­kel­lers vom Wein­aus­schank zum Re­stau­rant und die Aus­ma­lung der gast­li­chen Stät­te fällt in die­se Zeit. Wein­trau­ben und Ran­ken schmück­ten den eins­ti­gen Ein­gang, der viel­leicht wie­der ei­ner wer­den könn­te. Wer al­ler­dings der Ur­he­ber die­ses Ju­gend­stil-Kunst­wer­kes ist, lä­ßt sich nur mut­ma­ßen. Im­mer wie­der taucht in den Quel­len des Stadt­ar­chivs ein Ma­ler Krau­se aus Wis­mar auf, der für sol­che und ähn­li­che Ar­bei­ten einst be­kannt war. Mög­lich ist auch, daß das Uni­kum des Rats­ar­chivs Lud­wig Krau­se dem Ma­ler die Ent­wür­fe lie­fer­te. Nach Vor­mel­kers An­sicht ver­rät die Ma­le­rei mehr den De­ko­ra­teur als den kunst­vol­len Ma­ler. Was die Ge­duld des Re­stau­ra­tors auf die Pro­be stell­te, war aber we­ni­ger die Art der Ma­le­rei, als die einst ver­wen­de­ten­Ma­te­ria­li­en. Mit Leim, Öl und Tem­pe­ra ent­stand auf Putz das ur­sprüng­li­che Kunst­werk, ei­ni­ge Jahr­zehn­te spä­ter noch mit ei­nem recht be­stän­di­gen Harz ver­se­hen. Auf der rech­ten Por­tal­hälf­te konn­te Wolf­ram Vor­mel­ker das Ori­gi­nal ret­ten. Die lin­ke Sei­te ist dem ur­sprüng­li­chen Werk nach­emp­fun­den und als sol­che durch ei­ne fei­ne Straf­fur auch zu er­ken­nen. Die Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten ste­hen nun kurz vor dem Ab­schluß, die mit Un­ter­bre­chun­gen in­zwi­schen ein Jahr in An­spruch ge­nom­men ha­ben.